Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 13. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1223 19. Wahlperiode 15.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Lazar, Erhard Grundl, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/946 – Reform der Datei „Gewalttäter Sport“ und Datenübermittlung ins Ausland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ (DGS) ist weitläufig als „Hooligan-Datei “ bekannt. Anders als der Name suggeriert sind in dieser Datei aber nicht nur Gewalttäterinnen und Gewalttäter erfasst. Schon eine Personalienfeststellung kann reichen, um in der DGS gespeichert zu werden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10908). Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) stellte im Jahr 2013 fest, dass der Eintrag in der Datei nicht dazu berechtige, „darin aufgeführte Personen in individualisierbarer Weise öffentlich als Gewalttäter zu bezeichnen, wenn sich keine Gewalttat nachweisen lässt“ (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 9. September 2013, 5 B 417/13). In einem Antrag „Für eine weltoffene und vielfältige Sport- und Fankultur – Bürgerrechte schützen, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit effektiv bekämpfen , rechte Netzwerke aufdecken“ (Bundestagsdrucksache 18/6232) hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits in der vorangehenden Wahlperiode u. a. gefordert, Betroffene über die Verwendung ihrer Daten zu informieren und eine Widerspruchsmöglichkeit einzuräumen. Weiter wurde gefordert , Personen nach einem Freispruch in einem Gerichtsverfahren unverzüglich zu löschen, was bisher keine Praxis ist. Eine proaktive Benachrichtigung von gespeicherten Personen erfolgt gegenwärtig nur in Rheinland-Pfalz und in Bremen . Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10908 ging hervor , dass die Errichtungsanordnung DGS aktualisiert und etwa die Straftat „Bedrohung “ als weiterer Ausschreibungsanlass aufgenommen werden soll. Im Vorfeld des FIFA Confederations Cup 2017 übermittelte die Bundespolizei Daten aus der DGS an die russische Grenzbehörde (vgl. Schriftliche Frage 18 der Abgeordneten Monika Lazar auf Bundestagsdrucksache 19/415). Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2018 findet vom 14. Juni 2018 bis zum 15. Juli 2018 in Russland statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1223 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Thematik „Gewalttäter Sport“ und die gleichnamige Datei sind fachlich verortet bei der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS), eingerichtet beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste der Polizei Nordrhein-Westfalen in Duisburg. Das Bundeskriminalamt betreibt die Datei „Gewalttäter Sport“ (DGS) als Verbunddatei nach Maßgabe des § 11 Absatz 1 bis 3 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) lediglich in seiner Funktion als Zentralstelle der deutschen Polizei. Es handelt sich demnach um eine informationstechnische Dienstleistung für die Länder, allen voran die vorbenannte in Nordrhein- Westfalen (NRW) eingerichtete Spezialdienststelle ZIS. 1. Wie viele Personen sind derzeit insgesamt in der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ (DGS) erfasst? Es sind derzeit 10 288 Personen in der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ erfasst. 2. Wie viele Personen sind je Bundesland und je Vereinszugehörigkeit (bitte beides aufschlüsseln) in der DGS erfasst? Anzahl erfasste Personen je Land: Land Anzahl Schleswig-Holstein 245 Hamburg 66 Niedersachsen 1.227 Bremen 30 Nordrhein-Westfalen 4.267 Hessen 485 Rheinland-Pfalz 448 Baden-Württemberg 581 Bayern 1.224 Saarland 207 Berlin 351 Brandenburg 152 Mecklenburg-Vorpommern 98 Sachsen 167 Sachsen-Anhalt 374 Thüringen 362 Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetene vereinszugehörige Aufschlüsselung aus Gründen des Staatswohls nicht in offener Form erfolgen kann. Bei einer Veröffentlichung der Auflistung stünde zu befürchten, dass diese von den Problemszenen als „Rangfolge“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1223 missverstanden wird. Gewalttäter könnten hierdurch zu weiteren Störungen animiert werden, um in der so verstandenen Rangordnung aufzusteigen (Phänomen der Selbstinszenierung). Sie wird aus diesem Grund als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung (VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft.* 3. Wie viele Personen, die aus vergleichbaren Dateien des Auslandes übermittelt wurden, sind insgesamt in der DGS erfasst? a) Wie viele Personen davon sind je Land und je Vereinszugehörigkeit (bitte beides aufschlüsseln) in der DGS erfasst? b) Um welche vergleichbaren Dateien des Auslandes handelt es sich (bitte aufschlüsseln, wie viele Personen aus je welcher Datei übermittelt wurden )? Die Fragen 3 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Derzeit sind keine personenbezogenen Daten in der Datei Gewalttäter Sport erfasst , die aus Dateien des Auslandes übermittelt wurden. 4. Aufgrund welcher Speicherungsanlässe gemäß Nummer 2.2 der Errichtungsanordnung für die DGS sind jeweils wie viele Personen gespeichert (bitte für jeden Speicherungsanlass aufschlüsseln wie auf Drucksache 16/5205 des Landtags Nordrhein-Westfalen)? In der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ werden die Speicherungsanlässe nicht gesondert erfasst. 5. Wie viele Einträge in der Datei sind mit digitalem Bildmaterial zu den erfassten Personen verknüpft? Derzeit sind sechs Einträge in der Datei mit digitalem Bildmaterial zu den erfassten Personen verknüpft. 6. Wie viele Auskunftsersuchen wurden ab dem Jahr 2013 an die Bundespolizei gerichtet? Zu dem Jahr 2013 liegen der Bundespolizei keine Daten vor. Die Aktenbestände wurden aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben vernichtet. Für die folgenden Jahre gingen bei der Bundespolizei Auskunftsersuchen in nachfolgender Größenordnung ein: 2014: 812 2015: 859 2016: 757 2017: 1 168 2018 (Stand 1. März 2018): 194 * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1223 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Wie viele der auskunftsersuchenden Personen waren in der DGS gespeichert ? Hierzu hält die Bundespolizei keine statistischen Daten vor. b) Wie viele der auskunftssuchenden Personen, die in der DGS gespeichert waren/sind, haben ein Löschungsersuchen an die Bundespolizei gerichtet, und wie vielen Löschungsersuchen wurde stattgegeben (bitte alle Antworten der Frage 6 nach Jahren aufschlüsseln)? Zum Jahr 2013 wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 6a verwiesen. 2014: Einer 2015: Vier 2016: Zwei 2017: Zwei In vier Fällen wurde dem Löschungsersuchen (1x 2014; 1x 2015; 2x 2016) stattgegeben bzw. wurde dem Petenten mitgeteilt, dass Eintragungen bereits durch die Bundespolizei aufgrund Wegfalls der Voraussetzungen eigeninitiativ gelöscht wurden. 7. Was sind die konkreten Erkenntnisse aus der Analyse des gesamten Datenbestands im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Überprüfung und Anpassung der DGS“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10908, Antwort zu Frage 24)? Im Ergebnis der im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Überprüfung und Anpassung der Datei Gewalttäter Sport“ stichprobenartig durchgeführten Analyse des Datenbestandes wurden Optimierungspotentiale im Bereich der Datenqualität als auch des anlassbezogenen Informationsaustausches identifiziert. 8. Wann und in welcher Form werden die Erkenntnisse aus der Analyse des gesamten Datenbestands im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Überprüfung und Anpassung der DGS“ veröffentlicht? Die Erkenntnisse der in Rede stehenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurden in den Entwurf zur Fortschreibung der Errichtungsanordnung zur Datei Gewalttäter Sport eingearbeitet. Diese wird in einem Bund-Länder-Zustimmungsverfahren abgestimmt. Eine Veröffentlichung des Abschlussberichtes als solcher ist nicht vorgesehen. 9. Wurden diese Erkenntnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Überprüfung und Anpassung der DGS“ mit Verbänden, Vereinen oder sonstigen Organisationen besprochen? a) Wenn ja, wann, und mit wem, und was war das Ergebnis? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 9 bis 9b werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet. Bei der Datei Gewalttäter Sport handelt es sich um ein wertvolles Instrument der Polizei zur Bewältigung von Einsätzen aus Anlass von Fußballspielen, insbesondere zur Abwehr anlasstypischer Gefahren. Die im Rahmen der Bund-Länder- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1223 Arbeitsgruppe „Überprüfung und Anpassung der Datei Gewalttäter Sport“ gewonnenen Erkenntnisse beziehen sich auf innerbetriebliche Abläufe beteiligter Polizeidienststellen. Eine Erörterung der Ergebnisse mit Dritten ist daher nicht vorgesehen. 10. Wie ist der Stand bezüglich des Bund-Länder-Zustimmungsverfahrens zu einer Aktualisierung der Errichtungsanordnung DGS (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10908, Antwort zu Frage 25)? a) Welche Aktualisierungen der Errichtungsanordnung sind aktuell vorgesehen ? b) Sind diese Aktualisierungen schon in Kraft getreten, und wenn nicht, wann werden sie voraussichtlich in Kraft treten? Die Fragen 10 bis 10b werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet. Das Bund-Länder-Zustimmungsverfahren wurde noch nicht eingeleitet. 11. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine heimliche Datenerhebung und -verwendung auf längere Sicht zu einem schwindenden Normvertrauen führen wird, wovor bereits das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1984 in seinem Volkszählungsurteil gewarnt hatte, und wenn nein, wieso nicht? Aus Sicht der Bundesregierung führt eine sicherheitsbehördliche Datenverarbeitung auf Grundlage verfassungsgemäßer Befugnisnormen nicht zu „schwindendem Normvertrauen“. 12. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine fehlende Benachrichtigungspflicht bei Datenerhebung und -verwendung der DGS dem datenschutzrechtlichen Transparenzgrundsatz widerspricht, und wenn nein, wieso nicht? Die einschlägigen Benachrichtigungspflichten ohne Antrag und die antragsbasierten Rechte betroffener Personen ergeben sich aus dem anwendbaren allgemeinen Datenschutzrecht bzw. aus dem dieses konkretisierenden Fachrecht. Diese stehen im Einklang mit unionsrechtlichen Vorhaben und Verfassungsrecht und genügen insoweit auch dem Transparenzgrundsatz. 13. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die fehlende Benachrichtigungspflicht bei Datenerhebung und -verwendung einen Eingriff in die Garantie des effektiven Rechtsschutzes (vgl. Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes – GG) darstellt, und wenn nein, wieso nicht? Datenschutzrechtliche Benachrichtigungspflichten verantwortlicher Stellen sind getrennt von der nachträglichen Überprüfung behördlicher Handlungen – einschließlich der damit verbundenen Datenverarbeitung – auf einen Rechtsbehelf einer betroffenen Person hin zu beurteilen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1223 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Zur Erfüllung welcher der russischen Grenzbehörde obliegenden Aufgabe oder zur Abwehr welcher erheblichen Gefahr oder zur Verhütung welcher Straftaten mit erheblicher Bedeutung durch den Empfänger war die anlässlich des FIFA Confederations Cups 2017 erfolgte Übermittlung von Daten aus der DGS durch die Bundespolizei an die russische Grenzbehörde (vgl. Schriftliche Frage 18 der Abgeordneten Monika Lazar auf Bundestagsdrucksache 19/415) erforderlich (vgl. § 32 Absatz 3 des Bundespolizeigesetzes – BPolG)? Die Bundespolizei setzte während des Confederations-Cups im Jahr 2017 Beamte auf den Flughäfen in Moskau zur Beratung des russischen Grenzdienstes ein. Während dieser Tätigkeit wurden fünf einreisende deutsche Staatsangehörige identifiziert, von denen zu erwarten war, dass sie sich vor, während oder nach den Spielbesuchen gewalttätig verhalten könnten. Daher erfolgte ausschließlich die Mitteilung an den russischen Grenzdienst mit der Maßgabe, dass im Einzelfall eine Einreiseverweigerung durch die dortigen Behörden geprüft werden könnte, da diese Personen in der Vergangenheit in Deutschland durch Gewaltstraftaten auffällig wurden. Die Betroffenen waren über Umwege nach Russland gereist. Die Übermittlung des Namens, Vornamens und Geburtsdatums erfolgte mit der Maßgabe, die Daten ausschließlich zur Gefahrenabwehr zu verwenden. Die Datenübermittlung erfolgte zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und die Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung, insbesondere gefährliche oder schwere Körperverletzung sowie schwerer Landfriedensbruch , bis hin zu versuchten Tötungsdelikten, wie aus Erfahrung früherer Fußballturniere (z. B. UEFA Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich) bekannt war. Erfahrungen zeigen, dass potentielle Gewalt- oder Straftäter davon ausgehen, dass sie durch die Bundespolizei bei der unmittelbaren Ausreise in einen Drittstaat kontrolliert werden und ihnen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Ausreise untersagt werden würde. Deshalb reisen einige über die grundsätzlich grenzkontrollfreien landseitigen Schengen-Binnengrenzen Deutschlands aus und nutzen dann Flugverbindungen in anderen Staaten, um zum Spielort im Drittstaat zu gelangen. 15. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass in Russland ein „angemessenes Datenschutzniveau“ vorhanden ist (vgl. § 33 Absatz 3 BPolG)? a) Wenn ja, anhand welcher russischen Rechtsnormen erkennt die Bundesregierung dieses „angemessene Danteschutzniveau“? b) Wenn nein, wieso hat die Bundesregierung trotzdem Daten aus der DGS an die russische Grenzbehörde übermittelt? 16. Hat Russland in den Einzelfällen der übermittelten Daten aus der DGS einen „angemessenen Schutz“ dieser garantiert (vgl. § 33 Absatz 3 BPolG)? a) Wenn ja, durch welche konkreten Maßnahmen hat Russland diesen „angemessenen Schutz“ garantiert? b) Wenn nein, wieso hat die Bundesregierung trotzdem Daten aus der DGS an die russische Grenzbehörde übermittelt? Die Fragen 15 bis 15b und 16 bis 16b werden zusammenfassend beantwortet. Es obliegt der Europäischen Kommission, die Angemessenheit des Datenschutzniveaus in Drittstaaten formal festzustellen (vgl. Artikel 45 Verordnung (EU) 2016/679 bzw. Artikel 36 Richtlinie (EU) 2016/680). Ein solcher Angemessenheitsbeschluss liegt für Russland bisher nicht vor. Auch ohne einen solchen sind Datenübermittlungen allerdings insbesondere dann möglich, wenn die übermittelnde Stelle zu der Auffassung gelangt, dass geeignete Garantien zum Schutz Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1223 personenbezogener Daten bestehen oder solche Garantien in einem rechtsverbindlichen Text vorgesehen sind, durch den das Drittland verpflichtet wird. Die Russische Föderation ist Vertragsstaat der Konvention 108 des Europarates und daher völkerrechtlich zur Gewährleistung grundlegender Datenschutzgarantien verpflichtet. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz in der Russischen Föderation entsprechen hinsichtlich der Zweckgebundenheit sowie der Nichtweitergabe an Dritte im Wesentlichen Regelungen in EU-Staaten. Das Datenschutzgesetz der Russischen Föderation Nr. 152-FZ vom 27. Juli 2006, zuletzt geändert am 29. Juli 2017, enthält unter anderem Regelungen zum Schutze von Rechten und Interessen eines Bürgers bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten, darunter auch der Schutz von Rechten im Bereich der Sicherheit der Person, der Schutz des Privatlebens, des Rechtes auf das Privat- und Familiengeheimnis, Grundsätze der Personendatenverarbeitung, Pflichten bei Erhebung der personenbezogenen Daten sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit von personenbezogenen Daten. Die Einhaltung der Zweckgebundenheit und die Nichtweitergabe an Dritte wurden seitens des russischen Grenzdienstes vor der Datenübergabe zugesagt. Der russische Grenzdienst ließ die Betroffenen trotz der vorliegenden Informationen einreisen und an den gebuchten Spielen teilnehmen. Die Bundespolizei wurde durch den russischen Grenzdienst über die erfolgte Wiederausreise der Betroffenen nach Teilnahme an den Spielen informiert. Der russische Grenzdienst hat dem Verbindungsbeamten der Bundespolizei zugesichert, dass die durch ihn geforderte Löschung der in Einzelfällen zu übergebenen personenbezogenen Daten bis 20. Juli 2017 erfolgen wird. 17. Wie fiel das Votum des Datenschutzbeauftragten des Bundesministeriums des Innern hinsichtlich der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des internationalen zwischenstaatlichen Datenaustausches für den Fall des Datenübermittlungsersuchens der russischen Sicherheitsbehörden aus, und schlossen sich die datenbesitzenden Behörden diesem Votum an? Der Datenschutzbeauftragte des Bundesministeriums des Innern (BMI) wurde nicht befragt, sondern die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit . Diese hat zur Übermittlung personenbezogener Daten aus der Datei „Gewalttäter Sport“ an die russischen Behörden festgestellt, dass im Ergebnis eine pauschale präventive Übermittlung aus der Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ nicht in Betracht kommt. Im Einzelfall ist sicherzustellen, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Die Einschätzung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird im Vorfeld der Weltmeisterschaft über die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) den Ländern zur Verfügung gestellt. 18. Wurden die Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in den Ländern und beim Bund bei der Entscheidungsfindung zu der Datenübermittlung nach Russland einbezogen? a) Wenn ja, welche Position nahmen sie jeweils ein? b) Wenn nein, wieso nicht? Die Fragen 18 bis 18b werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet. Da die Datenabfrage und die Mitteilung im Zusammenhang mit den grenzpolizeilichen Einreisekontrollen in Russland im Einzelfall erfolgten, war eine vorherige Befassung durch die Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1223 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der Länder und des Bundes nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Zu Angelegenheiten der Länder nimmt die Bundesregierung keine Stellung. 19. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, ob die Daten spätestens nach Ablauf von vier Wochen nach dem Ende des FIFA Confederations Cup 2017 aus den russischen Systemen gelöscht wurden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10908, Frage 33)? Am 18. Juli 2017 informierte der russische Grenzdienst den Verbindungsbeamten der Bundespolizei darüber, dass die personenbezogenen Daten der fünf deutschen Staatsangehörigen gelöscht worden sind. 20. Aus welchen Bundesländern kommen die Personen, deren Daten nach Russland übermittelt wurden? Die Herkunft der Personen, aufgeschlüsselt nach Bundesländern, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 21. Wurden die betroffenen Personen darüber informiert, und wenn nein, warum nicht? Seitens der Bundespolizei wurden die betroffenen Personen nicht über die Übermittlung der personenbezogenen Daten an die russischen Behörden informiert. Hierzu besteht gem. dem Bundespolizeibeamtengesetz (BPolG) keine gesetzliche Verpflichtung. 22. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass in Russland ein angemesseneres Datenschutzniveau herrscht als in den USA, welchen der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem „Safe-Harbour-Urteil“ dieses absprach? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. Im Übrigen ist es im Datenschutzrecht nicht angelegt, dass datenschutzrechtlich verantwortliche Stellen bei der Entscheidung, ob sie personenbezogene Daten in Drittstaaten übermitteln, einen Vergleich zur Angemessenheit des Datenschutzniveaus zwischen verschiedenen Staaten anstellen. Entscheidend ist allein die Beurteilung der Angemessenheit des Datenschutzniveaus im Zielstaat der Übermittlung. Darüber hinaus teilt die Bundesregierung die von den Fragestellern in sehr verkürzender Form aus dem genannten Urteil gewonnene Ansicht nicht, der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe den USA allgemein ein angemessenes Datenschutzniveau abgesprochen. Diese Aussage wird weder dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt noch der komplexen Rechtslage gerecht. 23. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass bei der Verarbeitung von Daten aus der DGS künftig die Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) berücksichtigt werden müssen? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, welcher Handlungsbedarf entsteht hiermit für die Anpassung der DGS? Die Fragen 23 bis 23b werden gemeinsam beantwortet. In der Datei „Gewalttäter Sport“ (DGS) werden Daten zu Strafverfolgungs-, -verhütungs- und Gefahrenabwehrzwecken verarbeitet. Daher ist zukünftig nicht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1223 die Verordnung (EU) 2016/679 anwendbar, sondern die Richtlinie (EU) 2016/680 bzw. das diese umsetzende Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in seinen für diese Verarbeitungszwecke anwendbaren Teilen (in der Fassung mit Geltung ab dem 25. Mai 2018) und das die allgemeinen Regelungen des BDSG ergänzende Fachrecht . 24. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sich aus § 66 und § 67 des neuen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG-neu) mit Geltung ab dem 25. Mai 2018 eine Benachrichtigungspflicht gegenüber gespeicherten Personen in der DGS ergibt? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, ist die Bundesregierung dahingehend schon tätig geworden? Die Fragen 24 bis 24b werden gemeinsam beantwortet. § 66 BDSG-neu regelt Benachrichtigungen nur im Falle von Datensicherheitsvorfällen (wie etwa ungewollten Datenabflüssen) und ordnet unter bestimmten Umständen die Benachrichtigung von Betroffenen an, deren Daten von einem solchen Vorfall betroffen sind. § 67 BDSG-neu enthält keine Benachrichtigungspflichten. 25. Liegt für die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2018 bereits ein Datenübermittlungsersuchen der russischen Sicherheitsbehörden vor? Für die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2018 liegen bei der ZIS Anfragen der russischen Sicherheitsbehörden vor. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 26. Wie viel Vorbereitungszeit brauchen die deutschen Behörden für eine Datenübermittlung ins Ausland und bis zu spätestens welchem Zeitpunkt müsste ein Datenübermittlungsersuchen der russischen Sicherheitsbehörden vorliegen, um rechtzeitig zur der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2018 Daten nach Russland übermitteln zu können? Die Benennung einer konkreten Vorbereitungszeit für die deutschen Behörden ist nicht möglich, da es sich immer um eine Einzelfallprüfung handelt. So kann die Bundespolizei auf Grund der Umstände des Einzelfalls und nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen im Rahmen ihrer grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung personenbezogene Daten zu aus- bzw. weiterreisenden Personen mit dem Ziel erheben, bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen die Ausreise zu untersagen und dadurch eine Ansehensschädigung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu verhindern. Auslösendes Ereignis ist daher immer die Reiseaktivität betroffener Personen. Folglich sind ein Zeitvorlauf oder eine Vorbereitungszeit für die Bundespolizei nicht vorhanden. 27. Schließt sich die Bundesregierung der Initiative des Landes Berlin an, wo im abgeschlossenen Koalitionsvertrag zwischen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Initiative zur Abschaffung der Datei vereinbart wurde? Die DGS dient der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere von Fußballspielen, durch recherchefähige Erfassung anlasstypischer Ereignisse, soweit diese im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen festgestellt werden. Sie Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1223 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ermöglicht der Polizei das Gewinnen von Anhaltspunkten für das sach- und personengerechte Treffen von Eingriffsmaßnahmen im Einsatz durch sorgfältige Prüfung des Einzelfalls. Ihre Nutzung ist vor dem Hintergrund des -bei saisonüblichen Schwankungen- grundsätzlich hohen Niveaus von Sicherheitsstörungen bei Fußballspielen auch weiterhin erforderlich. Der Betrieb der Datei Gewalttäter Sport erfolgt auf gesetzlicher Grundlage. Die Rechtmäßigkeit wurde durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG 6 C5.09 vom 9. Juni 2010) bestätigt . Aus diesem Grund schließt sich die Bundesregierung der in dem Koalitionsvertrag in Berlin aufgenommenen Position explizit nicht an. 28. Inwieweit werden durch Fankundige Beamtinnen und Beamte (FKB) der Bundespolizei personenbezogene Daten von Fußballfans (z. B. auch Fotos, Beobachtungen, Erkenntnisse über Gruppenzugehörigkeiten etc.) in elektronischen (Arbeits-)Dateien außerhalb der allgemeinen Vorgangsbearbeitungssysteme erfasst und gespeichert? Die Bundespolizei setzt zur Überwachung des Fußballfanreiseverkehrs Szenenkundige Beamte (SKB, ehemals FKB) ein. Abseits des Vorgangsbearbeitungssystems @rtus-Bund und des Fallbearbeitungssystems b-case existieren in der Bundespolizei keine gesonderten Dateien, in denen personenbezogene Daten von Fußballfans gespeichert werden. 29. Welche möglichen rechtlichen Anpassungsbedarfe (bitte einzeln auflisten) enthält die Auflistung, die der Vorsitzende des Nationalen Ausschusses Sport und Sicherheit (NASS) vorgelegt hat mit dem Ziel, die Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen nachhaltig zu erhöhen (vgl. Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 207. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder am 7./8. Dezember 2017 in Leipzig, TOP 16)? Reform des § 125 des Strafgesetzbuchs – Landfriedensbruch Strafmaßerhöhung bei der missbräuchlichen Verwendung Pyrotechnik Strafmaßerhöhung bei Vermummungstatbeständen Ausreisebeschränkungen Entziehung der Fahrerlaubnis bei Störern Sport. 30. Was ist der Inhalt des Evaluationsberichts „Prozessevaluation gemäß Ziffer 8 der Rahmenkonzeption ‚Intensivtäter Gewalt und Sport‘ -VS-NfD-“ (vgl. Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 207. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder am 7./8. Dezember 2017 in Leipzig, TOP 17)? a) Wird der Evaluationsbericht veröffentlicht, und wenn nein, warum nicht? b) Welche Handlungsempfehlungen sind in dem Evaluationsbericht enthalten , und welcher Handlungsbedarf ergibt sich hieraus jeweils für den Bund und für die Länder (bitte getrennt aufschlüsseln)? Die Fragen 30 bis 30b werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet. Mit einer Prozessevaluation als sog. formative Evaluation soll vor allem die aktive Gestaltung des Evaluationsgegenstandes sowohl in der Planungs- als auch insbesondere in der Durchführungsphase begleitet werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/1223 Im Fokus steht hierbei beispielsweise die Frage, ob Umsetzungshürden bei der Implementation des Evaluationsgegenstandes bestehen. In der Prozessevaluation der Rahmenkonzeption „Intensivtäter Gewalt und Sport“ werden die polizeilichen Handlungsfelder Organisation/Zuständigkeiten Zielgruppe Maßnahmen Zusammenarbeit mit der Justiz dargestellt, einer Schwachstellenanalyse unterzogen und diesbezügliche Handlungsempfehlungen aufgezeigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333