Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 7. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12239 19. Wahlperiode 09.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11491 – Europäischer Sicherheitsrat V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 27. Juni 2016, vier Tage nach dem britischen Brexit-Referendum, schlugen der damalige Bundesminister des Auswärtigen Frank-Walter Steinmeier und sein damaliger französischer Kollege Jean-Marc Ayrault eine Reihe institutioneller Reformen vor, mit denen die Europäische Union nach dem Austritt Großbritanniens funktionsfähiger und stärker werden sollte. Einer der Vorschläge sah vor, dass „der Europäische Rat einmal jährlich als Europäischer Sicherheitsrat“ tagen solle, „um über Fragen der inneren und äußeren Sicherheit und Verteidigungsfragen der EU zu beraten“ (www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/ europa/160624-bm-am-fra-st/281698). Dieser Europäische Sicherheitsrat sollte durch ein Treffen der Außen-, Verteidigungs- und Innenminister vorbereitet werden. Am 3. Juni 2018 griff Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel diese Idee in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ auf und forderte gleichsam die Gründung eines EU-Sicherheitsrates (www.faz.net/aktuell/politik/ inland/kanzlerin-angela-merkel-f-a-s-interview-europa-muss-handlungsfaehigsein -15619721.html?premium). Am 13. November 2018 bekräftigte sie diese Forderung in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg (www. bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-vordem -europaeischen-parlament-am-13-november-2018-in-strassburg-1549538). Nach Aussage der Bundeskanzlerin solle der Europäische Sicherheitsrat aus einem Teil der EU-Mitgliedstaaten bestehen und eine rotierende Mitgliedschaft haben, wichtige Beschlüsse vorbereiten und „sich eng mit der Hohen EU-Beauftragten für die Außenpolitik abstimmen sowie mit unseren europäischen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat“. Am 4. März 2019 forderte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in einem europaweit publizierten Gastbeitrag ebenfalls die Gründung eines Europäischen Sicherheitsrates zur Vorbereitung gemeinsamer Entscheidungen, allerdings „unter Einbeziehung Großbritanniens“ (www.elysee.fr/emmanuelmacron /2019/03/04/fur-einen-neubeginn-in-europa.de). Die Forderung Macrons nach der Einbeziehung Großbritanniens wurde von der Vorsitzenden der CDU Deutschlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, am 10. März 2019 in einem weiteren Gastbeitrag aufgegriffen: „Gleichzeitig sollten wir in einem Europäischen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12239 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens über gemeinsame außenpolitische Positionen entscheiden und das gemeinsame Handeln in der Sicherheitspolitik organisieren“ (www.cdu.de/artikel/europa-richtig-machen-gettingeurope -right). Laut Angaben der Bundesregierung war der Europäische Sicherheitsrat Gegenstand des deutsch-französischen Ministertreffens in Meseberg im Juni 2019. In der sogenannten Erklärung von Meseberg heißt es hierzu: „Wir brauchen eine europäische Debatte über neue Formate, zum Beispiel einen EU Sicherheitsrat, und über Möglichkeiten einer engeren Abstimmung innerhalb der EU und in externen Foren“. Nach Ansicht der Fragesteller ist das Ziel der Stärkung der europäischen Sicherheitsarchitektur durch einen Europäischen Sicherheitsrat sinnvoll und unterstützenswert , beim Vorgehen der Bundesregierung jedoch keine klare Strategie erkennbar . Ferner sind – obwohl die Idee eines Europäischen Sicherheitsrates bereits seit 2016 regelmäßig von namhaften Vertretern der Bundesregierung propagiert wird und Einvernehmen mit unseren französischen Partnern über dessen Notwendigkeit besteht – bisher keine konkreten Fortschritte zu erkennen. Es ist an der Zeit, dass die Idee eines Europäischen Sicherheitsrates endlich Gestalt annimmt und die Bundesregierung ihrer Verantwortung für die Fortentwicklung der europäischen Sicherheitsarchitektur gerecht wird. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die mögliche Schaffung eines Europäischen Sicherheitsrats ist Gegenstand der politischen Debatte über die Effektivität der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP), deren integraler Bestandteil die Gemeinsame Sicherheits - und Verteidigungspolitik (GSVP) ist, die der Union eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Operationsfähigkeit sichert. Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck für eine Verbesserung der europäischen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit ein und unterstützt grundsätzlich das Ziel der Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrats. Bei der Prüfung möglicher Modelle spielen folgende Erwägungen eine Rolle: Es soll sowohl die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der EU im Bereich der GASP rasch und signifikant gesteigert wie auch die EU-Einheit gestärkt werden. Hierfür müssen die berechtigten Anliegen aller Mitgliedstaaten Berücksichtigung finden. Viele Fragen, etwa zur institutionellen Aufhängung, zu möglichen Mitgliedern und zu möglichen Befugnissen, lassen sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantworten, hängen sie doch von grundlegenden Entscheidungen konzeptioneller Art ab. 1. Welche Priorität misst die Bundesregierung der Schaffung eines Europäischen Sicherheitsrates bei? Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich für die Verbesserung der Entscheidungs - und Handlungsfähigkeit der EU, insbesondere im Rahmen der GASP, ein. Die Schaffung eines Europäischen Sicherheitsrates wird hierzu als ein Mittel diskutiert , ebenso wie etwa die Frage der Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Rahmen der GASP. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12239 2. Sind über die Verlautbarungen von Regierungsvertretern in Presse und Öffentlichkeit hinaus bereits konkrete Schritte hin zur Einrichtung eines solchen Sicherheitsrates gemacht worden? Die Bundesregierung prüft derzeit denkbare Modelle für einen möglichen Europäischen Sicherheitsrat. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . 3. Hat es bereits Konsultationen mit anderen EU-Mitgliedstaaten über die Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrates gegeben? Es haben erste Gespräche mit EU-Partnern stattgefunden, um die grundsätzliche Offenheit für die Idee eines Europäischen Sicherheitsrats zu sondieren. 4. Falls bereits Konsultationen über die Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrates mit anderen EU-Mitgliedstaaten stattgefunden haben, wie haben sich diese jeweils positioniert? Die Einschätzung, dass die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der EU gestärkt werden muss, wird breit geteilt. Dies wurde auch bei der Diskussion zur Effektivität der GASP beim Rat für Außenbeziehungen am 17. Juni 2019 sehr deutlich. Zu den konkreten Wegen, dieses Ziel zu erreichen, werden derzeit verschiedene Ideen diskutiert. 5. Falls bisher keine Konsultationen über die Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrates mit anderen EU-Mitgliedstaaten stattgefunden haben, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Gibt es einen Dissens zwischen der französischen und der deutschen Regierung über die konkrete Ausgestaltung des Europäischen Sicherheitsrates? Beide Regierungen prüfen derzeit verschiedene mögliche Modelle mit dem Ziel, ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten. 7. Soll der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung ein Organ der Europäischen Union werden? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 8. Soll Großbritannien nach dem Brexit nach Auffassung der Bundesregierung Teil des Europäischen Sicherheitsrates sein? Wenn ja, hat es hierzu bereits Konsultationen mit der britischen Regierung gegeben? Die Bundesregierung strebt nach dem Brexit eine engstmögliche strategische Partnerschaft zwischen der EU und Großbritannien an. Die künftige Ausgestaltung der Beziehungen wird nach dem Austritt thematisiert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12239 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. In welchem Verhältnis zu bestehenden Instrumenten der Gemeinsamen Außen - und Sicherheitspolitik der Europäischen Union soll der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung stehen? 10. In welchem Verhältnis zum Rat für Auswärtige Angelegenheiten sowie zum Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) soll der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung stehen? 11. Welche Struktur, Mitgliederzahl und -auswahl soll der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung haben, und in welchem Rhythmus soll er tagen? 12. Auf welcher Ebene sollen die teilnehmenden Staaten beim Europäischen Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung vertreten sein? 13. Wer soll den Vorsitz des Europäischen Sicherheitsrates nach Auffassung der Bundesregierung innehaben? 14. Mit welchen konkreten Befugnissen und Instrumenten sollte der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung ausgestattet sein? 15. Mit welchen finanziellen und personellen Ressourcen sollte der Europäische Sicherheitsrat nach Auffassung der Bundesregierung ausgestattet sein? Die Fragen 9 bis 15 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 16. In welchem Verhältnis steht der Plan zur Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrates zum Ansinnen der Bundesregierung, einen gemeinsamen europäischen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu etablieren? Ein Europäischer Sicherheitsrat soll in den Augen der Bundesregierung die Entscheidungs - und Handlungsfähigkeit der EU im Bereich der GASP verbessern. Dies ist zu trennen von der Frage der Vertretung der EU im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Zugleich trägt jede weitere Verbesserung der Entscheidungs - und Handlungsfähigkeit der EU im Rahmen der GASP zu einer verbesserten Koordinierung des Handelns der Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen , darunter im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, bei. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 19/6985 vom 14. Januar 2019 verwiesen. 17. Wie sucht die Bundesregierung einen Konsens unter den 27 Mitgliedstaaten (und evtl. Großbritannien) herzustellen, der für die Einrichtung eines Europäischen Sicherrates nötig wäre? Hierfür wird die Bundesregierung zu gegebener Zeit eine Konsultations- und Kommunikationsstrategie erarbeiten. 18. Ist nach Auffassung der Bundesregierung zur Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrates eine Primärrechtsänderung notwendig, und wenn ja, ist diese gegenwärtig realistisch? 19. Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung Alternativen zu einer Primärrechtsänderung zur Einrichtung eines Europäischen Sicherheitsrats, und wenn ja, welche? Die Fragen 18 und 19 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333