Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 7. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12242 19. Wahlperiode 09.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11875 – Anerkennung von Morbus Parkinson als Berufskrankheit im landwirtschaftlichen Bereich V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Entsprechend § 9 Absatz 1 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist die Bundesregierung ermächtigt, „Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.“ Anerkannte Berufskrankheiten, die durch Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) und sonstige chemische Stoffe ausgelöst werden, subsumiert Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung unter Punkt 13. Das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird in Fragen der Anerkennung vom ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ unterstützt, der seit Jahren wiederkehrend das Beratungsthema „Parkinson durch bestimmte Pestizid-Inhaltsstoffe“ prüft. In Einzelfällen wurden Parkinson-Erkrankungen in der Vergangenheit von Unfallversicherungsträgerinnen und Unfallversicherungsträgern als sogenannte Wie-Berufskrankheit , mithin als ein Ursachenzusammenhang mit vorangegangener Pestizid -Exposition, anerkannt. In bisher veröffentlichten Stellungnahmen wurde immer wieder auf eine Korrelation zwischen Pestizid-Exposition und Parkinsonerkrankung verwiesen (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 23 der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann auf Bundestagsdrucksache 18/5342 Juni 2015, Arbeitsnummer 95; Stellungnahme Nummer 033/2006 des Bundesinstituts für Risikobewertung – BfR, Juni 2006). Jedoch wurde letztlich eine ungenügende Aussagekraft der vorliegenden Studien und die Schwierigkeit , spezifische Substanzen als Auslöser zu identifizieren, geltend gemacht, um bisher in der Bundesrepublik Deutschland eine Aufnahme in Anlage 1 abzulehnen . Gleiches galt zuletzt für die Frage nach einem Ursachenzusammenhang zwischen Morbus Parkinson und Lösemitteln. Nach erfolgter Vorprüfung sah das Gremium in dieser Thematik wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnislage von einer weiteren Beratung ab, obwohl „Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer Exposition mit Lösungsmitteln und dem Auftreten eines Morbus Parkinson“ bestehen (vgl. 117. Sitzung des Sachverständigenbei- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rats, März 2018). Dagegen fand die unheilbare neurodegenerative Erkrankung in Frankreich bereits 2012 mit dem Dekret 2012-665 Aufnahme in das Tableaux de maladies professionnelles. 1. Plant die Bundesregierung, wie Frankreich Morbus Parkinson als Berufskrankheit bei Landwirtinnen und Landwirten anzuerkennen, und wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Frage, ob der berufliche Umgang mit Pestiziden Morbus Parkinson auslösen kann, wird zurzeit vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ (ÄSVB) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) geprüft. Zum Stand der Beratungen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der Entscheidungsgrundlage und -findung der verantwortlichen Stellen in Frankreich bezüglich der Anerkennung von Morbus Parkinson als Berufskrankheit, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus für das weitere Vorgehen in Deutschland ? Ob eine Krankheit in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt werden kann, richtet sich nach den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach müssen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über die Verursachung der Krankheit durch besondere Einwirkungen vorliegen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Diese Voraussetzungen werden vom ÄSVB geprüft, der hierzu die nationalen und internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisse sichtet und bewertet. Motive und Bewertung der internen Entscheidungsfindung der französischen Stellen über die Anerkennung von Morbus Parkinson durch Pestizide als Berufskrankheit sind der Bundesregierung nicht bekannt. Die publizierten arbeitsmedizinischen und fachmedizinischen Erkenntnisse und Studien aus Frankreich sind aber in die Prüfung des ÄSVB einbezogen. 3. Seit wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung ein möglicher Ursachenzusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und Parkinsonerkrankung bekannt , und welche Schlussfolgerungen hat sie daraus gezogen? Das Bundesinstitut für Risikobewertung bzw. das vormalig zuständige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin hat sich seit ca. zwanzig Jahren wiederholt mit einem möglichen Zusammenhang zwischen der Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel und der Entstehung von Morbus Parkinson befasst. Epidemiologische Studien ergaben zwar Hinweise auf einen statistischen Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Pestiziden und der Wahrscheinlichkeit, an Morbus Parkinson zu erkranken. Jedoch konnte in der Vergangenheit ein möglicher Ursachenzusammenhang nicht mit ausreichenden wissenschaftlichen Daten belegt werden. Der ÄSVB hat in den Jahren 2010 und 2011 die wissenschaftliche Erkenntnislage zu einem möglichen Ursachenzusammenhang zwischen Pestizideinwirkung und Morbus Parkinson geprüft. Die diesbezüglichen nationalen und internationalen Studien wurden im Hinblick auf die in Deutschland geltenden gesetzlichen Voraussetzungen für eine neue Berufskrankheit bewertet. Im Ergebnis waren die in den Studien getroffenen Aussagen aber zu heterogen und hatten nur begrenzte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12242 Aussagekraft. Insbesondere hatten die epidemiologischen Studien, die das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung zwischen beruflichen und außerberuflich verursachten Erkrankungen bilden, nur begrenzte Aussagekraft. Die Studien zeigten zwar Hinweise auf einen Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung von bestimmten Stoffen (Pflanzenschutzmitteln oder Bioziden) und der Entstehung von Morbus Parkinson. Allerdings gab es erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf die eindeutige Diagnosestellung und Klassifikation der Erkrankung insbesondere in den älteren Arbeiten. Der ÄSVB hat daher im Jahr 2012 beschlossen , zunächst weitere Erkenntnisse abzuwarten. Im Jahr 2015 hat der ÄSVB die Prüfung wieder aufgenommen, da weitere Studien veröffentlicht worden sind. 4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Prävalenz von Morbus Parkinson unter Beschäftigten in der Landwirtschaft, auch im Vergleich zur Normalbevölkerung (bitte Zahlen ab 2010 auflisten), und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Der Bundesregierung liegen zur Prävalenz von Morbus Parkinson unter Beschäftigten im landwirtschaftlichen Bereich keine Daten vor. 5. Welche finanziellen Konsequenzen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Anerkennung von Morbus Parkinson als Berufskrankheit von Landwirtinnen und Landwirten in Frankreich, welche finanziellen Konsequenzen hätten eine solche Entscheidung in der Bundesrepublik für die Betroffenen, und welche finanziellen Belastungen würden daraus für wen geschätzt entstehen ? Mit der Anerkennung von Morbus Parkinson durch Pestizide als Berufskrankheit hätten die Betroffenen Anspruch auf das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieses umfasst insbesondere Ansprüche auf Heilbehandlung , berufliche und soziale Teilhabeleistungen und Pflegeleistungen sowie kurzfristige Lohnersatzleistungen bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Renten bei dauerhafter Erwerbsminderung und Hinterbliebenenleistungen. Die hierzu notwendigen Aufwendungen wären nach dem gesetzlich festgelegten Finanzierungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Haushalt der zuständigen Unfallversicherungsträger, d.h. ganz überwiegend der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), aufzubringen. Beitragspflichtig zur SVLFG sind die landwirtschaftlichen Unternehmer. Eine Schätzung der finanziellen Aufwendungen ist vor dem Abschluss der Beratungen im ÄSVB nicht möglich. Denn die Zahl der potentiell Betroffenen hängt davon ab, für welche Pestizide und/oder Pestizidinhaltsstoffe in Verbindung mit welcher Intensität und Einwirkungsdauer die notwendigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Begründung einer Berufskrankheit festgestellt werden können. Erkenntnisse über die finanziellen Aufwendungen in Frankreich liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie viele ärztliche Anzeigen zum Verdacht auf Berufskrankheiten durch Pestizid-Exposition wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland registriert (bitte für die Jahre 2010 bis 2018 nach Berufsgruppen und Bundesland auflisten)? Nach den Angaben der SVLFG als für den Bereich der Landwirtschaft zuständigem Unfallversicherungsträger sind in den Jahren 2010 bis 2018 insgesamt 47 ärztliche Verdachtsanzeigen aufgrund von Pestizid-Exposition eingegangen. Die Verteilung auf Bundesländer und Berufsgruppen stellt sich wie folgt dar: Jahr Ärztliche Verdachtsmeldungen Bundesland Berufsgruppe 2010 1 NRW Land- und Forstwirtschaft 2011 1 SH/HH Land- und Forstwirtschaft 1 NRW Land- und Forstwirtschaft 1 Bayern Land- und Forstwirtschaft 1 Hessen Land- und Forstwirtschaft 1 Rheinland-Pfalz Gartenbau 7 Niedersachsen-Bremen Land- und Forstwirtschaft 2012 1 Niedersachsen-Bremen Land- und Forstwirtschaft 1 NRW Gartenbau 1 Thüringen Land- und Forstwirtschaft 2013 2 SH/HH Land- und Forstwirtschaft 2 Niedersachsen- Bremen Land- und Forstwirtschaft 2 Bayern Land- und Forstwirtschaft 1 NRW Gartenbau 1 Rheinland-Pfalz Weinbau 2014 2 Rheinland-Pfalz Weinbau 1 SHH Gartenbau 1 Bayern Land- und Forstwirtschaft 2015 2 Rheinland-Pfalz Weinbau 2 Bayern Land- und Forstwirtschaft 2016 2 Sachsen Land- und Forstwirtschaft 3 Bayern Land- und Forstwirtschaft 1 NRW Land- und Forstwirtschaft 2 Niedersachsen- Bremen Land- und Forstwirtschaft 2017 2 Brandenburg Land- und Forstwirtschaft 1 Sachsen Land- und Forstwirtschaft 2018 1 Bayern Land- und Forstwirtschaft 1 Baden-Württemberg Land- und Forstwirtschaft 1 Brandenburg Land- und Forstwirtschaft 1 Sachsen Gartenbau Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12242 Nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) als Spitzenverband der gewerblichen und öffentlichen Unfallversicherungsträger ist in ihrem Bereich eine Auswertung der Berufskrankheitenverdachtsanzeigen bezogen auf die Einwirkung von Pestiziden nicht möglich, da in der Berufskrankheiten -Dokumentation Tätigkeit und Einwirkung erst mit der versicherungsrechtlichen Entscheidung dokumentiert werden. Hilfsweise hat die DGUV die im Zeitraum 2010 bis 2017 (Zahlen für 2018 liegen in dieser Dokumentation noch nicht vor) entschiedenen Fälle ausgewertet, wobei die explizite Dokumentation der Einwirkung von Pestiziden nur bei Berufskrankheiten (BK)-Nummern 4301 und 4302 (beides chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen) und BK-Nummer 5101 (Hauterkrankungen) erfolgt. Den Fällen können ärztliche Anzeigen, ärztliche Hautarztberichte oder Meldungen sonstiger Stellen zugrunde liegen. Die Verteilung auf Bundesländer und Berufsgruppen stellt sich wie folgt dar: Berufskrankheiten-Dokumentation der DGUV Entschiedene Fälle zu BK-Nrn. 4301, 4302 und 5101 im Zeitraum 2010 bis 2017 mit (angeschuldigter ) Einwirkung von Pestiziden Anzahl Berufsgruppe 413 Materialverwaltungs- und Transportangestellte 18 723 Maschinenmechaniker und -schlosser 13 611 Gärtner und Ackerbauern 12 822 Maschinenbediener für chemische Erzeugnisse 8 815 Bediener chemischer Verfahrensanlagen 7 522 Ladenverkäufer, Verkaufs-, Marktstandverkäufer und Vorführer 7 932 Hilfsarbeiter in der Fertigung 6 724 Elektro- und Elektronikmechaniker und -monteure 6 721 Former (für Metallguss), Schweißer, Blechkaltverformer, Baumetallverformer und verwandte Berufe 4 713 Ausbau- und verwandte Berufe 4 513 Pflege- und verwandte Berufe 4 Übrige (n<4) 43 Gesamt 132 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Entschiedene Fälle zu BK-Nrn. 4301, 4302 und 5101 im Zeitraum 2010 bis 2017 mit (angeschuldigter ) Einwirkung von Pestiziden1 Anzahl Bundesland Hessen 28 Nordrhein-Westfalen 26 Bayern 17 Baden-Württemberg 14 Hamburg 9 Schleswig-Holstein 7 Sachsen 6 Niedersachsen 6 Thüringen 4 Mecklenburg-Vorpommern 4 Rheinland-Pfalz 4 Übrige (n<4) 7 Gesamt 132 1 Das Bundesland bezieht sich auf den Sitz des Unternehmens, bei dem die Einwirkung stattgefunden haben soll bzw. stattgefunden hat. In der Dokumentation der Fälle nach § 9 Absatz 2 SGB VII (sog. Wie-Berufskrankheiten ) sind für den Zeitraum 2010 bis 2018 folgende Verdachtsanzeigen mit (angeschuldigter) Pestizideinwirkung erfasst, gegliedert nach Berufsgruppe (das Bundesland wird in dieser Dokumentation nicht erfasst): § 9 Absatz 2-Dokumentation der DGUV Verdachtsanzeigen im Zeitraum 2010 bis 2018 mit (angeschuldigter) Einwirkung von Pestiziden Anzahl Berufsgruppe 315 Sicherheits- und Qualitätskontrolleure 9 611 Gärtner und Ackerbauern 6 522 Ladenverkäufer, Verkaufs-, Marktstandverkäufer und Vorführer 6 Übrige (n<4) 24 Gesamt 45 7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verfügbarkeit und Qualität der Informationen , die für Erstatterinnen und Erstatter einer Anzeige im Hinblick auf die Noxen für Berufskrankheiten unter Punkt 13 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten -Verordnung derzeit bereit stehen? Die Untergruppe 13 „Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) und sonstige chemische Stoffe“ der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) umfasst insgesamt 21 sehr heterogene Berufskrankheiten, die im Lauf der historischen Entwicklung mit einem unterschiedlichen Präzisierungsgrad hinsichtlich der Krankheitsbezeichnung, der Bezeichnung der Einwirkungen und deren Ausmaß und Dauer in die Verordnung aufgenommen worden sind. Zu diesen Berufskrankheiten existieren wissenschaftliche Empfehlungen, wissenschaftliche Stellungnahmen, Merkblätter sowie ein Addendum, die alle veröffentlicht sind Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12242 (bis zum Jahr 2006 im Bundesarbeitsblatt, seit dem Jahr 2007 im Gemeinsamen Ministerialblatt). Alle Veröffentlichungen sind außerdem über eine Verlinkung auf der Homepage des BMAS sowie unmittelbar auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin jederzeit online abrufbar (www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Berufskrankheiten/ Merkblaetter.html). Die Dokumente wurden vom ÄSVB erstellt und bilden den zum jeweiligen Veröffentlichungszeitpunkt aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab. Durch die verschiedenen Formen der Veröffentlichung sowie die Erarbeitung durch den ÄSVB sind die jederzeitige und breite Verfügbarkeit sowie eine hohe fachliche Qualität der genannten Dokumente gewährleistet . Darüber hinaus hat die DGUV auf ihrer Homepage ein frei zugängliches Berufskrankheiten -Informationsportal (www.dguv.de/bk-info) eingerichtet, das speziell Ärztinnen und Ärzte (als die im Regelfall Verdachtsanzeige erstattenden Personen ) anspricht. Aber auch jede andere Person kann auf diese Informationen zugreifen . In dem Portal sind alle wesentlichen Informationen zum Thema Berufskrankheiten zusammengefasst. Es wird beispielsweise auch zu jeder Berufskrankheit auf die dafür veröffentlichten Merkblätter, wissenschaftlichen Stellungnahmen und Begründungen verwiesen, so auch auf die in der Untergruppe 13 gelisteten Berufskrankheiten auslösenden Einwirkungen und die darunter eingestellten wissenschaftlichen Dokumente. 8. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung ergriffen, um die seit 2010 nicht mehr herausgegebenen Merkblätter, die behandelnden Ärztinnen und Ärzten im Verdachtsfall als Hilfestellung und Grundlage einer Anzeige bei der Unfallversicherungsträgerin bzw. dem Unfallversicherungsträger dienen, adäquat zu ersetzen? In Abstimmung mit dem ÄSVB hat das BMAS nach Einstellung der Merkblätter die DGUV damit beauftragt, ein Konzept zu künftigen facharztbezogenen Anzeigekriterien zu erarbeiten. Der Gegenstand dieser facharztspezifischen Anzeigekriterien wurde in der ersten Stufe auf die Migration der in den bisherigen Merkblättern enthaltenen Angaben begrenzt. Das von der DGUV hierzu erarbeitete Konzept wurde im Jahr 2016 dem ÄSVB vorgestellt und aus fachlicher Sicht befürwortet . Das Konzept wurde anschließend von der DGUV für alle Berufskrankheiten umgesetzt und sukzessive veröffentlicht; es ist als BK-Informationsportal auf der Homepage der DGUV unter www.dguv.de/bk-info allgemein zugänglich. Nachdem die erste Stufe des Konzepts vollständig umgesetzt wurde, hat die DGUV etwa 650 Kombinationen aus ICD-10-kodierter Diagnose und berufskrankheitenrelevanter Einwirkung zusammengestellt, bei denen Ärztinnen und Ärzte einen begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit melden sollen. Dafür hat sie arbeitsmedizinische und gefahrstoffbezogene Expertise aus ihren Instituten (Institut für Arbeitsschutz und Institut für Prävention und Arbeitsmedizin ) sowie externe arbeitsmedizinische und toxikologische Expertise (Prof. Hartmann, Hamburg; Prof. Golka, Leiter der Klinischen Arbeitsmedizin, Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund und Dr. Prager, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Castrop- Rauxel) einbezogen. Das weitere Vorgehen im Hinblick auf neu hinzugekommene Berufskrankheiten bzw. die Überarbeitung und Aktualisierung bereits vorhandener Daten wird zwischen dem BMAS, dem ÄSVB und der DGUV abgestimmt. Diese Abstimmung ist für die nächste Sitzung des ÄSVB im September 2019 geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass diese Merkblätter weiterhin den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis abbilden, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Erstellung und Aktualisierung von Merkblättern ist seit dem Jahr 2010 eingestellt worden. Sie geben - wie auch die wissenschaftlichen Empfehlungen und Stellungnahmen - jeweils den Erkenntnisstand der Wissenschaft zum Zeitpunkt ihrer Erstellung wieder. Bei der Anwendung und Auslegung der einzelnen Berufskrankheiten -Tatbestände ist immer der jeweils aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Kenntnisstand zugrunde zu legen. Hierzu können die Merkblätter, insbesondere mit den grundlegenden Ausführungen über Krankheitsbilder und frühere Vorkommen und Gefahrenquellen von schädigenden Stoffen und Einwirkungen , auch in Zukunft beitragen, da sich Berufskrankheiten zum Teil erst nach jahrzehntelangen Latenzzeiten entwickeln. Die Merkblätter waren und sind nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt BSG Urteil vom 27. Juni 2017 – B 2 U 17/15 R) aber keine verbindliche Interpretation des Willens des Verordnungsgebers im Sinne einer amtlichen Begründung, insbesondere nicht für die Begutachtung im Einzelfall. Sie sind nicht rechtlicher Bestandteil der BKV und auch kein vorweggenommenes Sachverständigengutachten oder eine verbindliche Konkretisierung der Tatbestandsvoraussetzungen der einzelnen Berufskrankheitentatbestände . Die Merkblätter können aber als Interpretationshilfe bei der Ermittlung des medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstands mit herangezogen werden. 10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der gegenwärtige Stand bei der Erarbeitung von Hinweisen für die Anzeige von Berufskrankheiten durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, welche die Merkblätter ersetzen sollen? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 11. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der jeweils aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand kurzfristig an die Erstatterinnen und Erstatter der Anzeigen von Berufskrankheiten weitergegeben wird? Neue wissenschaftliche Empfehlungen und wissenschaftliche Stellungnahmen des ÄSVB werden unmittelbar nach Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt jeweils aktuell auf der Homepage des BMAS sowie durch eine Verlinkung dauerhaft auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eingestellt und sind dort jederzeit öffentlich abrufbar (www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Berufskrankheiten/ Merkblaetter.html). Um die potentiell Betroffenen und alle weiteren Beteiligten gezielt zu informieren, hat das BMAS außerdem auf seiner Homepage im Themenbereich „Gesetzliche Unfallversicherung“ eine Rubrik „Aktuelles aus dem Berufskrankheitenrecht“ eingeführt, in der über neue wissenschaftliche Empfehlungen und Stellungnahmen des ÄSVB informiert wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12242 12. Sollten nach Auffassung der Bundesregierung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie andere zur Anzeige von Berufskrankheiten berechtigte Personen darüber informiert sein, dass eine Parkinson-Erkrankung möglicherweise als „Wie“-Berufskrankheit anerkennungsfähig ist? 13. Hat die Bundesregierung dafür Sorge getragen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie andere zur Anzeige von Berufskrankheiten berechtigte Personen darüber informiert sind, dass eine Parkinson-Erkrankung möglicherweise als „Wie“-Berufskrankheit anerkennungsfähig ist, und wenn ja, wie? Die Fragen 12 und 13 werden gemeinsam beantwortet. Nach § 9 Absatz 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen , sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung erfüllt sind. Voraussetzung für die Anerkennung einer „Wie-Berufskrankheit“ ist deshalb das Vorliegen entsprechender Erkenntnisse, die eine Aufnahme in die Anlage 1 zur BKV begründen würden. Wie in den Antworten zu den Fragen 1, 3 und 16 dargestellt , dauert der Beratungsprozess im ÄSVB zur Fragestellung „Morbus Parkinson durch Pestizide“ an, weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme und damit auch für eine Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit“ nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Bundesregierung nicht erfüllt sind. Für eine besondere Information über einen Anspruch nach § 9 Absatz 2 SGB VII besteht deshalb kein Anlass. 14. Welche Schritte erwägt die Bundesregierung, um die Prüfung der Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit durch den ärztlichen Sachverständigenbeirat bei gleichbleibender oder höherer wissenschaftlicher Qualität im Interesse der Betroffenen und Gefährdeten zu beschleunigen? 15. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Prüfungsprozess des ärztlichen Sachverständigenbeirates transparenter zu gestalten? Die Fragen 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Der aktuelle Koalitionsvertrag (Zeile 2414 ff.) enthält die Formulierung: „Wir wollen den Sozialstaat modernisieren und fortlaufend an neue Herausforderungen anpassen. Dazu wollen wir u. a. die Unfallversicherung und das Berufskrankheitenrecht weiterentwickeln.“ Auf dieser Basis beabsichtigt die Bundesregierung im Jahr 2019 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sich auch mit der Rechtsstellung und Aufgabe des ÄSVB befasst. Inhalt und Einzelheiten des Entwurfs werden derzeit von der Fachebene des BMAS erarbeitet und sind innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt . Unabhängig davon hat das BMAS in Abstimmung mit dem ÄSVB bereits auf untergesetzlicher Ebene Maßnahmen ergriffen, um die Transparenz des Gremiums und des Beratungsverfahrens zu erhöhen. Seit Herbst 2016 werden auf der Homepage des BMAS die Mitglieder des ÄSVB und ihre Funktionen sowie die jeweils aktuellen Beratungsthemen veröffentlicht und der Ablauf des Beratungsverfahrens erläutert. Auf der Homepage werden - zusätzlich zur Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt - auch die wissenschaftlichen Empfehlungen und Stellungnahmen des ÄSVB eingestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der augenblickliche Beratungsstand des ärztlichen Sachverständigenbeirates in der Frage der Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit, und wann kann mit einer Stellungnahme gerechnet werden? Die Frage, ob der berufliche Umgang mit Pestiziden Morbus Parkinson auslösen kann, wird vom ÄSVB zurzeit untersucht. In seiner letzten Sitzung am 6. Juni 2019 hat er einen Beschluss über die generelle Eignung bestimmter Stoffe/Stoffgruppen aus dem Bereich der Pestizide zur Verursachung des Morbus Parkinson getroffen. Als nächster Schritt wird unter Beteiligung neurologischer Fachmedizinerinnen und Fachmediziner die medizinisch-wissenschaftliche Beschreibung des Krankheitsbildes erarbeitet. Mit dem Beschluss vom 6. Juni 2019 ist nur der erste Prüfungskomplex für eine neue Berufskrankheit, die sogenannte „generelle Geeignetheit“, abgeschlossen worden. Es handelt sich um einen Zwischenschritt einer umfangreichen Gesamtprüfung . Zur Anerkennung als Berufskrankheit ist noch eine zweite Voraussetzung erforderlich , die sogenannte „gruppentypische Risikoerhöhung“. Hierbei handelt es sich um die Prüfung, ob Personen, die den schädigenden Einwirkungen ausgesetzt waren, ein erheblich höheres Erkrankungsrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung aufweisen. Dieses Erkrankungsrisiko muss sich in epidemiologischen Studien gezeigt und sich insbesondere in entsprechenden Dosis-Wirkungs-Beziehungen niedergeschlagen haben. Die Voraussetzung der gruppentypischen Risikoerhöhung dient der Abgrenzung zwischen beruflich und außerberuflich erworbenen Erkrankungen. Ihr kommt bei Krankheiten wie dem Morbus Parkinson besonders hohe Bedeutung zu, da die Ursachen dieser Krankheit allgemeinmedizinisch noch weitgehend ungeklärt sind und eine Vielzahl von Menschen auch ohne Pestizidbelastung erkranken. Es sind deshalb aus den Studien Kriterien zu entwickeln , die eine entsprechende Abgrenzung der beruflich betroffenen Personengruppen begründen. Die bloße allgemeine Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe wie z. B. der Landwirtschaft reicht daher nicht aus. Die Beratungen im ÄSVB sind daher noch nicht abgeschlossen, sondern werden mit der Prüfung der gruppentypischen Risikoerhöhung fortgesetzt werden. Aufgrund der hohen wissenschaftlichen Anforderungen ist noch von einem mehrjährigen Beratungszeitraum auszugehen. 17. Welche Studien wurden und werden nach Kenntnis der Bundesregierung „hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland insbesondere in Bezug auf verwendete Mittel, Zusammensetzungen der Mittel, Einsatzzeiten , Intensität und Dauer der Exposition, spezifische Berufsverhältnisse etc.“ (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann auf Bundestagsdrucksache 18/11119) erstellt (bitte abgeschlossene, laufende und geplante Studien nach Titel, erstellender Institution, Zeitrahmen, Projektträgerinnenschaft und Finanzrahmen auflisten )? Studien im Sinne der Fragestellung wurden und werden nicht erstellt. In der Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann auf Bundestagsdrucksache 18/11119 hat die Bundesregierung zum Beratungsstand im ÄSVB Folgendes mitgeteilt: „Bei Sichtung des vorhandenen Studienmaterials hat sich gezeigt, dass vor der eigentlichen wissenschaftlichen Befassung noch weiterer erheblicher Aufklä- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/12242 rungsbedarf hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland insbesondere in Bezug auf verwendete Mittel, Zusammensetzungen der Mittel, Einsatzzeiten , Intensität und Dauer der Exposition, spezifische Berufsverhältnisse etc. besteht. Dieser Aufklärungsprozess hat trotz intensiver Recherche bisher nicht zu verwertbaren Ergebnissen geführt. Vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten “ ist deshalb Ende letzten Jahres ein weiterer Fragenkatalog zu den tatsächlichen Verhältnissen in der Landwirtschaft in Deutschland erarbeitet worden, der sich an verschiedene Fachinstitutionen aus dem wissenschaftlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bereich richtet.“ Entsprechend diesen Ausführungen ist im Mai 2017 ein Fragenkatalog an folgende Institutionen versandt worden, die um Auskunft über die in der Vergangenheit in Deutschland verwendeten Mittel, ihre Zusammensetzungen, die Anwendungszeiträume , die Intensität und Dauer der Exposition, spezifische Berufsverhältnisse etc. gebeten wurden: SVLFG Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Julius-Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Bundesamt für Risikobewertung Zentralverband Gartenbau e. V. Deutscher Bauernverband e. V. Deutscher Raiffeisenverband e. V. Industrieverband Agrar e. V. Die von den Institutionen übermittelten Angaben fließen in den Beratungsprozess des ÄSVB ein. 18. Bei welchen Berufskrankheiten unter Punkt 13 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten -Verordnung hat sich nach Auffassung der Bundesregierung der medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisstand inzwischen derart geändert, dass die frühere wissenschaftliche Empfehlung als ergänzungs- oder korrekturbedürftig angesehen werden muss, und wann ist mit der Fertigstellung der diesbezüglichen Stellungnahmen des ärztlichen Sachverständigenbeirats zu rechnen? Die Untergruppe 13 der Anlage 1 zur BKV umfasst insgesamt 21 Berufskrankheiten , die im Lauf der historischen Entwicklung mit einem unterschiedlichen Präzisierungsgrad hinsichtlich der Krankheitsbezeichnung, der Bezeichnung der Einwirkungen und deren Ausmaß und Dauer in die Verordnung aufgenommen worden sind. Wissenschaftliche Empfehlungen als Grundlage für die Aufnahme in die Verordnung werden seit Mitte der 1990er Jahre erstellt. Unabhängig vom Präzisierungsgrad der Legaldefinition sind der Anwendung und Auslegung der einzelnen Berufskrankheiten-Tatbestände nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 24. April 2015 – B 2 U 20/14 R) immer der jeweils aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Kenntnisstand zugrunde zu legen. Der Kenntnisstand ist im Zweifel durch Hinzuziehung eines Sachverständigen zu ermitteln. Das BMAS beobachtet über den ÄSVB die wissenschaftliche Entwicklung zu den einzelnen Berufskrankheiten. Sofern sich – ohne die Notwendigkeit einer Änderung der Legaldefinition – der Erkenntnisstand zu einer bestehenden Berufs- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode krankheit so geändert hat, dass die bisherige wissenschaftliche Empfehlung ergänzungs - oder korrekturbedürftig ist, oder zu älteren Berufskrankheiten keine Empfehlung existiert, beschließt der ÄSVB eine wissenschaftliche Stellungnahme , die sich auf die Darstellung der jeweiligen neuen Erkenntnisse beschränken kann. Zu folgenden Berufskrankheiten der Untergruppe 13 sind in den letzten zehn Jahren wissenschaftliche Empfehlungen oder Stellungnahmen beschlossen worden: BK-Nr. 1301 „Schleimhautveränderung, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine“ hier: Krebs der Harnwege durch o-Toluidin Stellungnahme vom 15. Dezember 2011 BK-Nr. 1301 „Schleimhautveränderung, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine“ hier: Krebs der Harnwege durch Azofarbstoffe, Auramin und Haarfärbemittel Stellungnahme vom 1. Dezember 2015 BK-Nr. 1302 „Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe“ hier: Leberkrebs durch Vinylchlorid Stellungnahme vom 13. Mai 2013 BK-Nr. 1302 „Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe“ hier: Nierenkrebs durch Trichlorethen Stellungnahme vom 10. November 2017 BK-Nr. 1302 „Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe“ hier: Erkrankungen durch polychlorierte Biphenyle – Allgemeiner Teil und nicht-maligne Hauterkrankungen Stellungnahmen vom 30. November 2017 BK-Nr. 1302 „Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe“ hier: Erkrankungen durch polychlorierte Biphenyle – Schilddrüsenerkrankungen Stellungnahmen vom 27. November 2018 BK-Nr. 1319 „Larynxkarzinom durch intensive und mehrjährige Exposition gegenüberschwefelsäurehaltigen Aerosolen“ Empfehlung vom 14. Februar 2011 BK-Nr. 1320 „Chronisch-myeloische oder chronisch-lymphatische Leukämie durch 1,3-Butadien bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 180 Butadien-Jahren (ppm x Jahre)“ Empfehlung vom 12. Februar 2016 BK-Nr. 1321 „Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 80 Benzo(a)pyren-Jahren [(µgm³) x Jahre]“ Empfehlung vom 12. Februar 2016 Zu folgenden Berufskrankheiten der Untergruppe 13 laufen zurzeit Beratungen im ÄSVB: BK-Nr. 1302 „Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe“ hier: Erkrankungen durch polychlorierte Biphenyle – Diabetes mellitus, maligne Hauterkrankungen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/12242 19. Welche Fachinstitutionen aus dem wissenschaftlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bereich werden und wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vom ärztlichen Sachverständigenbeirat in den Prozess der Bewertung und Prüfung des Sachverhaltes (entsprechend der Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann auf Bundestagsdrucksache 18/11119) eingebunden? Es wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 20. In welchem Umfang, und von wem wurden bisher Prüfungen des ärztlichen Sachverständigenbeirates in dieser Frage finanziert (bitte seit 2010 mit Finanzvolumen , Laufzeit und Finanzierungsquellen auflisten)? Die Prüfung des medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands für neue Berufskrankheiten erfolgt durch die Mitglieder des ÄSVB. Ihre Tätigkeit im Beirat wird ehrenamtlich ausgeübt und nicht vergütet. 21. Wie stellt die Bundesregierung fest, ob sich eine Mehrheit der medizinischen Fachleute für eine Aufnahme von Parkinson als Berufskrankheit ausspricht (entsprechend der Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann auf Bundestagsdrucksache 18/11119)? Im Rahmen der Prüfung des medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands für neue Berufskrankheiten sichtet und bewertet der ÄSVB auf Basis systematischer Literaturrecherchen in internationalen Meta-Datenbanken die zu der jeweiligen Thematik veröffentlichten nationalen und internationalen Studien. Die Studien und die Bewertung werden anschließend in der wissenschaftlichen Empfehlung des ÄSVB dargestellt und veröffentlicht. Dieses Verfahren erfolgt auch bei der Prüfung von Morbus Parkinson durch Pestizide. 22. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland bisher Parkinson-Erkrankungen von in der Landwirtschaft Beschäftigten als sogenannte Wie-Berufskrankheiten anerkannt (bitte für die Jahre 2010 bis 2018 auflisten)? Nach den Angaben der SVLFG als zuständigem gesetzlichen Unfallversicherungsträger für in der Landwirtschaft beschäftigten Personen wurden zwischen den Jahren 2001 und 2007 vier Parkinsonerkrankungen nach § 9 Absatz 2 SGB VII als sog. Wie-Berufskrankheit anerkannt. In den Jahren 2010 bis 2018 erfolgten keine Anerkennungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12242 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Auf welche Summe belaufen sich nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die Zahlungen an Betroffene bei Parkinson als Wie-Berufskrankheit (bitte Zahlungen getrennt nach Einzelfällen auflisten)? Die Aufwendungen für die vier Fälle (siehe Antwort zu Frage 22), die alle – noch vor Errichtung der SVLFG als bundeseinheitlicher Unfallversicherungsträger – durch damals regional selbständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften als sogenannte „Wie-Berufskrankheiten“ anerkannt wurden, können nach Angaben der SVLFG erst ab dem Jahr 2013 dargestellt werden, da erst seit diesem Zeitpunkt eine gemeinsame Datenbank existiert, auf welche die SVLFG zugreifen kann. Im Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2019 sind danach folgende Aufwendungen entstanden: Aufwendungen für Renten Aufwendungen für Rehabilitation Fall 1 seit 2013 keine Aufwendungen mehr Fall 2 21.086 € 52.298 € Fall 3 57.213 € 68.967 € Fall 4 120.732 € 225.428 € Gesamt 199.031 € 346.693 € Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333