Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 7. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12245 19. Wahlperiode 09.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Kassner, Caren Lay, Matthias Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/11982 – Altschulden kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Situation ostdeutscher kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen hat sich in den letzten Jahren v. a. durch Bevölkerungsabwanderung und dem daraus resultierenden Leerstand sowie der noch immer bestehenden Altschulden weiter verschärft. Allein für Mecklenburg-Vorpommern werden die Altschulden noch immer auf insgesamt ca. 520 Mio. Euro beziffert. Vier Wohnungsunternehmen sind dadurch in ihrer Existenz bedroht (vgl. Ostsee-Zeitung vom 9. Januar 2019, „Halbe Milliarde Euro Altschulden auf Wohnungsunternehmen “, www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Halbe-Milliarde- Euro-Altschulden-auf-Wohnungsunternehmen-in-MV). Infolge der Altschuldenbelastung bleiben wichtige Instandsetzungen und Modernisierungen aus oder müssen auf die „lange Bank“ geschoben werden. Der Abriss nicht benötigter Wohneinheiten kann aufgrund der fehlenden Liquidität nicht erfolgen. „Steigende Erlösausfälle durch Leerstand gefährden [zudem] die wirtschaftliche Situation vieler Wohnungsunternehmen in den ostdeutschen Bundesländern und schaffen kaum Raum für Investitionen etwa zur Belebung der Ortskerne. Das bedeutet: Altschulden wirken sich stark investitionshemmend auf Wohnungsund städtebauliche Maßnahmen von Wohnungsunternehmen aus. Damit ergeben sich weitere Defizite in der Frage gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ostdeutschland . Eine Insolvenz eines Wohnungsunternehmens hätte auch massive Auswirkungen in finanzieller und städtebaulicher Sicht für die betroffene Kommune. Zum Teil können Wohnungsbestände nicht abgewickelt bzw. veräußert werden, da es keinen entsprechenden Markt gibt. So besteht die Gefahr, dass Gebäude zunehmend verkommen. Dadurch reduziert sich die Attraktivität der Nachbarschaft erheblich […]. Die Folgen sind gravierend. Die dann anfallenden Folgekosten stehen in keinem Verhältnis zu einer möglichen Entlastung von den Altschulden “ (vgl. GdW Positionspapier für die AG „Kommunale Altschulden“, im Rahmen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, https://web. gdw.de/uploads/pdf/stellungnahmen/GdW-StN_AG_Kommunale_Altschulden.pdf, S. 3). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12245 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen nach der Wiedervereinigung 1990 bis heute insgesamt entwickelt (bitte nach Bundesländern, Jahren und kommunal und genossenschaftlich aufschlüsseln)? 2. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Vergleich dazu die Altschulden der westdeutschen Wohnungsunternehmen nach der Wiedervereinigung 1990 bis heute insgesamt entwickelt (bitte nach Bundesländern, Jahren und kommunal und genossenschaftlich aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen außer den im Positionspapier des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (https://web. gdw.de/uploads/pdf/stellungnahmen/GdW-StN_AG_Kommunale_Altschulden.pdf) für die AG „Kommunale Altschulden“ der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse “ veröffentlichten Daten zu Altschulden ostdeutscher Wohnungsunternehmen keine aktuellen Unternehmensdatenreihen vor. 3. In welcher Größenordnung wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit bereits Altschulden von den ostdeutschen Wohnungsunternehmen getilgt, und wie viel „Schuldenabbau“ konnte durch die Kappung des Altschuldenhilfegesetzes erreicht werden (bitte nach Bundesländern sowie Eigentümerart aufschlüsseln)? Die Entlastung des Bundes für ostdeutsche kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften betrug bis einschließlich 2013 insgesamt 15,2 Mrd. Euro. Die Tabelle zeigt die Verteilung der Teilentlastung nach Altschuldenhilfegesetz (AHG) sowie die Entlastung der Restaltschulden bei Abriss nach Altschuldenhilfeverordnung (AHGV – Härtefallregelung nach § 6a AHG bei 15 Prozent Leerstand ) nach Ländern: Teilentlastung (AHG) in Mio. EUR Entlastung der Restaltschulden (AHGV) in Mio. EUR Berlin 3.494 15,4 Brandenburg 1.748 193,8 Mecklenburg-Vorpommern 1.504 45,4 Sachsen 3.174 360,2 Sachsen-Anhalt 2.147 273,5 Thüringen 2.114 162,8 Gesamt 14.181 1.051,1 Quelle: KfW Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12245 5.4. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um den ostdeutschen Wohnungsunternehmen bei einer Entschuldung zu helfen (bitte Zeitraum und Volumen angeben)? Die Teilentlastung nach AHG kappte die Altschulden 1993 auf 150 DM/qm. Dies entsprach damals einem Kapitaldienst von 1 DM/qm. Mit der 2001 eingeführten Altschuldenhilfe-Verordnung (AHGV, Härtefallregelung bei 15 Prozent Wohnungsleerstand ) übernahm der Bund die Tilgung der Restschuld bis max. 77 Euro /qm abzureißender Wohnfläche. Die Altschuldenhilfeverordnung hat die Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern um insgesamt 1 051,1 Mio. Euro entlastet. Diese Entlastung trug dazu bei, dass insgesamt 243.646 leerstehende Wohnungen vom Markt genommen werden konnten. Durch die Novellierung der AHGV im Jahr 2008 erhielten die Wohnungsunternehmen zudem die Möglichkeit, die zusätzliche Entlastung anstatt für Abriss auch für die Sanierung bzw. Verkauf und Sanierung stadtbildprägender Altbauten zu erhalten. Damit konnte ein Beitrag zur Sanierung der Altbauten in den Innenstädten geleistet werden. Die Altschuldenentlastung endete am 31. Dezember 2013. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6.5. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um den westdeutschen Wohnungsunternehmen bei einer Entschuldung zu helfen (bitte Zeitraum und Volumen angeben)? Das AHG galt nur für ostdeutsche Wohnungsunternehmen. Westdeutsche Unternehmen hatten keine einigungsbedingten Altschulden. 7.6. Warum hat die Bundesregierung seit 2009 keine Neuregelung der sogenannten Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungsunternehmen vorgelegt? Die Härtefallregelung nach § 6a AHG wurde im Rahmen der Novellierung 2008 auf Wunsch der Wohnungsunternehmen von 2010 auf 2013 verlängert, um den Unternehmen mehr Zeit für den erforderlichen Rückbau zu ermöglichen. Trotz der Verlängerung wurden die bereits bewilligten Mittel in Höhe von 62,2 Mio. Euro nicht mehr in Anspruch genommen. Vor diesem Hintergrund verzichtete die Bundesregierung auf eine erneute Verlängerung der Härtefallregelung. Zudem sank der Rückbaubedarf und eine allgemeine Stabilisierung der ostdeutschen Wohnungsunternehmen zeichnete sich ab. Die vom Bundesbauministerium beauftragten Gutachter (I. Gutachten „Altschuldenhilfe und Stadtumbau“, empirica 2010; II. Gutachten „Anreizinstrumente für Investitionen im Stadtumbau Ost – Alternativen zur Altschuldenhilfe“, IfS Berlin, B. B. S. M. Potsdam, 2013) sprachen sich gegen eine Fortführung der Altschuldenentlastung aus. Die Gutachter plädierten für eine Aufstockung der Bundesfinanzhilfen des Städtebauförderungsprogramms Stadtumbau Ost und empfahlen, die besondere Rückbauförderung (ohne kommunalen Eigenanteil) für die neuen Bundesländer auch künftig beizubehalten. Im Jahr 2013 endete damit die Altschuldenhilfe . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12245 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8.7. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zukünftig, um den ostdeutschen Wohnungsunternehmen bei der Entschuldung zu helfen, und wie kann ein Zeithorizont hierfür aussehen? 9.8. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zukünftig, um den westdeutschen Wohnungsunternehmen bei der Entschuldung zu helfen, und wie kann ein Zeithorizont hierfür aussehen? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat in ihrem Beschluss zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ festgehalten, dass einige Regionen in den ostdeutschen Ländern mit hohen Altschulden belastet sind. Grundsätzlich sind die Länder für die aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen und damit auch der kommunalen Wohnungsunternehmen verantwortlich. Ab 2020 werden die Länder aufgrund der „Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen 2017“ zusätzliche Einnahmen von fast 10 Mrd. Euro pro Jahr zur Verfügung haben, die auch für eine Stärkung der Kommunalfinanzen eingesetzt werden können. Im Kabinettbeschluss zur Umsetzung von Maßnahmen auf Basis der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ wird folgendes zum Thema kommunale Altschulden (inklusive Altschulden der kommunalen Wohnungswirtschaft Ostdeutschlands) ausgeführt: Der Bund kann einen Beitrag leisten, wenn es einen nationalen politischen Konsens gibt, den betroffenen Kommunen einmalig gezielt zu helfen. Ein solcher Konsens setzte voraus, dass sichergestellt wird, dass eine neue Verschuldung über Kassenkredite nicht mehr stattfindet. Dazu wäre ein breiter politischer Konsens in den gesetzgebenden Körperschaften und zwischen den Ländern nötig, an einer nachhaltigen Lösung solidarisch mitzuwirken, so dass der Bund gezielt dort bei Zins- und Tilgungslasten helfen kann, wo andere Hilfe alleine nicht ausreichend ist. Zugleich müssen die Ursachen der hohen Kassenkreditbestände angegangen werden . Die Bundesregierung wird zeitnah Gespräche mit dem Deutschen Bundestag , den Ländern sowie den betroffenen Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden aufnehmen, um auszuloten, ob eine solche nationale Lösung möglich ist. Die Bundesregierung wird die Maßnahmen im Rahmen der nach Haushaltslage zur Verfügung stehenden Mittel umsetzen. 10.9. Welche Altschuldenhilfsprogramme haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder aufgelegt bzw. planen die Länder aufzulegen, um der Schuldenlast der ostdeutschen Wohnungsunternehmen Herr zu werden (bitte nach Bundesländern, Volumen und Laufzeiten aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen aus den Ländern vor. Dem Bund sind lediglich aus der Presse Informationen aus dem Land Mecklenburg- Vorpommern bekannt. 11.10. Wie viele ostdeutsche Wohnungsunternehmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Altschulden in ihrer Existenz bedroht, und wie hoch ist die Verschuldung dieser Kommunen (bitte nach Kommunen und Verschuldung aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Existenzgefährdung von Wohnungsunternehmen vor, weshalb auch keine Aussagen zur Verschuldung der hiervon betroffenen Kommunen möglich sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12245 12.11. Wie stark wirken sich nach Meinung der Bundesregierung die Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen auf deren wirtschaftliche Tätigkeit aus (bitte begründen)? 13.12. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen den Altschulden ostdeutscher Wohnungsunternehmen und der heutigen finanziellen Schieflage einzelner Kommunen? Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? 14.13. Welche Kommunen sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Altschulden ihrer Wohnungsunternehmen in eine finanzielle Schieflage geraten (bitte nach Kommunen aufschlüsseln)? Die Fragen 12 bis 14 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine aktuellen wohnungswirtschaftlichen Unternehmensdaten vor, weshalb auch keine Aussagen zur Verschuldung der hiervon betroffenen Kommunen möglich sind. Es wird zudem auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 15.14. Welche Kommunen können nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Altschuldensituation einer Sanierung und Modernisierung ihrer Wohnungsbestände nicht nachkommen, da hierfür die finanziellen Mittel fehlen? 16.15. Wie viele der Wohnungen, auf denen noch Altschulden liegen, sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch Rückbau bereits nicht mehr existent (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Fragen 15 und 16 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften sind im Stadtumbau wichtige Partner. Die Bundesregierung hat nach Auslaufen der Altschuldenhilfeverordnung die Städtebauförderung und die Kompensationsmittel für die soziale Wohnraumförderung wiederholt aufgestockt. Gerade mit der erfolgreichen Umsetzung des Städtebauförderungsprogramms Stadtumbau Ost haben Bund und Länder die Kommunen und die kommunalen Wohnungsunternehmen sowie die Wohnungsgenossenschaften mit Finanzhilfen bei der Sanierung und Modernisierung ihrer Wohnungsbestände unterstützt. Zudem hat der geförderte Rückbau von nicht mehr nachgefragten Wohnungen die Leerstandskosten der Wohnungsunternehmen erheblich reduziert. Die gemeinsame Evaluierung der Programme Stadtumbau Ost und West 2017 hat bis 2030 wieder einen wachenden Rückbaubedarf prognostiziert. Die Gutachter plädieren daher für die Beibehaltung der besonderen Rückbauförderung in den neuen Ländern. Die Anzahl der abgerissenen Wohnungen, auf denen noch Altschulden liegen könnten, sind der Bundesregierung nicht bekannt. In der Regel werden die Altschulden auf die noch verbliebenen Wohnungen im Unternehmen verteilt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12245 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17.16. Wie viele ostdeutsche Wohnungsunternehmen mussten nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Altschulden seit der Wiedervereinigung Insolvenz anmelden (bitte nach Bundesländern, Anzahl der Unternehmen, Anzahl der Wohnungen sowie Schuldenlast nach der Wiedervereinigung und zum Zeitpunkt der Insolvenz aufschlüsseln)? 18.17. Wie viele ostdeutsche Wohnungsunternehmen mussten nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Altschulden seit der Wiedervereinigung privatisiert werden (bitte nach Bundesländern, Anzahl der Unternehmen, Anzahl der Wohnungen sowie Schuldenlast nach der Wiedervereinigung und zum Zeitpunkt des Verkaufs aufschlüsseln)? Die Fragen 17 und 18 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine (vollständigen) Daten zu Insolvenzen sowie zu Privatisierungen von Wohnungsunternehmen vor. Zudem wird darauf verwiesen, dass die vom GdW geforderte Befreiung der Grunderwerbsteuer bei Fusionen von Wohnungsunternehmen zur Abwehr von Insolvenzen – wie in den Jahren von 2004 bis 2006 bereits in den neuen Ländern erfolgreich praktiziert – in der Kompetenz der Länder liegt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333