Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 8. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12277 19. Wahlperiode 12.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Berengar Elsner von Gronow, Dietmar Friedhoff, Martin Hess, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/11424 – Mögliche (Langzeit-)Schäden von Soldaten der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem Einsatz von Geschossen mit DU-Kernen in Kriegs- und Krisengebieten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den Kriegs- und Krisenregionen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte wurden durch alliierte Streitkräfte Geschosse mit DU-Kernen (DU – Depleted Uranium ) zum Einsatz gebracht. Dies betrifft unter anderem die heutigen Staaten Bosnien-Herzegowina, den Irak und das Kosovo. In diesen drei Staaten waren oder sind bis heute Soldaten der Bundeswehr im Einsatz. Die UNEP (United Nations Enviroment Programme) hat im Jahr 2001 einen Bericht zu Depleted Uranium im Kosovo veröffentlicht (https://wedocs.unep. org/handle/20.500.11822/8647) und weist auf mögliche Langzeitwirkungen hin: „Obwohl die Strahlendosen sehr niedrig sind, könnte die resultierende Urankonzentration die WHO-Gesundheitsstandards für Trinkwasser überschreiten “ (www.un.org/earthwatch/humanset/kosovo.html). Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges /Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. (IPPNW) weist auf ihrer Homepage auf Folgendes hin: „UNEP fordert einen vorbeugenden Ansatz und empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen zur Minimierung der Risiken für die Umwelt und die Bevölkerung des Kosovo und die weitere Balkanregion, sowohl jetzt als auch in Zukunft“ (www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/UNEP_ dokumentation.pdf). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der vermutete Zusammenhang zwischen dem Einsatz von DU-Munition und dem Auftreten von Krebserkrankungen führte bereits 1999 zu einer öffentlichen Diskussion . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12277 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Neben Maßnahmen zur Verhaltensprävention und Untersuchungen zum Vorkommen ordnete die Bundeswehr 2001 vorsorglich eine gesundheitliche Überwachung des deutschen Einsatzkontingentes KFOR durch die Gesellschaft für Strahlenforschung an. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass die Einsatzorte so gut wie keine radiologischen Gesundheitsrisiken bargen und toxikologische Risiken nur unter außergewöhnlichen, bis heute zu keinem Zeitpunkt eingetretenen Umstände bestanden hätten. Der Bundesregierung sind keine deutschen Soldatinnen und Soldaten bekannt, die in Folge einer Uranexposition im Rahmen eines Auslandseinsatzes erkrankt wären. 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Beschädigung von deutschen Soldaten, die im Rahmen eines Auslandseinsatzes mit DU-Geschossen mittelbar und/oder unmittelbar in Berührung gekommen sind? Der Bundesregierung sind keine deutschen Soldatinnen und Soldaten bekannt, die im Rahmen eines Auslandseinsatzes mit DU-Munition im Zusammenhang mit einer möglichen Exposition gesundheitliche Schäden davongetragen haben. a) Wie viele Anträge auf Wehrdienstbeschädigung wurden in Zusammenhang mit dieser Thematik in den vergangenen 25 Jahren gestellt? Im Zeitraum von 1999 bis 2008 wurden im Bereich der Bundeswehr überwiegend im Zusammenhang mit besonderen Auslandseinsätzen in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo insgesamt 229 Wehrdienstbeschädigungsanträge (WDB-Anträge) wegen geltend gemachter Kontamination mit abgereichertem Uran aus DU-Munition gestellt. Mit dem Ziel einer vorsorglichen Erfassung wurden die Anträge im Sinne etwaiger späterer Ansprüche ohne das Vorliegen einer Erkrankung gestellt. Aufgrund der geringen Anzahl der entsprechend gestellten Anträge ab dem Jahr 2009 (unter einem Antrag pro Jahr) wurde die gesonderte statistische Erfassung eingestellt. b) Wie viele Anträge auf Wehrdienstbeschädigung wurden positiv beschieden ? Bislang ist in der Bundeswehr keine WDB-Anerkennung auf Grund von DU-Munition erfolgt. 2. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Gefahr für deutsche Soldaten im Kosovo ein, in Berührung mit Depleted Uranium zu kommen? Wann und inwiefern war diese Gefahrenquelle Thema bei Beratungen im Bundesministerium der Verteidigung? Im Ergebnis der ABC-Bedrohungs- und Risikoanalyse wird das radiologische Gefahrenpotential (auch DU-Munition) für das Gebiet des Kosovo weiterhin als niedrig bewertet. Die fortgeschriebenen Risikoevaluierungen vor, während und nach der Durchführung von Einsätzen, u. a. aus den Bereichen der Medical Intelligence und der ABC-Abwehr sind Bestandteil der kontinuierlichen ministeriellen Beratung und Grundlage situationsgerechter Entscheidungsfindung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12277 3. Welche Maßnahmen werden im Vorfeld und während eines Einsatzes ergriffen , um sicherzustellen, dass das Risiko deutscher Soldaten, mit DU-Geschossen und/oder deren Rückständen in Berührung zu kommen, ausgeschlossen oder auf ein Minimum reduziert wird? In Einsatzgebieten, in denen sich deutsche Soldatinnen und Soldaten befinden, werden entsprechend der bekannten Kampfmittelbelastung qualifiziertes Kampfmittelbeseitigungspersonal und/oder ABC-Abwehrkräfte ausgeplant. Diese Kräfte sind befähigt, militärisch zu nutzende Flächen, aufgefundene Ziele, die mit DU-gehärteter Rohrwaffenmunition bekämpft worden sein könnten sowie aufgefundene Kampfmittel(-reste) auf DU hin zu untersuchen. Hiervon ausgehend wird das Risiko für Betroffene konkret eingeschätzt und bewertet. Im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung werden Soldatinnen und Soldaten über das mögliche Risiko informiert und über etwaig geeignete Schutzmaßnahmen unterrichtet. Diese Handlungsanweisungen berücksichtigen die gesamte Bandbreite von der Anweisung, Munition oder Munitionsteile nicht unnötig zu berühren, bis zur Weitermeldung an den örtlichen Führer und die Durchführung persönlicher Schutzmaßnahmen bei unvermeidbarer Annäherung an eine potenziell kontaminierte Stelle. 4. Welche Informationen werden vor und während eines Einsatzes an deutsche Soldaten ausgegeben, so dass diese für den Umgang mit DU-Geschossen und deren Rückständen in Einsatzgebieten aufgeklärt und sensibilisiert werden? Die Bundeswehr informiert und vermittelt den Soldatinnen und Soldaten in der einsatzvorbereitenden Ausbildung ein angemessenes Verhalten in möglicherweise mit DU-Munition belasteten Gebieten. Ergänzend wurden aktuelle einsatzspezifische Informationen und Verhaltensregeln durch Fachexperten im Rahmen von Vorträgen und Unterrichten aufgezeigt. Zugleich wird jeder Soldatin und jedem Soldaten eine Taschenkarte zu dieser Thematik ausgehändigt. Im Einsatz selbst erfolgt für jede Soldatin und jeden Soldaten die Ein- und Unterweisung in die Gefährdungslage vor Ort. Im Anschluss an den Einsatz besteht für jede Soldatin und jeden Soldaten die Möglichkeit, eine Beratung durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt in Anspruch zu nehmen. 5. Wird der Anteil von Uran regelmäßig bei dem geförderten Trinkwasser in den Einsatzgebieten gemessen? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, mit welcher Regelmäßigkeit (bitte nach Einsatzgebieten und allen aktuellen und bisher abgeschlossenen mandatierten Einsätzen der Bundeswehr aufgliedern)? Die Fragen 5, 5a und 5b werden zusammen beantwortet. Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes der Soldatinnen und Soldaten wird in Auslandseinsätzen der Bundeswehr eine Überwachung des geförderten Trinkwassers auf Uran konsequent durchgeführt. Hiermit wird eine ggf. bestehende Belastung des Trinkwassers mit Uran verlässlich erkannt, um ein mögliches Risiko durch Rückstände sogenannter „DU-Munition“ ausschließen zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12277 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundeswehr führt pro Jahr eine Beprobung und Untersuchung der Qualität des geförderten Trinkwassers je Kontingent der einsatzgleichen Verpflichtungen, und in allen Auslandseinsätzen dreimal pro Jahr (einmal durch jedes Einsatzkontingent ) durch. Für Trinkwasser lagen die Messwerte bisher stets unterhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung. Dies gilt entsprechend auch bei Anwendung des toxikologisch zu beachtenden Richtwerts der Weltgesundheitsorganisation . Hiervon ausgehend ist ein Eintrag von Uran aus DU-Munition in das Trinkwasser in den Einsatzgebieten auszuschließen. 6. Auf welche Gefahrenstoffe wird das Trinkwasser, welches in Einsatzgebieten für die Bundeswehr gefördert wird, untersucht (bitte nach Einsatzgebieten und allen aktuellen und bisher abgeschlossenen mandatierten Einsätzen der Bundeswehr sowie Benennung aller Messwerte und der jeweiligen Grenzwerte je Kalenderjahr aufgliedern)? Welche Maßnahmen wurden bei Überschreitungen von Grenzwerten ergriffen ? Unter Berücksichtigung des Konzepts der Wassernutzung in den jeweiligen DEU Einsatzkontingenten wird die Einhaltung der Trinkwasserqualität durch die Leitenden Hygieniker im Einsatz nach den Vorgaben der Trinkwasserverordnung bzw. der für den jeweiligen Einsatz festgelegten Anforderungen der NATO für die Trinkwasserqualität überwacht. Die entsprechend zu beachtenden Parameter der Trinkwasserverordnung bzw. dem Standardization Agreement (STANAG) 2136 als Grundlage für die kontingentbezogen vorzunehmende Bewertung im Rahmen der Trinkwasserüberwachung sind als Anlage beigefügt. Entlang dieser Vorgaben wird der Untersuchungsumfang für gefördertes Trinkwasser im Auslandseinsatz durch die Leitenden Hygieniker im Einsatz in ihrer Eigenschaft als Sachverständige bzw. als Amtsärzte der Bundeswehr festgelegt. Überschreitungen von Grenzwerten bei Gefahrenstoffen wurden bisher im Rahmen von Trinkwasseruntersuchungen nicht beobachtet. Unabhängig von der Herkunft des Rohwassers wird stets vor der Einspeisung in das Leitungsnetz der Einsatzliegenschaft eine Aufbereitung durchgeführt. Die Qualität des Wassers wird dabei nach Trinkwasserverordnung bzw. bei multinational genutzten Einsatzliegenschaften gemäß STANAG 2136 vor Aufbereitung, nach Aufbereitung und an ausgewählten Probeentnahmestellen des Leitungsnetzes überwacht. 7. Welche Abstimmungen mit alliierten Streitkräften gibt es, um die Gebiete, in denen DU-Geschosse zum Einsatz gekommen sind, zu detektieren und entsprechende Schutzmaßnahmen für deutsche Soldaten abzuleiten? Der Bundesregierung wird ein Einsatz von DU-Munition durch andere Nationen nicht angezeigt. Diesbezüglich bestehen weder eine Informationspflicht noch formale Verfahren zur Abstimmung mit alliierten Streitkräften, so dass die erforderlichen Schutzmaßnahmen für deutsche Soldatinnen und Soldaten aus den vorstehend benannten Analysen und Untersuchungen der Medical Intelligence und der ABC-Abwehr abgeleitet werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333