Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 9. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12354 19. Wahlperiode 12.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Keul, Margarete Bause, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/11480 – Praxis und opferschutzrechtliche Aspekte in völkerstrafrechtlichen Verfahren V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Durch die aktive Anwendung des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) erfüllt Deutschland seine internationale Verpflichtung zur Verfolgung von Völkerstraftaten . Als solche bezeichnet man die „schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren“ (Präambel des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs). Schwere Menschenrechtsverletzungen wie etwa Folter betreffen die internationale Gemeinschaft als Ganzes und müssen geahndet werden. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) ist nach § 120 Absatz 1 Nummer 8 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i. V. m. § 142a Absatz 1 GVG in der Bundesrepublik Deutschland für die Verfolgung von Straftaten nach dem VStGB originär und ausschließlich zuständig. Das Bundeskriminalamt (BKA) ist gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 4 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) für die Verfolgung von Verstößen gegen das VStGB polizeilich zuständig. Die Ermittlungen werden bei der Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen (ZBKV) im BKA oder durch ZBKV- Ansprechstellen der Landeskriminalämter geführt. Grundvoraussetzung für die Verfolgung von Völkerstraftaten ist somit insbesondere die Gewährleistung einer effektiven Arbeit des GBA und des BKA. Erforderlich sind hierfür insbesondere eine entsprechende personelle Ausstattung der Behörden und eine ständige Optimierung von Verfahrensabläufen, wie z. B. im Bereich der internationalen Rechtshilfe. Zudem muss gemäß der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI ein besonderer Fokus auf die Rechte und den Schutz der Opfer von Völkerrechtsverbrechen gelegt werden. Die Aufarbeitung schwerster Menschenrechtsverbrechen in Deutschland auf Grundlage des Weltrechtsprinzips ist nach Auffassung der Fragesteller ein erster wichtiger Schritt im Kampf gegen Straflosigkeit und ein ernst zu nehmendes Warnsignal für Täterinnen und Täter. Die Ermittlungs- und Strafverfahren in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutschland rücken die schweren Menschenrechtsverbrechen in vielen Staaten der Welt in das öffentliche Bewusstsein und erhöhen den Handlungsdruck auf die internationale Strafjustiz. 1. Welche Tatbestände des Völkerstrafgesetzbuches wurden nach bei der Generalbundesanwaltschaft gestellten Strafanzeigen bislang angeklagt, wie viele Ermittlungsverfahren gegen einzelne Tatverdächtige mit Tatvorwürfen nach dem Völkerstrafgesetzbuch wurden seit dem Jahr 2017 eröffnet, und wie wurden diese beendet (bitte einzeln unter Angabe der Tatvorwürfe sowie der Art und des Zeitpunkts der Beendigung aufschlüsseln)? Bei der Bundesanwaltschaft befassen sich zwei Referate ausschließlich mit Verfahren , deren Schwerpunkt im Bereich der Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) liegt. Die folgenden Antworten betreffen die in diesen Referaten geführten Verfahren. Sie beziehen die Verfahren, die in der Terrorismusabteilung geführt werden, deren Schwerpunkt auf der Mitgliedschaft oder der Unterstützung terroristischer Vereinigungen liegt und in denen es auch um Verstöße gegen das VStGB gehen kann, nicht mit ein. Es wurden bislang folgende Tatbestände nach dem Völkerstrafgesetzbuch angeklagt : § 7 Absatz 1 Nummer 1, 3, 6, 8, 9 VStGB (Verbrechen gegen die Menschlichkeit ), § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 und 9 VStGB (Kriegsverbrechen gegen Personen), § 9 Absatz 1 VStGB (Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte) und § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 VStGB (Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen und Embleme). Es wurden seit dem Jahr 2017 bis heute 105 Ermittlungsverfahren mit Tatvorwürfen nach dem Völkerstrafgesetzbuch eingeleitet. Es handelt sich dabei im Einzelnen um Ermittlungsverfahren mit folgenden Tatvorwürfen: 16 Ermittlungsverfahren wurden wegen § 8 VStGB, §§ 129a, 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) eingeleitet. Vier davon wurden gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt (4. Januar 2018, 7. März 2018, 9. August 2018, 10. Oktober 2018), bei den restlichen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Zwei Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 8, 9 VStGB eingeleitet. Bei beiden dauern die Ermittlungen noch an. Zwei Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 8, 9 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet. Bei beiden dauern die Ermittlungen noch an. Drei Ermittlungsverfahren wurden wegen § 11 VStGB eingeleitet. Bei allen dauern die Ermittlungen noch an. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen § 11 VStGB, §§ 211, 308 StGB eingeleitet . Die Ermittlungen dauern noch an. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen § 6 VStGB eingeleitet. Dieses wurde am 7. September 2017 gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. 18 Ermittlungsverfahren wurden wegen § 7 VStGB eingeleitet. Bei allen dauern die Ermittlungen noch an. 27 Ermittlungsverfahren wurden wegen § 8 VStGB eingeleitet. Sieben davon wurden gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt (18. Juli 2017, 9. März 2018, 12. März 2018, 20. September 2018, 24. September 2018, 29. Oktober 2018, 18. Februar 2019). Drei Verfahren wurden an die jeweils zuständige Generalstaatsanwaltschaft abgegeben (12. April 2017, 16. Oktober 2017, 24. Juli Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12354 2018). In einem Verfahren wurde am 29. März 2018 von § 153f StPO Gebrauch gemacht. Ein weiteres Verfahren wurde am 17. Mai 2019 zum Teil nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt, zum Teil an die zuständige Generalstaatsanwaltschaft abgegeben. In drei Ermittlungsverfahren wurde Anklage erhoben (3. November 2017, 29. November 2018, 28. März 2019). Im Übrigen dauern die Ermittlungen noch an. Sieben Ermittlungsverfahren wurden wegen § 9 VStGB eingeleitet. Bei allen dauern die Ermittlungen noch an. Fünf Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 7, 8 VStGB eingeleitet. Eines davon wurde am 27. Juni 2019 gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. Bei den restlichen dauern die Ermittlungen noch an. Zwei Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 6, 7, 8 VStGB eingeleitet. Bei beiden dauern die Ermittlungen noch an. Zwei Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 7, 8, 9 VStGB eingeleitet. Bei beiden dauern die Ermittlungen noch an. Acht Ermittlungsverfahren wurden wegen § 9 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet. Bei einem wurde am 3. April 2019 Anklage erhoben. Ein weiteres wurde am 21. November 2018 eingestellt. Bei den restlichen dauern die Ermittlungen noch an. Vier Ermittlungsverfahren wurden wegen §§ 6, 7, 8 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet. Bei allen dauern die Ermittlungen noch an. Zwei Ermittlungsverfahren wurden wegen aller in Betracht kommender Tatvorwürfe nach dem VStGB eingeleitet. Die Ermittlungen dauern jeweils an. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen §§ 8, 11 VStGB eingeleitet. Die Ermittlungen dauern noch an. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen §§ 8, 9, 11 VStGB eingeleitet. Die Ermittlungen dauern noch an. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen §§ 7, 8 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet. Bezüglich unbekannter Täter wurde gemäß § 153f StPO am 27. Februar 2018 von der Strafverfolgung abgesehen. Ansonsten erfolgte Anklage am 4. April 2019 wegen § 8 VStGB, §§ 129a, 129b StGB. Ein Ermittlungsverfahren wurde wegen §§ 8, 11 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet. Hinsichtlich unbekannter Täter wurde am 28. März 2018 von der Strafverfolgung gemäß § 153f StPO abgesehen. Ansonsten dauern die Ermittlungen noch an. Ein Verfahren wurde wegen §§ 7, 9, 11 VStGB, §§ 129a, 129b StGB eingeleitet . Die Ermittlungen dauern noch an. a) Auf welche Länder beziehen bzw. bezogen sich die Taten, die Gegenstand dieser Ermittlungsverfahren sind bzw. waren? Die Taten, die Gegenstand dieser seit 2017 eingeleiteten Ermittlungsverfahren sind oder waren, beziehen bzw. bezogen sich auf Syrien, Elfenbeinküste, Gambia, Südsudan, Demokratische Republik Kongo, Irak, Nigeria, Afghanistan, Mali, Sri Lanka, Kamerun, Somalia, Armenien, Russische Föderation (Tschetschenien), Pakistan, Ukraine, Zentralafrikanische Republik und Sudan. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie viele Anklagen sind aus diesen Ermittlungsverfahren erwachsen? Es sind aus diesen Ermittlungsverfahren bislang fünf Anklagen erwachsen. c) Wie viele Hauptverhandlungen haben stattgefunden? Es haben in diesen Verfahren bislang drei Hauptverhandlungen stattgefunden. d) Wie viele Rechtsmittelverfahren haben stattgefunden? Es hat in diesen Verfahren bislang kein Rechtsmittelverfahren stattgefunden. e) Wie viele rechtskräftige Urteile sind ergangen? Es sind in diesen Verfahren bislang zwei rechtskräftige Urteile ergangen. 2. Wie viele Verfahren betreffend Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch wurden an die Generalstaatsanwaltschaften abgegeben, und welche konkreten Tatbestände bzw. Konflikte waren Gegenstand dieser abgegebenen Verfahren ? Es wurden fünf Ermittlungsverfahren an die Generalstaatsanwaltschaften betreffend Taten nach dem VStGB abgegeben. In zwei dieser Ermittlungsverfahren war der Konflikt in Syrien Gegenstand des Verfahrens. In drei dieser Ermittlungsverfahren war der Konflikt im Irak Gegenstand des Verfahrens. In allen fünf Ermittlungsverfahren ging es um den Tatbestand des § 8 Absatz 1 Nummer 9 VStGB. 3. Wie viele Strukturverfahren bezüglich Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch wurden seit dem Jahr 2017 eröffnet, und welche Konflikte betrafen bzw. betreffen sie (bitte einzeln aufschlüsseln)? Seit dem Jahr 2017 wurden zwei Strukturverfahren neu eingeleitet. Beide Strukturverfahren wurden aus bereits bestehenden Strukturverfahren herausgelöst. Zu den Konfliktregionen, die sie betreffen, können aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit keine Angaben gemacht werden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den berechtigten Geheimhaltungsinteressen zurück. Bereits die Nennung der Konfliktregionen könnte gegebenenfalls Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass vorliegend das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung Vorrang vor dem parlamentarischen Informationsinteresse hat. 4. Nach welchen Kriterien entscheidet der GBA, ein Strukturermittlungsverfahren oder ein Ermittlungsverfahren aufgrund des Verdachts einer Straftat nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu eröffnen? Auch bei Völkerstraftaten gilt das in § 152 Absatz 2 StPO gesetzlich verankerte Legalitätsprinzip. Danach wird grundsätzlich bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ein (Struktur-)Ermittlungsverfahren eingeleitet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12354 5. Wie oft wurde bislang von der Ausnahmemöglichkeit des § 153f der Strafprozessordnung (StPO) Gebrauch gemacht (wenn möglich bitte angeben, nach welcher in § 153f StPO genannten Alternative von der Strafverfolgung abgesehen wurde)? Bei § 153f StPO handelt es sich nicht um eine „Ausnahmemöglichkeit“. § 153f StPO eröffnet bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der zuständigen Strafverfolgungsbehörde stets ein Ermessen, von der Verfolgung von Völkerstraftaten abzusehen. Seit Inkrafttreten der Norm im Jahr 2002 (zusammen mit dem VStGB) wurde bisher in vier Ermittlungsverfahren von § 153f StPO Gebrauch gemacht. Zudem wurde in 201 der seitdem circa 1 100 angelegten Beobachtungsvorgänge von § 153f StPO Gebrauch gemacht. Eine Differenzierung nach Alternativen des § 153f StPO kann nicht vorgenommen werden, weil hierüber keine Statistik geführt wird. 6. Wie viele Klageerzwingungsverfahren gemäß § 172 StPO (unter Berücksichtigung der eingeschränkten Überprüfbarkeit nach § 172 Absatz 2 Satz 3 StPO) gab es gegen Opportunitätsentscheidungen nach § 153f StPO bislang, und wie wurde über sie entschieden? Es gab seit 2002 bis heute ein Klageerzwingungsverfahren nach § 172 StPO. Der hierauf gerichtete Antrag wurde als unzulässig verworfen. 7. Wie viele Hinweise zu Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit dem Jahr 2011 gegeben? Für die Jahre 2011 bis 2018 wird verwiesen auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 19/1506 sowie auf die Antwort auf die Schriftliche Frage 29 der Abgeordneten Linda Teuteberg auf Bundestagsdrucksache 19/8180. Die „Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen“ (ZBKV) im Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnete für das Jahr 2019 bisher rund 370 völkerstrafrechtlich relevante Hinweise, die seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) federführend an die Landeskriminalämter und nachrichtlich an das BKA übermittelt worden sind (Stand: 12. Juli 2019). a) Wie viele Hinweise zu Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch hat das European Asylum Support Office nach Kenntnis der Bundesregierung gegeben ? Weder der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) noch die ZBKV im BKA haben bislang Hinweise durch das „Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen“ (EASO) erhalten. b) Wie viele dieser Hinweise betrafen sogenannte F-Fälle nach der Genfer Flüchtlingskonvention? Eine entsprechende statistische Aufschlüsselung der sogenannten 1F-Fälle am Gesamthinweisaufkommen findet nicht statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Wie häufig und wem leistete die Bundesregierung Rechtshilfe in Strafsachen , die Tatbestände nach dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch zur Grundlage hatten, und wie viele Rechtshilfeersuchen hat die Bundesregierung an ausländische Behörden und internationale Organisationen in Verfahren nach dem Völkerstrafgesetzbuch seit seinem Inkrafttreten an wen gestellt ? Die Frage kann nicht beantwortet werden, da die Bundesregierung hierzu keine Statistik führt. a) An wie vielen Joint Investigation Teams (JIT) hinsichtlich VStGB-Taten sind deutsche Behörden derzeit beteiligt und waren bei abgeschlossenen Ermittlungen in der Vergangenheit beteiligt? Deutsche Behörden waren und sind an derzeit einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe beteiligt. b) Wie viele Datensätze wurden seit dem Jahr 2011 in das Europol Information System zu VStGB-Taten eingespeist und wie viele daraus entnommen ? Das Europol Informationssystem (EIS) wird in Deutschland automatisiert über eine Schnittstelle aus der Datei INPOL-Fall bestückt. Mit Geltungsbeginn der Europol-Verordnung 2016/794 am 1. Mai 2017 wurde der Mandatsbereich u. a. auf „Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ erweitert. Vor der Mandatserweiterung wurden alle Verfahren, die in der Federführung der ZBKV im BKA lagen, in dem EIS-Mandatsbereich „Terrorismus“ erfasst. Seit 2017 werden alle hier geführten Ermittlungsverfahren in den EIS-Mandatsbereich „Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ eingestellt . Über die genaue Anzahl der seit 2011 überführten Datensätze wird beim BKA keine Statistik geführt. 9. Inwiefern hat eine Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Ermittlungsverfahren stattgefunden? Gab es seitens des Internationalen Strafgerichtshofs Rechtshilfeersuchen an Deutschland? Wenn ja, wie viele, und bezüglich welcher Fälle und Umstände? Die zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörden stehen mit der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in einem ständigen Austausch . Die Bundesregierung unterstützt den IStGH bei seinen Ermittlungen durch die Leistung von Rechtshilfe. Eine Statistik wird weder zu Ersuchen des IStGH an Deutschland noch für ausgehende Ersuchen geführt, so dass eine Auskunft zu Fallzahlen nicht möglich ist. Die Bundesregierung äußert sich zudem nicht zu Einzelheiten etwaiger justizieller Rechtshilfeersuchen. Gerade bei der Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Strafrechtshilfe ist die international praktizierte Vertraulichkeit des Verfahrens ein höchst schützenswertes Gut. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bun- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12354 destages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die berechtigten Interessen an einer effektiven Strafverfolgung zurück. Das Interesse Deutschlands an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang. 10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die deutsche Position zum Entwurf eines Mutual Legal Assistance Treaties (Link: https://event-api.momice. com/download/attachment/a7f9b173/514294)? Die Bundesregierung hat durch Übermittlung einer Verbalnote an die Niederlande ihre Unterstützung der Initiative der Niederlande über den Abschluss eines Übereinkommens über die internationale Zusammenarbeit bei der Untersuchung und Strafverfolgung von Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (Convention on International Cooperation in the Investigation and Prosecution of the Crime of Genocide, Crimes against Humanity and War Crimes) erklärt. Seitdem beteiligt sich die Bundesregierung im Rahmen der noch laufenden Verhandlungen zu dem Abkommen. 11. Wie oft wurde die Auslieferung von Personen (bitte nach staatlichen und nichtstaatlichen Akteurinnen und Akteuren unterscheiden) beantragt, denen VStGB-Taten in Syrien vorgeworfen werden, und in welche Staaten? Die Frage kann nicht beantwortet werden, da die Bundesregierung hierzu keine Statistik führt. 12. Wie häufig wurde nach Kenntnis der Bundesregierung erwogen, gegen einen anderen Staat wegen eines Verstoßes gegen die Antifolterkonvention (z. B. weder Auslieferung noch Strafverfolgung) vor dem Internationalen Gerichtshof im Kontext VStGB-Taten in Syrien Klage zu erheben, und wie wurde in diesen Fällen weiter verfahren? Die Bundesregierung hat eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof im Kontext von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch in Syrien nicht erwogen. 13. Welche personelle Ausstattung haben der GBA und das BKA aktuell für die Strafverfolgung von Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch? a) Sind weitere Änderungen bzw. Aufstockungen des Personaletats geplant oder aus Sicht der Bundesregierung notwendig? b) Welche Berufsausbildung hat das eingesetzte Personal, bzw. welche Mindestanforderungen müssen auf den jeweiligen Stellen erfüllt werden? c) Welche Sprachkenntnisse des eingesetzten Personals sind nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung besonders relevant, wie wird mit dem Bedarf bestimmter Sprachkenntnisse umgegangen (z. B. gibt es genug Personal mit entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen oder wird dahingehend gezielt eingestellt, werden Dolmetscherinnen und Dolmetscher herangezogen, werden entsprechende Sprachkurse angeboten etc.)? Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Fragen 13 bis 13c nicht in offener Form erfolgen kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die hier erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die in Zusammenhang mit Arbeitsweisen und Methodik des GBA und des BKA und insbesondere deren Ermittlungsaktivitäten stehen. Aus ihrem Bekanntwerden könnten Rückschlüsse auf die Fähigkeiten des GBA und des BKA gezogen werden. Deshalb sind die Antworten gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und werden als nicht zur Veröffentlichung auf einer Bundestagsdrucksache bestimmte Anlage übermittelt.* d) Gibt es eine Geschlechterquote in Bezug auf das Personal beim GBA und beim BKA bzw. ist eine solche geplant? Das Personal des BKA wird nicht nach einer geschlechterspezifischen Quote zusammengestellt . Eine solche Quote ist derzeit nicht geplant. Auch beim GBA gibt es keine ausdrückliche Geschlechterquote und eine solche Quote ist derzeit nicht geplant. Die Bundesregierung wirkt nach Möglichkeit auf eine ausgewogene Besetzung von Stellen hin und fördert die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Funktionsbereichen und Funktionsebenen. 14. Über welche allgemeinen und speziellen Qualifikationen verfügt das Personal , welches in Kontakt mit den Opfern von Straftaten nach dem VStGB gerät (z. B.: Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Richterinnen und Richter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einwanderungsbehörden, staatliche Opferschutzhilfe etc.)? a) In welchem Umfang gibt es diesbezüglich für alle betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtende Fortbildungen, und welche? b) Inwiefern ist das Personal besonders geschult bzw. qualifiziert im Hinblick auf die Wahrung von Opferrechten, z. B. deren psychosozialer Unterstützung ? c) Wie viele Fortbildungen haben für das eingesetzte Personal bezüglich dem Opferschutzreformgesetz, der Istanbul Konvention und dem Umgang mit Opfern von sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt für das Personal stattgefunden, und durch wen, mit welchem Ziel, und in welcher Form (freiwillig oder verpflichtend)? d) Wie viele Fortbildungen haben für das eingesetzte Personal zum Thema Antidiskriminierung stattgefunden (vgl. Vorbemerkung Nummer 9 der Richtlinie 2012/29/EU), und durch wen, mit welchem Ziel, und in welcher Form (freiwillig oder verpflichtend)? e) In welchem Umfang und durch welche sonstigen Maßnahmen stellt die Bundesregierung sicher, dass das befasste Personal für den Umgang mit Opfern von internationalen Verbrechen vorbereitet und sensibilisiert ist, insbesondere mit Blick auf bestehende Traumata etc. (z. B.: Posttraumatisches Belastungssyndrom, besondere Verletzlichkeit, Misstrauen gegenüber staatlichen Stellen, kulturelle Unterschiede, Sprachbarrieren)? Die Fragen 14 bis 14e werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . * Das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12354 GBA Der Umgang mit traumatisierten Opfern von Völkerstraftaten gehört seit vielen Jahren zu den regelmäßigen Anforderungen an die in den Völkerstrafrechtsreferaten des GBA eingesetzten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten. Gleiches gilt für einen kultursensiblen Umgang mit Opferzeugen, insbesondere mit den Opfern sexualisierter Gewalt. Beides ist regelmäßiger Gegenstand einer Vielzahl von Tagungen zum Völkerstrafrecht, in denen die Angehörigen der Völkerstrafrechtsreferate des GBA regelmäßig als Referenten ihre umfangreichen, in der Praxis erprobten diesbezüglichen Kenntnisse und Erfahrungen weiter geben und sich mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Fachrichtungen im In- und Ausland austauschen . Eine Bezifferung oder Spezifizierung dieser Veranstaltungen ist nicht möglich, eine Statistik wird hierzu nicht vorgehalten. An einer Fortbildung speziell zum Thema „Antidiskriminierung“ haben Angehörige der Völkerstrafrechtsreferate bislang nicht teilgenommen. ZBKV im BKA Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV im BKA nehmen fortlaufend an nationalen sowie internationalen Fortbildungen teil. Veranstalter sind hierbei neben dem BKA auch u. a. Interpol, Europol in Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof sowie das „Institute for International Criminal Investigations “ (IICI). Das Thema „Umgang mit Opferzeugen in Völkerstrafrechtsverfahren“ ist regelmäßig Bestandteil dieser Fortbildungen. Neben der regelmäßigen Teilnahme an dem beschriebenem Fortbildungsangebot hat die ZBKV auch gezielt einen Workshop zum Thema „Opferrechte/Opferschutz “ konzipiert und diesen erstmals 2017 in Kooperation mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sowie der Nichtregierungsorganisation „vivo“ durchgeführt. Die Veranstaltung richtete sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV sowie an Beamtinnen und Beamten der Landeskriminalämter, die mit dem Themenbereich Völkerstrafrecht betraut sind. Weiterhin hat das BKA einen kriminalpolizeilichen Leitfaden zum Thema „Opferzeugen in Völkerstrafrechtsverfahren“ erstellt, der im Mai 2019 bundesweit allen mit Völkerstrafrechts-ermittlungen betrauten Behörden zur Verfügung gestellt wurde. Dieser behandelt umfassend die psychologischen, rechtlichen und kulturellen Faktoren im Umgang mit Opferzeugen. Die Teilnahme an dem Fortbildungsangebot von BKA, Interpol und Europol ist verpflichtend. Die Anzahl an Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV richtet sich nach dem jeweiligen Kenntnisstand und den verfügbaren Lehrgangsplätzen. Da die Lehrgänge zum Teil aufeinander aufbauen, kann hier keine pauschale Aussage über jährlich wahrgenommene Lehrgänge pro Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getroffen werden. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV nehmen zunächst an dem durch das BKA ausgerichteten Speziallehrgang Völkerstrafrecht teil. Aufbauend auf diesem Grundkurs schließt sich das Fortbildungsprogramm des IICI und von Interpol an. Alle genannten Fortbildungen finden jährlich statt. Die jeweilige Lehrgangsdauer variiert zwischen ein bis zwei Wochen. Insbesondere der Speziallehrgang „Conflict-Related Sexual and Gender Based Violence (SGBV) Course“ des IICI richtet sich an erfahrene Mitarbeiterinnen und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Mitarbeiter in diesem Themenbereich und behandelt ausführlich in einem einwöchigen Kurs den Umgang mit Opfern von sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt. Bislang haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV an keiner Fortbildung speziell zum Thema „Antidiskriminierung“ teilgenommen. Die regelmäßige Teilnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBKV an dem national wie international bestehenden Fortbildungsangebot sowie die aktive Mitwirkung an der Erstellung der BKA-Publikation „Opferzeugen in Völkerstrafrechtsverfahren “ sind Ausdruck der intensiven Bemühungen des BKA auf dem Gebiet des Opferschutzes. BAMF Das BAMF setzt bei der Bearbeitung der Asylverfahren verschiedener vulnerabler Personengruppen besonders geschulte Entscheider (Sonderbeauftragte) ein. Diese stehen u. a. für geschlechtsspezifisch Verfolgte, für Folteropfer und traumatisierte Schutzsuchende sowie für unbegleitete Minderjährige flächendeckend im BAMF zur Verfügung. Die Sonderbeauftragten sind durch spezielle Qualifikationsmaßnahmen unter Einsatz von Schulungsmodulen des Europäischen Asylunterstützungsbüros (EASO) darauf vorbereitet worden, mit den besonderen Bedürfnissen dieser Schutzsuchenden im Asylverfahren adäquat umzugehen. Im BAMF gelten für den Umgang mit Opfern von Straftaten nach dem VStGB, soweit aufgrund dieser Betroffenheit besondere Vulnerabilitäten bestehen, die allgemeinen Regelungen, die das BAMF für die verschiedenen Gruppen vulnerabler Personen (z. B. Opfer von geschlechtsspezifischer Verfolgung, unbegleitete Minderjährige, Folteropfer und traumatisierte Schutzsuchende) getroffen hat. Die Qualifizierung der beim BAMF eingesetzten Sonderbeauftragten ist durch die Dienstanweisung Asyl geregelt. Als Grundvoraussetzung müssen diese zunächst eine mindestens zweijährige Berufserfahrung als Entscheider mit einer Ausbildung für die Anhörung und Entscheidung im Asylverfahren vorweisen, etwa durch das Absolvieren der EASO Schulungsmodule zu Anhörungstechniken , Beweiswürdigung und Schutzgewährung. Obligatorisch für die Qualifizierung als Sonderbeauftragte ist zudem die Weiterqualifizierung in auf die einzelnen vulnerablen Personengruppen ausgerichteten Schulungen. Diese beinhalten den Einsatz ergänzender EASO-Aufbaumodule (u. a. „interviewing children“, „interviewing vulnerable persons“, „gender, gender identity and sexual orientation “) und eine BAMF-eigene Basisschulung zur Vermittlung spezifischer rechtlicher , kultureller und psychologischer Kenntnisse. f) Inwieweit wird Supervision durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oder welche anderen geeigneten Personen zur Verfügung gestellt ? Bei der Bundesanwaltschaft besteht die Möglichkeit, eine Supervision durch Psychotherapeuten , auch anonym, in Anspruch zu nehmen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA, die in dem Themenbereich Völkerstrafrecht arbeiten, erhalten turnusmäßig eine Supervision durch den Psychologischen Dienst des BKA. Letztmalig fanden diese Supervisionsgespräche im Mai 2019 verpflichtend für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/12354 Das BAMF bietet Entscheidern eine freiwillige Supervision durch geschulte und zertifizierte Supervisoren an. Darüber hinaus haben Mitarbeiter, die belastende Erfahrungen gemacht haben und darunter leiden, die Möglichkeit einer kurzfristigen Akutberatung durch den Betriebsärztlichen Dienst. 15. Welche Veränderungen hat die Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU (Opferschutz ) bisher nach Kenntnis der Bundesregierung erbracht? a) Welche gesetzgeberischen, exekutiven und praktischen Maßnahmen wurden auf welcher Ebene ergriffen, um die Richtlinie umzusetzen? b) Inwiefern wurden nichtbindende Instrumente wie zum Beispiel Aktionspläne , politische Leitlinien bzw. Leitfäden oder Verhaltensgrundsätze eingeführt bzw. umgesetzt, und wie viele davon beziehen sich auf den Themenkomplex Antidiskriminierung? c) Wurden Zuständigkeiten verändert, und wenn ja, welche? d) Inwiefern gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung noch Lücken bei der Richtlinienumsetzung, und welche Maßnahmen müssten ergriffen werden, um diese Lücken zu schließen? e) Was hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland bislang konkret an Erfolgen und positiven Veränderungen für die Betroffenen erbracht? Die Fragen 15 bis 15e werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zu den Maßnahmen, die zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI ergriffen wurden und die der Stärkung der Rechte der Opfer von Straftaten dienen, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz ) auf Bundestagsdrucksache 18/4621 verwiesen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Frage, welche konkreten Verbesserungen für Betroffene erfolgt sind. Zu nennen sind hier beispielsweise verbesserte Informationen der Verletzten von Straftaten über ihre Rechte sowie erweiterte Übersetzungspflichten (Umsetzung von Artikel 4, 5 und 7 der Richtlinie, siehe Bundestagsdrucksache 18/4621, S. 33 ff.). Inwieweit darüber hinaus auf Ebene der Länder ggf. nichtbindende Instrumente wie zum Beispiel Aktionspläne, politische Leitlinien bzw. Leitfäden oder Verhaltensgrundsätze eingeführt bzw. umgesetzt und wie viele sich davon auf den Themenkomplex Anti-Diskriminierung beziehen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Zuständigkeiten wurden durch das 3. Opferrechtsreformgesetz nicht verändert. Das Gesetz ist am 21. Dezember 2015 in Kraft getreten (BGBl. I S. 2525). Die Richtlinie 2012/29/EU ist in Deutschland vollständig umgesetzt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Inwiefern wurde die spezielle Situation von Opfern internationaler Verbrechen bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU (Opferschutz) in den Blick genommen? Falls ja, welche Maßnahmen wurden getroffen bzw. umgesetzt, um den speziellen Bedürfnissen dieser Opfer gerecht zu werden? Die spezielle Situation von Opfern internationaler Verbrechen wird in der Richtlinie 2012/29/EU nicht explizit angesprochen. Soweit aus entsprechenden Straftaten jedoch besondere Schutzbedürfnisse der Opfer resultieren, so wurde im Zuge der Umsetzung der Richtlinie mit der Einführung des § 48 Absatz 3 StPO dem insbesondere in Artikel 22 der Richtlinie ausgedrückten Anliegen Rechnung getragen, vor allem bei besonderer Schutzbedürftigkeit die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Schutz der Rechtsgüter des Verletzten möglichst frühzeitig beurteilen zu können. Die Vorschrift, die sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in gerichtlichen Verfahren gilt, sieht vor, dass alle den Verletzten betreffenden Verhandlungen, Vernehmungen und sonstigen Untersuchungshandlungen stets unter Berücksichtigung seiner besonderen Schutzbedürftigkeit durchzuführen sind und nennt die Maßnahmen, die zu seinem Schutz ggf. ergriffen werden können . 17. Welche allgemeine Unterstützung bzw. welche Unterstützungsangebote erhalten Opfer internationaler Verbrechen und deren Familien nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland (bitte zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Angeboten differenzieren)? 18. Welche spezialisierte Unterstützung erhalten Personen, die besonders schutzbedürftig sind, wie z. B. Kinder, oder die sich in Situationen befinden, in denen sie einem besonders hohen Risiko einer Schädigung oder Retraumatisierung ausgesetzt sind, wie beispielsweise Personen, die Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind? Die Fragen 17 und 18 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Opfer von Gewalttaten – hierzu gehören auch Opfer von internationalen Verbrechen , einschließlich Kinder und Opfer geschlechtsbezogener Gewalt – haben bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz. Nach geltendem Recht fallen hierunter unter anderem Ansprüche auf Heil- und Krankenbehandlung (inklusive psychotherapeutischer Versorgung), Hilfsmittelversorgung, Pflegeleistungen, Berufsschadensausgleich , Entschädigungszahlungen für Geschädigte und Hinterbliebene, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie unterhaltsersetzende und ergänzende finanzielle Beihilfen für die Betroffenen und mittelbar betroffene Angehörige . Derzeit wird das Recht der Sozialen Entschädigung reformiert. Nach den geplanten Änderungen haben Betroffene darüber hinaus zukünftig Anspruch auf sogenannte schnelle Hilfen, die den Besuch von Traumaambulanzen und die Unterstützung durch ein Fallmanagement beinhalten. Die Durchführung des Opferentschädigungsgesetzes ist nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung der Bundesrepublik Deutschland Aufgabe der Länder. Für Opfer von Gewalttaten – auch für Opfer von internationalen Verbrechen, einschließlich Kindern und Opfern geschlechtsbezogener Gewalt – gibt es darüber hinaus zahlreiche Opferhilfeeinrichtungen, die viele Unterstützungsmöglichkeiten anbieten. Dazu zählen beispielsweise die psychosoziale Betreuung und Beratung , die Vermittlung zu weitergehenden Hilfs- und Beratungsangeboten, Krisenintervention , Begleitung zu Gerichts-, Behörden-, Anwalts- und Arztterminen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/12354 psychosoziale Prozessbegleitung und Unterstützung bei der Stellung von Anträgen und Informationen über finanzielle Hilfen und Ansprüche, z. B. nach dem Opferentschädigungsgesetz. Die Verantwortung für das Vorhandensein, die Ausgestaltung und finanzielle Absicherung von Unterstützungsangeboten liegt in erster Linie bei den Ländern. Für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder stehen in Deutschland derzeit ca. 350 Frauenhäuser und mindestens 40 Schutzwohnungen zur Verfügung. Daneben gibt es eine große Anzahl von spezialisierten Fachberatungsstellen, die Klientinnen und Klienten mit ganz unterschiedlichem Gewalterleben, etwa sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend, häuslicher Gewalt oder Stalking beraten. Des Weiteren gibt es unter anderem spezialisierte Einrichtungen für Opfer von Menschenhandel , Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung sowie Angebote zur verfahrensunabhängigen Beweissicherung oder anonymen Spurensicherung, die Opfern häuslicher und sexueller Gewalt die Möglichkeit bieten, dort anonym und vertraulich Spuren sichern zu lassen, die gegebenenfalls in einem späteren Verfahren als Beweis eingebracht werden können. Daneben besteht in vielen Ländern für Opfer von Gewalttaten die Möglichkeit, sich an Kliniken kostenfrei untersuchen und beraten zu lassen. Die meisten Opferhilfeeinrichtungen stehen allen Opfern von Gewalttaten ohne Einschränkung auf einen bestimmten Hintergrund der Tat offen. Kinder und Jugendliche, die Opfer schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten geworden sind, haben darüber hinaus nach § 406g StPO einen Rechtsanspruch auf kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung. Erwachsene Opfer schwerer Gewaltund Sexualverbrechen können ebenfalls kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung erhalten, wenn dies nach Ansicht des Gerichts im Einzelfall erforderlich ist. Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der nichtrechtlichen Begleitung vor, während und nach der Hauptverhandlung und umfasst die qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung im Strafverfahren . Einen bundesweiten Überblick über passende und ortsnahe Angebote der Opferhilfe bietet die Onlinedatenbank für Betroffene von Straftaten, welche im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von der Kriminologischen Zentralstelle erstellt worden ist: www.odabs.org/index.html. Über die beschriebenen Angebote hinaus enthält das Achte Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe – SGB VIII) unterschiedliche Leistungen für Kinder , Jugendliche und ihre Familien, die auch der spezialisierten Unterstützung von an einem völkerstrafrechtlichen Verfahren beteiligten Kindern dienen können . Insbesondere haben Personensorgeberechtigte gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Hierzu gehören Erziehungsberatung, soziale Gruppenarbeit, die Bereitstellung eines Erziehungsbeistandes bzw. eines Betreuungshelfers, sozialpädagogische Familienhilfe , Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege, Heimerziehung und intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§§ 27 bis 35 SGB VIII). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 19. Wie vielen Opfern von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch wurde nach Kenntnis der Bundesregierung ein juristischer Beistand beigeordnet (bitte nach Verfahrensstadium aufschlüsseln, z. B. im Strukturverfahren, im personenbezogenen Ermittlungsverfahren, nach Anklageerhebung)? Es wurden bisher zehn Opfern von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch durch das jeweils zuständige Oberlandesgericht nach Anklageerhebung ein juristischer Beistand nach § 68b Absatz 2 StPO von Amts wegen beigeordnet, zwei Opfern von Straftaten nach dem VStGB wurden bisher Nebenklagevertreter nach § 397a StPO nach Anklagerhebung durch das jeweils zuständige Oberlandesgericht bestellt. Vier Opfern von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch wurde bisher nach § 406h StPO im Ermittlungsverfahren durch den zuständigen Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs juristischer Beistand beigeordnet. 20. Wann, von wem und wie werden Opfer von VStGB-Taten, die in direktem Kontakt mit den Behörden stehen, über ihre Rechte informiert? a) Welche Informationen (bitte genau benennen) werden wann genau und in welcher Häufigkeit zur Verfügung gestellt? b) In welcher Form werden diese Informationen erteilt? c) Inwiefern werden die erteilten Informationen an die spezielle Situation des jeweiligen Opfers eines internationalen Verbrechens und den jeweiligen Stand des Verfahrens angepasst? d) Welche konkreten Maßnahmen ergreifen die Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung, um Sprachbarrieren zu überwinden? e) In welchem Umfang und in welcher Form arbeiten die Behörden mit welchen Opferunterstützungsorganisationen zusammen, um Opfern internationaler Verbrechen die entsprechenden Informationen zugänglich zu machen ? Die Fragen 20 bis 20e werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Unterrichtung von Tatopfern ist gesetzlich geregelt. Diese Regelungen sind auch auf die Opfer von Völkerstraftaten anzuwenden, eine Sondervorschrift für diesen Personenkreis besteht nicht. Die Rechte und Befugnisse des Verletzten sind im Einzelnen in §§ 406d ff. StPO geregelt; sie gelten auch in Ermittlungs- und Strafverfahren, die Straftaten nach dem VStGB zum Gegenstand haben. § 406i StPO regelt die Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse im Strafverfahren, § 406j StPO über diejenigen außerhalb des Strafverfahrens. Der GBA arbeitet regelmäßig mit einer Vielzahl in- und ausländischer, im Einzelnen nicht namentlich zu benennender „Opferunterstützungsorganisationen“ zusammen, die Tatopfern menschlichen und rechtlichen Beistand gewähren. Dabei werden den Tatopfern auch die entsprechenden Informationen zugänglich gemacht . Im Rahmen ihrer Vernehmung durch das BKA erhalten die Opfer das „Merkblatt für Opfer einer Straftat“ des BMJV. Dieses liegt auch übersetzt in mehreren Sprachen vor (siehe Antwort zu Frage 21c). Das Merkblatt wird in Papierform ausgehändigt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/12354 Es erfolgt ein intensiver Austausch der Vernehmungsbeamteninnen und Vernehmungsbeamten mit den jeweils zuständigen Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer der Opferzeugen. Hierdurch können individuelle Fragen und Sorgen des Opfers zu jedem Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens geklärt und berücksichtigt werden. Die Gespräche bzw. Vernehmungen mit den Opferzeugen erfolgen stets mit Hilfe eines Sprachmittlers in der Muttersprache der/des Betroffenen. f) Hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine empfehlenswerte Praxis herausgebildet, nach welcher Opfer von internationalen Verbrechen über ihre Rechte informiert werden, und wenn ja, welche? Die Unterrichtung von Tatopfern ist, wie in der Antwort zu den Fragen 20 bis 20e dargestellt, gesetzlich geregelt. Die vom BMJV aufgelegten Merkblätter sowie die offen über das Internet zugängliche „Opferfibel“ stehen ergänzend zur Verfügung . 21. Welche Institutionen (bitte auch genaue Unterabteilungen benennen) sind dafür verantwortlich, die Opfer von VStGB-Taten über ihre Rechte zu informieren ? Wie sind die Zuständigkeiten konkret aufgeteilt? Normadressat der §§ 406i ff. StPO sind die Strafverfolgungsbehörden. In der Praxis erfolgt eine Unterrichtung der Opfer von Völkerstraftaten durch die jeweils den betreffenden Sachverhalt erstmals aufnehmende Stelle, also insbesondere durch Polizeibehörden der Länder. a) Inwiefern haben nach Einschätzung der Bundesregierung die Zollämter, Einwanderungsbehörden oder Grenzkontrollbehörden nach nationalem Recht den Status von Strafverfolgungsbehörden, so dass ein Kontakt mit ihnen mit Blick auf das Informationsrecht der Opfer als Erstkontakt mit einer zuständigen Behörde im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 2012/29/EU gelten kann? Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung eine einheitliche Praxis bei der Einstufung der genannten Behörden als Strafverfolgungsbehörden? Falls nein, gibt es Bemühungen der Bundesregierung, eine diesbezüglich einheitliche Praxis herzustellen? Nach §§ 152, 160 StPO ist die Staatsanwaltschaft zur Erforschung des Sachverhalts und zur Erhebung von Anklagen berufen. Angehörige des Polizeivollzugsdienstes und der Zollverwaltung haben nach deutschem Recht den Status von Strafverfolgungsbehörden, sofern ihnen dieser per Gesetz bzw. ihren Beamten im Rahmen des Organisations- und Dienstrechts zugewiesen ist und sie im konkreten Fall strafverfolgend tätig werden (vgl. u. a. § 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes und § 163 StPO). Die Einstufung als Strafverfolgungsbehörde ergibt sich dabei anhand der jeweiligen Gegebenheiten. In Umsetzung des Artikels 4 der Richtlinie 2012/29/EU wurden die Vorschriften zur Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse nach den §§ 406i, 406j StPO durch das 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21. Dezember 2015 neu strukturiert. Danach sind Verletzte möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Befugnisse innerhalb und außerhalb des Strafverfahrens Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zu unterrichten. Nach Nummer 174a der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren prüft die Staatsanwaltschaft, ob die erforderlichen Belehrungen des Verletzten bereits erfolgt sind und holt anderenfalls die Belehrungen nach. b) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der deutschen Behörden Kampagnen, um die Kenntnis der Opfer internationaler Verbrechen über ihre Rechte zu steigern, und wenn ja, welche? Für die Bundesregierung ist es ein wesentliches Anliegen, Opfer von Straftaten zu unterstützen. Deshalb gibt das BMJV unterschiedliche Informationsbroschüren heraus, um Opfer von Straftaten über ihre Rechte aufzuklären. So werden in der „Opferfibel“ die Rechte von Verletzten und Geschädigten im deutschen Strafverfahren erläutert. Speziell für jugendliche Zeuginnen und Zeugen wird ein Wegweiser mit dem Titel „Ich habe Rechte“ herausgegeben. Schließlich werden Opfer von Straftaten in einem Merkblatt in aller Kürze über ihre Rechte aufgeklärt . Zusätzlich informiert das BMJV mit der Broschüre „Psychosoziale Prozessbegleitung “ über die Möglichkeit im Strafverfahren, sich als Opfer unter näher bestimmten Voraussetzungen vor, während und nach einer Gerichtsverhandlung von speziell geschulten Prozessbegleitern unterstützen zu lassen. c) Falls es solche Kampagnen gab, wie wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Informationen konkret zur Verfügung gestellt (z. B. Plakate, Webseiten, soziale Medien)? In welchen Sprachen wurden die Informationen zur Verfügung gestellt? Sämtliche vom BMJV herausgegebenen Broschüren sind sowohl als Druckausgabe als auch online auf der Internetseite des BMJV zum Download erhältlich (www.bmjv.de/DE/Themen/OpferschutzUndGewaltpraevention/Opferhilfeund Opferschutz/Opferhilfe_node.html.). Das Merkblatt für Opfer einer Straftat ist dort beispielsweise in 29 Sprachen abrufbar. d) Welche weiteren praktischen Bemühungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von staatlicher Seite aus angestrengt, um sicherzustellen , dass die relevanten Informationen über ihre Rechte die Opfer auch tatsächlich erreichen? Die Druckausgaben, soweit sie von Ländern und Verbänden bezogen werden, werden von dort in eigener Zuständigkeit verteilt. Im Rahmen ihrer Vernehmung durch das BKA erhalten die Opfer das „Merkblatt für Opfer einer Straftat“. Das BMJV veranstaltet zweimal im Jahr ein „Best-Practice-Treffen“ zum Thema Opferschutz mit Ländern und Opferschutzbeauftragten. Dieses Forum bietet die Möglichkeit, sich über das Informationsangebot für Opfer auszutauschen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/12354 e) Wurden beispielsweise Informationen während des Asylverfahrens zur Verfügung gestellt, und wenn ja, welche? f) Wurde diesbezüglich Kontakt zu Organisationen der Zivilgesellschaft oder Opferorganisationen hergestellt, und wenn ja, mit welchem Ergebnis ? g) Inwiefern wurden oder werden Informationen an Orten zur Verfügung gestellt , an denen Opfer von internationalen Verbrechen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzutreffen sind (Beratungsstellen, Kulturzentren, o. Ä.)? h) Inwiefern verfügen die befassten Behörden über ein einfach und schnell zu aktivierendes Netzwerk von Übersetzerinnen und Übersetzern, um sicherzustellen , dass Opfer von internationalen Verbrechen eine Strafanzeige oder Ähnliches in einer ihnen geläufigen Sprache formulieren können ? Die Fragen 21e bis 21h werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Wird beim BAMF bekannt, dass aufgrund von Straftaten nach dem VStGB besondere Vulnerabilitäten beim Antragsteller vorliegen, kann ein speziell geschulter und sensibilisierter Sonderbeauftragter zum Asylverfahren hinzugezogen werden . Zudem ist sichergestellt, dass der Antragsteller in jedem Stadium des Asylverfahrens Verfahrenshandlungen in einer ihm geläufigen Sprache vornehmen kann. In zurzeit 15 Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen (oder funktionsgleichen Einrichtungen) pilotiert das BAMF seit 2018 darüber hinaus eine Asylverfahrensberatung, die auch eine frühzeitige Identifizierung von verfahrens - oder entscheidungsrelevanten Vulnerabilitäten unterstützt. In die Umsetzung der Asylverfahrensberatung sind auch Organisationen der Zivilgesellschaft eingebunden. Die Entscheidung, ob und falls ja, welche Informationsmaterialien in Beratungsstellen und Kulturzentren zur Verfügung gestellt werden, treffen die jeweiligen Träger dieser Einrichtungen. Die Entgegennahme von Strafanzeigen obliegt der Staatsanwaltschaft, den Behörden und Beamten des Polizeidienstes und den Amtsgerichten. Gemäß § 158 Absatz 4 StPO erhält der Verletzte, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, die notwendige Hilfe bei der Verständigung. Die Sicherstellung dieses Rechts liegt nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung in der Zuständigkeit der Länder. 22. Welche Schutzmechanismen bzw. Schutzmaßnahmen bestehen für Opfer von internationalen Verbrechen und deren Familien in Deutschland? Grundsätzlich sind die Länderdienststellen für gefahrenabwehrende Maßnahmen zuständig. Die Zeugenschutzdienststelle des BKA ist für Zeugen- bzw. operative Opferschutzfälle zuständig, wenn die Ermittlungen durch ein BKA-Ermittlungsreferat geführt werden. Voraussetzungen für die Aufnahme in den Zeugenschutz sind weiterhin die Bedeutung der Aussage, eine Gefährdung des Zeugen durch die Aussagebereitschaft, die Freiwilligkeit und die Eignung (vgl. § 1 des Gesetzes zur Harmonisierung des Schutzes gefährdeter Zeugen - ZSHG). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ein Operativer Opferschutzfall liegt vor, wenn Personen einer konkreten Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder der persönlichen Freiheit ausgesetzt sind, die Voraussetzungen des ZSHG nicht vorliegen, andere Maßnahmen nach dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht in Verbindung mit der Polizeidienstvorschrift (PDV) 129 (Personen- und Objektschutz ) allein nicht geeignet sind und ein effektiver Schutz der gefährdeten Personen mit zeugenschutzähnlichen Maßnahmen gewährleistet werden kann. Im Hinblick auf Maßnahmen in den Aufnahmeeinrichtungen wird auf die Zuständigkeit der Länder verwiesen. a) Welche Maßnahmen gibt es, die insbesondere die Risiken staatlicher Repression (inkl. Nachverfolgung in Deutschland) in den Blick nehmen, welche typischerweise für diese Opfergruppe bestehen? Die Unterstützungsleistung der Zeugenschutzdienststelle des BKA in völkerstrafrechtlichen Verfahren des BKA besteht darin, die Zeugen im Heimatland ausfindig zu machen und sie „unbeeinflusst“ entweder einer Videovernehmung zuzuführen oder alle Maßnahmen für eine Deutschlandreise zu organisieren, so dass eine unmittelbare Aussage vor Gericht in Deutschland stattfinden kann. In Deutschland werden die Zeugen für die Dauer ihrer gerichtlichen Zeugenaussage betreut. Eine Gefährdung in Deutschland liegt in diesen Fällen in der Regel nicht vor. Die Nachbetreuung der Zeugen im Heimatland wird in Zusammenarbeit mit örtlich zuständigen Dienststellen abgedeckt. Im Hinblick auf Maßnahmen in den Aufnahmeeinrichtungen wird auf die Zuständigkeit der Länder verwiesen. b) Welche Maßnahmen gibt es zum Schutz der Opfer vor Täterinnen und Tätern in Deutschland (z. B. Opfer und Täterinnen bzw. Täter, die in Geflüchtetenunterkünften aufeinandertreffen) c) Welche Schutzmaßnahmen für Opfer internationaler Verbrechen hält die Bundesregierung für am wichtigsten bzw. dringlichsten? d) Welche Schutzmaßnahmen werden von den jeweiligen Opfern nach Kenntnis der Bundesregierung besonders häufig erbeten? e) Von welchen Institutionen und welchen Unterabteilungen werden derlei Schutzmaßnahmen konkret angeordnet, ausgeführt sowie überprüft und in welchem Umfang wird diesbezüglich mit welchen anderen Behörden bzw. Organisationen (z. B.: Opferschutzorganisationen, Einwanderungsbehörden , Organisationen der Zivilgesellschaft) kooperiert? f) Inwiefern kooperieren die deutschen Behörden in diesem Zusammenhang mit ausländischen Behörden oder internationalen Organisationen? Die Fragen 22b bis 22f werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antworten zu den Fragen 22 und 22a verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/12354 Im Übrigen wird auf die Zuständigkeit der Länder verwiesen. Grundsätzlich sind die Länderdienststellen für gefahrenabwehrende Maßnahmen zuständig. Auch der Betrieb von Aufnahmeeinrichtungen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder. 23. Wann und wie werden Opfer von internationalen Verbrechen über den Fortschritt von Ermittlungsmaßnahmen oder Strafverfahren informiert? a) Welche Informationen werden dabei konkret zur Verfügung gestellt, von wem, und in welcher Form? b) Welche Restriktionen gibt es dahingehend, wer diese Informationen zur Verfügung gestellt bekommt (z. B. nur die formal am Verfahren beteiligten Opfer)? c) Welche Maßnahmen werden von welchen Stellen konkret ergriffen, um sicherzustellen, dass alle betroffenen Opfer eines internationalen Verbrechens die entsprechenden Informationen über den Verfahrensstand in verständlicher Form erhalten? d) Stellen die Behörden den Opfern nach Ende des jeweiligen Verfahrens Informationen über die Gründe der Beendigung des Verfahrens oder über die Begründung des Urteils zur Verfügung, und wenn ja, in welcher Form, und welcher Sprache? Die Fragen 23 bis 23d werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Unterrichtung von Opfern internationaler Verbrechen über den Fortschritt von Ermittlungsmaßnahmen oder Strafverfahren ist in § 406d StPO gesetzlich geregelt. Sie erfolgt nach dieser Vorschrift auf Antrag des Verletzten. In § 406e StPO ist die unter bestimmten Voraussetzungen bestehende Möglichkeit einer Akteneinsicht für Verletzte, gleichfalls auf Antrag, normiert. Eine Pflicht, Verletzte von Amts wegen über den Fortgang eines Verfahrens in Kenntnis zu setzen, besteht von Rechts wegen nicht. Gleichwohl ist der GBA bestrebt, die entsprechenden Entscheidungen und Entschließungen auch und gerade den Opfern von Völkerstraftaten, etwa über Publikationen auch in englischer Sprache, zugänglich zu machen (so genannter outreach). Dieser Publizierung sind indes – nicht zuletzt mangels diesbezüglicher gesetzlicher Aufgabenzuweisung – finanzielle Grenzen gesetzt. 24. Inwiefern ist für die Opfer internationaler Verbrechen die Möglichkeit vorgesehen , die Einstellung von Ermittlungen oder eines Verfahrens überprüfen zu lassen? a) Sollte ein solches Recht bestehen, gibt es formelle oder sonstige Beschränkungen in Bezug auf dieses Recht, und wenn ja, welche? b) Was sind die genauen Voraussetzungen für die Überprüfung einer Entscheidung , und welche Instanz ist für diese Überprüfung zuständig? c) Welche sonstigen Beschwerdemechanismen sind Opfern von Straftaten nach dem VStGB zugänglich, um staatsanwaltschaftliche Entscheidungen überprüfen zu lassen? Die Fragen 24 bis 24c werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12354 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode (Auch) Opfern internationaler Verbrechen, die der deutschen Strafjustiz unterliegen , steht das Klageerzwingungsverfahren gemäß § 172 StPO offen. Danach kann der Antragsteller, der zugleich Verletzter ist, gegen einen Bescheid, mit dem die Staatsanwaltschaft einem Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage keine Folge gibt oder nach Abschluss der Ermittlungen die Einstellung des Verfahrens verfügt (§ 171 StPO), binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft einlegen. Nur der Antragsteller ist legitimiert, das Klageerzwingungsverfahren zu betreiben, und zwar nur dann, wenn er zugleich Verletzter ist. Antragsteller ist derjenige, der sich schon direkt bei der Staatsanwaltschaft – ggf. auch über die Polizei – mit dem Antrag nach § 171 StPO eingeschaltet hat. Verletzter ist, wer durch die behauptete Tat – ihre tatsächliche Begehung unterstellt – unmittelbar in einem Rechtsgut verletzt ist. Der Begriff des Verletzten wird zur Wahrung des Legalitätsprinzips weit ausgelegt. Es gelten die in § 172 StPO genannten Fristen (Einstellungsbeschwerde an den Vorgesetzen binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Einstellungsbescheids, Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Oberlandesgericht gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten binnen eines Monats nach der Bekanntmachung). Es gibt keine besonderen sonstigen Beschwerdemechanismen. Opfer von Straftaten nach dem VStGB haben dieselben Beschwerderechte wie Opfer anderer Delikte, etwa von Kapitalverbrechen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333