Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12387 19. Wahlperiode 14.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11973 – Aufkommensneutralität bei der Reform der Grundsteuer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung strebt eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer an (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Grundsteuer-Reformgesetzes, S. 101). Damit wird beabsichtigt, dass Kommunen die Reform nicht dazu nutzen , sich beim Steuerzahler zu bereichern. Mit der Senkung der allgemeinen Steuermesszahl soll nach dem Willen der Bundesregierung die Aufkommensneutralität der Grundsteuer erreicht werden (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache, 19/9538). Konkret möchte man sich an dem Grundsteueraufkommen für das Jahr 2022 orientieren, das derzeit auf rund 14,8 Mrd. Euro geschätzt wird. Hierfür ist es erforderlich, dass die Kommunen die Hebesätze so anpassen, dass sie durch die Reform unterm Strich keine Mehreinnahmen generieren. Auch zukünftig ist dafür vorgesehen, dass die Hebesätze von den Gemeinden festgesetzt werden dürfen (Artikel 106 Absatz 6 Satz 2 des Grundgesetzes, § 1, § 25 des Grundsteuergesetzes). Damit kann der Bund nicht unmittelbar auf die Hebesätze einwirken. Deshalb kann nach Ansicht der Fragesteller die tatsächliche Entwicklung des Grundsteueraufkommens nach der Reform nicht abgesehen werden. Eine Garantie für eine aufkommensneutrale Erhebung der Grundsteuer nach dem geplanten Reformvorhaben ist somit nicht möglich, wie dies mitunter namhafte politische Entscheidungsträger verlauten ließen (vgl. „Finanzminister schließt Steuererhöhungen durch Grundsteuer aus“, in: ZEIT ONLINE vom 10. April 2018). Aus diesem Grund wird an die Gemeinden appelliert, die durch die Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen. Damit wird angestrebt, dass sich innerhalb einer Gemeinde das Grundsteueraufkommen durch die Grundsteuerreform nicht verändert (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Grundsteuer-Reformgesetzes, S. 1). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12387 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In der einschlägigen wissenschaftlichen Diskussion wird bereits jetzt davon ausgegangen , dass die Gemeinden vor der ersten Hauptfeststellung im Jahr 2022 den Hebesatz erhöhen, und sich damit die im Gesetz vorgesehene „Aufkommensneutralität “ der Grundsteuerreform auf dieses höhere Niveau bezieht (vgl. Scheffler/Hey, ifst-Schrift 530 (2019), S. 52 bis 54). Das Ziel der Aufkommensneutralität wäre damit nur formal erreicht, materiell würde die Grundsteuerreform jedoch zu einer Erhöhung des Steueraufkommens führen. Aus Sicht der Fragesteller sollte dieser Aspekt in der laufenden Diskussion stärker thematisiert werden, damit bei den Bürgerinnen und Bürgern keine falschen Erwartungshaltungen geweckt werden. Die Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag hat aus diesem Grund die Initiative der „Grundsteuer-Bremse“ angestoßen, durch die sich Gemeinden bundesweit dazu verpflichten, die Reform der Grundsteuer nicht für Steuererhöhungen zweckzuentfremden (vgl. „Der Grundsteuer-Horror der Steuerberater“, in: FAZ vom 12. März 2019, S. 16). 1. Warum spricht sich die Bundesregierung für eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer aus? 2. Wird das Ziel der Bundesregierung, ab 2022 eine Aufkommensneutralität der Grundsteuer zu etablieren, auf den Bund, das jeweilige Bundesland oder die einzelne Gemeinde bezogen? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Um die Grundsteuer verfassungskonform auszugestalten, müssen sämtliche ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten für Zwecke der Grundsteuer neu bewertet werden. Dies gilt unabhängig vom jeweils gewählten Modell. Diese Neubewertung der gesamten wirtschaftlichen Einheiten soll nach Auffassung der Bundesregierung strukturell nicht zu einer Aufkommenserhöhung auf gesamtstaatlicher Ebene führen. 3. Weshalb soll nach Ansicht der Bundesregierung die Aufkommensneutralität der Grundsteuer ab dem Stichtag 1. Januar 2022 bestehen, und nicht früher oder später? Die Neubewertung der Grundstücke ist zum Stichtag 1. Januar 2022 (Hauptfeststellungszeitpunkt ) vorgesehen. Nach den Berechnungen der Bundesregierung dürften die Neubewertung aller Grundstücke und die Senkung der Steuermesszahlen für die Grundsteuer A und B insgesamt zu keiner nennenswerten Veränderung des bundesweiten Aufkommens führen. 4. Wie lange soll nach Ansicht der Bundesregierung die Aufkommensneutralität der Grundsteuer für die Zeit nach 2022 fortbestehen, wenn die Gemeinden dem Wunsch der Bundesregierung nachkommen und ihr Hebesatzrecht auf Basis des Grundsteuer-Reformgesetzes (Scholz-Modell) zur Aufkommensneutralität nutzen? Wenn alle Gemeinden lediglich ihr Hebesatzrecht unter der Prämisse der Aufkommensneutralität nutzen, bleibt die Aufkommensneutralität auch für die kommenden Jahre bestehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12387 Selbstverständlich wird sich auch zukünftig, beispielsweise durch die Erschließung neuer Wohn- und Gewerbegebiete, Neubewertungen im Rahmen von Eigentumsübertragungen oder durch die Wahrnehmung der fortbestehenden kommunalen Hebesatzautonomie, das Grundsteueraufkommen fortwährend verändern . 5. Wie wird sich auf Basis der Schätzungen des Arbeitskreises Steuerschätzung das Steueraufkommen aus der Grundsteuer für die nächsten fünf Jahre entwickeln (bitte tabellarisch darstellen, nach Grundsteuer A und B aufschlüsseln und – sofern möglich – nach Bundesland sortieren)? Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat im Mai 2019 die Steuereinnahmen bis zum Jahr 2023 geschätzt. Die Schätzung der Grundsteuer erfolgte auf Basis der bestehenden Rechtslage unter der Annahme der Ausschöpfung der vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10. April 2018 gesetzten Fristen zur Neuregelung der Grundsteuer durch den Gesetzgeber. Eine Aufteilung nach Ländern wurde – wie bei allen Steuerarten auch – nicht vorgenommen. Für die Grundsteuer A und B ergaben sich folgende Werte. in Mio. € 20171 20181 20192 20202 20212 20222 20232 Grundsteuer A 404,0 405,4 404 403 402 401 400 Grundsteuer B 13.561,4 13.797,3 13.975 14.100 14.250 14.400 14.550 1) Ist-Ergebnisse 2) Steuerschätzung Mai 2019 6. Wird es nach Ansicht der Bundesregierung aufgrund der Neuregelung des Grundsteuerrechts bei einzelnen Grundstücken zu Verschiebungen der steuerlichen Belastung kommen, und wenn ja, wie ist dies aus Sicht der Bundesregierung mit dem Koalitionsvertrag vereinbar, in dem man sich gegen Steuererhöhungen ausgesprochen hat? Im Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, die Grundsteuer unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgericht , der Sicherung des derzeitigen Aufkommens sowie unter Beibehaltung des kommunalen Hebesatzrechtes neu zu regeln. Der Gesetzentwurf zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts erfüllt diese Zielsetzung. Mit der erheblichen Absenkung der Steuermesszahl wird verhindert, dass es strukturell allein aufgrund der Neubewertung der wirtschaftlichen Einheiten rechnerisch zu einem bundesweiten Mehraufkommen bei der Grundsteuer kommt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die wertverzerrte Bemessungsgrundlage der Grundsteuer gerügt. Dementsprechend führt die erforderliche Neubewertung der wirtschaftlichen Einheiten, wie bei jedem anderen Vorschlag eines Bewertungsmodells, das einen einheitlichen Bewertungsmaßstab vorsieht, zu Veränderungen der Grundsteuerbelastung der einzelnen Grundstücke. 7. Wie wird die Bundesregierung darauf reagieren, wenn die Hebesätze in zahlreichen Kommunen kurz vor dem Stichtag 1. Januar 2022 deutlich angehoben werden und damit die Bemühungen untergraben werden, Aufkommensneutralität bei der Reform der Grundsteuer zu etablieren? Die Gemeinden bestimmen die in ihrem Gemeindegebiet geltenden Hebesätze gemäß dem in der Verfassung geregelten Hebesatzrecht grundsätzlich eigenverantwortlich in Abhängigkeit ihres Finanzbedarfs. Die Bundesregierung appelliert daher an die Gemeinden, eine allein aus der Neubewertung des Grundbesitzes Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12387 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode resultierende Aufkommensveränderung durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen, um ein konstantes Grundsteueraufkommen auch auf Ebene der einzelnen Gemeinde zu sichern. 8. Welche Konsequenzen treten nach Einschätzung der Bundesregierung ein, wenn Kommunen, die überschuldet sind und deswegen ihre Hebesätze nicht senken dürfen, die Reform gar nicht aufkommensneutral ausgestalten können ? Soll dafür dann eine andere Kommune die Hebesätze stärker senken, damit Aufkommensneutralität gewährleistet wird? Entsprechend der Darstellung im Gesetzentwurf, geht die Bundesregierung davon aus, dass auch Kommunen in einem Haushaltssicherungsverfahren landesrechtlich nicht die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Hebesätze zur Wahrung der Aufkommensneutralität entsprechend anzupassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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