Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 12. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12388 19. Wahlperiode 14.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Otto Fricke, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/11977 – Importzölle auf Primäraluminium V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aluminium ist durch seine Beschaffenheit, sein immenses Vorkommen und seine Recyclingfähigkeit einer der Werkstoffe der Zukunft. Neben der Automobilproduktion wird es auch für die Produktion von Flugzeugen, Spiegelreflexkameras oder Zahnpasta genutzt. Die Nachfrage von Aluminium steigt jährlich weltweit (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156039/umfrage/ weltweite-aluminiumnachfrage-seit-2006/). Mit fast 40 Kilogramm Pro- Kopf-Verbrauch hat Deutschland den höchsten Verbrauch je Einwohner (Stand: 2014, www.tagesschau.de/wirtschaft/aluminium102.html). In Deutschland wird in rund 250 Betrieben Aluminium erzeugt oder verarbeitet. Die teilweise weltweit tätigen Konzerne sowie die klein- und mittelständischen Unternehmen schaffen damit die Lebensgrundlage für eine Vielzahl direkt und indirekt mit dieser Branche verbundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In Deutschland beschäftigte die Aluminiumindustrie im Jahr 2018 unmittelbar rund 66 000 Menschen und erwirtschaftete einen Umsatz von rund 22 Mrd. Euro (www.aluinfo.de/beschaeftigung-und-umsatz.html). Damit nimmt die Aluminiumindustrie eine entscheidende Position für die deutsche Wirtschaft ein. So ist sie nicht nur für die Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland entscheidend , sondern auch als Teil der Wertschöpfungskette von hoher strategischer Bedeutung. In der Aluminiumproduktion wird zwischen Primäraluminium , welches aus Bauxit gewonnen wird, und Sekundäraluminium, welches wiederum aus Aluminiumschrott recycelt wird, unterschieden (https://de. statista.com/themen/2514/aluminium/). Neben einer volkswirtschaftlichen Dimension bietet das Recycling von Aluminium auch ökologische und ökonomische Vorteile, da nur 5 Prozent der Energie aufgewendet werden muss, die zur Herstellung von Primäraluminium benötigt wird. Darüber hinaus werden durch das Recycling Emissionen reduziert, Ressourcen eingespart und Deponien entlastet (www.impol-group.de/nachhaltige-entwicklung/recycling/ vorteile-und-einsparungen-beim-aluminiumrecycling). In Deutschland wird inzwischen mehr Aluminium aus dem Kreislauf gewonnen als über den primären Bereich. Dadurch wird die Ökobilanz von Aluminiumprodukten, bezogen auf Energie- und Wasserverbrauch, Abfallaufkommen, Emissionen, Rohstoffverbrauch und Entsorgung optimiert (www.aluinfo.de/recycling.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12388 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Aluminiumindustrie wurde im vergangenen Jahr mit zahlreichen Risiken und Herausforderungen konfrontiert. Zu nennen sind in erster Linie die Rohstoffversorgung , die Importzölle der USA auf spezifische Aluminiumprodukte und die hierdurch hervorgerufenen negativen Effekte der Handelsumlenkung ( www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/interview/der-europaeischealuminiummarkt -geraet-unter-druck/). Derzeit gibt es je nach Herkunftsland starke Gefälle hinsichtlich der Einfuhrkosten von Primäraluminium in die Europäische Union. Die Europäische Union ist jedoch zur Deckung des Aluminiumbedarfs seiner Industrie zu einem hohen Prozentsatz von Importen abhängig. Aus diesem Grund sollte sie nach Ansicht der Fragesteller keine Importbarrieren für Rohstoffe aufbauen, die hier nicht ausreichend produziert werden. 1. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über den prozentualen Anteil von importierten Primäraluminium am gesamt verarbeiteten Primäraluminium in der Europäischen Union vor? Bei der Einfuhr von Aluminium in Rohform (Position 7601 im Integrierten Tarif der Europäischen Union (TARIC)) wird im Zolltarif und der amtlichen Außenhandelsstatistik nicht zwischen Primär- und Sekundäraluminium unterschieden. Der Bundesregierung liegen entsprechend keine Kenntnisse über die importierten Mengen Primäraluminiums in die Europäische Union (EU) vor. 2. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung zur Höhe der Importzölle für Primäraluminium in die Europäische Union vor (bitte nach Hersteller- bzw. Ursprungsland aufschlüsseln)? Angesichts der im Zolltarif nicht bestehenden Unterscheidung zwischen Primärund Sekundäraluminium (siehe Antwort zu Frage 1) sind dort keine Importzölle speziell für Primäraluminium definiert. Was die Einfuhr von Aluminium in Rohform (sowohl Primär- als auch Sekundäraluminium ) anbelangt, betragen die Importzölle der EU für die KN-Position 7601 10 00 (nicht legiertes Aluminium) 3 Prozent (Drittlandszollsatz) und 0 Prozent (Präferenzzollsatz), für die KN-Positionen 7601 20 20 (Aluminiumlegierungen , in Barren oder Bolzen) und 7601 20 80 (Aluminiumlegierungen, andere ) 6 Prozent (Drittlandzollsatz) und 0 Prozent (Präferenzzollsatz). Genauere Angaben zu Hersteller- bzw. Ursprungsländern, für die eine Zollpräferenz gilt, können der Online Auskunftsanwendung zum Elektronischen Zolltarif (http://auskunft.ezt-online.de/) entnommen werden. 3. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse vor, nach denen Primäraluminium über Drittländer zu günstigeren Konditionen als in Frage 2 beschrieben in die Europäische Union eingeführt werden kann? a) Wenn ja, um welche Länder handelt es sich dabei? b) Wenn ja, worin begründen sich diese Vergünstigungen (bitte nach Ursprungsland aufschlüsseln)? Die Bundesregierung verfügt über keine Informationen, dass Aluminium in Rohform über Drittländer zu günstigeren Konditionen als in der Antwort zu Frage 2 beschrieben in die EU importiert werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12388 4. Setzt die Bundesregierung sich auf europäischer Ebene für eine Harmonisierung der Zölle auf Primäraluminium aus unterschiedlichen Ursprungsländern ein? a) Wenn ja, wie ist der aktuelle Sachstand? b) Wenn nein, wieso nicht? 6. Positioniert sich die Bundesregierung zu einer Senkung der Importzölle für Primäraluminium vor dem Hintergrund zunehmender Handelskonflikte und der anhaltenden Diskussion um die Versorgung mit Rohstoffen für die deutsche Industrie und der damit einhergehenden Planungs- und Investitionsunsicherheit für das produzierende Gewerbe in Deutschland, und wenn ja, wie? Die Fragen 4 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Zur nicht bestehenden Unterscheidung von Primär- und Sekundäraluminium im Zolltarif wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Hinsichtlich der bestehenden Importzölle auf Aluminium in Rohform hält die Bundesregierung die Differenzierung zwischen 3 Prozent bzw. 6 Prozent Drittlandszollsatz und 0 Prozent Präferenzzollsatz für sachgerecht und angemessen. Es handelt sich um eine auf EU-Ebene sorgsam austarierte Kompromisslösung. Eine Änderung der bestehenden Importzölle wird derzeit nicht durch die Bundesregierung angestrebt. 5. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse über Ausnahmeregelungen für in Deutschland produzierende Aluminiumhersteller gegenüber anderen Branchen hinsichtlich der Besteuerung, der EEG-Umlage (EEG = Erneuerbare- Energien-Gesetz) und weiterer regulärer Kosten vor, und wenn ja, warum, und in welcher Höhe? Um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden, profitieren Aluminiumhersteller von unterschiedlichen Entlastungen bei den staatlich induzierten Energiepreisbestandteilen. Aluminiumhersteller können als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nummer 3 StromStG grundsätzlich die vollständige Steuerentlastung für bestimmte Prozesse und Verfahren nach § 51 EnergieStG bzw. § 9a StromStG in Anspruch nehmen. Bei Vorliegen der individuellen Voraussetzungen zahlen sie im Rahmen des sog. Spitzenausgleichs eine um 90 Prozent reduzierte Strom- bzw. Energiesteuer. Über die Besondere Ausgleichsregelung wird die EEG-Umlage für die über 1 GWh hinausgehende Strommenge aufgrund der hohen Stromintensität von Aluminiumherstellern auf die Mindestumlage von 0,05 Cent/kWh begrenzt. In ähnlicher Weise wird auch die KWKG-Umlage begrenzt, wobei die Mindestumlage für Strommengen, die über 1 GWh hinausgehen, 0,03 Cent/kWh beträgt. Darüber hinaus zahlen Aluminiumhersteller um bis zu 80 bis 90 Prozent reduzierte Netzentgelte. Die Umlage nach §19 StromNEV sowie die Offshore-Haftungsumlage sind aufgrund der hohen Stromintensität bei Aluminiumherstellern auf jeweils höchstens 0,025 Cent/kWh reduziert. Bei der Konzessionsabgabe ist eine Begrenzung auf 0,11 Cent/kWh möglich. Die Aluminiumproduktion wird in der aktuellen als auch in der kommenden 4. Handelsperiode des Europäischen Emissionshandels als Carbon Leakage gefährdet eingeschätzt und kann daher kostenlose Emissionsrechte in Höhe eines Benchmarks der 10 Prozent CO2-effizientesten Anlagen sowie aktuell auch eine teilweise Strompreiskompensation erhalten, deren Beihilfeintensität aufgrund der Beihilfeleitlinien der Europäischen Kommission von 85 Prozent auf 75 Prozent in den Jahren 2019 und 2020 abgesenkt wird. Für die Periode 2021 bis 2030 hat die Europäische Kommission neue Beihilfeleitlinien angekündigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12388 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Gibt es Bestrebungen der Bundesregierung, vor allem vor dem Hintergrund der sich abschwächenden Konjunktur, Handelshemmnisse (wie Zölle) abzubauen , um Rohstoffe für die deutsche Industrie, speziell für den Mittelstand, preisgünstiger zu machen? Entsprechende Planungen der Bundesregierung bestehen derzeit nicht. Grundsätzlich unterstützt die Bundesregierung die EU in ihren stetigen Anstrengungen, den Marktzugang sowohl multilateral im Rahmen der Welthandelsorganisation als auch bilateral im Rahmen von Freihandelsabkommen weiter zu verbessern. 8. Wie betrachtet die Bundesregierung die Entwicklung der Aluminiumbranche in Deutschland, vor allem der weiterverarbeitenden Industrie, in Hinsicht auf ihre europäische und internationale Wettbewerbsfähigkeit? Die europäische und internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Aluminiumindustrie in den verschiedenen Produktionsstufen ist aus Sicht der Bundesregierung gegeben. Beschäftigungszahlen sowie Umsatz im Bereich der Erzeugung und ersten Bearbeitung von Aluminium sind im Vergleich zu 2014 aufwärtsgerichtet , der Auslandsumsatz im Verhältnis zum Gesamtumsatz liegt relativ stabil um 50 Prozent. Mit dem Leichtbau und der Verbreitung der Elektromobilität erschließen sich vor allem in der Fahrzeugindustrie, der wichtigsten Abnehmerbranche der deutschen Aluminiumindustrie, weitere Potentiale. Nach leichten Produktionsrückgängen in 2018 blickt die Branche gedämpft optimistisch auf 2019. Risiken für die Branche sind v. a. durch Nachfragerückgänge in den Abnehmerbranchen, insbesondere der Fahrzeugindustrie, gegeben. Mit den in der Antwort zu Frage 5 beschriebenen Entlastungsregelungen leistet die Bundesregierung zudem einen Beitrag, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Aluminiumindustrie nicht zu gefährden und Carbon Leakage zu vermeiden. 9. Bewertet die Bundesregierung den Einfluss folgender Faktoren Strompreise sonstige Energiepreise Kosten aus Klimaschutzmaßnahmen Vorgaben zum Umweltschutz Vorgaben zum Arbeitsschutz auf die relative Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Aluminiumindustrie gegenüber internationalen Wettbewerbern, und wenn ja, wie? Der Bundesregierung ist bewusst, dass das Verhältnis von Strom- und Energiekosten zur Bruttowertschöpfung der Aluminiumhersteller in Deutschland sehr hoch ist. Zugleich befinden sich diese Unternehmen im internationalen Wettbewerb und sind einem hohen Preisdruck ausgesetzt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Strom- und Energiepreise einen großen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Aluminiumhersteller haben. Daher wurden die in der Antwort zu Frage 5 genannten Entlastungsregeln erlassen. Auch bei der Ausgestaltung der Klimaschutzpolitik und den Vorgaben zum Umweltschutz wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit durch die Bundesregierung maßgeblich berücksichtigt . Für den Europäischen Emissionshandel und den Schutz vor Carbon Leakage wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Die geltenden Arbeitsschutzregelungen für Produktionsstätten/Betriebe innerhalb der EU müssen eingehalten werden. Grundlage für die europäischen Rechtsvorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz sind die Rahmenrichtlinie Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12388 89/391/EWG und weitere Richtlinien zu konkreten Aspekten der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit. Der Betrieb erstellt nach den Arbeitsschutzregelungen Gefährdungsanalysen für seine Arbeitsplätze und entwickelt danach ein Sicherheitskonzept. Effektiver Arbeitsschutz vermeidet Arbeitsunfälle und verringert Fehlzeiten, fördert die Gesundheit und Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und somit auch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen . 10. Wie haben sich der Import von Primäraluminium und die sich daraus ergebenden Zoll- und Steuereinnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Importmenge, Höhe der jeweiligen Steuer- und Zolleinnahmen und Jahr aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse über die importierten Mengen Primäraluminiums in die EU vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333