Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 13. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12408 19. Wahlperiode 15.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Carl-Julius Cronenberg, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12044 – Eckpunkte zur Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, kurz Entsenderichtlinie, setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Arbeitnehmerentsendung innerhalb der Europäischen Union. Die Entsenderichtlinie schreibt unter anderem die Einhaltung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates vor. Am 8. März 2016 hat die Europäische Kommission einen umfassenden Reformvorschlag zur Entsenderichtlinie vorgelegt. Am 29. Mai 2018 hat das Europäische Parlament eine umfassende Reform der Entsenderichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/957) beschlossen. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie beträgt zwei Jahre. Aufgrund der Reform der Entsenderichtlinie müssen ab dem Jahr 2020 jeweils die konkreten Vergütungsbestimmungen im Einsatzland ermittelt werden, worunter nun alle gesetzlichen Lohnbestandteile , Vorgaben aus allgemeinverbindlichen oder optional auch sogenannten repräsentativen Tarifverträgen fallen. In einem weiteren Schritt muss dann das „Entlohnungspaket“ eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Einsatzland berechnet und mit der Entlohnung des eigenen Mitarbeiters für den Einsatzzeitraum abgeglichen sowie für eine mögliche Kontrolle im Einsatzland ausreichend dokumentiert und übersetzt werden. Im Mai 2019 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Eckpunktepapier zur Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie vorgelegt. 1. Wann ist mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie zu rechnen? 2. Wie ist der aktuelle Verfahrensstand, und wurde bereits eine Ressortabstimmung eingeleitet? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12408 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beabsichtigt , nach der parlamentarischen Sommerpause mit einem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie auf die Ressorts zuzugehen . 3. Plant die Bundesregierung neben dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie weitere gesetzgeberische Maßnahmen in Bezug auf Entsendungen? Wenn ja, welche Änderungen sind konkret vorgesehen? 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die EU-Entsenderichtlinie im Sinne einer 1:1-Umsetzung umgesetzt werden sollte? 5. Plant die Bundesregierung, die EU-Entsenderichtlinie für alle Wirtschaftssektoren identisch umzusetzen, oder sind im Gesetzentwurf zur Umsetzung der Entsenderichtlinie Verschärfungen für bestimmte Sektoren vorgesehen? Die Fragen 3 bis 5 werden gemeinsam beantwortet. Zum Inhalt eines Gesetzentwurfs kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden . Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 6. Aus welchem Grund sah sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales veranlasst, in seinem Eckpunktepapier nur Bezug auf die Baubranche zu nehmen? Die Baubranche wird in dem Eckpunktepapier des BMAS an verschiedenen Stellen , jeweils aber nur beispielhaft erwähnt. Der Grund dafür ist, dass die Baubranche seit jeher in besonderem Maße von Entsendungen betroffen ist. 7. Wird die Bundesregierung sicherstellen, dass der bürokratische Aufwand der Wirtschaft, vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen, durch die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie nicht noch weiter ansteigt? Wenn nein, warum nicht? 8. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass der höhere bürokratische Aufwand bei Entsendungen nicht wie ein Handelshemmnis wirkt? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu den Fragen 3 bis 5 wird verwiesen. 9. Wie plant die Bundesregierung, die in der Entsenderichtlinie (Artikel 3 Absätze 2 bis 5) für kurzzeitige Entsendungen vorgesehenen Ausnahmen umzusetzen ? 10. Plant die Bundesregierung, in einen Dialog mit den anderen EU-Mitgliedstaaten einzutreten, um zu bewirken, dass sich die jeweiligen nationalen Ausnahmeregelungen möglichst ähnlich sind? Falls ja, mit welchen EU-Mitgliedstaaten befindet sich die Bundesregierung in einem Austausch, und was ist das bisherige Ergebnis dieses Austausches? Falls nein, warum sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit für einen derartigen Dialog? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12408 Die Änderungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie sieht keinerlei Änderungen in Bezug auf Artikel 3 Absatz 2 bis 5 der Entsenderichtlinie vor. Die Umsetzung dieser Ausnahmeregelungen ist daher auch nicht Gegenstand von Erörterungen mit anderen Mitgliedstaaten. Hinsichtlich der bei Entsendungen zu beachtenden Verwaltungsanforderungen in anderen Mitgliedstaaten wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 11. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen oder Initiativen, um Entsendungen von deutschen Unternehmen in andere EU-Mitgliedsländer zu vereinfachen ? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Mit Rücksicht auf die besonders engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Frankreich steht das BMAS zu diesen Fragen in engem Kontakt insbesondere mit dem französischen Arbeitsministerium. Im Übrigen sind die in Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie (RL 2014/67/EU) erlassenen Vorschriften der Mitgliedstaaten zu den bei Entsendungen zu beachtenden Verwaltungsanforderungen Gegenstand eines Berichts der EU-Kommission, der voraussichtlich nach dem Ende der europäischen Sommerpause vorgelegt werden wird. In Bezug auf sozialversicherungsrechtliche Fragen von Entsendungen im Sinne der Koordinierungsverordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 setzt sich die Bundesregierung im Rahmen der aktuellen Überarbeitung der Verordnungen dafür ein, dass gerade bei kurzzeitigen und kurzfristigen Tätigkeiten in Bezug auf die A1-Bescheinigungen künftig EU-weit einheitliche Regelungen gelten, die sowohl unnötige Bürokratie vermeiden als auch Missbrauch bekämpfen. 12. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Informationen der Websites der einzelnen Mitgliedstaaten nach Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2014/67/EU in einem einheitlichen EU-Portal als „one stop shop“ zusammengefasst werden? Wenn ja, wie plant die Bundesregierung dies zu tun, und mit welchen Akteuren besteht diesbezüglich ein Austausch? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung misst der Frage höherer Transparenz bei den nach Entsenderecht einzuhaltenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen hohe Bedeutung bei. Sie erörtert diese Frage u. a. in der die Umsetzung der Änderungsrichtlinie begleitenden Expertengruppe der EU-Kommission. Bereits jetzt ist jedenfalls der Zugang zu allen nationalen Websites auf der Homepage der EU-Kommission im Portal „Your Europe“ zu finden (https://europa.eu/ youreurope/business/human-resources/posted-workers/posting-staff-abroad/index_ de.htm). Die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) soll nach Artikel 5 der Verordnung (EU) 2019/1149 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde künftig eine bessere Verfügbarkeit, Qualität und Zugänglichkeit der an Einzelpersonen, Arbeitgeber und Sozialpartner gerichteten allgemeinen Informationen über ihre Rechte und Pflichten sicherstellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12408 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Welche konkreten Fortschritte wurden bisher bei der Ausgestaltung der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) als zentrale Informationsstelle gemacht? Die Verordnung (EU) 2019/1149 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde wurde am 13. Juni 2019 vom Rat für Beschäftigung und Sozialpolitik verabschiedet und ist am 31. Juli 2019 in Kraft getreten. Am Rande des Rates für Beschäftigung und Sozialpolitik am 13. Juni 2019 wurde außerdem Bratislava als Sitz für die ELA bestimmt. Die EU- Kommission strebt an, dass die ELA so bald wie möglich ihre Arbeit aufnimmt und arbeitet derzeit am Aufbau der Verwaltungsstrukturen sowie an der Besetzung der Stellen. 14. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die ELA rechtzeitig zur Umsetzung der EU-Richtlinie ihre Arbeit aufnimmt? Die Bundesregierung unterstützt die EU-Kommission in ihrem Bemühen, dass die ELA so bald wie möglich ihre Arbeit aufnimmt. 15. Plant die Bundesregierung, den Zoll auf umfangreichere Kontrollen vorzubereiten ? Falls ja, wie genau wird die Kapazität des Zolls erhöht (bitte nach personellen bzw. technischen Ressourcen unterscheiden)? Falls nein, warum nicht? 16. Auf welche Ansprüche der entsandten Arbeitnehmer soll sich das Klagerecht der Gewerkschaften genau beziehen? Sind hier nur allgemeine oder auch spezifische Sachverhalte gemeint? 17. Wie soll eine Aneinanderreihung von Entsendungen konkret überwacht und somit verhindert werden? Die Fragen 15 bis 17 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Fragen 3 bis 5 wird verwiesen. 18. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Nicht-EU Bürger in EU-Ländern angestellt werden, um dann nach Deutschland entsandt zu werden? Wenn ja, in welchem Umfang geschieht dies? Die in Artikel 57 AEUV gewährte Dienstleistungsfreiheit umfasst das Recht zur Entsendung von drittstaatsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der Europäische Gerichtshof hat dieses Recht in verschiedenen Entscheidungen bestätigt und präzisiert (unter anderem Entscheidung vom 9. August 1994 im Rechtsstreit „Vander-Elst“, C 43/93). Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, in welchem Umfang drittstaatsangehörige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in anderen Mitgliedstaaten der EU mit der Motivation einer Entsendung nach Deutschland angestellt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12408 19. Plant die Bundesregierung, in der Umsetzung der Entsenderichtlinie den möglichen Missbrauch an dieser Stelle zu verhindern? Falls ja, wie plant die Bundesregierung dies konkret umzusetzen? Drittstaatsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von einem in der EU ansässigen Unternehmen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit entsandt werden, benötigen ein Visum. Die Bundesagentur für Arbeit muss der Erteilung eines Aufenthaltstitels für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zustimmen (§ 21 Beschäftigungsverordnung). Die Kontrolle aufenthaltsrechtlicher Verstöße und die missbräuchliche Verwendung oder das Fehlen von Aufenthaltstiteln im Rahmen von Entsendungen obliegt der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS). Die FKS stellt als prüfende Behörde eventuelle Missbräuche fest und übermittelt die Feststellungen der für die Erteilung des Aufenthaltstitels zuständigen Stelle, um zukünftige Missbräuche zu vermeiden. 20. Ist der Bundesregierung bekannt, dass es EU-Mitgliedstaaten gibt, die denjenigen Unternehmen, die Ihre Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, einen staatlichen Nachlass bei den Sozialversicherungsbeiträgen gewähren? Wenn ja, in welchen EU-Mitgliedstaaten ist dies der Fall? Der Bundesregierung ist bekannt, dass sich die Europäische Föderation der Bauund Holzarbeiter im Februar 2019 mit formellen Beschwerden in Bezug auf einen solchen Nachlass in Slowenien an die Europäische Kommission gewendet hat. Informationen zu anderen Mitgliedstaaten liegen der Bundesregierung nicht vor. 21. Wie bewertet die Bundesregierung dieses Vorgehen? Sieht die Bundesregierung hier konkreten Handlungsbedarf, und welche Schritte hat die Bundesregierung bisher unternommen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass Personen, die im Sinne von Artikel 12 Verordnung (EG) 883/2004 vorübergehend in einen Mitgliedstaat entsandt werden oder gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind (Artikel 13), nach dem Recht des zuständigen Staates nicht anders behandelt werden dürfen, als andere Personen, die ihr Einkommen vollständig innerhalb des Territoriums dieses Staates erzielen. Diese Position wird auch auf europäischer Ebene, u. a. in der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit , vertreten. Werden niedrigere als die nach der nationalen Sozialversicherungsgesetzgebung des Entsendestaates geltenden Beiträge erhoben oder werden die Beiträge nur auf der Grundlage eines Teils der tatsächlichen Vergütung der entsendeten Arbeitskraft festgelegt, kann dies den unionsrechtlichen Bestimmungen über faire Handelsbedingungen und/oder staatliche Beihilfen widersprechen. Bei Hinweisen auf missbräuchliche Praktiken können sich auch Wettbewerber unmittelbar an die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission wenden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333