Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für der Justiz und für Verbraucherschutz vom 14. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12411 19. Wahlperiode 15.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Canan Bayram, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/12083 – Bauvertrags- und Bauträgervertragsrecht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zum 1. Januar 2018 trat das neue Bauvertragsrecht in Kraft, um privaten Bauherren mehr Sicherheit beim Hausbau zu geben. Angesichts des momentanen Booms und der immer weiter steigenden Preise gehen Bauherren auch immer größere Risiken ein. „Der Immobilienboom hält seit fast zehn Jahren in Deutschland an, getrieben von den historisch niedrigen Zinsen, der guten Konjunktur und der hervorragenden Lage auf dem Arbeitsmarkt. In den Städten und Ballungsräumen steigen die Preise vor allem wegen der Verknappung des Wohnraums. Mehr Menschen zieht es in die Städte. Dort gibt es aber nicht genug bezahlbare Wohnungen. 2018 wurden 287 000 Wohnungen bundesweit fertiggestellt . Das Ziel der Bundesregierung, 375 000 Einheiten pro Jahr, wurde damit weit verfehlt. Der Neubau kann die hohe Nachfrage in den Städten bei weitem nicht decken. Allein seit Ende 2015 sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland um 22 Prozent gestiegen. In den sieben Metropolen verteuerten sich Eigentumswohnungen in diesem Zeitraum sogar um gut 40 Prozent“ (www.sueddeutsche. de/wirtschaft/wohnung-kaufen-boom-blase-1.4500055). Daher fragen die Fragestellenden die Bundesregierung, ob ihr die Wirkungen der Reform bekannt sind und ob Verbesserungen zum Schutz der privaten Bauherren angebracht sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12411 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Liegt der Bundesregierung eine Evaluation des neuen Bauvertragsrechts vor? a) Wenn ja, was sind die Inhalte? b) Wenn nein, warum nicht? c) Wenn nein, plant die Bundesregierung eine Evaluation, und wenn ja, wann? d) Auf welcher Datenbasis wird ggf. diese Evaluierung erfolgen und erfolgen jetzt bereits Erhebungen? Die Bundesregierung hat noch keine eigene Evaluation des neuen Bauvertragsrechts durchgeführt oder durchführen lassen. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/8486, Seite 35, 36) soll das Vorhaben spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten am 1. Januar 2018 evaluiert werden. Die Evaluation ist daher für das Jahr 2023 vorgesehen. Dann ist mit breiteren praktischen Erfahrungen über die Auswirkungen der Reform und ersten obergerichtlichen Entscheidungen zu rechnen. Derzeit beobachtet die Bundesregierung die Reaktionen der Praxis sowie die Rezeption in Literatur und Rechtsprechung. Anknüpfend an die Ergebnisse können die Schwerpunkte der anstehenden Untersuchung gezielt gesetzt werden. Mit der Vorbereitung, insbesondere der Formulierung der Untersuchungsfragen und der Ausschreibung soll im zweiten Halbjahr 2021 begonnen werden, damit das Vorhaben zeitgerecht in Auftrag gegeben und abgeschlossen werden kann. Derzeit ist noch nicht festgelegt, auf welcher Datenbasis die Evaluierung erfolgen wird. Dies wird im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens näher konkretisiert werden. 2. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Umsetzung der Bauvertragsrechtsnovelle von 2018 bezüglich der Informationspflichten der Auftragnehmer über den geplanten Fertigstellungszeitpunkt von Baumaßnahmen , was der Gesetzgeber für besonders schutzwürdig hält und weshalb Angaben zum Fertigstellungszeitpunkt in der Baubeschreibung (Artikel 249 § 2 Absatz 2 EGBGB – Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) oder im Vertrag (§ 650k Absatz 3 BGB – Bürgerliches Gesetzbuch) verbindlich zu regeln sind? § 650k Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und Artikel 249 § 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmen, dass die Baubeschreibung verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung oder, wenn dieser Zeitpunkt bei Abschluss des Vertrages nicht angegeben werden kann, zur Dauer der Bauausführung enthalten muss. Die Bundesregierung verfügt zwar noch nicht über eigene Erkenntnisse, jedoch haben der Bauherren-Schutzbund e. V. (BSB) und der Verband privater Bauherren e. V. (VPB) dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz jeweils Erfahrungsberichte übermittelt. In der Studie des Instituts Privater Bauherren e. V. über den Zeitraum 2018 wurden stichprobenartig 300 Verbraucherbauverträge darauf untersucht, was die privaten Bauherren über das neue Recht wissen und wie Unternehmer das neue Recht für Verbraucher umsetzen. Der Bauherren-Schutzbund e. V. hat im März 2019 eine Kurzstellungnahme übermittelt, mit der Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit des Vereins (ca. 50 000 Verbraucherberatungen/Jahr) wiedergegeben werden. Nach der Erhebung des VPB enthalten 23 Prozent der Baubeschreibungen einen verbindlichen Fertigstellungstermin; 33 Prozent der Baubeschreibungen ohne Fertigstellungstermin enthalten eine verbindliche Bauzeit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12411 Nach Angaben des BSB enthält die Mehrzahl der am Markt verwendeten Verbraucherbauverträge Angaben zur Ausführungsdauer, ohne den Beginn der Bauausführung zu definieren. Angaben zum Fertigstellungstermin erfolgen in der Regel nicht. 3. Hat die Reform des Verbraucherbauvertragsrechts nach Kenntnis der Bundesregierung die damit u. a. angestrebten Verbesserungen bei der Verlässlichkeit der zeitlichen Ablaufplanung für den Verbraucherbauherren erreichen können? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, wie hoch ist der Anteil der Verbraucherbauverträge mit verbindlichem Fertigstellungszeitpunkt? Derzeit ist noch keine Bewertung möglich. Unter Zugrundelegung der bisher vorliegenden Zahlen erscheinen die Verbesserungen noch nicht durchgängig erreicht . 4. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Umsetzung der Bauvertragsrechtsnovelle von 2018 bezüglich der Unterlagenherausgabepflicht der Auftragnehmer gegenüber den Verbraucher-Bestellern vor Beginn der Bauausführung (§ 650n Absatz 1 BGB)? Vor Beginn der Bauausführung hat der Unternehmer nach § 650n Absatz 1 BGB diejenigen Planungsunterlagen herauszugeben, die der Verbraucher benötigt, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt werden wird. Nach der bereits in der Antwort zu Frage 2 angeführten Studie des VPB bekommen 13 Prozent der Verbraucherbauherren ohne Architekten als Planer die Statik, 20 Prozent die Wärmeschutzberechnung und 6 Prozent das Lüftungskonzept und den Brandschutznachweis vor Beginn der Bauausführung ausgehändigt. 5. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Umsetzung der Bauvertragsrechtsnovelle von 2018 bezüglich der Unterlagenherausgabepflicht der Auftragnehmer gegenüber den Verbraucher-Bestellern mit der Fertigstellung des Werks (§ 650n Absatz 2 BGB)? Der Bundesregierung liegen dazu noch keine Erkenntnisse vor. 6. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Umsetzung der Bauvertragsrechtsnovelle von 2018 bezüglich der Darstellung der wesentlichen Eigenschaften des angebotenen Werks (Baubeschreibung), wonach der Unternehmer nach § 650j BGB verpflichtet ist und die in § 2 Satz 1 des Artikels 249 EGBGB geregelt sind? Nach der bereits in der Antwort zu Frage 2 angeführten Studie des VPB wurde in 65 Prozent der Fälle eine verbindliche Baubeschreibung vor Vertragsschluss übergeben. Auch nach den dort genannten Feststellungen des BSB ist in der Mehrzahl der Verträge eine Baubeschreibung enthalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12411 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Umsetzung der Bauvertragsrechtsnovelle von 2018 bezüglich der Einhaltung der Begrenzung von Abschlagszahlungen auf 90 Prozent der Gesamtvergütung nach § 650m Absatz 1 BGB? Nach der bereits in der Antwort zu Frage 2 angeführten Studie des VPB sehen 23 Prozent der Verbraucherbauverträge mit Abschlagszahlungsplan eine letzte Rate von 10 Prozent oder mehr vor. Nach den Beobachtungen des BSB wird die gesetzliche Regel in etwa einem Drittel der Fälle beachtet. 8. Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Prozent der Bauverträge ein Unternehmer dem Verbraucher eine Gewährleistungsbürgschaft stellt? a) Wenn ja, wie hoch ist der prozentuale Anteil? b) Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Zahlen darüber vor, in wie vielen Prozent der Bauverträge ein Unternehmer dem Verbraucher eine Gewährleistungsbürgschaft stellt. Nach einer Untersuchung des Bauherren-Schutzbundes e. V. und des Instituts für Bauforschung e. V. aus dem Jahr 2010 wurde lediglich in 26 von 100 Bauverträgen eine Sicherheit für die Gewährleistungszeit vereinbart (Analyse von Bauverträgen mit Verbrauchern, IFB-Bericht 10553/2010 S. 30). Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Auftrag gegebene „Rechtstatsächliche Untersuchung zu den Möglichkeiten der Ausgestaltung einer verpflichtenden Absicherung der Ansprüche des Bestellers einer Bauleistung auf Fertigstellung und Mangelgewährleistung“, (www.bmjv.de/ DE/Service/Fachpublikationen/Fachpublikationen_node.html), ergab insoweit keine eindeutigen Erkenntnisse: Nach den im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Experteninterviews gelingt es Verbrauchern, die ohne Architekten bauen, eher selten, Absicherungen zu vereinbaren (Seite 95). Nach Auskunft der in der aktuellen Untersuchung – nicht repräsentativ – befragten Bauunternehmer würden zwar mittlerweile sehr häufig (in über 75 Prozent der Fälle) Sicherheiten zumeist für die Gewährleistungsphase von bis zu 10 Prozent der Bausumme vereinbaren (Seite 154 bis 157). Von den befragten Architekten gab hingegen etwa die Hälfte an, dass Sicherheiten nur manchmal gestellt würden. Unter den Sicherheiten seien Gewährleistungsbürgschaften mit ca. 25 Prozent und Sicherheitseinbehalte mit ca. 17 Prozent vertreten (Seite 162 bis 165). Die – ebenfalls nicht repräsentativ – befragten Verbraucher gaben weit überwiegend an, keine Sicherheit erhalten zu haben (Seite 127 f.). 9. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie viele Verbraucher als Besteller der Werkleistung durch den Verlust der Verbraucherprivilegierung seit dem 1. Januar 2018 dem Handwerker eine Sicherheitsleistung stellen mussten? Mit der Neuregelung der Bauhandwerkersicherung in § 650f BGB ist das Verbraucherprivileg dahingehend modifiziert worden, dass keine Sicherung verlangt werden kann, wenn der Besteller Verbraucher ist und die Parteien einen Verbraucherbauvertrag oder einen Bauträgervertrag geschlossen haben. Ob darin eine Einschränkung der Verbraucherprivilegierung gegenüber dem bisherigen Recht liegt, hängt insbesondere von der Auslegung des Begriffs des Verbraucherbauvertrages ab. Fälle, in denen Verbraucher dem Handwerker Sicherheit stellen mussten, sind der Bundesregierung noch nicht bekannt geworden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12411 10. Welche Informationsmaßnahmen führt die Bundesregierung bezüglich der Reform des Bauvertragsrechts durch, bzw. welche plant sie durchzuführen? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz informiert auf seiner Homepage unter der Rubrik „Wohnen & Energie“ über das seit dem 1. Januar 2018 geltende Bauvertragsrecht. Dort gibt es auch weiterführende Links zu Informationen der Verbraucherzentrale Bundesverband, des Verbandes privater Bauherren e. V. und des Bauherren-Schutzbundes e. V. Darüber hinaus ist die Herausgabe einer Verbraucherinformationsbroschüre in Zusammenarbeit mit den Verbraucherverbänden möglichst noch in diesem Jahr geplant. 11. Bestehen seitens der Bundesregierung Änderungsvorhaben bezüglich des zum 1. Januar 2018 reformierten Bauvertrags- und Bauträgervertragsrecht des BGB? Wenn ja, welche, und wann? Wenn nein, warum nicht? Mit Blick auf die gegenwärtig bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Verbraucherprivilegs bei der Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB (dazu Antwort zu Frage 9) wird innerhalb des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft, ob Absatz 6 Nummer 2 klarer gefasst werden kann. 12. Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Zielsetzung der Koalitionäre im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018, im Bauträgervertragsrecht (Randziffer 5840 – 5842) „vorhandene Schutzlücken durch wirksame Absicherung des Erwerbers eines Bauträgerobjekts für den Fall der Insolvenz des Bauträgers […] zu schließen“, umsetzt? Mit dem Auftrag, Empfehlungen zur Umsetzung des Koalitionsvertrages zu erarbeiten , hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Arbeitsgruppe Bauträgervertragsrecht betraut. Diese hat ihre Beratungen am 19. Juni 2019 abgeschlossen. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ist auf der Homepage des Ministeriums unter „Service - Fachpublikationen“ veröffentlicht (www.bmjv.de/DE/Service/Fachpublikationen/Fachpublikationen_node.html). Die Vorlage eines Referentenentwurfs ist für Frühjahr 2020 geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333