Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12412 19. Wahlperiode 15.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12081 – Ursachen für Pleitewelle bei FinTechs V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) meldete am 2. Juli 2019, dass laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC seit Anfang 2017 „eine regelrechte Schließungswelle“ über die deutschen FinTechs hinwegrolle. Seit 2011 hätten mindestens 233 FinTechs in Deutschland wieder ihren Betrieb eingestellt. Und allein in den Monaten Januar bis Mai 2019 hätten so viele FinTechs den Betrieb eingestellt wie zuvor in den Jahren 2014, 2015 und 2016 zusammen. Fast die Hälfte der untersuchten FinTechs scheiterten in ihrem dritten oder vierten Jahr. Sobald ein FinTech hingegen sein fünftes Jahr überstanden hat, werden seine Überlebenschancen der Studie zufolge deutlich besser. Ein weiterer Indikator für die Erfolgsaussichten ist darüber hinaus investiertes Risikokapital. Fast 90 Prozent der aufgegebenen FinTechs hatten keine Risikokapitalinvestitionen erhalten, sondern Kapital aus dem Familien- bzw. Bekanntenkreis eingeworben („Family & Friends“). Laut „Handelsblatt“ umfassen die Zahlen von PwC lediglich Firmen, die ihr Geschäft eingestellt haben (Handelsblatt, Wenige glänzen, viele scheitern: Bei FinTechs rollt die Pleitewelle, 1. Juli 2019). Etliche weitere FinTechs seien durch Fusionen und Übernahmen vom Markt verschwunden oder haben zumindest ihre Eigenständigkeit verloren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12412 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele FinTechs gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland ? a) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Marktkapitalisierung der FinTechs in Deutschland? b) Wie viel Kapital können FinTechs in Deutschland jährlich einsammeln? Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Finanzierungsquellen von FinTechs (Risikokapitalinvestitionen erhalten, Kapital aus dem Familien- bzw. Bekanntenkreis etc.)? c) Wie viele FinTechs haben seit 2011 ihr Geschäft eingestellt? Welche Gründe sieht die Bundesregierung dafür als ausschlaggebend? Die Fragen 1 bis 1c werden gemeinsam beantwortet. Auch wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/8020 verwiesen. Die Kenntnis der Bundesregierung, wie viele FinTechs es in Deutschland gibt, basiert auf öffentlich zugänglichen Quellen. Da es keine eindeutige Definition des Begriffs „FinTech“ gibt, variieren die Zahlen je nach FinTech-Studie. So weist z. B. die FinTech-Studie der Comdirect aus dem Jahre 2018 für die ersten neun Monate 2018 einen Bestand an 793 FinTechs in Deutschland aus. Die FinTech-Studie von Ernst & Young GmbH (EY) aus dem Jahre 2018 weist für das erste Halbjahr 2018 einen Bestand an 303 FinTechs in Deutschland aus. Die Höhe des eingesammelten Kapitals und die Finanzierungsquellen ergeben sich aus öffentlich zugänglichen Quellen. Auf die verschiedenen FinTech-Studien (z. B. Comdirect, EY) wird verwiesen. Darin wird auch auf das gestiegene Volumen an Venture Capital hingewiesen. Über die Anzahl der Geschäftseinstellungen liegen der Bundesregierungen keine Angaben vor, die über die Erkenntnisse der verschiedenen öffentlich bekannten Studien hinausgehen. 2. Bewertet die Bundesregierung, dass laut einer Studie von PwC (PwC FinTech-Kooperationsradar, Präsentation, Juli 2019) seit 2011 mindestens 233 FinTechs ihren Betrieb eingestellt hätten? Und wenn ja, wie? a) Führt die Bundesregierung diese Entwicklung auf eine reine Marktbereinigung zurück? b) Oder sind nach Ansicht oder Einschätzung der Bundesregierung auch fehlende Finanzierungsmöglichkeiten der Grund für die Einstellung des Betriebs ? Die Fragen 2a bis 2b werden gemeinsam beantwortet. In öffentlich zugänglichen Studien (z. B. EY) werden die Betriebseinstellungen auf eine Marktbereinigung (z. B. gescheiterte Geschäftsmodelle) zurückgeführt. Diese Erklärungen sind plausibel. Es kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen auch fehlende Finanzierungsmöglichkeiten zur Einstellung des Betriebes geführt haben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12412 3. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie viele FinTechs seit 2011 durch Fusionen vom Markt verschwunden sind? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie viele FinTechs seit 2011 durch Übernahmen vom Markt verschwunden sind? b) Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie viele FinTechs seit 2011 ihre Eigenständigkeit auf andere Weise verloren haben? Die Fragen 3 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die in der Antwort zu Frage 1 genannten öffentlich zugänglichen Quellen verwiesen. Weitergehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. Welche Gründe können aus Sicht der Bundesregierung für den seit 2017 zu verzeichnenden, deutlichen Anstieg an Geschäftseinstellungen ursächlich sein? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Wie viele FinTechs haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren eine Banklizenz beantragt? a) Wie lange dauert die Zulassung für eine Banklizenz durchschnittlich? b) Mit welchen Kosten ist die Zulassung durchschnittlich für die FinTechs verbunden? c) Wie viele FinTechs kooperieren mit anderen Banken, um deren Banklizenz für ihre Geschäfte zu nutzen? Welche Kosten entstehen den FinTechs dadurch? Die Fragen 5 bis 5c werden gemeinsam beantwortet. Geht man bei „FinTechs“ von technologiebasierten Innovationen in Finanzdienstleistungen aus, die in neue Geschäftsmodelle, Anwendungen, Prozesse oder Produkte münden können und einen spürbaren Effekt auf das bisherige Verständnis von Finanzmärkten, Institutionen und die Erbringung von Finanzdienstleistungen haben können, haben in den vergangenen 5 Jahren zwei FinTechs eine vollwertige Banklizenz und 23 FinTechs eine Erlaubnis als Finanzdienstleistungsinstitut beantragt. Die Dauer der Bearbeitungszeit eines Erlaubnisantrages kann nicht pauschal bestimmt werden, da diese je nach Umfang und Qualität des Antrages variieren kann. Sobald der Antrag vollständig vorliegt, ist innerhalb von 6 Monaten über den Antrag zu entscheiden (vgl. § 33 Absatz 4 des Kreditwesengesetzes/KWG). Im Bereich der Bankenaufsicht gilt die Gebührenerhebung für die Mitteilung des Beschlussentwurfs über die Zulassung zum Betreiben des Einlagen- und Kreditgeschäfts an ein CRR (Capital Requirements Regulation)-Kreditinstitut (Artikel 14 Absatz 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nummer 1024/2013; § 32 Absatz 7 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 KWG). Diese beruht auf dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) in Verbindung mit der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) und der Nummer 1.5.1 des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung in der derzeit gültigen Fassung. Danach beträgt die Gebühr bis zu 50 000 Euro. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12412 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Gebührenerhebung für die Erteilung einer Erlaubnis zur Erbringung von Finanzdienstleistungen beruht auf § 14 Absatz 1 und 2 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) in Verbindung mit § 2 Absatz 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) und der Nummer 1.1.13.1.2.1 des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung in der derzeit gültigen Fassung. Danach beträgt die Gebühr üblicherweise 5 045 Euro. Da weder FinTechs noch Banken zu einer Anzeige ihrer Kooperationen und deren Ausgestaltungen verpflichtet sind, liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. 6. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Studie von PwC, dass 2019 mit einem neuen Höhepunkt an Geschäftseinstellungen bei FinTechs zu rechnen sei (PwC, a. a. O., Folie 5)? Die Bundesregierung hält eine anhaltende Konsolidierung des Marktes nicht für ausgeschlossen. Diese muss allerdings nicht zwangsläufig mit Geschäftseinstellungen einhergehen. 7. Welche unterstützenden Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen bzw. plant sie, um FinTechs einen Fortgang des Betriebs (auch im fünften Jahr) zu ermöglichen (PwC a. a. O., Folie 13)? Zur Unterstützung der Start-up-Finanzierung hat die Bundesregierung ein umfassendes Förderinstrumentarium geschaffen. Hierzu zählen u. a. der High-Tech Gründerfonds, der INVEST-Zuschuss für Wagniskapital und der European Angels Fund sowie der Ko-Investitionsfonds coparion, der Venture Capital-Dachfonds in Kooperation mit dem Europäischen Investitionsfonds (ERP/EIF-Dachfonds ), die ERP-Venture Capital-Fondsinvestments oder auch die ERP/EIF- Wachstumsfazilität, die speziell großvolumige Finanzierungen in der Wachstumsphase zur Verfügung stellt. Das Förderinstrumentarium richtet sich an junge, innovative Unternehmen und ist branchenoffen ausgestaltet; es kann damit auch von FinTech-Unternehmen in Anspruch genommen werden. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die erfolgreichen und etablierten Förderinstrumente der Startup -Finanzierung fortzuführen und weiterzuentwickeln. Dazu gehört die derzeitige Prüfung der Bundesregierung, wie mehr privates Kapital für den Wagniskapital mobilisiert werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333