Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12476 19. Wahlperiode 16.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12124 – Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität vom Mai 2019 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) hat in seiner Sitzung am 27. Mai 2019 eine Empfehlung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beschlossen. Der BaFin wird empfohlen, den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer (CCyB) ab dem dritten Quartal 2019 zu aktivieren und auf 0,25 Prozent anzuheben (www.bundesbank.de/resource/blob/797750/ab7a99 676cb65ae024ef8d51deade90f/mL/2019-05-27-afs-anlage-empfehlungdata .pdf). Zentrale Aufgabe des AFS ist es, die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte regelmäßig zu erörtern, und bei identifizierten Gefahren vor diesen zu warnen und Empfehlungen zu ihrer Abwehr abzugeben. Als Grundlage hierfür dienen die Analysen der Deutschen Bundesbank. Der Ausschuss berät zudem über den Umgang mit Warnungen und Empfehlungen des European Systemic Risk Board (ESRB). Er wurde außerdem mit dem Ziel eingerichtet, die Zusammenarbeit der in ihm vertretenen Institutionen im Fall einer Finanzkrise zu stärken. Die BaFin hat am 11. Juni 2019 erklärt, der Empfehlung des AFS folgen und die Allgemeinverfügung bezüglich der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers entsprechend ändern zu wollen. Die Quote von 0,25 Prozent des antizyklischen Kapitalpuffers muss ab dem 1. Juli 2020 zur Berechnung des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers angewendet werden. Weiter hat die BaFin zu Stellungnahmen bis zum 25. Juni 2019 (www.bafin.de/Shared Docs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/vf_190611_anhoerung_ allgvfg_antizykl_Kapitalpuffer.html?nn=7852116) eingeladen. Zur Ermittlung der angemessenen Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers haben die BaFin und die Deutsche Bundesbank einen sog. methodischen Rahmen niedergelegt: Nach diesem methodischen Rahmen bildet die sog. Kredit- bzw. BIP-Lücke (BIP = Bruttoinlandsprodukt) als regelgeleitete Komponente den Ausgangspunkt der Bewertungen. Vereinfacht ausgedrückt wird die Entwicklung des aggregierten inländischen Kreditvolumens mit der BIP-Entwicklung in Relation gesetzt. Wachsen die Kredite schneller als das BIP an, ergeben sich positive Werte. Der methodische Rahmen der BaFin und der Deutschen Bun- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12476 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode desbank sieht bei Werten größer als 2 Prozentpunkte die Festlegung eines Pufferrichtwertes größer als Null vor. Ab einer Kredit- bzw. BIP-Lücke von 10 Prozentpunkten soll der maximale Pufferrichtwert von 2,5 erreicht werden (vgl. Der antizyklische Kapitalpuffer in Deutschland, Analytischer Rahmen zur Bestimmung einer angemessenen inländischen Pufferquote, November 2015, S. 15). Im Rahmen der diskretionären Komponente werden weitere quantitative und qualitative Indikatoren für zyklische systemische Risiken herangezogen. Die endgültige Festlegung des Pufferrichtwertes für den antizyklischen Kapitalpuffer erfolgt durch eine „Gesamtbetrachtung der Informationen aus der regelgeleiteten und diskretionären Komponente“ (Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom 27. Mai 2019 zur Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers , S. 9). Der Wert für die zentrale Kredit- bzw. BIP-Lücke lag im vierten Quartal bei -0,84 Prozentpunkten, und würde isoliert nicht die Einführung eines Pufferrichtwertes rechtfertigen können. Der AFS kommt aber zu dem Schluss, dass in einer „Gesamtbetrachtung die Dynamik der Kredit- bzw. BIP-Lücke (aggregierte Kreditvergabe), die Wachstumsraten der MFI-Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen bei gleichzeitig geringen Risikogewichten und geringer Risikovorsorge (Verteilung der Kreditvergabe) sowie die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien (mögliche Überbewertung von Kreditsicherheiten) einen Aufbau zyklischer systemischer Risiken, der die Risikofelder reflektiert, an(zeigen).“ Daher sei aus Sicht des Ausschusses ein antizyklischer Kapitalpuffer abweichend vom aktuellen Pufferrichtwert gerechtfertigt. 1. Welche Verbände, Institutionen etc. wurden seitens der BaFin zur Wahrnehmung des Anhörungsverfahrens bzw. zur Abgabe von Stellungnahmen vom 11. bis 25. Juni 2019 eingeladen? Die öffentliche Anhörung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht/ BaFin richtete sich gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) an alle vom Verwaltungsakt Betroffenen. Gleichzeitig konnte auch jedermann, insbesondere die Verbände, seine Ansichten zum Verwaltungsakt im Rahmen des öffentlichen Anhörungs-verfahrens kundtun. 2. Welche Verbände, Institutionen etc. haben an dem Anhörungsverfahren teilgenommen bzw. haben Stellungnahmen abgegeben? Es sind zwei Stellungnahmen bei der BaFin eingegangen. Eine Stellungnahme wurde vom Bundesverband deutscher Banken e. V. für die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und eine von der Bürgerbewegung Finanzwende e. V. (BF) abgegeben . 3. Welche Positionen haben die einzelnen Verbände, Institutionen etc. jeweils bei der Anhörung vorgetragen? In ihrer Stellungnahme erkennt die DK keine Notwendigkeit für die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers (CCyB). Die DK führt dazu drei Gründe an: Erstens sei die konjunkturelle Lage ungünstiger als vom Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) dargestellt. Deshalb komme die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers zu spät. Zweitens habe ein Aufbau von systemischen Risiken in dem vom AFS geschilderten Umfang nicht stattgefunden und drittens sei die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems besser als vom AFS unterstellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12476 4. In welcher Weise wertet die BaFin die Ergebnisse dieser Anhörung aus, bzw. hat die BaFin diese Ergebnisse ausgewertet? Ist die Empfehlung des AFS bzw. die Absicht der BaFin, der Empfehlung des AFS zu folgen, auf die Zustimmung der Finanzbranche gestoßen? Die Ergebnisse der Anhörung wurden von der BaFin ausgewertet und bei Erlass des Verwaltungsakts zur Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers berücksichtigt . Auf Basis der Stellungnahme der DK ist nicht von einer allgemeinen Zustimmung der Finanz-branche auszugehen. 5. Welche Konsequenzen zieht die BaFin aus der Feststellung des AFS, „gemessen am Durchschnitt der vergangenen neun Jahre befinden sich die IRBA-Risikogewichte aktuell auf einem niedrigen Niveau“? Besteht aus Sicht der Bundesregierung bzw. der BaFin auch unter Berücksichtigung der sog. IRBA-PSI ein (regulatorischer) Handlungsbedarf? 6. Welche Konsequenzen zieht die BaFin aus der Aussage des AFS, „[n]eben dem überdurchschnittlichen Wachstum der Kredite an nicht-finanzielle Unternehmen sind zudem bei Banken, die interne Modelle zur Berechnung ihrer Eigenkapitalanforderungen nutzen, die Risikogewichte für Unternehmenskredite über die letzten neun Jahre im Median von 57 Prozent auf knapp 37 Prozent gesunken“? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Ermittlung des Risikogehalts von Kreditforderungen auf Basis interner Modelle („Internal Ratings Based Approach (IRBA)“) ist durch eine besonders hohe Risiko-sensitivität gekennzeichnet. Das bedeutet, dass sich die Beträge der risikogewichteten Forderungen („Risk Weighted Assets (RWAs)“) auch abhängig von makroökonomischen Faktoren im Zeitverlauf ändern. Vor dem Hintergrund der zuletzt lang anhaltenden positiven makroökonomischen Entwicklung sind die Risikogewichte für Unternehmenskredite im Mittel deutlich gesunken. Dazu hat unter anderem beigetragen, dass die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen stark zurückgegangen ist. Der AFS führt in seiner Empfehlung AFS/2019/1 dazu aus, dass die „Eigenkapitalausstattung der Banken und die damit verknüpfte Verlusttragfähigkeit der Banken zwar dem aktuell guten wirtschaftlichen Umfeld [entsprechen] (mikroprudenzielle Dimension). Sie deckt aber unerwartete, negative systemische Entwicklungen nur unzureichend ab (makroprudenzielle Dimension).“ (siehe S. 8 der AFS-Empfehlung AFS/2019/1, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2019/05/2019-05-27-AFS-Bericht- Empfehlung.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Demzufolge sieht der AFS Handlungsbedarf aus makroprudenzieller Sicht. Im Hinblick auf die für Banken bedeutende Forderungsklasse der Unternehmenskredite wird dieser Handlungsbedarf auch dadurch verstärkt, dass gleichzeitig mit den rückläufigen Risikogewichten ein anhaltend überdurchschnittliches Wachstum der Kredite zu beobachten ist. Hier könnten sich systemische Risiken aufbauen, falls es zu einem starken konjunkturellen Einbruch käme. Dieser makroprudenzielle Handlungsbedarf wurde mit der empfohlenen und von der BaFin umgesetzten Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers adressiert. Dagegen wird aus mikroprudenzieller Sicht kein Handlungsbedarf gesehen, der über die bereits ergriffenen Maßnahmen in diesem Bereich hinausgeht. Zur bankaufsichtlichen Begutachtung der Angemessenheit und Eignung von bankinternen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12476 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Risikomodellen hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine gezielte Überprüfung interner Modelle gestartet (Targeted Review of Internal Models – TRIM). Das auf mehrere Jahre angelegte Prüfungsprogramm betrifft die von der EZB unmittelbar beaufsichtigten bedeutenden Banken, die über eine aufsichtliche Genehmigung zur Verwendung interner Modelle verfügen. Als vorrangiges Ziel im Bereich der Kreditrisiken soll unter anderem eine konsistente Berechnung der Risikogewichte sichergestellt werden. Mögliche Neben-wirkungen dieser risikosensitiven Eigenkapitalregulierung werden zudem durch die Einführung des so genannten „Outputfloors“ für interne Modelle im Rahmen der Finalisierung von Basel III begrenzt. 7. Welche etwaigen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung bzw. die BaFin aus der Bewertung des AFS, „[i]n der Gesamtbetrachtung zeigen die Dynamik der Kredit/BIP-Lücke (aggregierte Kreditvergabe), die Wachstumsraten der MFI-Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen bei gleichzeitig geringen Risikogewichten und geringer Risikovorsorge (Verteilung der Kreditvergabe ) sowie die Preisentwicklung bei Wohnimmobilien (mögliche Überbewertung von Kreditsicherheiten) einen Aufbau zyklischer systemischer Risiken, der die Risikofelder reflektiert, an“, über die Festlegung eines antizyklischen Kapitalpuffers mit einer Quote von 0,25 Prozentpunkten hinaus ? Wie aus der AFS-Empfehlung AFS/2019/1 hervorgeht, wird der antizyklische Kapital-puffer in Höhe von 0,25 Prozentpunkten in Bezug auf die dargestellten Risiken als angemessen angesehen. Die BaFin wird gemäß § 10d Absatz 3 Satz 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) die Angemessenheit der Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers quartalsweise überprüfen. Dabei werden auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigt. In diese Prüfung fließen die regelgeleiteten und diskretionären Komponenten ein (siehe auch methodisches Rahmenwerk für die Anwendung des antizyklischen Kapitalpuffers unter www.bundesbank.de/ resource/blob/598690/e627e8ef7407a27adf5d001bfafb4e92/mL/der-antizyklischekapitalpuffer -data.pdf). 8. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Durchschnittswert der Risikogewichte nach dem Kreditrisiko-Standardansatz (KSA) aggregiert seit 2014 bis heute entwickelt? 9. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Durchschnittswert der Risikogewichte nach dem auf internen Beurteilungen basieren Ansatz (IRBA) aggregiert seit 2014 bis heute entwickelt? a) Wie hat sich der Durchschnittswert der Risikogewichte nach dem auf internen Beurteilungen basieren Ansatz (IRBA) in seiner Ausgestaltung als sog. Basis-IRBA insoweit aggregiert seit 2014 bis heute entwickelt? b) Wie hat sich der Durchschnittswert der Risikogewichte nach dem auf internen Beurteilungen basieren Ansatz (IRBA) in seiner Ausgestaltung als sog. fortgeschrittener IRBA insoweit aggregiert seit 2014 bis heute entwickelt ? Die Fragen 8 und 9 sowie 9a und 9b werden gemeinsam beantwortet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Risikogewichte als Quotient aus risikogewichteten Aktiva und Buchwerten für alle deutschen Kreditinstitute im Sinne der Europäischen Kapitaladäquanzverordnung (CRR) und einer Analyse des Zeitraums seit 2014. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12476 Für alle im IRBA bewerteten Forderungen ist sowohl aggregiert als auch separat für den Basis-IRBA (F-IRBA, interne Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit) sowie für den fortgeschrittenen IRBA (A-IRBA, interne Schätzung u. a. von Ausfallwahrscheinlichkeit , Verlustquote und Forderungsbetrag) ein Rückgang der Risikogewichte erkennbar. Im F-IRBA gehen die durchschnittlichen Risikogewichte in diesem Zeitraum mit rund 5 Prozentpunkten am stärksten zurück. Der Rückgang im A-IRBA fällt mit rund 2,6 Prozentpunkten geringer aus. Für im KSA bewertete Forderungen hat sich das durch-schnittliche Risikogewicht um rund 0,9 Prozentpunkte im betrachteten Zeitraum erhöht. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass sich durch neue Zulassungen zum A-IRBA oder F-IRBA für bestimmte Teile von Portfolien, die zuvor bspw. im KSA bewertet wurden, die Zusammensetzung des Portfolios im Zeitverlauf stark verändern kann. Die dadurch ausgelöste Veränderung der Portfoliostruktur kann ebenfalls einen Einfluss auf die durchschnittlichen Risikogewichte haben. 10. Welche Konsequenzen zieht die BaFin aus der Feststellung des AFS, „gemessen am Durchschnitt der vergangenen neun Jahre befinden sich die IRBA-Risikogewichte aktuell auf einem niedrigen Niveau“? Besteht aus Sicht der Bundesregierung bzw. der BaFin auch unter Berücksichtigung der sog. IRBA-PSI ein Handlungsbedarf? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 11. In welchem Volumen müssten nach Einschätzung der BaFin zusätzliches Eigenkapital durch die deutschen Kreditinstitute aufgebaut werden, würde der antizyklische Kapitalpuffer von 0,25 Prozentpunkten bereits heute angewendet ? Falls dies nicht möglich ist, mit welchem volumenmäßigen Aufbau von Eigenkapital rechnet die BaFin bei Inkrafttreten des antizyklischen Kapitalpuffers aus heutiger Sicht? Die mit der Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers auf 0,25 Prozentpunkte gemäß Allgemeinverfügung der BaFin verbundene zusätzliche Kapitalanforderung beläuft sich insgesamt auf schätzungsweise 5,3 Mrd. Euro im deutschen Bankensektor. Diesen Betrag kann der deutsche Bankensektor überwiegend aus vorhandenen Kapitalreserven erfüllen. Unter der Annahme, dass der Kapitalpuffer bereits zum ersten Quartal 2019 zu erfüllen gewesen wäre, wäre ein zusätzlicher tatsächlicher Kapitalbedarf von schätzungsweise 0,08 Mrd. Euro im deutschen Bankensektor entstanden. 12. Wie bewertet die BaFin Einwände, vor dem Hintergrund der durch die Bundesregierung , aber auch seitens der Wirtschaftsforschungsinstitute vorgenommenen Korrekturen bei der BIP-Prognose könne die derzeit geplante Einführung eines antizyklischen Kapitalpuffers mit einem Pufferrichtwert größer als Null prozyklische Wirkungen entfalten? 13. Kann die Bundesregierung insoweit eine prozyklische Wirkung ausschließen ? Wenn ja, durch welche Maßnahmen oder Reaktionen wäre dies möglich? Die Fragen 12 und 13 werden gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12476 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Trotz der aktuellen konjunkturellen Eintrübung befindet sich die deutsche Wirtschaft weiterhin insgesamt noch auf Wachstumskurs. Zudem unterliegen Konjunkturprognosen grundsätzlich einer hohen Unsicherheit. Die durch den AFS empfohlene Kalibrierung des antizyklischen Kapitalpuffers mit 0,25 Prozentpunkten trägt auch diesem Umstand Rechnung (vergleiche auch S. 13 der AFS- Empfehlung AFS/2019/1, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2019/05/2019-05-27-AFS-Bericht- Empfehlung.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Ein wesentliches Merkmal des antizyklischen Kapitalpuffers ist, dass er entgegen dem Kreditzyklus eingesetzt und in einer Stressphase herabgesetzt werden kann. Darüber hinaus wird die Angemessenheit der Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers insbesondere vor dem Hintergrund der BIP- und Kreditentwicklung – auch während der bis zum Beginn des dritten Quartals 2020 laufenden Einführungsphase – vierteljährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst (vergleiche auch S. 8 der AFS-Empfehlung AFS/2019/1, abrufbar unter www.bundesfinanz ministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2019/05/2019-05- 27-AFS-Bericht-Empfehlung.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 14. Wie bewertet die Bundesregierung, dass gemäß der Angaben aus der Zeitreihen -Quartalswerte der BaFin (www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Bericht/dl_ccb_indikatoren.html?nn=7852116) in den Jahren 2016, 2017 und 2018 die jeweils höchsten Steigerungsraten bei Wohnimmobilienpreisen seit 1993 zu verzeichnen waren? Seit 2010 befindet sich der deutsche Wohnimmobilienmarkt in einem deutlichen Aufschwung. Die geschätzten Überbewertungen in den Städten lagen 2018 wie 2017 Berechnungen der Deutschen Bundesbank zufolge zwischen 15 Prozent und 30 Prozent. Zusätzliche Indikatoren zur Beurteilung von Immobilienpreisen, wie zum Beispiel das Verhältnis von Kaufpreisen zu Jahresmieten, stützen die Einschätzung , dass die Bewertungsniveaus in den Städten weiter hoch waren. Durch die im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegenen Immobilienpreise sowie geschätzte regionale Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien steigt die Wahrscheinlichkeit einer auch deutlich ausfallenden Preiskorrektur. Nach Einschätzung des AFS als dem Gremium der makroprudenziellen Überwachung in Deutschland kann ein unerwarteter starker Rückgang der Immobilienpreise, insbesondere in Verbindung mit einem konjunkturellen Einbruch, zu Verwerfungen auf den Immobilienmärkten führen (vergleiche auch S. 5 f. der AFS-Empfehlung AFS/2019/1, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/ Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2019/05/2019-05-27-AFS-Bericht-Empfehlung. pdf?__blob=publicationFile&v=2). Die daraus resultierenden zyklischen Risiken beschreibt eines der insgesamt drei vom AFS identifizierten Risikofelder. Auch vor diesem Hintergrund ergibt sich nach Einschätzung des AFS das Erfordernis, mit einem makroprudenziellen Puffer die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu stärken. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12476 15. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus – insbesondere für die Finanzstabilität sowie die künftige wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands –, dass sich die Werte für die Kredit- bzw. BIP-Lücke gemäß der Zeitreihen -Quartalswerte der BaFin (www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Bericht/dl_ccb_indikatoren.html?nn=7852116) erstmals seit 2002 wieder der Null-Linie annähern bzw. weiter annähern könnten? Die Kredit/BIP-Lücke ist der zentrale Indikator in der regelgeleiteten Komponente zur Festlegung des antizyklischen Kapitalpuffers. Seit 20 Quartalen bewegt sich die Lücke in Richtung des positiven Bereichs. Der AFS gelangt aufgrund von Prognosen zu der Einschätzung, dass bei Fortsetzung dieser Entwicklung die Kredit/BIP-Lücke absehbar in einem Bereich liegen wird, der eine Erhöhung des Puffers anzeigt. Auch wenn die Kredit/BIP-Lücke isoliert betrachtet derzeit noch keine positive Quote für den antizyklischen Kapitalpuffer anzeigt, weisen nach Einschätzung des AFS weitere Indikatoren auf die Erforderlichkeit einer Aktivierung hin (vergleiche auch S. 9 der AFS-Empfehlung AFS/2019/1, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/ 2019/05/2019-05-27-AFS-Bericht-Empfehlung.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 16. Sind der BaFin aus dem Austausch mit den Finanzaufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten bzw. Europas sowie im ESRB die Begründungen von Norwegen (ab 31. Dezember 2019) und Schweden (ab 19. September 2019) für die Festlegung eines antizyklischen Kapitalpuffers von 2,5 Prozentpunkten bekannt? Wenn ja, wie laut diese zusammengefasst? Die Begründungen aus Norwegen und Schweden sind bekannt. Obwohl in Norwegen die Kredit/BIP-Lücke keine Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers nahelegt, hat Norwegen den antizyklischen Kapitalpuffer auf 2,5 Prozentpunkte erhöht. Als Gründe hierfür wurden insbesondere der Preisanstieg bei Gewerbeimmobilien wie auch stark steigende Preise für Wohnimmobilien in Verbindung mit zunehmenden Verschuldungsquoten der privaten Haushalte angeführt. In Schweden zeigt die Kredit/BIP-Lücke im Unterschied dazu bereits einen Puffer größer als Null an. Gleichwohl hat sich auch Schweden zur Begründung der zukünftig gewählten Höhe des antizyklischen Kapitalpuffers von 2,5 Prozentpunkten maßgeblich auf die diskretionäre Komponente zur Festlegung des Puffers gestützt. Die Erhöhung des Puffers wird vor allem damit begründet, dass sich das Kreditwachstum von der Einkommensentwicklung entkoppelt habe. Daher hätten diese Risiken, die 2016 zur Einführung des Puffers geführt haben, zuletzt zugenommen. 17. Sind der BaFin aus dem Austausch mit den Finanzaufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten bzw. Europas sowie im ESRB die Begründungen von Island (ab 1. Februar 2020) und der Tschechischen Republik (ab 1. Juli 2020) für die Festlegung eines antizyklischen Kapitalpuffers von 2,5 Prozentpunkten bekannt? Wenn ja, wie laut diese zusammengefasst? Die Begründungen aus Island und der Tschechischen Republik sind bekannt. In Island legt die Kredit/BIP-Lücke keine Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers nahe. Gleichwohl wurde der antizyklische Kapitalpuffer bei anhaltend Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12476 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode guter Konjunktur vor dem Hintergrund von Risiken aus einer hohen Dynamik der Immobilienpreise und des Kreditwachstums erhöht. Auch in der Tschechischen Republik zeigt die regelgeleitete Komponente keine Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers über null Prozentpunkte hinaus an. Die tschechische Zentralbank verwendet für die diskretionäre Komponente der Entscheidung zur Festlegung der Pufferhöhe ein Indikatorenset. Von den enthaltenen Indikatoren deuten vor allem das Kreditwachstum und eine weiterhin starke Zunahme der Wohnimmobilienpreise auf mögliche Risiken hin. 18. Welche Bedeutung misst die BaFin dem Umstand zu, dass zehn von den zwölf europäischen Staaten (Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Frankreich, Island, Irland, Litauen, Luxemburg, Slowakei, Vereinigtes Königreich ) im August 2018 begonnen haben, Pufferrichtwerte größer als Null beim antizyklischen Kapitalpuffer festzulegen? Der antizyklische Kapitalpuffer hat in den vergangenen Jahren vor dem Hintergrund zunehmend erhöhter Finanzstabilitätsrisiken im derzeitigen makroökonomischen Umfeld in Europa (vergleiche auch Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP „Belastungen für Banken in Europa durch die anhaltende Niedrigzinsphase und gestiegene Regulierung“ auf Bundestagsdrucksache 19/11546) deutlich an Bedeutung gewonnen. Dabei wird über die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers in der Regel als Ergebnis einer Gesamtbewertung der Finanzstabilitätslage und etwaiger zyklischer Systemrisiken entschieden. Die Pufferhöhe in anderen Ländern und ihre Begründungen werden durch die BaFin beobachtet. Die Pufferhöhen in anderen Ländern sind allerdings kein Kriterium bei der Festlegung des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers, da sich der inländische Puffer allein auf die inländische Finanzstabilität und etwaige zyklische Systemrisiken bezieht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333