Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Auswärtigen Amts vom 14. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1248 19. Wahlperiode 16.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Fabio De Masi, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/668 – Finanzbetrug und politische Gefangene in der Republik Moldau V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor drei Jahren wurde bekannt, dass sich in der Republik Moldau ein massiver Betrug am öffentlichen Eigentum ereignete: Der so genannte Banken-Diebstahl, auch bekannt als „Diebstahl des Jahrhunderts“, kostete die drei großen Banken des Landes nahezu 1 Mrd. US-Dollar. Das Geld wurde nach Erkenntnissen des ersten Kroll-Untersuchungsberichtes (Bundestagsdrucksache 18/7757) auf Offshore-Firmen im Ausland verschoben. Der Vorgang führte zu breiten Protesten in Moldau. Es mangelte nicht an Appellen an die internationalen Partner von Moldau, darunter auch Deutschland, diesen Fall sorgfältig zu untersuchen. Die Bundesregierung erklärte, sie erwarte von den Behörden der Republik Moldau, dass die Betrugsfälle gründlich und unparteiisch untersucht werden, damit die veruntreuten Mittel zurückgeführt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können (ebd.). Obwohl in Moldau weiterhin eine offizielle Untersuchung anhängig ist, sind die Verantwortlichen für den „Diebstahl des Jahrhunderts“ weiter in Freiheit. Zu diesen Untersuchungen gehören Ermittlungen im Bereich Finanzkriminalität , deren Verlauf der Öffentlichkeit – Medien und internationalen Beobachtern – jedoch nicht zugänglich ist. Darüber hinaus wurde der ehemalige Abgeordnete und Unternehmer Veaceslav Platon, der mutmaßliche Whistleblower und wichtigste Belastungszeuge, welcher den Vorgang nach Annahme vieler Beobachter öffentlich machte, unter fragwürdigen Umständen von der Ukraine an Moldau ausgeliefert, wo er verhaftet und zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Er befindet sich dort weiterhin in Haft (newsmaker.md, 20. April 2017: Veaceslav Platon zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt – Artikel in Russisch –, Written declaration No. 623, Parliamentary Assembly Doc. 14254, 25 January 2017: Moldova: political oppression against civil society and key witnesses). Die moldawische Opposition erklärt den Mangel an Ergebnissen bei der Untersuchung mit den Interessen und dem Einfluss des Oligarchen Vladimir Plahotniuc, dem sie vorwirft, er würde de facto die Staatsanwaltschaft, weitere Teile des Rechtssystems sowie die Nationalbank und andere Einrichtungen, etwa für die Bekämpfung von Finanzkriminalität, kontrollieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1248 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Am 20. Dezember 2017 erschien nun der zweite Bericht des Unternehmens für Wirtschaftsprüfung Kroll (Project Tenor II Summary Report, https://bnm.md/files/ Kroll_%20Summary%20Report.pdf) zu dem massiven Finanzbetrug. Der zusammenfassende Bericht belegt zahlreiche Transaktionen, mit denen Geld von den moldawischen Banken abgezogen wurde und nennt zahlreiche Länder, in die die gestohlenen Millionen verschickt wurden. Demnach befinden sich mindestens 11,1 Mio. Euro auf Konten in Deutschland. Der vollständige Bericht mit zentralen Ermittlungsergebnissen ist bisher nicht öffentlich zugänglich. 1. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich deutscher oder internationaler Ermittlungen in diesem Fall? Am 1. September 2016 nahm die Republik Moldau ihr internationales Fahndungsersuchen vom 25. Juli 2016 wegen Betruges und Geldwäsche gegen den moldauischen Staatsangehörigen Veaceslav Platon zurück, nachdem dieser am 29. August 2016 in der Ukraine festgenommen und an die Republik Moldau ausgeliefert worden war. 2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich eine aus dem Betrugsvorgang stammende Summe von 11,1 Mio. Euro unter deutscher Jurisdiktion befindet ? Laut der für die Notenbank der Republik Moldau erstellten Zusammenfassung des zweiten Berichts der Audit-Firma Kroll und der Rechtsanwaltskanzlei Steptoe & Johnson LLP, die mit einer Untersuchung der Vorgänge um den Bankenskandal betraut ist, soll sich ein Großteil der in den Vorgängen involvierten Summen auf Konten unter ausländischer (nicht-moldauischer) Jurisdiktion befinden . Dabei wird auch Deutschland als mögliches Ziel- bzw. Durchgangsland genannt . Der zusammenfassende Bericht weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass der tatsächliche Endverbleib der betreffenden Gelder nicht bekannt sei, da zu den aufgelisteten Konten in den genannten Ländern bisher noch keine Offenlegungen vorlägen. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine weiteren Erkenntnisse vor (Stand: 7. März 2018). 3. Welche rechtlichen Möglichkeiten sehen die Bundesregierung und die zuständigen deutschen Behörden, einschließlich derer zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Umstände zu ermitteln, unter denen die benannte Summe nach Deutschland gelangte? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen, der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine weiteren Erkenntnisse vor. Grundsätzlich kann die Republik Moldau im Wege der justiziellen Rechtshilfe an Deutschland herantreten und um Erhebung und Herausgabe von Beweismitteln ersuchen, die zur Aufklärung verfahrensrelevanter Fragen erforderlich sind. Für Ermittlungen wegen eines etwaigen Verdachts einer nach deutschem Strafrecht verfolgbaren Geldwäschestraftat oder sonstigen Straftat sind ggf. die Strafverfolgungsbehörden der Länder zuständig. Nach § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung sind die Staatsanwaltschaften verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1248 4. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Korrespondenzbankverbindungen der moldawischen Banken Banca de Economii, Unibank und Banca Sociala in deutschen Banken im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an dem Betrugsfall? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Für Korrespondenzbankbeziehungen bestehen keine gesetzlichen Meldevorgaben für die Institute und infolgedessen erfolgt auch keine systematische Erfassung durch die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). 5. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Korrespondenzbankverbindungen von lettischen Banken in deutschen Banken, welche laut Kroll-Bericht in diesen Diebstahl einbezogen sind. Im ersten Kroll-Bericht wurden drei lettische Banken genannt: Die „Latvijas Pasta Banka“, die „ABLV Bank“ (früher: „Aizkraukles Banka“) und die „Privatbank “. Im Kroll-Bericht datierend vom 20. Dezember 2017 wurden die lettischen Banken mit „Latvian Bank 1“ sowie „Latvian Bank 2“ bezeichnet. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, auf welche lettischen Banken hier Bezug genommen wird. Nach Kenntnis der Bundesregierung unterhält aktuell lediglich ein deutsches Institut eine Korrespondenzbankbeziehung zur ABLV Bank. Die Bundesregierung verfügt über keine Informationen, dass dieses Institut über die ABLV Bank in den kriminellen Finanzbetrug im Korrespondenzbanksystem eingebunden war (Stand: 21. Februar 2018). Die Hinweise in der Antwort zu Frage 4 hinsichtlich der nicht bestehenden gesetzlichen Meldepflichten der Institute für Korrespondenzbankverbindungen und der infolgedessen fehlenden systematischen Erfassung durch die BaFin gelten entsprechend. 6. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über den Bürger der Republik Moldau, Russland und Rumänien, Vladimir Plahotniuc, hinsichtlich der möglichen Beteiligung an dem gesamten Betrugsvorgang sowie dessen bisheriger Nichtaufklärung? Die Beantwortung der Frage 6 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen . Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind in dem vorliegenden Fall Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.* * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1248 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über den Fall Veaceslav Platon, seine Haftbedingungen und die Umstände seiner Verurteilung? Der moldauische Staatsangehörige Veaceslav Platon wurde am 29. August 2016 in der Ukraine festgenommen und am selben Tag an die Republik Moldau ausgeliefert . Am 20. April 2017 wurde Herr Platon zu 18 Jahren Haft wegen Finanzbetrugs und Geldwäsche verurteilt. Dieses Urteil wurde am 18. Dezember 2017 durch das Berufungsgericht bestätigt. Am 23. Mai 2017 hatte die Staatsanwaltschaft ein weiteres Strafverfahren gegen Herrn Platon wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung und Bestechung eingeleitet. In dieser Sache wurde Herr Platon am 12. Dezember 2017 erstinstanzlich zu 12 Jahren Haft verurteilt. Er ist weiterhin im Gefängnis Nr. 13 in Chisinau inhaftiert. 8. Über welche Möglichkeiten verfügt die Bundesregierung, sich über die Situation von Veaceslav Platon und sein Verfahren zu informieren sowie die Rechtmäßigkeit des ihn betreffenden Urteils einzuschätzen? Der Anwalt von Veaceslav Platon hat sich aufgrund der schlechten Haftbedingungen mehrmals an die deutsche Botschaft in Chisinau gewandt, die mehrere Gespräche mit ihnen führte. Das Strafverfahren gegen Herrn Platon und seine Haftbedingungen wurden von der Botschaft gemeinsam mit anderen EU-Botschaften und der EU-Delegation unter Verfahrens- und Menschenrechtsaspekten beobachtet. Da die Gerichtssitzungen zuletzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, war der deutschen Botschaft trotz mehrfacher Versuche eine Prozessteilnahme nicht mehr möglich. 9. Hat die Bundesregierung Kenntnis von möglichen Rechtshilfeersuchen der zuständigen moldawischen Behörden im so genannten Diebstahl des Jahrhunderts , oder haben moldawische Behörden auf andere Art um Hilfe oder Informationen ersucht? Die Bundesregierung hat über das in der Antwort zu Frage 1 genannte Interpol- Fahndungsersuchen der Republik Moldau hinaus keine Kenntnis über weitergehende Ersuchen der Behörden der Republik Moldau. 10. Ist der Bundesregierung oder deutschen Behörden bekannt, welche Personen als Begünstigte des Betrugsfalls in dem vollständigen und bisher unveröffentlichten zweiten Kroll-Bericht genannt sind? Befinden sich darunter deutsche Staatsbürger oder juristische Personen unter deutscher Jurisdiktion? In der Zusammenfassung des von der Audit-Firma Kroll und der Rechtsanwaltskanzlei Steptoe & Johnson LLP erstellten zweiten Berichts zum Bankenskandal 2014 wird der aktuell unter Hausarrest stehende Unternehmer Ilan Shor genannt (siehe auch Antwort zu Frage 2). Unter Hinweis auf andauernde Ermittlungen werden keine weiteren Namen genannt. Der Bundesregierung liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333