Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und vom 14. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12497 19. Wahlperiode 19.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12125 – Antisemitische Straftaten im zweiten Quartal 2019 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Zahl der antisemitischen Straftaten bewegt sich in der Bundesrepublik Deutschland weiter auf einem hohen Niveau. Es ist zu beobachten, dass der militante Rechtsextremismus unverhohlen zur Schändung jüdischer Einrichtungen aufrufen und jüdische Personen offen bedrohen kann. Der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt äußerte sich beispielsweise über das Holocaust-Mahnmal in Berlin: „Für uns ist das kein Holocaust -Gedenkmal, sondern wir bedanken uns dafür, dass man uns dort jetzt schon die Fundamente der neuen deutschen Reichskanzlei geschaffen hat“ (ARD-Sendung „REPORT MAINZ“ vom 4. Oktober 2004). Es ist nach Ansicht der Fragesteller aber auch zu beobachten, dass immer mehr Personen und Organisationen aus dem konservativen Lager und aus der Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus offen dazu übergehen, den Holocaust zu leugnen und antisemitische Hetze zu betreiben. In seiner Abschiedsvorlesung am 21. Oktober 2010 im Lichthof der Technischen Universität Berlin äußerte Prof. Dr. Wolfgang Benz zu anderen Formen des Antisemitismus: „Akut ist der Antizionismus, der an sich nicht mit Antisemitismus gleichgesetzt werden darf, sich aber durch fanatische Parteinahme gegen Israel und durch die Übernahme von judenfeindlichen Stereotypen und Argumentationsmustern (‚Weltherrschaftsstreben‘, Verschwörungsphantasien) zu einer aktuellen Sonderform der Judenfeindschaft entwickelt hat, die derzeit größte Verbreitung findet. Der Nahost-Konflikt hat mit der dritten Intifada eine Dimension weitab vom eigentlichen Schauplatz Israel/Palästina erhalten. Die Solidarisierung junger Muslime mit den Palästinensern in Frankreich und Belgien , den Niederlanden und Großbritannien, Staaten mit einem verhältnismäßig großen Bevölkerungsanteil arabisch-islamischer Herkunft, äußert sich nicht nur in israelfeindlicher Propaganda und in Demonstrationen bis hin zu Ausschreitungen , es wird dabei auch traditioneller Antisemitismus instrumentalisiert.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12497 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich alle Zahlen aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen noch (teilweise erheblich) verändern werden, zumal Meldeschluss für die von den Ländern erhobenen Fallzahlen gegenüber dem Bundeskriminalamt (BKA) erst der 31. Januar 2020 ist. 1. Wie viele antisemitische Straftaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im zweiten Quartal 2019 verübt (bitte nach Anzahl, Art und Motivation der Straftat und Bundesländern aufschlüsseln)? Im zweiten Quartal 2019 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt 219 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet. Darunter waren zehn Gewalttaten sowie 60 Propagandadelikte, die in der Tabelle in den „sonstigen Straftaten“ enthalten sind. Verteilung der Politisch motivierten Kriminalität mit antisemitischem Hintergrund : PMK -rechts- PMK -links- PMK -ausländische Ideologie- PMK -religiöse Ideologie- PMK -nicht zuzuordnen- Land Gewalt- taten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten BB 0 30 0 0 0 0 0 0 0 0 BE 1 45 0 0 1 5 0 3 2 0 BW 0 13 0 0 0 0 0 0 0 2 BY 1 16 0 0 0 0 0 0 0 0 HB 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 HE 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 HH 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 MV 0 7 0 0 0 0 0 1 0 0 NI 2 27 0 0 0 0 0 0 0 1 NW 1 17 0 0 0 0 0 1 0 0 RP 0 9 0 0 0 0 0 0 0 0 SH 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 SL 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 SN 1 16 0 0 0 0 0 0 0 1 ST 1 5 0 0 0 0 0 0 0 0 TH 0 4 0 0 0 0 0 0 0 0 Summe 7 193 0 0 1 6 0 5 2 5 2. Wie viele Tatverdächtige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten im zweiten Quartal 2019 festgenommen (bitte nach Bundesländern sowie Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? Zu den im zweiten Quartal 2019 erfassten 219 politisch motivierten Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurden insgesamt 104 Tatverdächtige ermittelt. Es wurde eine Person vorläufig festgenommen, es wurden keine Haftbefehle erlassen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12497 Verteilung der ermittelten Tatverdächtigen und festgenommenen Personen: PMK -rechts- PMK -links- PMK ausländische Ideologie- PMK -religiöse Ideologie- PMK -nicht zuzuordnen- Land T VF H T VF H T VF H T VF H T VF H BB 25 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 BE 15 1 0 0 0 0 2 0 0 2 0 0 0 0 0 BW 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 BY 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 HB 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 HE 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 HH 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 MV 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 NI 17 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 NW 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 RP 7 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 SH 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 SL 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 SN 19 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ST 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 TH 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Summe 99 1 0 0 0 0 2 0 0 2 0 0 1 0 0 T = Tatverdächtige, VF = vorläufige Festnahme, H = Haftbefehle Eine Auswertung der Verteilung von Tatverdächtigen auf Straf- und Gewaltdelikte erfolgt bei vorläufigen Zahlen nicht. 3. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten im zweiten Quartal 2019 eingeleitet (bitte nach Bundesländern sowie Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? 4. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermittlungen eingestellt (bitte nach Bundesländern sowie Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? 5. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten in diesem Zeitraum zu welchen Strafen verurteilt (bitte nach Bundesländern sowie Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln )? Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Rechtsextreme Gewalttaten und Ermittlungsverfahren gegen rechtsextremistische Straftäter in den Jahren 2003, 2004 und 2005“ auf Bundestagsdrucksache 16/1353 wird verwiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12497 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie viele Personen wurden im zweiten Quartal 2019 nach Kenntnis der Bundesregierung bei Überfällen mit antisemitischer oder zu vermutender antisemitischer Motivation a) leicht verletzt, b) schwer verletzt bzw. c) getötet (bitte nach Bundesländern und Motivation der Straftat aufschlüsseln)? Im zweiten Quartal 2019 wurden gemäß den Angaben des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ vier Personen (je eine Person in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt) infolge einer politisch motivierten Straftat mit antisemitischem Hintergrund verletzt. Drei Taten sind dem Phänomenbereich rechts zugeordnet, eine dem Phänomenbereich Ausländische Ideologie. Eine weitergehende Differenzierung hinsichtlich des Verletzungsgrades ist den Angaben des kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ nicht zu entnehmen. Es wurden keine Todesopfer gemeldet . 7. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis der Bundesregierung bei den antisemitischen Straftaten (bitte nach Schadenshöhe, Art der Motivation und Bundesländern aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. 8. Wie viele Nachmeldungen hat es zu den in den Fragen 1 bis 7 erfragten Sachverhalten bis jetzt für das Jahr 2019 gegeben? Eine automatisierte Erhebung der Nachmeldungen für das Jahr 2019 aus der BKA-Fallzahlendatei LAPOS ist nicht möglich. Vor diesem Hintergrund werden die aktuellen Fallzahlen für die Monate Januar bis Juni 2019 aufgeführt: Im Jahr 2019 wurden insgesamt 699 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet. Darunter waren 22 Gewalttaten und 156 Propagandadelikte. Es wurden insgesamt 358 Tatverdächtige ermittelt. Es gab drei Festnahmen, davon wurden keine Haftbefehle erlassen. Im Jahr 2019 wurden gemäß den Angaben des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ zehn Personen infolge einer politisch motivierten Straftat mit antisemitischem Hintergrund verletzt. Es wurde kein Todesopfer gemeldet. 9. Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es wegen überregionaler antisemitischer Straftaten mit welchem Ergebnis gegeben? Die Bundesregierung erteilt keine Auskünfte zu operativen polizeilichen Maßnahmen im Rahmen von Ermittlungsverfahren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333