Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 16. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12515 19. Wahlperiode 20.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Jung, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12056 – Auswirkungen der Profiltiefe von Reifen auf den Klimaschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland hat sich dazu verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent und bis 2050 um bis zu 95 Prozent zu reduzieren. Hierfür müssen Faktoren wie Ressourcenschonung, Wirtschaftlichkeit und eine innovative Kreislaufwirtschaft optimal zusammenspielen. Die die Bundesregierung tragenden Parteien haben in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018 die Kreislaufwirtschaft hervorgehoben. So soll diese weiterentwickelt werden, um die Reduktion von Abfall und die Erhöhung der Quote von recycelten Materialien zu erreichen. Dazu müssen Anreize gesetzt, aber auch gesetzliche Pflichten überprüft werden, was die Hersteller verstärkt in die Pflicht nehmen würde (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 2018, S. 139 f.). Produkte, die auf Langlebigkeit setzen, können einen erheblichen Beitrag zur Ressourceneffizienz leisten. Um den Verkehrsbereich mit Blick auf den Klimaund Umweltschutz weiterzuentwickeln, müssen nach Ansicht der Fragesteller somit nicht nur Antriebe, sondern auch Reifen verstärkt in den Fokus rücken. Bei Reifen gehört neben der Verminderung im Abrieb auch die Möglichkeit dazu, sicher bei niedriger Profiltiefe fahren zu können – sowohl bei Sommerals auch bei Winterreifen. Reifen werden in Europa in den meisten Fällen vor dem Erreichen der Mindestprofiltiefe gewechselt. Die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) befasst sich mit der Frage, ob bei der Reifenneuzulassung künftig nicht nur Tests für den Neureifen, sondern auch für den gefahrenen Reifen verlangt werden sollen (vgl. www.unece.org/fileadmin/DAM/trans/doc/2019/ wp29grb/ECE-TRANS-WP.29-GRB-2019-06e.pdf; www.unece.org/fileadmin/ DAM/trans/doc/2019/wp29grb/ECE-TRANS-WP29-GRB-67e.pdf; www.unece. org/fileadmin/DAM/trans/doc/2018/wp29grb/GRB-69-10e.pdf). Dies könnte nach Ansicht der Fragesteller den Kunden besser aufklären und den Reifenverbrauch sowohl in Deutschland als auch Europa reduzieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12515 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung die Notwendigkeit, Verbraucher vermehrt über die Nutzung von Reifen bis zur gesetzlichen Mindestprofiltiefe aufzuklären? Derzeit liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor, aus denen sich eine Notwendigkeit zur vermehrten Aufklärung der Nutzer ableiten ließe. Gemäß § 36 Absatz 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) muss das Hauptprofil von Kraftfahrzeugen und deren Anhängern am ganzen Umfang eine Profiltiefe von mindestens 1,6 mm aufweisen. Bei Fahrrädern mit Hilfsmotor , Kleinkrafträdern und Leichtkrafträdern genügt eine Profiltiefe von mindestens 1 mm. Die Profiltiefe von Reifen beeinflusst deren Eigenschaften z. B. in Bezug auf Nassgriff und Rollwiderstand in sehr unterschiedlicher Weise. Darüber hinaus können die Anforderungen an Reifen nutzerbezogen sehr unterschiedlich sein z. B. in Abhängigkeit von den jeweiligen regionalen Witterungsbedingungen, dem jeweiligen Fahrprofil und der Fahrleistung. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass Anreize oder Verpflichtungen für eine verlängerte Nutzung von Reifen sich ggf. negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken können. 2. Wie bewertet die Bundesregierung das Potential einer verlängerten Reifennutzung mit Blick auf den Klimaschutz? 3. Sind der Bundesregierung Studien bekannt, welche die Einsparpotentiale von Reifen analysieren? Wenn ja, welche? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Profiltiefe von Reifen auf deren Rollwiderstand bieten unter anderem die Studien „Rolling Resistance – Basic Information and State-of-the-Art on Measurement methods“ aus einem Forschungsvorhaben , an dem unter anderem die Bundesanstalt für Straßenwesen beteiligt war, sowie „Tires and Passenger Vehicle Fuel Economy“ des nationalen Forschungsrats der USA. Auf Grundlage dieser Studien, sowie Einschätzungen des Umweltbundesamts zu den Lebenszyklusemissionen von Reifen, geht die Bundesregierung von einem geringen Potential einer verlängerten Reifennutzung mit Blick auf den Klimaschutz aus. Einen Überblick über Einsparpotentiale durch Leichtlaufreifen bietet u. a. die im Auftrag der europäischen Kommission erstellte Studie „Improving understanding of technology and costs for CO2 reductions from cars and LCVs in the period to 2030 and development of cost curves“, S. 90 (https://ec.europa.eu/clima/sites/ clima/files/transport/vehicles/docs/ldv_co2_technologies_and_costs_to_2030_en.pdf ). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12515 4. Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Studie? Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus der Studie mit Blick auf die Aussagen zur Kreislaufwirtschaft im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD? Die Bundesregierung nimmt die Ergebnisse derartiger Studien zur Kenntnis. Vor dem Hintergrund der Aussagen im Koalitionsvertrag zur Evaluation und Stärkung der Recyclingpotentiale u. a. von Altreifen hat das Bundesministerium für Umwelt , Naturschutz und nukleare Sicherheit ein Forschungsvorhaben initiiert. Das entsprechende Forschungsvorhaben „Evaluation der Erfassung und Verwertung ausgewählter Abfallströme zur Fortentwicklung der Kreislaufwirtschaft“ hat eine Laufzeit von 2019 bis 2021 und verfolgt das Ziel, die Erfassung und Verwertung u. a. von Altreifen zu evaluieren, Ressourcenschonungs- und Umweltentlastungspotenziale durch eine verbesserte Erfassung und Verwertung zu ermitteln und ggf. Handlungsansätze für eine Erschließung der Ressourcenschonungspotenziale aufzuzeigen. Die Bundesregierung wird auf dieser Grundlage dann über das weitere Vorgehen entscheiden. 5. Welche Position vertritt die Bundesregierung hinsichtlich Tests mit gefahrenen Reifen während der Zulassung, um die Sicherheit der Reifen auch bei Anwendung der Mindestprofiltiefe zu überprüfen? Die Bundesregierung begrüßt die Einführung von geeigneten Anforderungen und Testverfahren für Reifen im abgenutzten Zustand im Rahmen der harmonisierten Typgenehmigungsvorschriften für Reifen. 6. Unterstützt die Bundesregierung Bestrebungen auf der europäischen Ebene beziehungsweise bei der UNECE, Reifen im gefahrenen Zustand zu testen? Wenn ja, welche Initiativen wurden umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? Eine Arbeitsgruppe der Wirtschaftskommission für Europa hat Anfang Mai 2019 damit begonnen, Anforderungen und Testverfahren für Reifen im abgenutzten Zustand zu erarbeiten. Die Bundesregierung beteiligt sich an den Arbeiten. Ergebnisse liegen noch nicht. vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 5 verwiesen. 7. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung möglich, entsprechende Testverfahren bereits vor Implementierung einer internationalen oder europäischen Regelung für Deutschland einzuführen? Wenn ja, ist eine entsprechende Regelung geplant? Die Typgenehmigungsanforderungen an Reifen sind auf EU- bzw. UNECE- Ebene harmonisiert. Reifen, die nach diesen harmonisierten technischen Vorschriften genehmigt wurden, müssen von den EU-Mitgliedstaaten anerkannt werden . Es ist daher für einzelne Mitgliedstaaten nicht möglich, im Rahmen der Typgenehmigung für diese Reifen zusätzliche technische Anforderungen auf nationaler Ebene vorzuschreiben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333