Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 19. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12521 19. Wahlperiode 20.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12139 – Staustufen auf dem Rhein V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Rhein ist die verkehrsreichste und damit wichtigste Binnenwasserstraße in Europa. Rund 80 Prozent des Güterverkehrs in der Binnenschifffahrt finden auf dieser internationalen Wasserstraße statt (www.binnenschi f f .de /sys temwasserstrasse /wasserstrasse/). Jeden Tag befahren ca. 50 000 Güterschiffe beispielsweise den Bereich zwischen Mainz/Wiesbaden und St. Goar. Sie transportieren dabei ca. 60 Millionen Tonnen Ladung. Prognosen gehen davon aus, dass die Gütermengen auf mehr als 75 Millionen Tonnen jährlich steigen werden (www.wsaduisburg-rhein.wsv.de/images/Doku/PWAM.pdf). Planbarkeit und Verlässlichkeit des Güterverkehrs sind die wichtigsten Voraussetzungen für die verladende Wirtschaft und Industrie. Besonders bei anhaltendem Niedrigwasser, wie es im Jahr 2018 der Fall war, ist der Faktor Planbarkeit gefährdet. Für die Produktion eingeplante Chemikalien und Rohstoffe müssen bei Niedrigwasser entweder mithilfe anderer Verkehrsträger zu den Industriestandorten gelangen oder fallen aus, weil der Transport nicht mehr möglich ist. Der volkswirtschaftliche Verlust während der Niedrigwasserperiode war im Jahr 2018 daher besonders hoch. Im Gebiet des Oberrheins zwischen Basel und Lauterburg/Neuburgweier regeln zehn Staustufen die Rheinschifffahrt. Die angeschlossenen zehn Wasserkraftwerke erzeugen jährlich rund 8,6 Milliarden Kilowattstunden regenerativen Strom. Jedes Jahr passieren Tausende Binnenschiffe die Schleusen und versorgen die anliegenden Industriestandorte mit Rohstoffen (www.iffezheim.de/pb/, Lde/Home/Wirtschaft_Tourismus/Staustufe+_+Kraftwerk.html). Die Industrie nimmt das zum Anlass und fordert weitere Staustufen im Gebiet des Mittelrheins , damit der Rhein auch bei Niedrigwasser schiffbar bleibt. Umweltverbände warnen hingegen vor den ökologischen Folgen (www.swr.de/swraktuell/ rheinland-pfalz/ludwigshafen/Niedrigwasser-behindert-Schiffahrt-Expertengegen -BASF-Vorschlag-zu-Staustufen-im-Rhein,basf-niedrigwasser-100.html). Am 4. Juli 2019 stellte der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer seinen Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ vor (www. bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/WS/gemeinsame-erklaerung-acht-punkte-planniedrigwasser -rhein.html). Darin wird u. a. gefordert, wasserbau- und wasser- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12521 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wirtschaftliche Optionen zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein, wie z. B. Stau- und Speicherlösungen, ergebnisoffen zu untersuchen. 1. Was versteht die Bundesregierung unter Stau- und Speicherlösungen, wie in dem Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ dargelegt? Die Bezeichnung Stau- und Speicherlösungen beschreibt wasserbau- und wasserwirtschaftliche Optionen, die u. a. als langfristige Lösungsansätze zur Begegnung häufigerer Niedrigwasserereignisse untersucht werden (vgl. Punkt 7 „Untersuchung wasserbaulicher und wasserwirtschaftlicher Optionen zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein“ der „Gemeinsamen Erklärung des Bundesministers für Verkehr und digitale Infra-struktur und Vertretern der Stahl-, Chemie- und Mineralölindustrie, der Produzenten mineralischer Massenrohstoffe und des Binnenschifffahrtsgewerbes zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein (‚8-Punkte-Plan‘)“). Darunter wird der temporäre oder dauerhafte Aufstau frei fließender Flussabschnitte z. B. durch die Errichtung von Staustufen bzw. die temporäre Erhöhung des Abflusses durch die Zuführung gespeicherten Wassers aus natürlichen oder künstlichen Speicherbecken verstanden, jeweils mit dem Ziel, eine größere Abladetiefe für die Güterschifffahrt auch in Zeiten niedriger natürlicher Abflüsse zu erreichen. 2. Warum ist der Bau von Stau- und Speicherlösungen auf dem Rhein nach Einschätzung der Bundesregierung eine adäquate Methode, um Niedrigwasser zu begegnen? Stau- und Speicherlösungen sind geeignet, einen Beitrag zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein zu leisten, da dadurch in bestimmten Rheinabschnitten in einem definierten Umfang der Abfluss gesteuert und die Wasserstände geregelt werden könnten. Die daraus resultierende verbesserte Abladetiefe würde dazu beitragen, in Niedrigwasserperioden auftretende Einschränkungen für die Binnenschifffahrt zu verringern. Weiterhin könnten Speicherlösungen dazu beitragen, ökologisch angestrebte Mindestwasserabflüsse zu unterstützen. 3. Wie viele Stau- und Speicherlösungen wären nach Einschätzung der Bundesregierung nötig, um effektiv gegen Niedrigwasser auf dem Rhein vorzugehen ? 4. Wo würden mögliche Stau- und Speicherlösungen im Rhein gebaut werden müssen, um effektiv gegen Niedrigwasser zu sein? 6. Wie teuer wäre der Bau von Stau- und Speicherlösungen im Rhein, um bei Niedrigwasser Frachtschifffahrt zu gewährleisten? 5. Wie lange würde die Umsetzung des Baus von Stau- und Speicherlösungen im Rhein nach Kenntnis der Bundesregierung dauern? 6. Welche Anpassungen müssten nach Kenntnis der Bundesregierung im Zuge des Baus von Stau- und Speicherlösungen im Rhein gemacht werden? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12521 15. Bis wann will die Bundesregierung ein Konzept vorlegen, welches die Machbarkeit von Stau- und Speicherlösungen auf dem Rhein detailliert beleuchtet ? Die Fragen 3, 4, 6 bis 8 und 15 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Anpassungsmaßnahmen an Klimaänderungen am Rhein erfordern neben unmittelbar wirkenden Ansätzen auch eine langfristige Perspektive. Im „8-Punkte- Plan“ zählt die Untersuchung wasserbaulicher und wasserwirtschaftlicher Optionen zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein, wie z. B. Stau- und Speicherlösungen, zu den langfristigen Lösungsansätzen . Weitergehende Angaben zur Ausgestaltung einzelner Lösungsansätze sowie deren Auswirkungen, Kosten- und Zeitrahmen sind gegenwärtig nicht möglich. Hierzu sollen die Grundlagen und Voraussetzungen ermittelt und verschiedene Lösungsansätze einander gegenübergestellt werden. Es liegt noch kein Zeitplan vor. 5. Wie viele Megawattstunden könnten in die Stau- und Speicherlösungen integrierte Wasserkraftwerke im Mittelrhein nach Kenntnis der Bundesregierung produzieren? Zu den staugeregelten Bundeswasserstraßen mit Wasserkraftnutzung zählen Weser , Oberrhein, Neckar, Main, Mosel, Saar und Donau mit einer installierten Leistung von derzeit ca. 750 Megawatt. Damit wird mit den Laufwasserkraftwerken etwa so viel Energie erzeugt, wie alle Schiffstransporte auf dem Wasser verbrauchen (vgl. Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2016). 9. Welche ökologischen Aspekte sprechen aus Sicht der Bundesregierung gegen den Bau von Stau- und Speicherlösungen auf dem Rhein? 11. Wie verändert sich die Fließgeschwindigkeit, wenn Stau- und Speicherlösungen in den Rhein gebaut werden, und welche Folgen hat dies für die Umwelt ? Die Fragen 9 und 11 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Durch den Bau von Stau- und Speicherlösungen sind Auswirkungen auf Fließdynamik , Durchgängigkeit für Fische und Sedimente, Hydrologie, Hydromorphologie , Stoffhaushalt, Sauerstoffhaushalt und die von diesen Aspekten abhängigen Lebensraumtypen und Lebens-gemeinschaften im und am Fließgewässer möglich . Die Konzipierung von Lösungsvarianten erfolgt unter Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher und ökologischer Belange. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 10. Welche Folgen hätte der Bau von Stau- und Speicherlösungen im Rhein für die Binnenschifffahrt (bspw. Wartezeit)? Einschränkungen, die sich für die Schifffahrt beispielsweise durch Wartezeiten ergeben würden, werden weitaus geringer eingeschätzt, als die Einschränkungen durch eine verminderte Abladetiefe. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12521 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Welche Auswirkungen hat eine langsamere Fließgeschwindigkeit auf den Treibstoffverbrauch und die Emissionen der Binnenschifffahrt? Eine langsamere Fließgeschwindigkeit wirkt sich für die Schiffe, die sich in der Talfahrt (d. h. in Fließrichtung) befinden, negativ und für die Schiffe in Bergfahrt positiv aus. Dies wird überlagert durch die prinzipiell positive Wirkung größerer Fahrrinnentiefen auf den Leistungsbedarf. 13. Inwieweit geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Kapazität der Binnenschiffe ändert, wenn Stau- und Speicherlösungen in den Mittelrhein gebaut werden? Eine Verbesserung der Abladetiefe im Niedrigwasserbereich würde sich positiv auf das Abladevermögen der Schifffahrt während Niedrigwasserperioden auswirken , so dass die Transportkapazität der vorhandenen Flotte klimawandelresistenter wäre und besser genutzt werden könnte. 14. Welche Auswirkungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung Stau- und Speicherlösungen auf den Wasserstand oberhalb und unterhalb des Mittelrheins ? Stau- und Speicherlösungen haben eine wasserstandsregulierende Wirkung. Eine Speicherbefüllung wirkt bei einer Speicherlösung unterhalb des Speichers wasserstandsabsenkend und eine Speicherentnahme wasserstandserhöhend. Eine Staulösung dient im aufgestauten Bereich der Wasserstandserhöhung bei Niedrigwasser . Das Ausmaß der Wasserstandsänderung hängt vom Gesamtvolumen des Speichers bzw. der Staustrecke ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333