Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 20. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12544 19. Wahlperiode 21.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12162 – Aktuelle Ermittlungen gegen mutmaßlich rechtsterroristische Vereinigungen in der sogenannten Reichsbürgerszene V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im April 2018 veranlasste die Bundesanwaltschaft Durchsuchungen bei acht Personen in Berlin, Brandenburg und Thüringen, die der sogenannten Reichsbürgerszene angehörten, wegen des Verdachts der Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung (www.generalbundesanwalt.de/de/showpress.php? themenid=20&newsid=764). Die Personen planten, Waffendepots anzulegen, um damit eine Partisanenarmee aufzubauen bzw. auszurüsten und hätten auch vor Mord nicht zurückgeschreckt (www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018- 04/bundesanwaltschaft-reichsbuerger-partisanenarmee-razzien). 1. Gegen wie viele Personen aus welchen Bundesländern mit welchen strafrechtlichen Vorwürfen richten sich die Ermittlungen gegen die mutmaßliche rechtsterroristische Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung? Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) ermittelt gegen neun Beschuldigte aus den Bundesländern Berlin, Brandenburg und Thüringen. Die Beschuldigten stehen in dem Verdacht, eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet und sich an ihr mitgliedschaftlich beteiligt zu haben (§ 129a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs – StGB). Im Zuge der Ermittlungen hat sich der Verdacht auf weitere Straftaten ergeben: Verstoß gegen das Waffengesetz in zwei Fällen, Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a StGB in mehreren Fällen. Insoweit hat der GBA die Verfahren an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften der Länder abgegeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12544 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Sind unter den Beschuldigten oder den Aktivisten und Aktivistinnen der Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen -Gruppierung rechtsextremistische Gefährder? Die Bundesregierung erteilt grundsätzlich keine Auskunft zu personenbezogenen Daten von Gefährdern und relevanten Personen. Auskünfte zu diesem Personenkreis könnten die präventive Tätigkeit der Sicherheitsbehörden gefährden. Im Übrigen wird hinsichtlich der Einstufung von Personen als „Gefährder“ auf die Antwort der Bundesregierung vom 2. Mai 2017 auf die Kleine Anfrage „Problematik des Gefährder-Begriffs (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/11369)“ auf Bundestagsdrucksache 18/12196 verwiesen. 3. Liegen gegen die Beschuldigten oder die Aktivisten und Aktivistinnen der Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung staatsschutzrelevante Erkenntnisse bzw. Vorstrafen oder offene Haftbefehle aus dem Phänomenbereich PMK (Politisch motivierte Kriminalität)-rechts vor (bitte nach Delikten und Jahren auflisten)? 4. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, in welchen Organisationen und Zusammenschlüssen der extremen Rechten die Beschuldigten oder die Aktivisten und Aktivistinnen der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung aktiv sind oder waren (bitte unter Angabe des Organisationsnamens)? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet . Im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen kann eine Auskunft noch nicht erteilt werden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange insoweit im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück. Auskünfte zu Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren würden konkret weitergehende Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung hier Vorrang vor dem Informationsinteresse hat. 5. Wie viele und welche Straftaten werden den Mitgliedern der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen- Gruppierung nach derzeitigem Stand vorgeworfen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. 6. Wie viele Durchsuchungen fanden im Rahmen der Ermittlungen gegen die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen -Gruppierung statt (bitte nach Ort, Bundesland und Datum aufschlüsseln )? Am 8. April 2018 kam es zu Durchsuchungen bei acht Beschuldigten und weiteren Personen in insgesamt elf Objekten, davon jeweils fünf in Berlin und Brandenburg sowie eines in Thüringen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12544 7. Welche Hinweise auf Waffen, Munition und Sprengmittel sowie Anschlagsvorbereitungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens gegen die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung, bzw. welche Beschlagnahmung gab es diesbezüglich (bitte unter Angabe ggf. der Waffen bzw. Sprengmittel bzw. Anschlagsziel bzw. Bundesland des Fundortes auflisten)? Es wurden eine Langwaffe und insgesamt 43 Patronen der Kaliber .22 lr und .22 WMR, zu denen keine waffenrechtlichen Erlaubnisse vorlagen, bei zwei verschiedenen Beschuldigten sichergestellt. Das Vorliegen konkreter Anschlagsvorbereitungen ist Gegenstand der Prüfung des noch laufenden Ermittlungsverfahrens . 8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung während den bisherigen Ermittlungen Listen mit Namen von Personen aufgefunden, und wenn ja, wie viele Listen, und wie viele Personen waren darauf verzeichnet, und aus welchen gesellschaftlichen Bereichen kommen diese (beispielsweise Parteien, Gewerkschaften , Kirchen, Vereine)? Während der bisherigen Ermittlungen wurden keine Listen mit Namen von Personen aufgefunden. 9. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung alle auf den in Frage 8 genannten Listen geführten Personen über diese Tatsache in Kenntnis gesetzt, und wenn ja, wann und durch welche Behörden ist diese Information der Betroffenen erfolgt, und wenn nein, warum ist die Benachrichtigung (bisher) unterblieben? 10. Wie schätzt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass u. a. der von einem Rechtsextremisten ermordete Walter Lübcke ebenfalls auf einer solchen Liste geführt wurde, die Gefährdung der auf den Listen genannten Personen ein? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 8 entfällt die Antwort. 11. Wann hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen die Reichsbürger - bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung an sich gezogen, bzw. von welcher Staatsanwaltschaft wurde die Übernahme beantragt und übertragen? Am 16. August 2017 leitete die Staatsanwaltschaft Gera ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ein. Am 24. Oktober 2017 übernahm der GBA das Ermittlungsverfahren und leitete ein Verfahren wegen des Verdachts der Gründung einer und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB sowie weiterer Straftaten ein. 12. Wie ist der Stand des Ermittlungsverfahrens bzw. der Ermittlungsverfahren und dessen bzw. deren Fortgang? Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 Bezug genommen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12544 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Hat der Generalbundesanwalt einen ARP-Berichtsvorgang (ARP – Allgemeines Register für Staatsschutzstrafsachen) neben den Ermittlungen gegen die Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinneninnen-Gruppierung angelegt, und wenn ja, seit wann und vor welchem Hintergrund? Im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren wurde kein ARP-Vorgang zu dem Sachverhalt angelegt. 14. In wie vielen weiteren Fällen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Bundesbehörden Anhaltspunkte für die Bildung rechtsterroristischer bzw. gewaltbereiter Strukturen in der sogenannten Reichsbürgerszene erhalten, beispielsweise durch konspirative Planungen, das Anlegen von Waffendepots , sogenannten Feindeslisten o. Ä. (bitte nach Ort, Bundesland und Datum aufschlüsseln)? Der GBA führt derzeit keine weiteren Verfahren wegen des Verdachts des Bestehens rechtsterroristischer Vereinigungen, die der sog. Reichsbürgerszene zuzurechnen sind. Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse zu vier weiteren Fällen im Sinne der Anfrage vor. Es handelt sich hierbei um Fälle aus den Phänomenbereichen Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) -rechts- und PMK -nicht zuzuordnen -. Es handelt sich um laufende Ermittlungsverfahren in den Ländern, zu denen die Bundesregierung aufgrund der Kompetenzordnung des Grundgesetzes keine näheren Angaben machen kann. 15. Wie bewertet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die von der Durchsuchungsmaßnahme im August 2018 betroffene Gruppierung der sogenannten Reichsbürger? Es handelt sich nach Bewertung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) um eine extremistische Gruppierung aus der Szene der „Reichsbürger und Selbstverwalter “. 16. Sieht das BfV in der Gruppierung die Gefahr einer neuen rechtsterroristischen Entwicklung? 17. Handelt es sich nach Ansicht des BfV um einen mutmaßlich rechtsterroristischen Zusammenschluss, und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 16 und 17 gemeinsam beantwortet . Eine abschließende Bewertung der Gruppierung kann erst nach Abschluss der noch andauernden Ermittlungen des GBA erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12544 18. Hat sich das „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus“ (GETZ-R) bzw. das „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) mit dem mutmaßlich rechtsterroristischen Zusammenschluss befasst, und wenn ja, zu welchen Zeitpunkten? In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus (GETZ-R) dreimal mit dem „mutmaßlich rechtsterroristischen Zusammenschluss “ befasst. Nähere Angaben können aus Gründen des Staatswohls nicht erfolgen , da Arbeitsmethoden und Vorgehensweise im GETZ-R im Hinblick auf dessen künftige Aufgabenerfüllung besonders schutzbedürftig sind. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten zu Aufklärungsaktivitäten ließe Rückschlüsse auf die generelle Arbeitsweise und den Erkenntnisstand zu. 19. Falls sich das GETZ-R bzw. GTAZ nicht mit dieser Gruppierung befasst hat, aus welchen Gründen unterblieb diese Befassung? Im Hinblick auf die Antwort zu Frage 18 entfällt die Antwort. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Kontakten, die die Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens gegen die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung zu Personen und Organisationen der extremen Rechten im Ausland haben (bitte unter Angabe des Landes und der Organisation)? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden Kontakte der Beschuldigten zu Personen und Organisationen der extremen Rechten im Ausland nicht festgestellt. 21. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen, dass Aktivisten oder Aktivistinnen der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung als menschliche Quellen für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig waren bzw. sind? 22. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen, dass die Beschuldigten und die Aktivisten oder Aktivistinnen der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung als menschliche Quellen für ein Landesamt für Verfassungsschutz tätig waren bzw. sind? 23. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen, dass die Beschuldigten und die Aktivisten oder Aktivistinnen der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung als menschliche Quellen für das Bundeskriminalamt tätig waren bzw. sind? 24. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis ausschließen dass die Beschuldigten und die Aktivisten oder Aktivistinnen der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Reichsbürger- bzw. Reichsbürgerinnen-Gruppierung als menschliche Quellen für ein Landeskriminalamt tätig waren bzw. sind? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 21 bis 24 gemeinsam beantwortet : Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12544 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht erfolgen, da Arbeits-methoden, Vorgehensweisen und Aufklärungsprofile der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder im Hinblick auf deren künftige Aufgabenerfüllung besonders schutzbedürftig sind. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten zu Aufklärungsaktivitäten ließe Rückschlüsse auf die generelle Arbeitsweise, den Erkenntnisstand sowie aktuelle Aufklärungsschwerpunkte der Sicherheitsbehörden zu. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland folgt, dass auch eine Beantwortung unter VS- Einstufung, die in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar wäre, ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie hält die Bundesregierung die Informationen der angefragten Art für so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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