Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 20. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12572 19. Wahlperiode 22.08.2019 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Frohnmaier, Dietmar Friedhoff, Ulrich Oehme, Stefan Keuter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/12183 – Regierungsbefragung am 5. Juni 2019 und Antworten des Bundesministers Dr. Gerd Müller V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aus den Antworten des dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vorstehenden Bundesministers Dr. Gerd Müller im Rahmen der Regierungsbefragung am 5. Juni 2019 resultieren eine Reihe aus Sicht der Fragesteller problematische Aussagen. So hat sich der Bundesminister die Behauptung einer Bayreuther Wissenschaftlerin zu eigen gemacht: Diese habe ausgerechnet, „dass jeder von uns […] durch die Art, wie er lebt, 50 Sklaven“ beschäftige (Deutscher Bundestag: Stenografischer Bericht – 103. Sitzung, Plenarprotokoll 19/103, S. 12528). Zudem sind nach Auffassung der Fragesteller die Ausführungen des Bundesministers zum Programm „Perspektive Heimat“ in Teilen nicht korrekt oder nicht in Gänze nachvollziehbar. So erklärte der Bundesminister: „Meine Damen und Herren, das Programm ‚Perspektive Heimat‘ haben wir für Millionen von Flüchtlingen in den großen Krisenregionen des Kontinents geschaffen. Ich denke an die dramatische Situation in und um Syrien. Heute Nacht gab es Bombenangriffe auf Idlib. Nach wie vor sind zehn Millionen Menschen auf der Flucht. Seit sieben Jahren schlafen sie auf Zeltplanen. Dort investieren wir ins Überleben. Das Überleben eines Flüchtlingskindes oder eines Erwachsenen in diesen Regionen, finanziert durch unser Programm ‚Perspektive Heimat‘, kostet 50 Cent. Das ist ein bescheidener Betrag. Das muss es uns wert sein. Wir müssen noch mehr tun. Viele Millionen dieser Menschen können nur durch unser Programm täglich überleben. Mit ‚Perspektive Heimat‘ schaffen wir aber auch ein Angebot für Rückkehrer. Hier gilt der Grundsatz: Jeder Flüchtling, der aus Deutschland zurückkommt, wird an der Gangway von uns aufgenommen und in ein Programm überführt“ (a. a. O.). Zum Zweck von „Perspektive Heimat“ führt der Bundesminister weiter aus: „Flüchtlinge, die zurückkehren müssen, sollen nicht als Loser irgendwo an der Gangway abgeladen werden.“ Sie würden aufgenommen und in Programme integriert , damit „sie vor Ort in ihren Herkunftsländern wieder eine Perspektive“ hätten (ebd., S. 12529). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12572 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Schließlich kommt der Bundesminister noch zum Thema Bananenpreise zu sprechen: „Wir können nicht Ressourcen, Menschen ausbeuten und sie an unserem Wohlstand nicht teilhaben lassen. Wir müssen ein Stück zurückgeben, neu teilen lernen. Wir brauchen eine neue Verantwortungsethik in diesen Ländern . Das heißt, wir müssen Lieferketten gerecht gestalten. Ich nenne Ihnen ein konkretes Beispiel – ich rede über Dinge, die ich gesehen habe –: Bananen aus Mexiko werden für 14 Cent eingekauft, 14 Cent! Davon kann kein Mensch leben ; deshalb arbeiten Kinder mit ihren Familien auf den Bananenplantagen. Warum übt der deutsche Groß- und Einzelhandel diesen Preisdruck auf die deutschen Lebensmittelketten aus? Warum müssen Bananen für 89 Cent in Deutschland im Angebot sein? Ein Kilo Bananen darf nicht unter ein Euro kosten.“ „Solche Dinge“ müssten durchgesetzt werden, um „den Menschen vor Ort“ zu helfen (ebd., S. 12537). Die Aussagen des Bundesministers, jeder beschäftige durch die Art, wie er lebe, 50 Sklaven, „wir“ beuteten Ressourcen und Menschen aus und ließen niemanden an „unserem“ Wohlstand teilhaben, empfinden die Fragesteller als gegenüber den hart arbeitenden und steuerzahlenden Bürgern in Deutschland anmaßend und ungerecht. 1. Um welche Bayreuther Wissenschaftlerin handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung, die ausgerechnet haben soll, „jeder von uns“ beschäftige durch die Art, wie er lebe, „50 Sklaven“? Auf welche wissenschaftliche Grundlage stützt sich diese Behauptung? Bundesminister Dr. Gerd Müller bezog sich in der Debatte auf das Buch von Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmann „Wie viele Sklaven halten Sie? Über Globalisierung und Moral.“ 2. Wie definiert die Bundesregierung „Sklaven“? Die Bundesregierung unterscheidet zwischen Sklaverei im ursprünglichen Sinn und sogenannter moderner Sklaverei. Sklaverei im ursprünglichen Sinn (gemäß Internationalen Übereinkommen zu Sklaverei von 1926) bedeutet, dass der Sklavenhalter sachenrechtliches Eigentum an der versklavten Person hat und dieser die Rechtsfähigkeit fehlt. Moderne Sklaverei geht über die Vorstellung von Eigentum hinaus und beinhaltet Formen absoluter Kontrolle wie z. B. wirtschaftliche Ausbeutung durch extrem niedrige Löhne und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung der Opfer, Zwangsarbeit, Zwangsprostitution, Zwangsheirat, die schlimmsten Formen von Kinderarbeit, die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten und Formen traditioneller oder moderner Schuldknechtschaft. 3. Wie unterscheidet sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Art eines Bundesministers zu leben von der Lebensart eines Durchschnittsverdieners in Deutschland? Nachhaltigkeit kann nur als Gemeinschaftswerk gelingen. Sie nützt jedem von uns und jeder kann etwas dazu beitragen, auch bereits mit kleinen Maßnahmen im Alltag. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12572 4. Handelt es sich bei Syrien um ein Zielland von „Perspektive Heimat“? Wenn ja, seit wann, und in welchem öffentlich zugänglichen Dokument ist Syrien als solches aufgeführt? Wenn nein, warum hat Bundesminister Dr. Gerd Müller „Perspektive Heimat “ mit Syrien in Verbindung gebracht? Syrien ist kein Zielland des Programms „Perspektive Heimat“. Bundesminister Dr. Gerd Müller hat die Unterstützung Deutschlands für Syrien und seine Nachbarländer in einen Gesamtzusammenhang gestellt. 5. In welchem Umfang ist Deutschland im Rahmen von „Perspektive Heimat“ in Syrien aktiv? a) Hat ein Migrationsberatungszentrum in Syrien seine Arbeit aufgenommen oder ist die Einrichtung eines solchen Migrationsberatungszentrums in Syrien geplant? b) Gehört Syrien zu den dreizehn Partnerregierungen, mit denen das BMZ einen „Dialog zum Thema Migration aufgenommen oder verstärkt“ (www.bmz.de/de/themen/Sonderinitiative-Fluchtursachen-bekaempfen- Fluechtlinge-reintegrieren/deutsche_politik/perspektive_heimat/index.jsp) hat? Um welche 13 Partnerregierungen handelt es sich im Einzelnen? c) Wie viele Einheimische in Syrien wurden durch Maßnahmen im Rahmen von „Perspektive Heimat“ erreicht? d) Wie viele Einheimische in Syrien wurden in Beschäftigung, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt oder bei der Existenzgründung unterstützt ? e) Wie viele syrische Rückkehrer aus Deutschland wurden im Rahmen von „Perspektive Heimat“ in Arbeitsplätze, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt oder bei der Existenzgründung unterstützt? f) Wie viele syrische Rückkehrer aus Drittländern wurden im Rahmen von „Perspektive Heimat“ in Arbeitsplätze, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt oder bei der Existenzgründung unterstützt? Die Fragen 5 bis 5f werden zusammen beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Wie viele Menschen konkret können nur aufgrund des Programms „Perspektive Heimat“ überleben (bitte nach Zielländern aufschlüsseln)? Insgesamt wurden mit Stand 30. Juni 2019 in den 13 Zielländern von „Perspektive Heimat“ rund 372 200 Maßnahmen in den Bereichen Qualifizierung, Beschäftigung , Existenzgründung, (psycho-)soziale Begleitung für Rückkehrende (aus Deutschland und Drittländern) sowie die lokale Bevölkerung durchgeführt. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/10018 sowie auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/12572 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie kommen die 50 Cent am Tag, von denen das Überleben eines Flüchtlingskindes oder eines Erwachsenen im Rahmen von „Perspektive Heimat“ finanziert würde, rechnerisch konkret zustande? Welche Daten bilden die Grundlage dieser Rechnung? Die Bundesregierung verweist auf die Kalkulationen des Welternährungsprogramms (World Food Programme, WFP: docs.wfp.org/api/documents/b6901296 65bb485c8e8555253d992ce4/download/?_ga=2.214274135.197691069.156569 0113-457438361.1565690113). Die Kostenberechnung im Rahmen des WFP- Programms in Syrien ergibt, dass es das WFP 50 USD-Cent kostet, einen Menschen in Syrien pro Tag mit Ernährungshilfe zu unterstützen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 8. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass es im Hinblick auf illegale Migration auch abschreckend wirken könnte, wenn Rückkehrer „als Loser irgendwo an der Gangway abgeladen werden“? Die Bundesregierung stimmt dieser Aussage nicht zu. 9. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung sinnvoll, Migrationswillige von illegaler Migration abzuschrecken? Wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen? Wenn nein, warum nicht? Nach Ansicht der Bundesregierung ist es wichtig, über die Gefahren irregulärer Migration aufzuklären und auf die rechtlichen Voraussetzungen für eine legale Migration nach Deutschland hinzuweisen. Darüber hinaus sind Bleibeperspektiven im Herkunftsland zu schaffen. 10. Sind „Flüchtlinge, die zurückkehren müssen“ nach Kenntnis der Bundesregierung aufenthaltsrechtlich korrekt als „Flüchtlinge“ zu bezeichnen? Die Regierungsbefragung ist eine Form der politischen Auseinandersetzung. In diesem Verständnis wurde der Begriff „Flüchtlinge“ verwendet. 11. Befürwortet die Bundesregierung die Einführung eines Mindestpreises für Bananen? Wenn ja, in welcher Höhe? Nein. Ziel der Entwicklungspolitik der Bundesregierung sind existenzsichernde Einkommen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Menschen in den Produktionsländern. Dies ist Voraussetzung für eine selbstbestimmte Entwicklung . 12. Zu wann plant die Bundesregierung die Einführung eines Mindestpreises für Bananen? 13. Welche konkreten Auswirkungen auf die Menschen in den Produktionsländern hätte nach Kenntnis der Bundesregierung ein Mindestpreis für Bananen in Deutschland? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333