Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 16. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1278 19. Wahlperiode 20.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker, Nicole Bauer, Karlheinz Busen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/1049 – Jagdliche Maßnahmen gegen die Schweinepest V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Afrikanische Schweinepest (ASP) dringt aktuell über Weißrussland und Ostpolen in Richtung Deutschland vor. Für den Menschen ist die Krankheit ungefährlich , jedoch sind sie an der großräumigen Verbreitung maßgeblich beteiligt . Diese geschieht neben dem direkten Kontakt mit infizierten Tieren auch über weggeworfene Lebensmittel, etwa mit dem Virus infizierte Wildschweinschinken oder andere Schweinefleischprodukte. Bereits das Auftreten der ASP im Wildschweinbestand reicht aus, um ein Exportverbot von Schweinefleisch in Staaten außerhalb der EU herbeizuführen. Allein im Jahr 2016 wurden 800 000 Tonnen Schweinefleisch- und Nebenprodukte in Drittländer exportiert, die von einem Exportverbot betroffen wären. 90 Prozent der befallenen Schweine sterben innerhalb von zehn Tagen, einen Impfstoff gibt es bisher nicht. Daher können ausschließlich hygienische Maßnahmen und die Reduktion der Wildschweinbestände zur Vorbeugung und Bekämpfung eingesetzt werden. Zudem zeichnet sich das ASP-Virus durch eine große Beständigkeit aus: In kontaminierten Waldböden war es über sechs Monate und in verarbeiteten tierischen Produkten über ein Jahr nachweisbar. Besonders problematisch wird die Situation durch den Umstand, dass das Virus Wild- und Hausschweine gleichermaßen befällt (www.bauernverband.de/aspforderungen ; www.tierseucheninfo.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/afrika nische_schweinepest/afrikanische-schweinepest-21709.html; www.bz-berlin. de/berlin/umland/die-frage-ist-nicht-ob-die-seuche-zu-uns-kommt-sondern-wann). In Deutschland werden jedes Jahr 60 Millionen Schweine gezüchtet, gemästet und geschlachtet. Für diese Tiere und die gesamte Wertschöpfungskette der Schweinefleischproduktion besteht damit eine erhebliche Gefahr, sowohl aus Tierschutz- als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Es ist zu befürchten, dass der Handel mit Schweinefleisch im Fall des ASP-Ausbruchs in Deutschland komplett zusammenbricht (www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Was-ist-ein- Hybridschwein,hybridschweine100.html; https://vebu.de/tiere-umwelt/massen tierhaltung-ausbeutung-von-tieren/schweinemast-schweine-in-schweinehaltung/). Aus diesen Gründen ist präventives Handeln geboten. Um die Gefahr einer Ausbreitung des Virus zu verringern, müssen die Schwarzwildbestände durch eine Intensivierung der Jagd auf ein dem Problem angemessenes Ausmaß limitiert Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1278 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode werden. Insbesondere der möglichst ganzjährig erlaubte Abschuss von Frischlingen und Überläufern, also einjährigen Wildschweinen, kann effizient die Population reduzieren und verlangsamt die Ausbreitung der Schweinepest, da die noch schwachen Tiere besonders anfällig für Krankheiten sind. Neben der gebotenen Überprüfung sachlicher und zeitlicher Beschränkungen der Schwarzwildbejagung durch die Länder muss der Bund auch die waffen-, jagd- und tierschutzrechtlichen Rahmenbedingungen für besondere Maßnahmen klären, wie sie etwa der mögliche Einsatz von Nachtsichttechnik oder sogenannten Saufängen darstellt. Hierbei sollte auch geklärt werden, inwiefern bestimmte Maßnahmen schon in der Phase der Seuchenprävention zum Einsatz kommen sollten bzw., mit Blick auf Tierschutz und Waidgerechtigkeit als Mittel der letzten Wahl für den akuten Seuchenfall zu betrachten sind. 1. Wie bewertet die Bundesregierung mit Blick auf § 4 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes und § 1 Absatz 3 des Bundesjagdgesetzes die von einzelnen Landesregierungen auf Grundlage von § 19 Absatz 1 Nummer 7 des Bundesjagdgesetzes geplanten flächenhaften Genehmigungen des Einsatzes von Lebendfallen für Wildschweine (Saufänge) zum Zweck des massenhaften Tötens der gefangenen Tiere? Der Bundesregierung liegen keine Hinweise darauf vor, dass derzeit bundesweit flächenhaft ein Einsatz von Lebendfallen für Wildschweine (Saufänge) vorgesehen ist. Nach § 19 Absatz 1 Nummer 7 des Bundesjagdgesetzes ist das Anlegen von Saufängen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde zulässig. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist der Tierschutz entsprechend zu berücksichtigen und ein tierschutzgerechtes Fangen und Töten der betroffenen Wildschweine sicherzustellen (siehe z. B. Praxisleitfaden des Landes Brandenburg zum mobilen Fang von Schwarzwild (MLUL 20181)). Soweit der Bundesregierung bekannt, kommen Saufänge in Deutschland bislang nur in sehr begrenztem Umfang zum Einsatz. Es wird geschätzt, dass derzeit von der Gesamtstrecke des Schwarzwildes in Deutschland nur etwa ein Prozent mit Hilfe von Saufängen erlegt wird. Saufänge sind zum einen Lebendfallen, die bei sachgerechter Anwendung unversehrt fangen und ein Freilassen der gefangenen Tiere ermöglichen. Zum anderen stellen Saufänge – mit Blick auf die in den Nachbarländern Polen und der Tschechischen Republik vorkommende Afrikanische Schweinepest und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, die Schwarzwildbestände aus seuchenpräventiven Gründen zu reduzieren – eine geeignete Maßnahme zur Ergänzung der bestehenden Jagdarten (Ansitzjagd, Bewegungsjagd) dar. Vorzüge des Saufangs sind z. B. die Möglichkeit, ganze Rotten bzw. Bachen mit all ihren Frischlingen zu fangen und ggf. zu töten, ein geringes Risiko von Fehlschüssen, der Entfall von Nachsuchen sowie insgesamt eine geringere Beunruhigung des Wildes (auch in anderen Teilen des Jagdreviers). 1 www.mlul.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.541006.de Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1278 2. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die behördliche Genehmigung von Saufängen eine tierseuchenhygienisch zu begründende Ultima Ratio darstellen sollte, oder sieht sie den verstärkten Einsatz von Saufängen schon in der Phase der vorausschauenden Tierseuchenprävention im Sinne von Tierschutz, Waidgerechtigkeit und Hege als probates Mittel an? Der Einsatz von Fallen kann – neben anderen Jagdmethoden – eine Möglichkeit sein, die Schwarzwildbestände deutlich zu reduzieren. Erfahrungen mit dem Falleneinsatz liegen aus einigen Bundesländern vor. Dabei wird dem tierschutzgerechten Einsatz höchste Bedeutung zugemessen. Fallen sind aber weder ein Allheilmittel noch Ultima Ratio bei der Reduzierung des Schwarzwildes. Sie stehen gleichbedeutend mit Ansitz- und Bewegungsjagd. Örtlichkeit und fachgerechte Handhabung entscheiden über die Zweckmäßigkeit der Verwendung. Umfassende und langjährige Erfahrungen zeigen, dass Saufänge als ein effektives Instrument zur Regulation in Wildschweinbeständen eingesetzt werden können. 3. Welche gesicherten wildbiologischen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die von Fachleuten zum Teil kontrovers diskutierte Wirksamkeit der Schwarzwildbejagung mit Hilfe sogenannter Saufänge? Wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit der Schwarzwildbejagung mit Hilfe sogenannter Saufänge, insbesondere zur Effektivität im Vergleich zu anderen Jagdarten, liegen nach Kenntnisstand der Bundesregierung nicht vor. Die vorliegenden Erfahrungen in einigen Bundesländern zeigen, dass Vergleiche und generelle Aussagen hierzu schwierig sind. Stets kommt es auf die jeweilige konkrete Situation (z. B. Schwarzwildbestand, saisonales Nahrungsangebot etc.) an, ob Saufänge überhaupt zum Einsatz kommen und Erfolg haben können. Fest steht jedoch, dass Saufänge – wie auch andere Jagdarten – eine sachkundige Vorbereitung und intensive Betreuung erfordern. Bei sachgerechter Anwendung können Saufänge – im Zusammenspiel mit anderen Jagdarten – effizient zur Bejagung und Regulierung lokaler Wildschweinpopulationen beitragen. 4. In welchen Gebieten und für welchen Zeitraum sind Saufänge derzeit genehmigt ? Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Daten hierzu vor. 5. Welche jagd- und waffenrechtlich rechtssicheren Wege zur Erlangung von Sondergenehmigungen zum Montieren legal zu erwerbender Nachtsichtvorsatzgeräte auf die Zielfernrohre von Jagdwaffen bestehen bereits heute? Nachtsicht- und Nachtzielgeräte mit Montagevorrichtung für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und -aufsätze für Zielfernrohre sind gemäß Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.4.2 des Waffengesetzes verbotene Gegenstände, sofern sie einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen. Solche verbotenen Gegenstände dürfen nach § 40 Absatz 1 des Waffengesetzes grundsätzlich weder geführt noch besessen werden. Von diesem Grundsatz sind zwei Ausnahmen möglich: Nach § 40 Absatz 2 des Waffengesetzes ist das Verbot nicht anzuwenden, wenn der verbotene Gegenstand im Rahmen eines gerichtlichen oder behördlichen Auftrags (öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis) genutzt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1278 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Außerdem kann das Bundeskriminalamt gemäß § 40 Absatz 4 des Waffengesetzes allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn die Interessen des Antragstellers auf Grund besonderer Umstände das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Verbots überwiegen. Dafür kommen insbesondere wissenschaftliche oder Forschungszwecke oder die Erweiterung einer kulturhistorischen Sammlung in Betracht, wenn dadurch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist. Eine größere Zahl von Ausnahmeregelungen für den Umgang mit verbotenen Nachtsichtvorsatzgeräten bei der Jagd würde zu einer substantiellen Aufweichung der Verbotsnorm führen. 6. Sind nach Auffassung der Bundesregierung in diesem Hinblick angesichts der allgemein angestrebten Intensivierung der Jagd auf Schwarzwild Anpassungen zu erwägen, und wenn ja, welche? 7. Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund Forderungen, im Zusammenhang mit der Afrikanischen Schweinepest auch den jagdlichen Einsatz von Nachtzieltechnik zu ermöglichen bzw. zu diesem Zweck das sachliche Verbot nach § 19 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a des Bundesjagdgesetzes und § 2 Absatz 3 des Waffengesetzes in Verbindung mit Anlage 1 Unterabschnitt 1 Nummer 4.3 und Anlage 2 Nummer 1.2.4.2 zu lockern? Die Fragen 6 und 7 werden im Zusammenhang beantwortet. Nach Auffassung der Bundesregierung bietet das geltende Recht zurzeit ausreichende Möglichkeiten für eine effektive Jagd auf Schwarzwild. Über die kürzlich in Kraft getretene Aufhebung der Schonzeit für Schwarzwild in der Bundesjagdzeitenverordnung hinaus erscheinen weitere Änderungen der bundesrechtlichen Regelungen derzeit nicht erforderlich. Es besteht keine Veranlassung, das waffenrechtliche und jagdrechtliche Verbot von Nachtzieltechnik zu lockern. 8. Inwieweit sieht die Bundesregierung Drohnen und Wärmebildkameras als ein geeignetes technisches Hilfsmittel bei der Wildschweinjagd an, beispielsweise zur Vorabprüfung zu bejagender Flächen? Drohnen (1) und Wärmebildkameras (2) können – sofern die technische Ausstattung und entsprechende Bedienkenntnisse vorhanden sind – dazu beitragen, da, wo sich die Gegebenheiten für einen Einsatz dieser Hilfsmittel eignen, örtlich die Ausübung jagdlicher Aufgaben zu erleichtern. Mögliche Anwendungsbereiche sind z. B. die Beobachtung von Wildschweinen sowie das Auffinden verendeter oder kranker Wildschweine (1) in offenem, aber ansonsten unübersichtlichem Gelände (z. B. in landwirtschaftlichen Kulturen, Schilfgebieten) oder die Beobachtung von Wildschweinen (2) bei ungünstigen Lichtverhältnissen (z. B. bei Dämmerung und Nacht). Hierbei sind die Vorgaben des Abschnitts 5a der Luftverkehrs -Ordnung (LuftVO) zum Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen zu beachten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333