Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Doris Achelwilm, Cornelia Möhring, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12373 – Ehegattensplitting und Gleichstellung im deutschen Steuersystem V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2018 betrug die Verdienstlücke (Gender Pay Gap) bei den Brutto- Stundenlöhnen zwischen Männern und Frauen wie in den Vorjahren 2017 und 2016 stabile 21 Prozent (www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/ 2019/03/PD 19_098_621.html). Das Lebenserwerbseinkommen von Frauen liegt in Deutschland durchschnittlich knapp 50 Prozent unter dem der Männer, wie es in einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2016 heißt. „Bereits mit 35 Jahren haben Männer in allen Berufssegmenten mehr Einkommen akkumuliert als Frauen. Mit 55 Jahren beträgt die Lücke in sozialpflegerischen Berufen 36 Prozent und in Verkaufsberufen 61 Prozent“ (www.bmfsfj.de/blob/113474/ cfb3b8047964183010cc5c9e2ae48c2b/dauerhaft-ungleich-berufsspezifischelebenserwerbseinkommen -von-fauen-und-maennern-in-deutschland-data.pdf). Gleichzeitig verwenden Frauen zwischen 18 und 64 Jahren 2,4 Mal so viel Zeit für unbezahlte Fürsorgearbeit und 1,6 Mal so viel Zeit für Hausarbeit wie Männer derselben Altersgruppe (www.boeckler.de/pdf/ p_wsi_report_35_2017.pdf). Die Einkommensbesteuerung knüpft an Einkommensverhältnisse und Erwerbsstrukturen und damit an sozio-ökonomische Ungleichheiten an. Ihre Regelungen wirken deshalb oft auch sehr unterschiedlich auf Männer und Frauen und ihre wirtschaftliche Situation und Lebensrealität. Über steuerliche Belastungen und Entlastungen werden normative Annahmen über Geschlechterverhältnisse gespiegelt und finanzielle Anreize gesetzt, etwa mit Blick auf individuelle Erwerbsentscheidungen oder die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Welche Ressourcen und Aufwendungen in welcher Weise steuerlich erfasst und belastet werden, spielt für Fragen der Geschlechtergerechtigkeit eine große Rolle. Erwerbsstrukturen und Einkommensunterschiede , die geschlechtsspezifisch auseinanderklaffen, bestimmen darüber, wer Zugang zu steuerlichen Vorteilen hat und wie stark profitiert (vgl. dazu Spangenberg, Ulrike/Wersig, Maria (Hg.): Geschlechtergerechtigkeit steuern. Perspektivenwechsel im Steuerrecht; 2013). Niedrige Einkommensgruppen und insbesondere geringfügig Beschäftigte (überwiegend Frauen; vgl. www.boeckler.de/117819_120630.htm) sind vielfach von steuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen. Wer mehr hat, wird dagegen nach gültigem Steuerrecht im Durchschnitt auch stärker entlastet. Insbesondere bei Abzügen Deutscher Bundestag Drucksache 19/12857 19. Wahlperiode 30.08.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. von der Bemessungsgrundlage z. B. durch Vorsorgeaufwendungen steigt mit der Höhe des zu versteuernden Einkommens auch die Höhe ersparter Steuerbelastungen . Im Mittelpunkt vieler Debatten um eine geschlechtergerechte Besteuerung steht in Deutschland seit Jahrzehnten das Ehegattensplitting, das regelmäßig sowohl auf nationaler als auch auf europäischer bzw. internationaler Ebene (u. a. Erster und Zweiter Gleichstellungsbericht, Empfehlung 50 des CEDAW- Ausschusses der UN an Deutschland vom 9. März 2017, www.institut-fuermenschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ CEDAW/CEDAW_state_report_7_8_abschliessende-bemerkungen_de.pdf; Europäische Kommission, u. a. https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/ file_import/2019-european-semester-country-report-germany_en.pdf; OECD, u. a. www.oecd-ilibrary.org/docserver/9789264263420-de.pdf? expires=1559565658&id=id&accname=ocid177634&checksum =F6ED57A0E7D62097BAEA803EB2659970) aufgrund seiner Anreizund Verteilungswirkung zulasten Zweitverdienender kritisiert wird. Auch der wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) fasst in einem Gutachten aus dem Jahr 2018 zusammen: „Damit begünstigt das Ehegattensplitting im Vergleich zur Einzelveranlagung die Spezialisierung in der Ehe im Sinne der Erwerbstätigkeit des einen Partners und der Bereitstellung häuslicher Dienste durch den anderen Partner. Es wirkt damit der politisch erwünschten Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegen“ (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/ Geschaeftsbereich/Wissenschaftlicher_Beirat/Gutachten_und_ Stellungnahmen/Ausgewaehlte_Texte/2018-09-27-Gutachten-Besteuerungvon -Ehegatten-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Wie eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2016 feststellt, wächst „im Zeitraum zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr […] die Entgeltkluft zwischen Frauen und Männern stetig von 9 Prozent auf 27 Prozent. Gerade im Alter zwischen 30 und 50 Jahren werden viele Frauen zunehmend vom Einkommen ihres Partners oder staatlichen Transferleistungen ökonomisch abhängig, können trotz beruflicher Qualifikation und hoher Motivation ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig erwirtschaften“ (www.bmfsfj .de/blob/94354/4c4555e44cdd10f2b6654 df80c982c29/mittenim -leben-wuensche-und-lebenswirklichkeiten-von-frauen-zwischen-30- und-50-jahren-data.pdf). Verheiratete Frauen in diesem Alter sind davon besonders betroffen. 63 Prozent verfügen nur über ein Einkommen von unter 1 000 Euro, 19 Prozent haben gar kein eigenes Einkommen. Beim Ehegattensplitting wird das Einkommen beider Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner zusammen veranlagt. Die Einkommensteuer wird ermittelt, indem der Steuertarif auf das halbierte Haushaltseinkommen angewandt und der daraus resultierende Steuerbetrag verdoppelt wird. Zu steuervergünstigenden Effekten kommt es am stärksten dann, wenn nur ein Ehepartner bzw. eine Ehepartnerin ein Erwerbseinkommen bezieht oder der Lohnunterschied zwischen den Partnerinnen bzw. Partner besonders groß ist. In der Praxis einer heterosexuellen „Normalverdiener-Ehe“ hat diese Anreizstruktur oft zur Folge, dass die Ehefrau „zu Hause bleibt“ oder mit einem Zuverdienst-Job zum Haushaltseinkommen „beiträgt“, während der Ehemann der Haupt- oder Alleinverdiener ist. Dieses traditionelle Ehe- und Familienmodell wird nicht automatisch und direkt begünstigt, auch Ehefrauen können der stärker verdienende Part sein. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Normen und Strukturen, nach denen überwiegend Frauen die unbezahlte Familien- und Sorgeverantwortung tragen oder in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, stützt das Ehegattensplitting jedoch in der Regel traditionelle Familienmodelle und Einkommenshierarchien . Die steuerlichen Entlastungen aus dem Ehegattensplitting werden unabhängig von Kindern und entsprechenden Mehrbedarfen im Haushalt gewährt . Alleinerziehende und andere Verantwortungsgemeinschaften ohne Trauschein sind von diesen Vorteilen prinzipiell ausgeschlossen, weil das entsprechende Besteuerungsverfahren an das Institut der Ehe gebunden ist (vgl. Wersig, Maria: Der lange Schatten der Hausfrauenehe. Zur Reformresistenz des Ehegattensplitting (2013); vgl. außerdem die im Auftrag der Sachverstän- Drucksache 19/12857 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode digenkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung von Ulrike Spangenberg erarbeitete Expertise zum Ehegattensplitting (2016): www.gleichstellungsbericht.de/de/article/51.expertisen.html). Das Ehegattensplitting mindert die Steuereinnahmen von Bund und Ländern um rund 21 Mrd. Euro jährlich, wobei mit 92,1 Prozent vor allem Ehepaare in Westdeutschland profitieren (www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/ PDF_Dokumente/2 019/Antwort_Eheg attensplitting__1_. pdf). Jüngst forderte das Europäische Parlament in seiner im Januar 2019 verabschiedeten Entschließung „Gleichstellung der Geschlechter und Steuerpolitik in der EU“ die Mitgliedstaaten dazu auf, unter Beibehaltung des progressiven Charakters der Einkommensteuer „schrittweise die Besteuerung der individuellen Einkommen einzuführen“. Das Europäische Parlament „betont, dass die Steuersysteme nicht länger die Annahme zur Grundlage haben sollten, dass Haushalte ihre Mittel zusammenfassen und zu gleichen Teilen aufteilen, und dass für die Verwirklichung von Steuergerechtigkeit für Frauen die Besteuerung der individuellen Einkommen von entscheidender Bedeutung ist“. Hinsichtlich der geschlech-terdifferenzierten Auswirkungen des Steuersystems seien „weitere Forschungsarbeiten und eine verbesserte Erhebung von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten erforderlich“ (www.europarl.europa.eu/ doceo/document/TA-8-2019-0014_DE.html). Wie hoch ist in den zehn aktuellsten statistisch zur Verfügung stehenden Ver-anlagungszeiträumen (Steuerjahren) jeweils die Anzahl lohn- und einkommensteuerpflichtiger Frauen und Männer (bitte, soweit möglich, zusätzlich nach Einzel- und Zusammenveranlagten und nach Einkunftsarten sowie jeweils unter der Angabe der absoluten Zahlen und in Prozent an allen Steuerpflichtigen sowie unter Angabe des Anteils der steuerpflichtigen Frauen in Relation zu den steuerpflichtigen Männern aufschlüsseln )? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  1. Amtliche Lohn- und Einkommensteuerstatistiken liegen für den erfragten Zeitraum ab 2004 im dreijährigen Rhythmus und erst ab 2012 jährlich vor. Auf Grund der den Steuerpflichtigen gewährten Fristen zur Abgabe der Steuerklärungen und der notwendigen Bearbeitungszeiten in den Finanzämtern sind aktuell nur Ergebnisse bis zum Veranlagungsjahr 2015 verfügbar. Das Geschlecht ist für die Veranlagung zur Einkommensteuer unerheblich und wird deshalb nicht explizit festgestellt. Für die gewünschte Auswertung der Einkommensteuerstatistik wird dieses Merkmal daher technisch abgeleitet. Für einzeln oder getrennt Veranlagte wird das Geschlecht aus dem Anredeschlüssel bei der Finanzverwaltung ermittelt. Bei Zusammenveranlagung wird der Steuerfall A als Mann geschlüsselt und der Fall B als Frau. Ausnahmen gibt es für eingetragene Lebenspartnerschaften (Einkommensteuerstatistik 2015). In Folge dieser Vorgehensweise ist die Qualität des Merkmals eingeschränkt. Da zudem nicht ersichtlich ist, worauf sich die Anteile und Relation der Frauen zu den Männern genau beziehen sollen, erfolgt hier keine Angabe. Die unter dieser Prämisse erstellten Ergebnisse der Sonderauswertungen des Statistischen Bundesamtes sind der Tabelle in Anlage 1 zu entnehmen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12857 Wie hoch sind in den zehn aktuellsten statistisch zur Verfügung stehenden Steuerjahren jeweils die Einkünfte vor Abzug der Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben aus den einzelnen Einkunftsarten (z. B. Einkünfte aus unselbständiger bzw. selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermögen) von steuerpflichtigen Frauen und von steuerpflichtigen Männer (bitte insgesamt und pro Kopf sowie, soweit möglich, zusätzlich nach Einzel- und Zusammenveranlagten sowie jeweils unter der Angabe der absoluten Zahlen und in Prozent an allen Steuerpflichtigen sowie unter Angabe des Anteils der steuerpflichtigen Frauen in Relation zu den steuerpflichtigen Männern aufschlüsseln)? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  2. In der amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik liegen für alle Einkunftsarten – außer für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – lediglich Angaben zu den Einkünften nach Abzug der Betriebsausgaben/Werbungskosten vor. Eine Auswertung nach Einnahmen vor Abzug von Betriebsausgaben/ Werbungskosten ist deshalb nicht möglich. Wie hoch sind in den zehn aktuellsten statistisch zur Verfügung stehenden Steuerjahren jeweils die Anzahl und die Lohnsumme lohnsteuerpflichtiger Frauen und Männer insgesamt und pro Kopf (bitte zusätzlich nach Einzel- und Zusammenveranlagten und nach Altersgruppen ,18–29‘, ,30– 50‘, ,51– 67‘, ,68 und darüber‘ sowie jeweils unter der Angabe der absoluten Zahlen und in Prozent an allen Steuerpflichtigen sowie unter Angabe des Anteils der steuerpflichtigen Frauen in Relation zu den steuerpflichtigen Männern aufschlüsseln)? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  3. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Die unter dieser Prämisse erstellten Ergebnisse der Sonderauswertungen des Statistischen Bundesamtes sind der Anlage 2 zu entnehmen. Wie viele Männer und Frauen nehmen in diesem Zeitraum jeweils Steuerfreibeträge , Pauschalen und absetzbare Aufwendungen in Anspruch, und wie hoch fallen jeweils die dadurch bewirkten Steuerentlastungen aus (bitte nach den, gemessen an den Steuermindereinnahmen pro Jahr, fünf größten Steuerentlastungen im Einkommensteuerrecht sowie jeweils unter der Angabe der absoluten Zahlen und in Prozent an allen Steuerpflichtigen bzw. am Gesamtbetrag der Einkünfte sowie unter Angabe des Anteils der steuerpflichtigen Frauen in Relation zu den steuerpflichtigen Männern aufschlüsseln)? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  4. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Bei der Berechnung der Lohnsteuer bzw. bei der Veranlagung zur Einkommensteuer erhalten alle Steuerpflichtigen mindestens die gesetzlich vorgeschriebenen Steuerfrei- bzw. Pauschbeträge. Im Falle einer Zusammenveranlagung kann eine Zuordnung der Abzugsbeträge auf die Ehegatten jedoch nicht immer eindeutig erfolgen (z. B. Sonderausgaben). Drucksache 19/12857 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Trägt das Einkommensteuerrecht nach Kenntnis der Bundesregierung dazu bei, die relativen Bruttoeinkommensdifferenzen zwischen Frauen und Männern zu reduzieren oder zu verstärken (bitte mit Begründung und, soweit verfügbar, unter Verwendung statistischer Angaben beantworten)?  5. Die Progressivität des deutschen Einkommensteuerrechts wirkt im Zusammenhang mit dem Transfersystem umverteilend und kommt daher den Beziehern geringerer Einkommen zu Gute. Somit trägt das Einkommensteuerrecht dazu bei, Bruttoeinkommensdifferenzen zu reduzieren. Inwiefern ergeben sich dabei nach Kenntnis der Bundesregierung abhängig vom Familienstand unterschiedlich starke Effekte? Inwiefern ergeben sich dabei nach Kenntnis der Bundesregierung unterschiedliche Effekte in west- und ostdeutschen Bundesländern? a) b) Diesbezügliche Daten liegen nicht vor. Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen . Wie hoch ist jeweils die Einkommensteuerbelastung absolut sowie in Relation zum Bruttoeinkommen bei Männern und Frauen (bitte nach Familienstand und Dezilen des Bruttoeinkommens aufschlüsseln)? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  6. Eine Aufteilung der Einkommensteuerbelastung auf Männer und Frauen ist nicht möglich, weil im Falle einer Zusammenveranlagung eine personenbezogene Zuordnung der Einkommensteuerbelastung nicht erfolgen kann. Wie hoch ist jeweils die Gesamtsteuerbelastung absolut sowie in Relation zum Bruttoeinkommen bei Männern und Frauen (bitte nach Familienstand und Dezilen des Bruttoeinkommens aufschlüsseln)? Falls der Bundesregierung keine statistischen Daten zur Verfügung stehen , welche Schätzungen sind der Bundesregierung bekannt?  7. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Zu den übrigen Steuerarten liegen keine Daten oder Schätzungen vor. Wie beurteilt die Bundesregierung die Erwägung des Europäischen Parlaments , „dass Veränderungen hin zu degressiven Steuern bei der Besteuerung von Arbeit, der Unternehmen, des Verbrauchs und der Vermögen, die in den vergangenen Jahrzehnten in allen Mitgliedstaaten beobachtet wurden, eine Schwächung der Umverteilungsfunktion der Steuersysteme zur Folge hatten und den Trend der zunehmenden Einkommensungleichheit unterstützt haben“ und „durch diese strukturelle Veränderung der Besteuerung die Steuerlast hin zu einkommensschwachen Gruppen und daher insbesondere hin zu Frauen verschoben wurde“ (www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-8-2019-0014_DE.pdf  8. Die Bundesregierung verfolgt eine Gesamtstrategie für eine sozial gerechte und wachstumsfreundliche Steuer- und Abgabenpolitik, die insbesondere Familien sowie Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen finanziell besserstellt . Hierzu hat die Bundesregierung bereits wichtige Maßnahmen – wie zum Beispiel das Familienentlastungsgesetz – umgesetzt, weitere Maßnahmen be- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12857 finden sich in Vorbereitung. Damit wird die Umverteilungsfunktion des deutschen Steuerrechts gestärkt. Daher hat die Bundesregierung auch konstruktiv an der Weiterentwicklung des OECD „tax and growth ranking“ hin zu einem „inclusive growth“ Ansatzes mitgearbeitet. Zur Vorbereitung der deutschen EU- Ratspräsidentschaft hat das Bundesfinanzministerium im März 2019 zudem eine Fachtagung „Public finance and inclusive growth in Europe“ durchgeführt. Den Erwägungen des Europäischen Parlaments wurde und wird Rechnung getragen . Bei wie vielen Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften gilt jeweils der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der Güterstand der Gütergemeinschaft oder der Güterstand der Gütertrennung (bitte in Prozent angeben und in absoluten Zahlen; bitte nach Zusammen- und Einzelveranlagung aufschlüsseln)?  9. Der Bundesregierung liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Wie viele Frauen und Männer nutzen nach Kenntnis der Bundesregierung das Faktorverfahren? Haben die Reformen, wie die Verlängerung des Antragszeitraums, zu einer verstärkten Inanspruchnahme geführt? 10. Aus der ELStAM-Datenbank ergeben sich folgende Zahlen: Jahr 2015 2016 2017 2018 Anzahl der Bürger mit Familienstand verheiratetet oder Lebenspartnerschaft ; Fälle, in denen beide ein aktives Arbeitsverhältnis haben 5.742.619 5.976.485 6.563.746 6.714.072 Nutzung des Faktorverfahrens in diesen Fällen 36.273 37.795 38.608 39.267 Prozentualer Anteil 0,632 % 0,632 % 0,588 % 0,585 % Im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes vom 28. Juli 2015 wurde das Faktorverfahren dahingehend vereinfacht, dass es nicht mehr jährlich beantragt werden muss, sondern nur noch alle zwei Jahre. Nach der gesetzlichen Anwendungsregelung ist der zweijährige Faktor erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden. Auswirkungen dieser Maßnahme sind damit aus den oben genannten Zahlen noch nicht abzuleiten. Die Zahlen für das Jahr 2019 liegen voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2020 vor. Des Weiteren wird in Umsetzung des aktuellen Koalitionsvertrags nunmehr in Steuerbescheiden gezielt über die Möglichkeit von der Steuerklasse IV/IV mit Faktor aufgeklärt. Personen mit Steuerklasse III/V wird automatisiert ein Erläuterungstext im Steuerbescheid ausgewiesen, um darüber zu informieren, dass diese Personen auch das Faktorverfahren hätten wählen können. Ob diese Maßnahme eine Wirkung entfaltet, lässt sich ebenfalls aus den oben genannten Zahlen noch nicht ableiten. Drucksache 19/12857 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Welche Auffassung vertritt das Bundesministerium der Finanzen zur Streichung der Steuerklasse V? 11. Eine Streichung der Steuerklasse V ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer gleichstellungsorientierten Ausgestaltung der Steuerformulare zu rechnen? 12. Durch die Schaffung der IT-technischen Voraussetzungen soll künftig eine gendergerechte Gestaltung der Steuererklärungsvordrucke und Steuerbescheide ermöglicht werden. Die Änderung der angelegten Grundstrukturen bedarf tiefgreifender Eingriffe in die Programmarchitektur. Darüber hinaus sind sämtliche nach innen und außen wirkenden Texte zu überprüfen, um sie diskriminierungsfrei und neutral zu formulieren. Das beinhaltet auch die Anrede und Darstellung von Personen des sogenannten dritten Geschlechts („divers“). Die Umsetzung dieser bundesweiten Aufgabe, die Anpassungen einheitlich in mehreren Verfahren erforderlich macht und dafür umfangreiche personelle und finanzielle Ressourcen benötigt, wird in den entsprechenden Programmen für 2021 angestrebt, so dass anschließend auch eine Umsetzung in den Steuererklärungsvordrucken (Papiererklärung und elektronisch über ELSTER) und in den Steuerbescheiden erfolgen kann. Verfolgt die Bundesregierung mit ihrer Steuerpolitik Gleichstellungsziele, und wenn ja, wo sind diese Ziele festgelegt, mit welchen Maßnahmen und Instrumenten plant die Bundesregierung , diese Ziele umzusetzen und wie genau und durch wen erfolgt ein Monitoring? 13. a) b) c) Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein wichtiges Ziel der Bundesregierung. Sie ist im Koalitionsvertrag als eine Frage der Gerechtigkeit fest verankert. Gesetzentwürfe werden stets einer gleichstellungspolitischen Relevanzprüfung unterzogen. Dabei ergeben sich bezüglich der Steuergesetzgebung regelmäßig keine Anhaltspunkte, dass Frauen und Männer von einem Rechtsetzungsvorhaben unterschiedlich betroffen sein könnten. Die gleichstellungspolitische Wirkung der Steuerpolitik wird im Rahmen von Forschungsvorhaben für die jeweiligen Reformoptionen regelmäßig wissenschaftlich überprüft. Zukünftig werden die Einkommensteuererklärungsvordrucke gendergerecht gestaltet. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 12 verwiesen. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung die Ermöglichung individueller Existenzsicherung als gleichstellungspolitisches Ziel ihrer Steuerpolitik? Mit welchen Maßnahmen und Instrumenten verfolgt sie ggf. dieses Ziel? Wenn keine Maßnahmen erfolgen, warum nicht? 14. Existenzsicherung ist unabhängig vom Geschlecht ein Ziel der Steuerpolitik, welches z. B. durch die Steuerfreistellung des Existenzminimums verfolgt wird. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/12857 Wie plant die Bundesregierung, auf die vom Europäischen Parlament am 15. Januar 2019 verabschiedete Entschließung „Gleichstellung der Geschlechter und Steuerpolitik in der EU“ (www.europarl.europa.eu/doceo/ document/TA-8-2019-0014_DE.html), insbesondere auf die an die Mitgliedstaaten gerichteten Forderungen, zu reagieren? 15. Die Bundesregierung nimmt die Forderung des Europäischen Parlaments zur Kenntnis. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 und die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Christine Lambrecht auf die Schriftlichen Fragen 3 und 4 der Abgeordneten Doris Achelwilm auf Bundestagsdrucksache 19/10897 verwiesen. Plant die Bundesregierung, Daten der Lohn- und Einkommensteuerstatistik regelmäßig geschlechterdifferenziert zu erheben, auszuwerten und zu veröffentlichen, wie das etwa Österreich im Rahmen der Umsetzung des Gender Mainstreamings eingeführt hat (bitte mit Begründung beantworteten )? 16. Nein, solche Planungen gibt es nicht. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. In Fällen einer Zusammenveranlagung sind eine Zuordnung gemeinsamer Aufwendungen und eine Aufteilung der Steuerlast nicht möglich. Plant die Bundesregierung, „geschlechtsspezifischen Datenlücken in den Bereichen Verbrauchsmuster und Anwendung von ermäßigten Steuersätzen , Verteilung von Unternehmereinkommen und damit verbundene Steuerzahlungen sowie Verteilung von Nettovermögen und Kapitalerträgen und damit verbundene Steuerzahlungen zu schließen“ (www.europarl.europa .eu/doceo/document/TA-8-2019-0014_DE.pdf; bitte mit Begründung beantworten)? 17. Nein. Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. Welche geschlechterdifferenzierten Analysen des Steuersystems bzw. einzelner Steuerarten oder Steuermechanismen hat die Bundesregierung gefördert oder plant sie zu fördern? 18. Grundsätzlich wird aus Sicht von Gender Mainstreaming die Geschlechterrelevanz für jedes Forschungsvorhaben geprüft. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Wie setzt das Bundesministerium der Finanzen die in § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) verankerte Pflicht zur Umsetzung von Gender Mainstreaming im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren , Forschung etc. um? Inwiefern wurden gleichstellungsorientierte Folgenabschätzungen zu den Verteilungs- und Anreizwirkungen von Steuern, insbesondere des Ehegattensplittings , durchgeführt? 19. Nach § 2 GGO ist die Gleichstellung von Frauen und Männern durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen gefördert werden (Gender Mainstreaming). Eine Gesetzesfolgenabschätzung wird regelmäßig im Zusammenhang mit Gesetzgebungsvorhaben zur Neuregelung/Änderung von Vor- Drucksache 19/12857 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode schriften vorgenommen. In diesem Zusammenhang wird regelmäßig auch eine Relevanzprüfung hinsichtlich möglicher Gleichstellungswirkungen vorgenommen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen Auf der Grundlage welcher Arbeitshilfen erfolgt die Prüfung gleichstellungsrelevanter Auswirkungen im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) im Bundesministerium der Finanzen? Wie wird sichergestellt, dass das Verfahren der GFA gleichstellungsorientiert gestaltet ist? 20. 21. Die Fragen 20 und 21 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Gender Mainstreaming-relevante Aspekte werden im Rahmen der Relevanzprüfung planmäßig abgefragt. Eine Arbeitshilfe zur geschlechterdifferenzierten Gesetzesfolgenabschätzung des BMFSFJ unterstützt den Arbeitsschritt, Gesetzesentwürfe in Hinblick auf ihre konkreten Wirkungen für Frauen und Männer zu prüfen. Im Rahmen einer Zuwendung an das Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation (InGFA – Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer) wird die Arbeitshilfe aus dem Jahr 2007 zurzeit überarbeitet . Die Vorgabe des § 4 Absatz 3 Satz 1 Bundesgleichstellungsgesetz, nach der Rechtsvorschriften des Bundes die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen sollen, sensibilisiert zusätzlich für Gleichstellungsbelange. Wie stellt das Bundesministerium der Finanzen sicher, dass die mit der Prüfung gleichstellungsrelevanter Auswirkungen im Rahmen der GFA betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die notwendigen Gleichstellungskompetenzen verfügen? 22. Die Darstellung der voraussichtlichen Gesetzesfolgen muss im Benehmen mit den jeweils fachlich zuständigen Bundesministerien erfolgen. Gleichstellungsrelevante Fragen werden mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend abgestimmt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 20 und 21 verwiesen. Welche frauen- bzw. gleichstellungspolitischen Akteurinnen und Akteure, die gleichstellungspolitische Interessen vertreten, werden im Rahmen der GFA standardmäßig beteiligt (bitte mit Begründung beantworten)? 23. Die Beteiligung von Interessenvertretern ist abhängig von der Relevanz des jeweiligen Einzelfalls. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 20 und 22 verwiesen. Wie wirkt sich das Ehegattensplitting auf Rentenanwartschaften aus, und wie bewertet die Bundesregierung diese Auswirkungen auf Rentenanwartschaften verheirateter Frauen? 24. Rentenanwartschaften beziehen sich auf das erzielte sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt und werden unabhängig von der optionalen Zusammenver- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/12857 anlagung und der damit verbundenen Anwendung des Splitting-Verfahrens bei der Einkommensteuer erworben. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen des Ehegattensplittings auf den Wechsel aus geringfügiger Beschäftigung in steuer- und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse? 25. Der höhere Lohnsteuerabzug in der Steuerklasse V ist bei dem einen Ehepartner systembedingt nur die unmittelbare Folge des niedrigeren Lohnsteuerabzugs in der Steuerklasse III bei dem anderen, höher verdienenden Ehepartner. Wählen die Ehegatten bei Wechsel von einer geringfügigen Beschäftigung in ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis das sog. Faktorverfahren, kann der Arbeitslohn entsprechend der tatsächlichen Einkommensverhältnisse beider Ehegatten besteuert werden und damit auch der Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung verbessert werden. Auch bei der Steuerklassenkombination IV/IV ergibt sich für den Zweitverdiener eine niedrigere Steuerbelastung als bei der Steuerklasse V. Der Ehegatte in der Steuerklasse V kann zudem durch einseitigen Antrag veranlassen, dass die Ehegatten von der Steuerklassenkombination III/V in die Kombination IV/IV wechseln. Wie bewertet die Bundesregierung, dass (unverheiratete, verwitwete oder geschiedene) Alleinerziehende bzw. Ein-Eltern-Familien von den Vorteilen des Ehegattensplittings weitgehend ausgenommen sind? 26. Mit der dem Splitting-Verfahren zugrunde liegenden Situation ist die Lage Alleinerziehender weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vergleichbar . Die güterrechtlichen Regelungen und der Versorgungsausgleich sind im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nicht anwendbar. Es liegt keine institutionell geregelte und andere Personen ausschließende Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs vor (insoweit wird auf die Antwort zu Frage 28 hingewiesen ). Das Verhältnis ist regelmäßig einseitig durch Fürsorge, Erziehung und Unterhalt der Kinder durch den Elternteil geprägt. Diesen elterlichen Verpflichtungen wird im Einkommensteuerrecht verfassungskonform unabhängig vom Splitting-Verfahren Rechnung getragen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit einer Entscheidung vom 3. November 1982 (veröffentlicht im Bundessteuerblatt 1982 II S. 717 und BVerfGE 61, 319 ff.) die Beschränkung der Zusammenveranlagung und damit der Besteuerung nach dem Splitting-Verfahren auf zusammen lebende Ehegatten als sachgerecht und verfassungsgemäß erkannt . Wie bewertet die Bundesregierung die Ungleichverteilung des Anteils am Splittingeffekt zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern, auch in Bezug auf die Steuerlast insgesamt? 27. Der individuell bei einer Zusammenveranlagung eintretende Splittingeffekt hängt von Höhe und Aufteilung der Einkünfte ab, nicht jedoch vom Wohnsitz, Höhe und Aufteilung der Einkünfte können jedoch regional variieren. So geht im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern ein höherer Anteil von Frauen in den östlichen Bundesländern einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach; dies mindert tendenziell den individuellen Splitting-Effekt. Drucksache 19/12857 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Welche juristischen Auffassungen zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit bzw. Gebotenheit der Abschaffung des Ehegattensplittings sind der Bundesregierung bekannt, und welcher dieser Ansichten schließt sie sich gegebenenfalls an (bitte mit Begründung)? 28. Nach der für die Bundesregierung maßgebenden ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das Ehegattensplitting keine beliebig veränderbare Steuer-“Vergünstigung“, sondern eine an dem Schutzgebot des Artikels 6 Absatz 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare nach Artikel 3 Absatz 1 GG orientierte sachgerechte Besteuerung (vgl. BVerfGE 61, 319 [347]). Das Splitting-Verfahren beruht auf der Überlegung, dass in der Ehe das Haushaltseinkommen gemeinsam erwirtschaftet und über die Verwendung des Einkommens im Rahmen der nach zivilrechtlichen Vorgaben bestehenden Wirtschafts- und Verbrauchsgemeinschaft gemeinsam entschieden wird (vgl. BVerfGE 61, 319 [345 f.]). Es dient der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Gewährleistung der Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf die persönliche und wirtschaftliche Lebensführung der Eheleute und ist Ausdruck der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit (vgl. BVerfGE 61, 319 [346 f.]; 105, 1 [10 f.]; 133, 377 [410]) Wie bewertet die Bundesregierung (Fehl-)Anreize des Ehegattensplittings auf die Erwerbstätigkeit von Frauen und weitere gleichstellungspolitische Ziele im Bereich des Arbeitsmarktes? 29. Die Entscheidung über Art und Umfang einer Erwerbstätigkeit hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. In den vergangenen Jahren hat die Frauenerwerbstätigkeit in Deutschland kontinuierlich zugenommen. So ist die Erwerbstätigenquote von Frauen von unter 60 Prozent vor der Jahrtausendwende auf 75,8 Prozent im Jahr 2018 gestiegen und liegt damit mehr als acht Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt (67,4 Prozent). Die Bundesregierung setzt sich prioritär für verbesserte Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, beispielsweise über den Ausbau der Kindertagesbetreuung. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik von Institutionen wie dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, CEDAW, OECD, wonach das Ehegattensplitting in Deutschland vor allem Frauen vom unabhängigen Erwerbseinkommen fernhält und insgesamt auf den Prüfstand gehört? 30. Die Bundesregierung überprüft regelmäßig die Wirkungen ihrer steuerpolitischen Maßnahmen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 15 und 29 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/12857 Wie bewertet die Bundesregierung die Schlussfolgerungen des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums der Finanzen, das Ehegattensplitting begünstige „die Spezialisierung in der Ehe im Sinne der Erwerbstätigkeit des einen Partners und der Bereitstellung häuslicher Dienste durch den anderen Partner“ und wirke „damit der politisch erwünschten Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegen“ (www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/Geschaeftsbereich /Wissenschaftlicher_Beirat/Gutachten_und_Stellungnahmen/ Ausgewaehlte_Texte/2018-09-27-Gutachten-Besteuerung-von-Ehegattenanlage .pdf?__blob=publicationFile&v=2, S. 45)? 31. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/10561 und die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/7611 wird verwiesen. Drucksache 19/12857 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/12857 Drucksache 19/12857 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/12857 Drucksache 19/12857 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/12857 Drucksache 19/12857 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/12857 Drucksache 19/12857 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/12857 Drucksache 19/12857 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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