Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hartmut Ebbing, Katja Suding, Thomas Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12399 – Stand der Provenienzrecherche in deutschen Museen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vom 26. bis 27. November 2018 fand in Berlin die Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft“ statt. In ihrer Eröffnungsrede würdigte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien das bereits im Rahmen der gemeinsamen Maßnahmen des Bundes, der Länder und der kommunalen Spit-zenverbände Geleistete und kündigte zudem weitere Maßnahmen an, um die Pro-venienzrecherche sowie die Restitution der NS-Raubkunst weiter voranzubringen. In ihrer Rede hob sie unter anderem hervor, dass bis zum September 2018 bereits 5 700 Kulturgüter sowie 11 000 Bücher restituiert wurden. Wie weit sind die Planungen und Vorbereitungen für die in der Rede ange-kündigte „Forschungsdatenbank, die im Januar 2020 ihren Regelbetrieb auf-nehmen soll“, vorangeschritten? Wie ist der Zeitplan zur Inbetriebnahme der Forschungsdatenbank? Wird der Zeitplan eingehalten? Wenn nein, warum nicht?  1.  2. Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die laufenden Vorbereitungen zur Inbetriebnahme der Forschungsdatenbank beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste liegen nach Kenntnis der Bundesregierung im Zeitplan. Die Forschungsdatenbank soll danach wie geplant im Januar 2020 den Regelbetrieb aufnehmen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12872 19. Wahlperiode 30.08.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 29. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Welche Bundesländer haben nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Einrichtungen bislang noch nicht zur „Digitalisierung und Veröffentlichung der Bestände“ angehalten, obwohl die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien in ihrer Rede betonte, dass sie die Länder dazu auffordern werde?  3. Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Welche durch den Bund geförderten öffentlichen Einrichtungen meint die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, wenn sie davon spricht, dass sich noch immer „manche aus öffentlichen Mitteln getragenen Einrichtungen der Anrufung der Beratenden Kommission verweigern“?  4. Einzelne durch den Bund geförderte öffentliche Einrichtungen waren mit der Aussage der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien nicht angesprochen. Auf die Antworten zu den Fragen 7 bis 10 wird verwiesen. Wie viele Kulturgüter und Bücher wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Washingtoner Erklärung bis zum 15. Juli 2019 nach Kenntnis der Bundesregierung restituiert? Wie viele dieser restituierten Kulturgüter und Bücher stammen aus den Sammlungen oder Beständen des Bundes? Wie viele dieser restituierten Kulturgüter und Bücher stammen aus den Sammlungen oder Beständen der Länder (bitte die einzelnen Länder und deren Institutionen detailliert auflisten)? Wie viele dieser restituierten Kulturgüter und Bücher stammen aus Sammlungen oder Beständen in kommunaler Trägerschaft? Wie viele dieser restituierten Kulturgüter und Bücher stammen aus Sammlungen oder Beständen in privater Trägerschaft bzw. in Privatbesitz ? Falls die Bundesregierung die Frage 5 nicht beantworten kann, wie konnte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien in ihrer Eröffnungsrede der Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Erklärung: Wege in die Zukunft “ die Anzahl der der Bundesregierung bekannten restituierten Kulturgüter und Bücher beziffern?  5. a) b) c) d)  6. Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Seit der Washingtoner Erklärung von 1998 wurden bis April 2019 in Deutschland – soweit bekannt – mehr als 5.965 Kulturgüter restituiert. Hinzu kommen mehr als 14.000 Bücher und anderes Bibliotheksgut. Diese Angaben beruhen, wie bereits die entsprechenden Angaben im Rahmen der Rede von Frau Staatsministerin Grütters zur Fachkonferenz „20 Jahre Washingtoner Erklärung: Wege in die Zukunft“ auf Informationen des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste . Das Zentrum sammelt entsprechende Informationen, die ihm mitgeteilt werden oder öffentlich zugänglich sind. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste bietet insbesondere Museen, Bibliotheken und Archiven in Deutschland die Möglichkeit, Restitutionen und andere Lösungen zentral zu erfassen , vgl. https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/Service/Umfragen/ Restitutionen/Index.html. Da es in Deutschland keine Meldepflicht zu erfolgten Rückgaben gegenüber dem Zentrum gibt ist, sind die Zahlenangaben unvollständig . Drucksache 19/12872 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dazu, wie sich die erfolgten Restitutionen nach der Herkunft aus Sammlungen oder Beständen des Bundes oder der Länder oder aus Sammlungen und Beständen in kommunaler oder privater Trägerschaft verteilen, liegt der Bundesregierung keine Übersicht vor. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Anzahl der Fälle, in denen eine Anrufung der „Beratende[n] Kommission im Zusammenhang mit der Rück-gabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdi-schem Besitz“ nicht zustande kommen konnte, weil das notwendige beidseitige Einverständnis zu einer Verhandlung der „Beratenden Kommission“ aufgrund einseitiger Ablehnung ebendieser nicht erfolgte? Wenn ja, wie viele Fälle wurden aufgrund der obligatorischen beidseitigen Anrufung nach Kenntnis der Bundesregierung nicht von der „Beratenden Kommission“ verhandelt? In wie vielen Fällen lehnten über Kulturgut verfügende Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft die Anrufung der „Beratenden Kommission “ ab? In wie vielen Fällen lehnten über Kulturgut verfügende Einrichtungen in privater Trägerschaft die Anrufung der „Beratenden Kommission“ ab? In wie vielen Fällen lehnten Kulturgut ersuchende Einrichtungen bzw. Per-sonen die Anrufung der „Beratenden Kommission“ ab? Wenn die o. g. Fragen nicht beantwortet werden können, warum hat die Bun-desregierung keine Kenntnis über die Anzahl der nicht verhandelten Fälle aufgrund einseitig abgelehnter Anrufung der „Beratenden Kommission “, ob-wohl die Geschäftsstelle der „Beratenden Kommission“ in das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) eingegliedert ist, die Bundesregierung im Stiftungsrat des DZK vertreten ist und die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien den Vorsitz des Stiftungsrats innehat?  7. a) b)  8.  9. Die Fragen 7 bis 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird darauf hingewiesen, dass die Beratende Kommission mit ihrer Geschäftsstelle eine unabhängige Einrichtung ist. Es besteht weder eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste noch gegenüber der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat in der Vergangenheit insbesondere aus Gesprächen erfahren, dass vereinzelt eine Zustimmung zur Anrufung der Beratenden Kommission auf Seiten der das Kulturgut bewahrenden Einrichtung – zumindest aus Sicht der Anspruchssteller – nicht zügig erfolgt und damit in ihrer Wahrnehmung einer Ablehnung gleichkommt. Zudem kann es Fälle geben, in denen die Parteien Vertraulichkeit vereinbart und Dritte daher keine Kenntnisse über Differenzen bezüglich der Anrufung der Beratenden Kommission haben. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es bislang vier Fälle, in denen mangels beiderseitiger Zustimmung zum Verfahren eine Verhandlung vor der Beratenden Kommission (bisher) nicht stattfand: In einem Fall verweigerte eine öffentliche Einrichtung die Zustimmung und es fand ein gerichtlicher Vergleich statt. In einem weiteren Fall gibt es bisher keine Zustimmung seitens einer Einrichtung in privater Trägerschaft als Antragsgegner. In zwei weiteren Fällen verweigern jeweils die Anspruchssteller die Zustimmung, die Parteien stehen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12872 jeweils im Hinblick auf eine mögliche Kommissionsanrufung weiter in Verbindung . Wann erfolgt die von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien ange-kündigte Verpflichtung, die die mit Bundesmitteln geförderten Museen und anderen kulturgutbewahrenden Einrichtungen auffordert, auch „einseitigen Wünschen auf Anrufung der Beratenden Kommission von Seiten potentieller Anspruchsteller nachzukommen“? 10. Seit dem Haushaltsjahr 2019 werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien institutionell geförderte Einrichtungen, regelmäßig im Projektwege geförderte Einrichtungen und im Projektwege geförderte Einrichtungen , deren Zuwendungszwecke mit diesem Thema zu tun haben, durch eine Auflage im Zuwendungs-bescheid bzw. Zuweisungsschreiben verpflichtet, dem Wunsch von Anspruchstellern auf Anrufung der Beratenden Kommission zu folgen. Dies kommt im Ergebnis – bei den o. g. geförderten Kultureinrichtungen – der Ermöglichung einer einseitigen Anrufung durch Anspruchsteller gleich. Appelliert die Bundesregierung auch an die Länder und kommunalen Spit-zenverbände, die sich in ihrer Trägerschaft befindlichen Museen und anderen Kultureinrichtungen anzuweisen, auch „einseitigen Wünschen auf Anrufung der Beratenden Kommission von Seiten potentieller Anspruchsteller nachzu-kommen“? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht? 11. a) b) Die Auflage, dem Wunsch von Anspruchstellern auf Anrufung der Beratenden Kommission zu folgen (s. Antwort zu Frage 10), erfolgt in Umsetzung der hohen politischen und moralischen Verantwortung Deutschlands für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien würde es begrüßen, wenn Länder und kommunale Spitzenverbände ebenfalls Mechanismen schaffen, um die von ihnen finanzierten Einrichtungen anzuhalten, sich einer Anrufung nicht zu verschließen. Welche Fortschritte hat die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, in Ab-sprache mit dem Bundesminister der Finanzen, bei der Klärung hinsichtlich haushaltsrechtlicher Gründe, „die Restitutionen NSverfolgungsbedingt ent-zogenen Kulturguts entgegenstehen“ könnten, erzielt ? 12. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat im Rahmen der diesjährigen Haushaltsaufstellung mit dem Bundesministerium der Finanzen Einvernehmen erzielt, im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2020 einen Haushaltsvermerk bei den Kapiteln 0452 und 0453 auszubringen, der ausdrücklich die unentgeltliche Herausgabe von Kulturgut, das seinen Eigentümern erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit NSverfolgungsbedingt entzogen wurde, ermöglicht. Dieser Haushaltsvermerk wurde im Juni 2019 mit dem Regierungsentwurf durch das Bundeskabinett beschlossen. Damit soll auf Bundesebene klargestellt werden, dass es für Museen und andere Kulturgut bewahrende Einrichtungen, die aus den o. g. Kapiteln Haushaltsmittel erhalten und auf welche die Bundeshaushaltsordnung Anwendung findet, keine haushaltsrechtlichen Gründe gibt, die Restitutionen NSverfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts entgegenstehen. Die Aufnahme des Drucksache 19/12872 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vermerkes steht unter dem Vorbehalt der parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2020 und dessen Verabschiedung. Wie weit ist die Einrichtung des in der Rede angekündigten „Helpdesks“, der eine „zentrale Anlaufstelle für Anspruchssteller“ werden und „Orientierung und Unterstützung“ bieten soll, fortgeschritten? 13. Beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste wird das „Help-Desk NS- Raubgut“ als Kontakt- und Informationsstelle für Opfer der verfolgungsbedingten Entziehung von Kulturgut während der nationalsozialistischen Herrschaft und deren Nachfahren eingerichtet. Im Zuge der dazu laufenden Vorbereitungen ist aktuell die Leitung ausgeschrieben, vgl. www.kulturgutverluste.de/ Webs/DE/Stiftung/Stellenausschreibungen/Index.html. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/12872 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333