Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12363 – Umsetzung der BVT-Schlussfolgerung in deutsches Recht in der 13. bzw. 17. Bundesimmissionsschutzverordnung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Juli 2017 verabschiedete die EU-Kommission den Durchführungsbeschluss 2017/1442 zu der besten verfügbaren Technik (BVT), welche bis August 2018 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Ziel der BVT-Schlussfolgerungen ist, verbindliche Vorschriften zur Genehmigung entsprechender Industrieanlagen festzuschreiben, die wirtschaftliche, technische und ökologische Aspekten berücksichtigt. Die BVT-Schlussfolgerung sieht die Reduzierung von Grenzwerten für Industrieemissionen von Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotorenanlagen vor. Der Entwurf sieht eine generelle Verschärfung der Emissionsgrenzwerte vor. In den ersten Vorschlägen des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vom 20. Dezember 2018 zur Umsetzung in nationales Recht sind diese am unteren Ende (schärfste Grenzwerte) des in dem BVT-Durchführungsbeschluss ausdrücklich gestatteten Spielraums angesiedelt. Es ist nach Ansicht der Fragesteller nicht ersichtlich , auf welcher Argumentationsgrundlage die Bundesregierung die Grenzwerte am unteren Ende festlegt. Von diesen sind vor allem Kohlekraftwerke unmittelbar betroffen – insbesondere von den Änderungen der Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und Quecksilber (Hg). Als Grundlage zur Festlegung der Grenzwerte dient der Projektionsbericht 2017. Hierbei werden europäische und nationale Maßnahmen nach Erhebung der Datengrundlage zur Erstellung des Berichts kaum oder gar nicht berücksichtigt . Weiter ist der durch die „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) beschlossene Kapazitätsrückgang und die somit kontinuierliche Reduktion der Emissionen nicht berücksichtigt. Von den Grenzwerten sind vor allem Großfeuerungsanlagen mit festen, flüssigen oder biogenen Brennstoffen betroffen. Im Extremfall kann die Nichteinhaltung der sehr streng ausgelegten Grenzwerte zur Schließung der Anlagen führen. Im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der Maßnahmen zur Luftreinhaltung nach Beginn der Datenerhebung des Projektionsberichts und die Nichtberücksichtigung der Kapazitätsreduktion ist die besonders strenge Auslegung des Deutscher Bundestag Drucksache 19/12879 19. Wahlperiode 30.08.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 28. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Grenzwertrahmens, welche zu vorzeitiger Schließung von Kohlekraftanlagen führen könnte, nach Ansicht der Fragesteller nicht verhältnismäßig und steht den Empfehlungen der KWSB entgegen. Weiter ist nach Ansicht der Fragesteller anzuzweifeln, ob das Ziel der wirtschaftlichen, technischen und ökologischen Vereinbarkeit der BVT-Schlussfolgerung mittels der oben genannten Argumente erreicht worden ist. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Es ist unklar, was die Fragesteller unter den „ersten Vorschläg(n) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vom 20. Dezember 2018 zur Umsetzung in nationales Recht“ (siehe Vorbemerkung) verstehen. Sofern die Fragesteller sich dabei auf ein Diskussionspapier des BMU beziehen , das als Anlage zu einem Einladungsschreiben vom 20. Dezember 2018 zu einem Fachgespräch am 16. Januar 2019 versandt worden ist, ist folgendes festzustellen : Gegenstand dieses Diskussionspapiers sind Vorschläge für Emissionsgrenzwerte für Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen. Ein Bezug zu Kohlekraftwerken besteht insoweit nicht. Sofern die Fragesteller sich mit ihrer Anfrage auf eine E-Mail des BMU beziehen , mit dem die Anhörung der Verbände zum Entwurf des Nationalen Luftreinhalteprogramms (NLRP) am 20. Dezember 2018 eingeleitet wurde, ist folgendes festzustellen: Das Nationale Luftreinhalteprogramm der Bundesrepublik Deutschland wurde am 22. Mai 2019 im Bundeskabinett verabschiedet und ist seitdem unter dem Link www.bmu.de/download/nationalesluftreinhalteprogramm -der-bundesrepublik-deutschland/ im Internet verfügbar. Die Ende Januar 2019 vorgelegten Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ wurden in der abschließenden Fassung des Nationalen Luftreinhalteprogramms berücksichtigt. U. a. sieht das Nationale Luftreinhalteprogramm vor, dass der Ausstieg aus der Verstromung von Braunund Steinkohle gemäß den Empfehlungen einen wesentlichen Beitrag zur Einhaltung der Minderungsverpflichtungen bei den Luftschadstoffen Stickstoffoxid und Schwefeldioxid leisten soll. Wie weit ist der Planungsprozess zur Umsetzung der BVT- Schlussfolgerung in deutsches Recht fortgeschritten?  1. Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Christian Kühn auf Bundestagsdrucksache 19/ 12234 verwiesen. Wie begründet die Bundesregierung die Festlegung eines Grenzwertes für Quecksilber am unteren Rand des Spielraums, der im BVT- Durchführungsbeschluss aufgezeigt wurde? Wie begründet die Bundesregierung die Festlegung eines Grenzwertes für Stickoxide am unteren Rand, der im BVT-Durchführungsbeschluss aufgezeigt wurde?  2.  3. Die Fragen 2 und 3 werden wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine Entscheidung über die Festlegung bestimmter Grenzwerte ist noch nicht getroffen. Ein Verordnungsentwurf zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2017/1442 wird derzeit erarbeitet. Gemäß Artikel 18 der Drucksache 19/12879 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Richtlinie 2010/75/EU sind die Mitgliedstaaten dabei auch verpflichtet, zur Erreichung von Umweltqualitätsnormen strengere Auflagen, als durch die Anwendung der Besten Verfügbaren Techniken zu erfüllen sind, zu prüfen. Dies kann z. B. zu erhöhten betriebstechnischen Anforderungen oder zur Einschränkungen des Betriebs führen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 6, 8 und 9 verwiesen. Welche Maßnahmen wurden nach Informationen der Bundesregierung bei der Erstellung des Projektionsberichts 2017 berücksichtigt? Welche nicht?  4. Der Projektionsbericht der Bundesregierung 2017 ist unter dem folgenden Link im Internet abrufbar: www.bmu.de/download/projektionsbericht-derbundesregierung -2017/. Die darin berücksichtigten Sektor übergreifenden Maßnahmen sind in Abschnitt 2.7 und die Maßnahmen in einzelnen Sektoren in Abschnitt 2.8 detailliert beschrieben. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Reduktionspotenzial von Emissionen der nicht berücksichtigten Maßnahmen und der Reduktion durch die KWSB ein? Unter Abwägung welcher Aspekte wurden die Grenzwerte am unteren Rand des Spielraums festgelegt?  5. a) b)  6. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 8 und 9 verwiesen. Wann wurde zuletzt der Stand der Technik gemäß des Sevilla-Prozesses festgestellt, und für wie repräsentativ hält die Bundesregierung die Feststellung des Stands der Technik?  7. Ziel des sogenannten Sevilla-Prozesses ist die Erstellung eines Referenzdokuments zu den Besten Verfügbaren Techniken (BREF) für bestimmte industrielle Tätigkeiten. Dabei werden insbesondere die mit den Besten Verfügbaren Techniken verbundenen assoziierten Emissionsbandbreiten festgelegt (BAT AEL). Die Erarbeitung erfolgt unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten sowie der Umwelt- und Wirtschaftsverbände und stellt grundsätzlich eine repräsentative Beschreibung der Besten Verfügbaren Technik sicher. Auf dieser Grundlage erarbeitet die Europäische Kommission Schlussfolgerungen zu den Besten Verfügbaren Techniken (BVT-Schlussfolgerungen), die dann von den Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Die BVT-Schlussfolgerungen werden von der Europäischen Kommission als Durchführungsbeschlüsse zur Richtlinie 2010/75/EU veröffentlicht. Insbesondere die in den BVT-Schlussfolgerungen enthaltenen BAT AEL sind für die Mitgliedstaaten verbindlich anzuwenden. In Bezug auf den Zeitpunkt der letzten Überarbeitung der BVT- Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen wird auf die Vorbemerkung der Fragesteller verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12879 Sieht die Bundesregierung beim derzeitigen Ausarbeitungsstand einen Konflikt mit dem Abschlussbericht der „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“? Wenn nein, warum nicht? Plant die Bundesregierung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Grenzwertfestlegung am unteren Rand?  8.  9. Die Fragen 6, 8 und 9 werden wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Festlegung nationaler Emissionsanforderungen für Luftschadstoffe erfolgt nach den Grundsätzen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und unter Berücksichtigung europäischer Vorgaben. Insbesondere erfolgt dabei auch die Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Nutzen und Aufwand möglicher Maßnahmen. Ein Widerspruch oder Konflikt zu den Empfehlungen des Abschlussberichts der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung wird daher seitens der Bundesregierung nicht gesehen. Wie viele Kraftwerke halten nach Kenntnisstand der Bundesregierung die neuen Grenzwerte nicht ein (bitte nach Standort und Emissionsmessung auflisten)? 10. Da eine Festlegung der Bundesregierung auf neue Emissionsgrenzwerte noch nicht erfolgt ist, liegen zu den erfragten Anlagenzahlen keine Erkenntnisse vor. In Bezug auf Emissionsdaten zu Stickstoffoxiden aus Kohlekraftwerken wird allgemein auf die Anhänge 1 und 2 des Gutachtens „Stickstoffoxid-Emissionen aus Kohlekraftwerken“ vom 12. Oktober 2018 verwiesen (www.bund.net/ fileadmin/user_upload_bund/publikationen/kohle/kohle_stickoxid_ emissionen_gutachten.pdf). In Bezug auf Emissionsdaten zu Quecksilber aus Kohlekraftwerken wird allgemein auf die Anhänge 3 und 4 des Gutachtens „Quecksilber- Minderungsstrategie für Nordrhein-Westfalen“ vom 2. April 2016, korrigiert am 12. Mai 2017, verwiesen (www.umwelt-und-gesundheit.nrw.de/fileadmin/ redaktion/PDF-Dateien/Gutachten_Quecksilber- Minderungsstrategie_NRW_12-05-2017.pdf). Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Reduktionspotenzial durch die Kapazitätsreduktion der KWSB ein? 11. Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. Weitere Abschätzungen für Zeiträume nach dem Jahr 2030 wurden im Kontext des Nationalen Luftreinhalteprogramms nicht erstellt. Drucksache 19/12879 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333