Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12441 – Einigung der G7 zu Mindestbesteuerung und Digitalsteuer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die „Börsen-Zeitung“ vom 19. Juli 2019 berichtete, die G7 hätten sich beim Finanzministertreffen in Chantilly auf eine sogenannte Zwei-Säulen-Lösung verständigt. Danach sei zum einen vorgesehen, dass Digitalunternehmen zumindest zu einem gewissen Anteil auch dort besteuert werden sollen, wo sie zwar physisch nicht präsent seien, aber der Absatz ihrer Leistungen stattfinde. Zum anderen haben die G7 eine Verständigung dahingehend erzielt, eine Mindestbesteuerung einzuführen. Eine Mindestbesteuerung solle aus Sicht der G7 verhindern, dass Unternehmen ihre Gewinne in No tax- oder Very low tax- Jurisdiktionen verlagern. 1. Welche Position hat die Bundesregierung beim Finanzministertreffen in Chantilly zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vertreten? Die Herausforderungen der Digitalisierung für die international geltenden Besteuerungsprinzipien stellten einen Schwerpunkt des G7-Finanzministertreffens am 17. und 18. Juli 2019 in Chantilly dar. Die Finanzminister bekräftigten in diesem Zusammenhang das Ziel einer fairen Besteuerung und legten darüber hinaus ausdrücklich das Ziel einer Untergrenze für die effektive Unternehmensbesteuerung fest, das auf eine gemeinsame Initiative der deutschen und französischen Finanzminister zurückgeht und derzeit auf OECD-Ebene erarbeitet wird. Die Bundesregierung unterstützt diese Vorhaben konstruktiv und engagiert . Deutscher Bundestag Drucksache 19/12967 19. Wahlperiode 03.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. August 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Bedeutet die Einigung auf G7-Ebene auf eine sogenannte Zwei-Säulen- Lösung, dass Deutschland in naher Zukunft eine sogenannte Digitalsteuer einführen wird? Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dafür, neben einer Mindestbesteuerung noch eine gesonderte Digitalsteuer einzuführen? Die Lösung der steuerlichen Herausforderungen durch die Digitalisierung erfolgt durch enge internationale Abstimmung. Das „Inclusive Framework on BEPS“, dem mehr als 130 Staaten und Jurisdiktionen angehören, erarbeitet im Auftrag der G20 eine einheitliche, konsensfähige Lösung. Bei seinem letzten Treffen im Mai 2019 hat das Inclusive Framework on BEPS ein konkretes Arbeitsprogramm beschlossen, welches die Finanzminister und Notenbankgouverneure beim G20-Treffen in Fukuoka sowie die Staats- und Regierungschefs der G20 beim Gipfel in Osaka im Juni 2019 gebilligt haben. Dieses Arbeitsprogramm ist unter www.oecd.org/tax/beps/programme-of-workto - develop- a- consensus- solution- to- the- tax- challenges- arising- from- thedigitalisation -of-the-economy.pdf abrufbar. Darin hat das Inclusive Framework on BEPS ein Zwei-Säulen-Konzept entwickelt. Beide Säulen sind dabei eng verzahnt und werden parallel verfolgt. Die Säule 1 („Pillar One“) hat im Wesentlichen die Frage zum Gegenstand, wie die Höhe des Gewinns eines Unternehmens ermittelt und dieser zwischen den Staaten aufgeteilt werden soll. In diesem Zusammenhang geht es unter anderem um die Schaffung eines neuen steuerlichen Anknüpfungspunktes („Nexus“), über den einem Staat auch ohne die physische Präsenz eines Unternehmens ein Besteuerungsrecht für einen Anteil des Unternehmensgewinns zugeordnet werden soll. Insofern besteht ein konzeptioneller Unterschied zu den Modellen einer „Digitalsteuer“ im Sinne einer „Digital Services Tax“ oder „Digital Advertising Tax“, die auf EU-Ebene diskutiert wurden und an Umsätze anknüpfen . Die Säule 2 („Pillar Two“) befasst sich mit Maßnahmen einer globalen effektiven Mindestbesteuerung. Aktuell arbeitet das Inclusive Framework on BEPS an der technischen Ausgestaltung beider Säulen. Eine Einigung über die Grundzüge soll Anfang 2020 erfolgen. Der Abschlussbericht soll im Laufe des Jahres 2020 vorgelegt werden . Die Ergebnisse sollen anschließend international umgesetzt werden. Auf EU-Ebene werden die Arbeiten der OECD konstruktiv unterstützt. 3. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es ggf. zu Friktionen zwischen den Auswirkungen einer Digitalsteuer und einer Mindestbesteuerung kommen kann? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Drucksache 19/12967 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Sind im Rahmen der Einigung auf eine sogenannte Zwei-Säulen-Lösung auch bereits Eckpunkte verabschiedet worden, welcher Grundstruktur die avisierte Digitalsteuer folgen solle? a) Wenn ja, wie sehen diese aus? b) Wenn nein, sollte eine globale Digitalsteuer eher der Struktur einer umfassenden Digital Service Tax oder einer begrenzteren Digital Advertising Tax folgen? c) Welche Details zu einer künftigen Digitalsteuer sind aus Sicht der Bundesregierung noch nicht gelöst? Welche Positionen wird die Bundesregierung hierzu jeweils vertreten? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Sind im Rahmen der Einigung auf eine sogenannte Zwei-Säulen-Lösung auch bereits Eckpunkte verabschiedet worden, welcher Grundstruktur die avisierte Mindestbesteuerung folgen solle? a) Wenn ja, wie sehen diese aus? b) Welche Details zu einer künftigen Mindestbesteuerung sind aus Sicht der Bundesregierung noch nicht gelöst? Welche Positionen wird die Bundesregierung hierzu jeweils vertreten? Der Vorschlag einer globalen effektiven Mindestbesteuerung geht auf die deutsch-französische Initiative „Global Anti-Base Erosion Proposal“ („GloBE“) zurück. Danach sollen sich alle Staaten auf ein weltweit gültiges Mindestniveau der Besteuerung einigen. Dabei wird keinem Staat vorgeschrieben , welcher Steuersatz in seinem Land gelten soll. Staaten mit einem höheren Steuersatz wird jedoch die Möglichkeit gegeben, auf sehr niedrige Steuersätze anderer Staaten zu reagieren: Sie bekommen das Recht, z. B. durch Nachversteuerung von aus dem Inland verschobenen Gewinnen („Income Inclusion Rule“) oder durch Versagung des Betriebsausgabenabzugs („Tax on Base Eroding Payments“), auf die niedrige Besteuerung zu reagieren. Die Nachbesteuerung richtet sich dabei grundsätzlich an der Differenz zwischen der tatsächlichen Besteuerung im anderen Land zum vereinbarten Mindeststeuersatz. Damit würde die globale effektive Mindestbesteuerung die Herausforderungen der digitalisierten Wirtschaft und die dort bestehenden Gestaltungsspielräume adressieren, aber noch darüber hinausgehen, indem sie sich auf alle Wirtschaftsbereiche bezieht. Weitere Einzelheiten lassen sich dem Arbeitsprogramm des Inclusive Frameworks on BEPS (s. Antwort auf Frage 2) entnehmen. Das Inclusive Framework on BEPS arbeitet an einer Klärung der noch offenen Fragen. Insofern hat auch die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Meinung zu den einzelnen Aspekten. 6. Welche Rolle spielt aus Sicht der Bundesregierung die US-amerikanische GILTI-Hinzurechnungsregelung bei der künftigen Mindestbesteuerung? GILTI (Global Intangible Low-Taxed Income) wurde im Rahmen der US- Steuerreform 2017 eingeführt und sieht für bestimmte Einkünfte eine besondere Regelung der Hinzurechnungsbesteuerung vor. Sie enthält gewisse Elemente , wie einen effektiven Mindeststeuersatz, die auch im Rahmen der globalen effektiven Mindestbesteuerung unter Säule 2 diskutiert werden. Die nähere Ausgestaltung der globalen effektiven Mindeststeuer steht jedoch noch nicht fest (s. Antwort zu Frage 5). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12967 7. Für welche Mindesthöhe einer effektiven Steuerbelastung wird sich das Bundesministerium der Finanzen bei der Mindestbesteuerung einsetzen? Es gibt noch keine internationale Festlegung über die Höhe des Steuersatzes der globalen effektiven Mindestbesteuerung. 8. Wie wird die Bundesregierung der Schwierigkeit begegnen, die Auswirkungen der diskutierten, aber noch nicht konsentierten Modelle auf das nationale Steueraufkommen zu prognostizieren bzw. zu evaluieren? Oder wird die Bundesregierung ohne Prognoseberechnungen bzw. Schätzungen o. Ä. bestimmten Konzeptvorschlägen zustimmen? Wie beabsichtigt die Bundesregierung im Hinblick auf die Aufkommenswirkung etwaiger Konzeptmodelle vorzugehen? Die Evaluierung der Modelle erfordert internationale Kooperation. OECD und EU-Kommission führen jeweils ein Impact Assessment der vorliegenden Vorschläge durch, wobei die Parameter sukzessive präzisiert werden. Dazu werden jeweils Teile der verwendeten Evaluierungs-Modelle vorgestellt und vorläufig abgestimmt. Aufgrund der komplexen Sachlage sind auch die verwendeten Methoden anspruchsvoll. Auch sind die verwendeten Datengrundlagen jeweils nicht ohne Einschränkung nutzbar. Daher ist eine Kombination von diversen Datenquellen erforderlich, um die Validität der Daten zu steigern. Präzisere Aufkommensschätzungen können somit noch nicht vorliegen. Das Bundesministerium der Finanzen ist darüber hinaus mit Experten aus Wissenschaft und Verwaltung in im ständigen Austausch. Drucksache 19/12967 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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