Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Simone Barrientos, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12480 – Wirtschaftliche Lage der Leibniz-Gemeinschaft V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die gemeinsam von Bund und Ländern geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtungen leisten international anerkannte Spitzenforschung in einem weiten Feld unterschiedlicher Disziplinen. Anders als an Hochschulen spielen Lehre und Wissensvermittlung im Tätigkeitsfeld der außeruniversitären Forschungseinrichtungen nur eine marginale Rolle, und im Gegensatz zu den Hochschulen können sie sich auf eine langfristig verlässliche und stetig ansteigende Finanzierung aus öffentlichen Mitteln verlassen. Unterschiedliche Faktoren wie beispielsweise forschungsimmanente Dynamiken, aber auch Fehlplanungen können nach Ansicht der Fragesteller zu Divergenzen zwischen Haushaltsaufstellungen und tatsächlichen Ausgaben führen. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Laufe der vergangenen zehn Jahre einzelne Institute oder Forschungseinrichtungen der Leibniz- Gemeinschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten oder waren von Zahlungsunfähigkeit bedroht? Wenn ja, welche waren dies, und in welchen Jahren? 1. In den letzten zehn Jahren sind nach Kenntnis der Bundesregierung folgende Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten bzw. waren von Zahlungsunfähigkeit bedroht: Das Fachinformationszentrum Chemie GmbH (FIZ Chemie) im Jahr 2011, die Senckenberg Forschungsinstitute und Naturmuseen (SFN) im Jahr 2011 und die Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (heute: Leibniz-Institut für Lebensmittel- Systembiologie an der Technischen Universität München, LSB@TUM) im Jahr 2016. Haben derartige Fälle nach Kenntnis der Bundesregierung zur Folge gehabt , dass die Institute oder Forschungseinrichtungen intern umstrukturiert wurden, indem z. B. Geschäftsführungen ausgewechselt oder andere personelle Konsequenzen eingeleitet wurden? Wenn ja, an welchen Zentren war dies in welchen Jahren der Fall? 2. Deutscher Bundestag Drucksache 19/12988 19. Wahlperiode 04.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 2. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die SFN waren hiervon im Zeitraum 2011 bis 2016 betroffen. Beim LSB@TUM war dies in den Jahren 2016/2017 der Fall. Die FIZ Chemie GmbH wurde nach negativer Evaluierung zum 31.12.2012 aufgelöst. Haben derartige Fälle nach Kenntnis der Bundesregierung zu personellen Konsequenzen auf der Ebene des wissenschaftlichen oder technischen Personals zur Folge gehabt? Wenn ja, in welchen Fällen war dies in welchen Jahren der Fall? 3. Die genannten Fälle waren unterschiedlich gelagert, daher sind auch die personellen Konsequenzen differenziert zu gewichten. Beim LSB@TUM erfolgte 2016/2017 die Neubesetzung der Verwaltungsleitung und eine Neuberufung des wissenschaftlichen Direktors als gemeinsame Berufung mit der TU München . Zum FIZ Chemie wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Haben derartige Fälle nach Kenntnis der Bundesregierung zur Folge gehabt , dass in einzelnen Instituten oder Forschungseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft insgesamt wirtschaftliche Aufsichts- oder Planungsvorgaben verändert oder verschärft wurden? Wenn ja, in welchen Fällen war dies in welchen Jahren der Fall? 4. Ja, dies erfolgte beim FIZ Chemie im Jahr 2011, bei den SFN im Zeitraum 2011 bis 2016 und beim LSB@TUM in den Jahren 2016/2017. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung der Leibniz-Gemeinschaft oder dem Bund direkt aufgrund derartiger Fälle zusätzliche Kosten entstanden, oder sah sich der Bund genötigt, Einfluss auf die Lösung der finanziellen Krisen zu nehmen? Wenn ja, in welchen Fällen war dies in welchen Jahren der Fall? 5. Der Bund hat in seiner Eigenschaft als Vertreter in Aufsichtsorganen bzw. als Gesellschafter Einfluss auf die Lösung der finanziellen Schwierigkeiten genommen und als Zuwendungsgeber z. T. vorübergehende Liquiditätshilfen gewährt . Dies betraf im Jahr 2011 das FIZ Chemie und die SFN. Drohen nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell oder in naher Zukunft einem oder mehreren Instituten oder Forschungseinrichtungen der Leibniz- Gemeinschaft finanzielle Schwierigkeiten bzw. erhebliche negative Etatabweichungen ? Wenn ja, um welche Einrichtungen handelt es sich? 6. Nach Kenntnis der Bundesregierung besteht aufgrund einer geänderten rechtlichen Bewertung der Umsatzsteuerpflicht auf Bereederungen von Forschungsschiffen durch die örtlich zuständige Finanzverwaltung gegebenenfalls beim Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde die Möglichkeit finanzieller Schwierigkeiten bzw. negativer Etatabweichungen. Welche Rechtsformen haben die Institute und Forschungseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft (bitte einzeln aufschlüsseln)? 7. Unter den 95 Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft (LG) sind folgende Rechtsformen vertreten: Drucksache 19/12988 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode • 44 Leibniz-Einrichtungen (LE) haben die Rechtsform eines Vereins oder werden von einem Verein getragen. • 33 LE haben die Rechtsform einer Stiftung oder werden von einer Stiftung getragen. Davon: – sind 20 LE Stiftungen öffentlichen Rechts, – sind 12 LE Stiftungen bürgerlichen Rechts, – wird 1 LE von einer Stiftung bürgerlichen Rechts getragen. • 13 LE haben die Rechtsform einer GmbH, gGmbH oder werden von einer GmbH getragen. Davon: – sind 6 LE Gesellschaften mit beschränkter Haftung, – sind 6 LE gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung, – wird 1 LE von einer GmbH getragen. • 5 LE sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Inwieweit und in welcher Form sind gewählte Vertreterinnen und Vertreter des wissenschaftlichen Personals in die Aufsichts- und Kotrollgremien der Leibniz-Institute eingebunden (bitte einzeln aufschlüsseln)? 8. Die folgenden Informationen sind im Rahmen einer ad-hoc-Umfrage erhoben worden, an der sich 74 Leibniz-Einrichtungen beteiligten. Davon meldeten insgesamt 47 Einrichtungen eine Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern ihres wissenschaftlichen Personals im Aufsichts- oder Kontrollgremium. An neun Einrichtungen sind diese Vertreter stimmberechtigt, an 37 sind sie nicht stimmberechtigte Mitglieder, davon 21 dauerhafte Gäste. Ein Institut machte keine Angaben zur Form der Beteiligung. Sieht die Bundesregierung die Rechtsform eingetragener Verein als adäquat und ausreichend transparent für Körperschaften wie die Institute und Forschungseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft an, die im vergangenen Jahr im statistischen Mittel Etats von jeweils über 21 Mio. Euro verwalteten (vgl. www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/organisation/ leibniz-in-zahlen.html)? 9. Aus der Rechtsform lassen sich aus Sicht der Bundesregierung keine Rückschlüsse auf eine ordnungsgemäße und transparente Mittelverwaltung ziehen. Die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft erfüllen umfassende Nachweisund Berichtspflichten aufgrund der gemeinsamen institutionellen Förderung durch Bund und Länder bzw. in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. 10. Ist der Bundesregierung bekannt, ob in den letzten zwei Jahren, eventuell auf Basis von Evaluierungen, strategische Neuausrichtungen einzelner Institute der Leibniz-Gemeinschaft vorgenommen wurden, insbesondere bezüglich der Forschungsschwerpunkte und daraus resultierender personeller Entscheidungen ? Wenn ja, welche Evaluierungen und welche Neuausrichtungen waren dies? Die Forschungsinstitute der außeruniversitären Forschungsorganisationen durchlaufen regelmäßig Entwicklungsprozesse in ihren wissenschaftlichen und strategischen Schwerpunktsetzungen. Bei einer Vielzahl von Instituten der Leibniz-Gemeinschaft wurden aufgrund von Empfehlungen des Senats der Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/12988 Leibniz-Gemeinschaft strategische Entscheidungen getroffen. Die Umsetzung dieser Empfehlungen in den Einrichtungen führte zur Weiterentwicklung des Institutsprofils, ohne dass es zu einer Neuausrichtung kam. Drucksache 19/12988 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333