Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Schmidt, Claudia Müller, Markus Tressel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/12562 – Maßnahmen des Masterplans Binnenschifffahrt für die touristische Schifffahrt V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach knapp einjähriger Erarbeitung hat der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Andreas Scheuer am 14. Mai 2019 den Masterplan Binnenschifffahrt vorgestellt. Auf der Pressekonferenz erweckte Bundesminister Scheuer nach Ansicht der Fragesteller den Eindruck, als würde sich der Masterplan Binnenschifffahrt in erster Linie an die Güterschifffahrt richten: „Wir wollen die Binnenschifffahrt stärken und so viele Güter wie möglich über die Wasserstraßen transportieren. [...] Dafür haben wir jetzt den Masterplan Binnenschifffahrt geschaffen“ (vgl. www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pres semitteilungen/2019/041-scheuer-masterplan-binnenschifffahrt.html). Auch die einführenden Worte im Vorwort und in der Einleitung fokussieren sich ausschließlich auf die Herausforderungen in der Güterschifffahrt (vgl. Masterplan Binnenschifffahrt, S. 4–7, www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikatio nen/WS/masterplan-binnenschifffahrt.pdf). Die touristische Fahrgast- und Kabinenschifffahrt hingegen wird im gesamten Dokument nicht explizit erwähnt . Im Gegensatz dazu teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Enak Ferlemann auf eine Nachfrage zur Antwort auf die Schriftliche Frage 119 des Abgeordneten Stefan Schmidt auf Bundestagsdrucksache 19/10765 mit: „Die Maßnahmen im Masterplan Binnenschifffahrt beziehen sich gleichermaßen auf Güterschiffe wie auf Fahrgastschiffe.“ Da das Netz der Bundeswasserstraßen mit mehr als 7 000 Kilometern Binnenwasserstraßen elementar ist für den touristischen Schiffsverkehr, stellt sich die Frage, in welcher Weise die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt im Masterplan berücksichtigt wurde und welche Maßnahmen daraus sich ausdrücklich an die touristische Schifffahrt richten. Insbesondere die häufig nicht vorhandenen Katalysatoren, fehlende Rußpartikelfilter und die bisher zaghafte Nutzung von Landstromanlagen touristischer Fahrgast- und Kabinenschiffe stellen sich insbesondere für die Hafenanwohnerinnen und Hafenanwohner als problematisch dar (vgl. www.welt.de/regionales/bayern/article180072522/Tourismus-Wenn- Traumschiffe-zum-Albtraum-fuer-die-Anwohner-werden.html). Deutscher Bundestag Drucksache 19/13041 19. Wahlperiode 06.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Vor welchen Herausforderungen steht die touristische Fahrgast- und Kabinenschifffahrt in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung, und welche dieser Herausforderungen greift der Masterplan Binnenschifffahrt konkret auf? Die Herausforderungen der touristischen Fahrgast- und Kabinenschifffahrt in Deutschland sind ähnlich denen der Güterschifffahrt und betreffen z. B. die Bereiche Infrastruktur, Flächennutzung, Klimawandel, Landstromversorgung und digitale Technologien. Der Masterplan Binnenschifffahrt hat in Analogie zum Masterplan Schienengüterverkehr, das Thema Güterverkehr im Fokus.  2. Welche Ziele verfolgt der Masterplan Binnenschifffahrt konkret und ausschließlich in Bezug auf die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt? Die Handlungsempfehlungen haben für die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt zum Teil eine andere Relevanz als für die Güterschifffahrt. Sie sind aber zu einem großen Teil auch für die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt von Interesse.  3. Haben an der Erarbeitung des Masterplans Binnenschifffahrt auch Vertreterinnen und Vertreter aus der touristischen Schifffahrt bzw. der Fahrgast- und Kabinenschifffahrt mitgewirkt? Wenn ja, welche? An der Erarbeitung des Masterplans haben Verbände mitgewirkt, die die gesamte Binnenschifffahrt vertreten, z. B. der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e. V. (BDB), der Bundesverband der Selbständigen Abteilung Binnenschifffahrt e. V. (BDS), der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V. (VSM) und der Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e. V. (VBW).  4. Welche Erfordernisse stellen Fahrgast- und Kabinenschiffe nach Kenntnis der Bundesregierung an die Infrastruktur der Bundeswasserstraßen, und in welcher Weise wurden diese Erfordernisse in den einzelnen Maßnahmen des Handlungsfeldes „Bereitstellung der Infrastruktur“ berücksichtigt (bitte die konkreten Maßnahmen nennen)? Im Hinblick auf die in der Regel geringeren Fahrzeugabmessungen und Tiefenansprüche der Fahrgast- und Kabinenschifffahrt werden keine besonderen, über die der Güterschifffahrt hinausgehenden Anforderungen an die Infrastruktur gestellt . Dennoch profitiert auch die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt von verschiedenen der im Handlungsfeld „Bereitstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur “ aufgeführten Maßnahmen. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans, den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels und die Weiterführung des Dialogs für schnelleres Planen und Bauen. Drucksache 19/13041 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  5. Inwiefern ist die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt von dem auf Seite 11 des Masterplans Binnenschifffahrt angesprochenen Konflikt bei der Raumplanung „zwischen den Interessen der Binnenhäfen und konkurrierenden Interessen anderer, z. B. in den Bereichen Tourismus, Wohnen am Wasser‘ oder Umwelt- und Naturschutz“ betroffen (bitte begründen) (vgl. Masterplan Binnenschifffahrt, S. 11)? Der beschriebene Konflikt betrifft die Binnenhäfen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten , z. B. aufgrund von Bauplanungen im Umfeld der Häfen.  6. Wann wird die Bundesregierung die Rahmenvorschrift zur Verpflichtung der Fahrzeuge, ihren gesamten Bedarf an elektrischer Energie ausschließlich über Landstromanschluss zu decken, die am 1. Juni 2018 auf dem Rhein in Kraft getreten ist, auch für die Mosel, die Donau und die Wasserstraßen im Geltungsbereich der Binnenschifffahrtstraßen-Ordnung übernehmen (vgl. Masterplan Binnenschifffahrt, S. 12)? Die Rahmenvorschrift wird zum 1. Dezember 2019 auf der Mosel und im vierten Quartal 2019 auch im Geltungsbereich der Binnenschifffahrtsstraßen- Ordnung in Kraft treten. Für die Donau wird die Regelung im Zuge des Erlasses einer neuen Polizeiverordnung im Lauf des Jahres 2020 übernommen.  7. Welche Defizite hat die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der Umweltverträglichkeit, und in welcher Weise wurden diese Defizite in den einzelnen Maßnahmen des Handlungsfeldes „Maßnahmen für eine umweltfreundliche und wettbewerbsfähige Flotte“ adressiert (bitte die konkreten Maßnahmen nennen )? Aus Sicht der Bundesregierung sind bezüglich der Umweltfreundlichkeit der Fahrgast- und Kabinenschiffe zwei Schwerpunkte zu nennen: Zum einen die Verbesserung der Emissionsbilanz von Fahrzeugen mit älteren Antriebsmotoren. Hierzu zählen die folgenden Maßnahmen: • Weiterentwicklung des Förderprogramms Nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen (siehe Masterplan, S. 13), mit dem der Austausch von Motoren und die Nachrüstung mit Abgasnachbehandlungsanlagen gefördert werden. • Unterstützung technischer Innovationen (siehe Masterplan, S. 13). Hier hat die Bundesregierung als erste in Europa konkrete Vorgaben gemacht, nach denen marinisierte Motoren aus anderen Bereichen (u.a. Lkw) in den Binnenschiffen eingesetzt werden können (siehe Masterplan, Kurzfristige Maßnahmen , S. 14). Auf Basis der deutschen Regelung werden vergleichbare Vorgaben für Europa durch den europäischen Ausschuss CESNI erarbeitet (siehe Masterplan, Kurzfristige Maßnahmen, S. 14). Auf deutsche Initiative wurden des Weiteren im CESNI Bestimmungen für elektrische Schiffsantriebe im europäischen Standard ESTRIN 2019 erlassen, die am 1. Januar 2020 in Kraft treten werden. Zudem werden auf deutsche Initiative in den Jahren 2020 bis 2021 in CESNI Vorschriften für den Einsatz von Brennstoffzellen erarbeitet (siehe Masterplan, Bereits eingeleitete Maßnahmen, S. 15). • Optimierung der Energieeffizienz. Das BMVI hat eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben mit der Frage, ob die Einführung von Energieeffizienzindizes für das Schiffsdesign und für den Schiffsbetrieb praktikabel ist und wie diese aussehen könnten. Hiermit könnte die Bewertung energieeffizienter Maßnahmen auch für Fahrgastschiffe durchgeführt Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13041 werden, um insbesondere das Freisetzen klimaschädlicher Gase zu verringern (siehe Masterplan, Bereits eingeleitete Maßnahmen, S. 15). • Intensivierung von Forschung und Entwicklung für die Binnenschifffahrt. Hier plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Binnenschiffen (siehe Masterplan, Mittelfristige Maßnahmen , S. 15). Zum zweiten setzt sich die Bundesregierung ein, dass auch von kleineren Fahrgastschiffen künftig keine häuslichen Abwässer mehr in das Gewässer eingeleitet werden dürfen. Die Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt vom 9. September 1996 (CDNI) wird voraussichtlich im Dezember 2019 auf deutsche Initiative eine Ausdehnung des Einleitungsverbots auf Fahrgastschiffe mit mehr als zwölf Personen und Kabinenschiffe mit mehr als zwölf Schlafplätzen beschließen.  8. Inwiefern sind Fahrgast- und Kabinenschiffe von den fehlenden Angeboten von Binnenschiffsmotoren der Motorenklassen IWA und IWP, die die europäischen Vorgaben der NRMM-Verordnung (NRMM = Non-Road Mobile Machinery) erfüllen, betroffen (vgl. Masterplan Binnenschifffahrt , S. 13)? Das Fehlen von Motoren der in der Frage genannten Klassen trifft insbesondere die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt, da gerade in diesen Bereichen eine Reihe von Schiffsneubauten geplant bzw. bereits in Bau sind. Eine leichte Abfederung dieses Problems konnte die Bundesregierung mit dem Erlass der Regelung zum Einsatz von Motoren aus anderen Bereichen erreichen (siehe Antwort zu Frage 7 und Masterplan, Bereits umgesetzte Maßnahmen, S. 14). Zudem bieten erste Hersteller Motoren in kleineren Leistungsbereichen, die den Anforderungen der NRMM-Verordnung entsprechen, an bzw. haben angekündigt, spätestens 2020, Typgenehmigungen nach NRMM-Verordnung zu beantragen und Motoren anzubieten.  9. Welche Erfordernisse stellen Fahrgast- und Kabinenschiffe nach Kenntnis der Bundesregierung an die Digitalisierung, und in welcher Weise wurden diese Erfordernisse in den einzelnen Maßnahmen des Handlungsfeldes „Maßnahmen zur Bewältigung der digitalen Herausforderungen“ berücksichtigt (bitte die konkreten Maßnahmen nennen)? Die Erfordernisse der Fahrgast- und Kabinenschifffahrt an die Digitalisierung gleichen grundsätzlich denen der Güterschifffahrt. Sie wird daher in gleicher Weise von den geplanten Optimierungsprozessen bezüglich Schleusen, AIS- Abdeckung, Inland ENCs und den Weiterentwicklungen von ELWIS profitieren . Über etwaige Sonderbedarfe der Fahrgast- und Kabinenschifffahrt liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Inwiefern betreffen die einzelnen Maßnahmen des Handlungsfeldes „Maßnahmen zur Stärkung der Binnenschifffahrt in der multimodalen Transportkette“ die Fahrgast- und Kabinenschifffahrt? Die Maßnahmen zielen auf eine stärkere Einbindung der Binnenschifffahrt in die Logistikketten und auf Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Wasserstraße. Sie betreffen in erster Linie die Güterschifffahrt. Drucksache 19/13041 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Welche Erfordernisse stellen Fahrgast- und Kabinenschiffe nach Kenntnis der Bundesregierung an Arbeits- und Fachkräfte, und in welcher Weise wurden diese Erfordernisse in den einzelnen Maßnahmen des Handlungsfeldes „Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Binnenschifffahrt “ berücksichtigt (bitte die konkreten Maßnahmen nennen)? Über die auf allen Schiffen geltenden Erfordernisse an die Arbeits- und Fachkräfte hinaus gelten auf Fahrgast- und Kabinenschiffen besondere Anforderungen in Bezug auf den Umgang mit Fahrgästen. Die hierfür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten wurden auf EU-Ebene durch die Richtlinie 2017/2397 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt festgelegt. Im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht werden sich diese neuen Anforderungen in künftigen Ausbildungsgängen wiederfinden. Hierauf bezieht sich die im Masterplan vorgesehene Maßnahme, dass das BMVI sich für eine attraktive Ausbildung einsetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13041 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333