Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny, Frank Sitta, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12449 – Biokunststoffe V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Plastik und Plastikverpackungen stehen in der Kritik, umweltschädigend zu sein. Bei falschem Umgang mit Plastik gelangt es in die Umwelt und insbesondere in Gewässer, wo es maritime Lebensräume vieler Arten schädigt. Immer häufiger wird Plastik daher durch Bioplastik substituiert, so zum Beispiel in Bernau auf dem Streetfood Festival (www.chiemgau24.de/chiemgau/chiem see/bernau-am-chiemsee-ort45178/gemeinderat-bernau-chiemsee-beschliessstreetfood -festival-august-12324215.html). Vor allem aufgrund ihrer angeblichen Abbaubarkeit gelten Biokunststoffe als nachhaltig und umweltfreundlich. Biokunststoffe werden unterteilt in biobasierte Kunststoffe und biologisch abbaubare Kunststoffe. Während biobasierte Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, verbirgt sich hinter dem Begriff „biologisch abbaubare Kunststoffe“ ein Biokunststoff, der zu Kohlenstoff und Wasser zersetzt werden kann. Vollständig abbauen müssen sich aber weder biobasierte Kunststoffe (www.kunst stoffe.de/themen/basics/biokunststoffe/definition/artikel/biobasierte-kunststof fe-274800Lhtml) noch biologisch abbaubare Kunststoffe. Die DIN-Norm EN 16575 schreibt lediglich vor, dass es sich um einen „Abbau, bewirkt durch biologische Aktivität, z. B. durch enzymatische Wirkung, die zu einer signifikanten Änderung der chemischen Struktur eines Produktes führt“, handeln muss (www.umweltbundesamt.de/biobasierte-biologisch-abbaubare-kunststof fe#textpart-3). Die Substitution von konventionellem Kunststoff durch Biokunststoffe führt nach Ansicht der Fragesteller derzeit zu einem größeren Ressourcenverbrauch und keiner Wiederverwendung. Die Europäische Kommission weist darauf hin, dass die Etablierung von Biokunststoffen nur sinnvoll ist, wenn in den Mitgliedstaaten eine getrennte Sammlung von Biokunststoffen und konventionellem Kunststoff etabliert ist. In Deutschland hängt die ordnungsgemäße Entsorgung nicht von der Kunststoffart , sondern von der Anwendung der Kunststoffe ab. Werden die Biokunststoffe als Verpackung abgegeben, wozu auch Cateringbecher und -teller zählen, gehören sie in die Sammlung des Gelben Sacks. Dort werden sie als Störstoffe unvollständig durch die Trennverfahren von konventionellem fossilbasierten Kunststoff separiert. Der Anteil an Bioplastik, der im Deutscher Bundestag Drucksache 19/13085 19. Wahlperiode 10.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 5. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. konventionellen Kunststoffstrom verbleibt, beeinträchtigt die Qualität der Recyclate negativ. Der separierte Anteil an detektierten Biokunststoffen wird der thermischen Verwertung zugeführt. Werden Biokunststoffe als bioabbaubare Abfalltüte angewendet, gehören sie in die Biotonne. Voraussetzung dafür ist eine Zertifizierung nach EN 14995 oder EN 13432, erkennbar an dem Keimlingsymbol. Problematisch dabei ist aber die Zersetzung in den Kompostieranlagen, da Biokunststoffe sich langsamer zersetzen als andere Abfälle würden sie nach der unvollständigen Kompostierung als landwirtschaftlicher Dünger ausgebracht werden. Daher wird Bioplastik vor der Kompostierung unter hohem Aufwand aussortiert und der thermischen Verwertung zugeführt. Aus diesem Grund untersagen inzwischen mehrere Kommunen das Einwerfen von Biokunststoffen in die Biomülltonne. Alle weiteren Biokunststoffe werden in der Restabfalltonne gesammelt, auch hier werden die Biokunststoffe der thermischen Verwertung zugeführt. Ein Recycling findet nur in Ausnahmefällen statt (www.umweltbundesamt.de/ biobasierte-biologisch-abbaubare-kunststoffe#textpart-7). Die Menge an auf den Markt gebrachten Biokunststoffen als Serviceverpackungen , genauso wie faserbasierte Verpackungen aus Gras oder Bambus, mit Beimengungen von Kunststoffen steigt an. Auch solche faserbasierten Verpackungen werden thermisch verwertet. Die Vielzahl der Substitute und auch die steigenden Mengen auf dem Markt machen die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich umweltbewusst verhalten zu wollen, deutlich. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das vordringliche Ziel der Bundesregierung besteht zunächst darin, dass insgesamt weniger Kunststoffe und insbesondere weniger Kunststoffe mit kurzer Nutzungsdauer eingesetzt werden. Dadurch können sowohl die Auswirkungen von Kunststoffeinträgen in die Umwelt als auch der Ressourcenverbrauch für die Herstellung von Kunststoffen reduziert werden. Dies gilt auch für sogenannte Biokunststoffe. Diese Biokunststoffe sind nicht per se umweltfreundlich , auch wenn bei vielen Menschen die Illusion besteht, dass sie sich in der Natur oder auch im Meer vollständig abbauen würden. Für eine ökologische Beurteilung von sogenannten Biokunststoffen ist es erforderlich , nicht nur den Einsatzweck von Kunststoffen bzw. die vorgenommene Substitution von Kunststoffen zu beurteilen, sondern vielmehr den Einsatz von Kunststoffen umfassend zu bewerten. Hierzu zählen sowohl die Herstellung und die Verwendung als auch die Entsorgung von Kunststoffen sowie die dadurch hervorgerufenen Umweltauswirkungen. Auch die Auswirkungen auf etablierte Recyclingwege sind zu betrachten. Teilweise sind biobasierte Kunststoffe störend im Recycling, teilweise stehen für diese Materialien keine etablierten Recyclingverfahren zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund beantwortet die Bundesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:  1. Stellt der Einsatz von Biokunststoffen in Deutschland nach Information der Bundesregierung eine nachhaltige Alternative zur Verwendung von konventionellen Kunststoffprodukten dar? Biobasierte Kunststoffe werden gegenüber herkömmlichen Kunststoffen überwiegend aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt, so dass fossile Rohstoffe eingespart werden. Eine Alternative zu den konventionellen Kunststoffen ist aber nur dann gegeben, wenn die nachwachsenden Roh- und Reststoffe auch aus einer nachhaltigen Landwirtschaft stammen. Im Rahmen der Verwendung und Entsorgung von biobasierten Kunststoffen ergeben sich hingegen oft keine Vor- Drucksache 19/13085 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. teile gegenüber fossilbasierten Kunststoffen. Gleichwohl werden biobasierte Kunststoffe in Ihrer Anwendung vielfach für ökologisch vorteilhafter gehalten, obwohl dies bei Betrachtung aller Aspekte oftmals nicht der Fall ist. In Einzelfällen kann der Einsatz von bioabbaubaren Kunststoffen, die bio- oder fossilbasiert sein können, gegenüber der Verwendung von dauerhaften Kunststoffen ökologisch vorteilhaft sein. Dies ist beispielsweise bei Abdeckfolien in der Landwirtschaft der Fall. Im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs dieser Folien sowie bei der Einsammlung verbrauchter Folien können kleinere Kunststoffrestestücke in den Boden gelangen bzw. dort verbleiben. Zur Reduktion der schädlichen Umweltwirkungen von Mikrokunststoffen auf die Umwelt ist es besser, wenn die Folien aus einem Material bestehen, welches sich und im Gegensatz zu konventionellen Kunststoffen tatsächlich biologisch abbaut.  2. Wie können Bürgerinnen und Bürger sich möglichst nachhaltig in Bezug auf die Wahl ihrer Verpackung verhalten? Bürgerinnen und Bürger haben vielfältige Möglichkeiten, sich beim Einkauf mit Blick auf die Wahl ihrer Verpackungen nachhaltig zu verhalten. Hierbei sollte die Abfallvermeidung ein wichtiges Kriterium darstellen. Dies kann beispielsweise durch die Nutzung von Mehrwegnetzen und -boxen beim Kauf loser Lebensmitteln oder von Mehrwegtragetaschen geschehen. Auch der Kauf von Lebensmitteln in Mehrwegverpackungen trägt zur Vermeidung von Verpackungsabfällen bei. Letzteres wird durch das Verpackungsgesetz (VerpackG) unterstützt, das seit dem 1. Januar 2019 die eindeutige Kennzeichnung von Mehrweg- bzw. Einweggetränkeverpackungen am Verkaufsregal vorschreibt und dadurch die Konsumentscheidung hin zu abfallvermeidenden Mehrwegflaschen erleichtert. Zudem stehen den Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Informationsangebote der öffentlichen Hand (Internetseiten der Kommunen, Flyer, telefonische Beratung etc.) oder von Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden zur Verfügung, um ihr Einkaufsverhalten nachhaltig zu gestalten und unnötige Verpackungsabfälle zu vermeiden.  3. Woran erkennt der Verbraucher nach Informationen der Bundesregierung, dass es sich um eine Biokunststoffverpackung handelt, und wie entsorgt er bzw. sie diese korrekt? Gemäß den Vorgaben des VerpackG sind systembeteiligungspflichtige Verpackungen einer vom gemischten Siedlungsabfall getrennten Sammlung, z. B. der „Gelben Tonne“, zuzuführen. Diese Vorschrift gilt unabhängig von der stofflichen Zusammensetzung der systembeteiligungspflichtigen Verpackungen und somit auch für solche aus biobasierten Kunststoffen. Es gibt allerdings keine Verpflichtung der Hersteller bzw. Inverkehrbringer, bei Verpackungen die Kunststoffarten besonders kenntlich zu machen.  4. Ist es möglich, nach Information der Bundesregierung Biokunststoffe auf dem Gartenkompost zu entsorgen? Wenn nein, warum nicht? Eine Entsorgung von biobasierten Kunststoffen im Rahmen der Eigenkompostierung im Garten scheidet wegen der mangelnden organischen Abbaubarkeit der Materialien von vorneherein aus. Auch die als biologisch abbaubar hergestellten Kunststoffe eignen sich nicht für die Gartenkompostierung, da die für Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13085 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. einen schnellen und zuverlässigen Abbau erforderlichen Rahmenbedingungen (im Wesentlichen Temperatur, Wassergehalt und pH-Wert) bei der Kompostierung auf einem Komposthaufen gegenüber großtechnischen Kompostierungsanlagen nicht erreicht werden.  5. Ist es möglich, nach Information der Bundesregierung Bioabfall auf dem Gartenkompost zu entsorgen? Wenn nein, warum nicht? Die in privaten Haushalten anfallenden Bioabfälle können grundsätzlich im Rahmen der Eigenkompostierung im Garten ordnungsgemäß und schadlos verwertetet werden. Allerdings eignen sich nicht alle im Haushalt anfallenden Bioabfälle auch tatsächlich für die Gartenkompostierung. Dies gilt vor allem für Küchenabfälle mit tierischen Bestandteilen wie Fleisch-, Wurst- und Fischreste sowie Knochen, da bei der Gartenkompostierung die für eine sichere Hygienisierung erforderlichen Temperaturen über die notwendige Zeitdauer nicht erreicht werden und zudem die Gefahr von Schädlings- und Schadnagerbefall besteht . Weitere zur Gartenkompostierung nicht oder weniger gut geeignete Materialien sowie die sonstigen Anforderungen an eine funktionierende Gartenkompostierung können in der vom Umweltbundesamt herausgegebenen Kompostfibel nachgelesen werden (https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/ kompostfibel).  6. Welche Maßnahmen zur Reduzierung von Biokunststoff in der Biotonne plant die Bundesregierung, und wen sieht sie in der Pflicht, in diesem Bereich Aufklärungskampagnen für Bürgerinnen und Bürger zur Vermeidung von Fehlwürfen durchzuführen? Die Bundesregierung setzt sich seit langem für die Reduzierung von Kunststoffbestandteilen in Bioabfällen ein, dies gilt für alle Arten von Kunststoffen. Die Thematik ist auch Teil des 5-Punkte-Plans des Bundesumweltministeriums für weniger Plastik und mehr Recycling (www.bmu.de/DL2122). Seit drei Jahren findet bundesweit die „Aktion Biotonne Deutschland“ statt, die sich gleichermaßen für eine Stärkung der Getrenntsammlung von Bioabfällen als auch für eine Reduzierung von Fehlwürfen in die Biotonne einsetzt. Neben vielen Verbänden wird die Aktion auch durch das Bundesumweltministerium aktiv unterstützt. So findet zum Beispiel im Herbst dieses Jahres auf Einladung des Bundesumweltministeriums ein Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer von kommunalen Abfallberatern für eine erfolgreiche Abfallberatung statt. Die Abfallberatung ist nach § 46 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) zuvorderst Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Beratung und Information sind die Schlüssel zu einer besseren und sortenreineren Erfassung von Stoffströmen. Dies gilt gerade im Hinblick auf die Reduzierung von Fehlwürfen in die Biotonne. Der gerade veröffentlichte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union (www.bmu.de/GE828) stärkt daher auch die kommunale Abfallberatung und hebt die Bedeutung der getrennten Sammlung für eine effiziente Abfallbewirtschaftung in § 46 KrWG nochmals deutlicher hervor. Auch das Verpackungsgesetz enthält in § 14 Absatz 3 Vorgaben über die Aufklärung der privaten Endverbraucher durch die dualen Systeme. Hiernach sind die Verbraucher insbesondere über den Sinn und Zweck der getrennten Sammlung von Verpackungsabfällen, die hierzu eingerichteten Sammelsysteme und die erzielten Verwertungsergebnisse zu informieren. Drucksache 19/13085 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  7. Ist die Sammlung von Biokunststoffen in verschiedenen Sammlungen wie dem Gelben Sack, der Restabfalltonne und der Biotonne nach Einschätzung der Bundesregierung nachhaltig? Wenn nein, welche Maßnahmen zur Verbesserung plant die Bundesregierung ? Wie bei allen Abfällen hängt die Art der Entsorgung nicht nur vom jeweiligen Material, sondern auch von der Produktgestaltung und der jeweiligen Nutzung des zu Abfall gewordenen Produktes ab. So sind alle Arten von Verpackungen – also auch solche aus biobasierten Kunststoffen und aus biologisch abbaubaren Materialien – nach den Vorgaben des Verpackungsgesetzes zu entsorgen. Dieses gewährleistet eine ordnungsgemäße, schadlose und hochwertige Entsorgung aller Verpackungsabfälle. Dies gilt gerade im Hinblick auf die von den dualen Systemen lizensierten Verpackungen, die im „Gelben Sack“ oder der „Gelben Tonne“ gesammelt werden. Eine Entsorgung von biobasierten Kunststoffen über die Biotonne scheidet wegen ihrer mangelnden organischen Abbaubarkeit aus. Des Weiteren ist die Sammlung von biologisch abbaubaren Kunststoffen in der Biotonne nach der Bioabfallverordnung grundsätzlich unzulässig. Hintergrund ist, dass die als biologisch abbaubar oder kompostierbar bezeichneten Kunststoffmaterialien keine wertgebenden Inhaltsstoffe, wie Pflanzennährstoffe oder Humus, für eine hochwertige bodenbezogene Verwertung besitzen. Zudem werden solche bioabbaubaren Kunststoffmaterialien in aller Regel im Rahmen der in Deutschland praxisüblichen industriellen Kompostierungs- und Vergärungsverfahren nicht vollständig abgebaut. Einzige Ausnahme sind die speziell zu diesem Zweck hergestellten dünnwandigen Bioabfallsammelbeutel aus biologisch abbaubaren Kunststoffen, da mit diesen eine sauberere und hygienischere Sammlung insbesondere von feuchten Bioabfällen möglich ist. Diese sind für die Sammlung und Verwertung gemeinsam mit Bioabfällen zugelassen, sofern der jeweilige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger diese Materialien nicht von der Entsorgung in der Biotonne ausgeschlossen hat. Aus düngemittelrechtlicher Sicht werden Kunststoffe jedoch unabhängig von ihrer Abbaubarkeit als Fremdstoffe betrachtet, die nur in unvermeidbaren Anteilen in den dem Düngemittelrecht unterfallenden Stoffen enthalten sein dürfen. Sofern Kunststoffe oder andere, auch abbaubare Materialien nicht über Sammelsysteme erfasst werden, sind sie über den Restabfall zu entsorgen. Die Vorgaben des KrWG gewährleisten, dass auch diese Abfälle ordnungsgemäß, schadlos und möglichst hochwertig energetisch verwertet werden. Eine getrennte Sammlung von Produkten aus biobasierten Kunststoffen bzw. aus biologisch abbaubaren Kunststoffen ist nach Auffassung der Bundesregierung dagegen weder ökologisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Zudem sind einige der biobasierten Kunststoffe mit fossilbasierten Kunststoffen stoffgleich und können daher problemlos gemeinsam stofflich verwertet werden.  8. Wie viele Biokunststoffe werden jährlich in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung und der EU in Umlauf gebracht? Der Bundesregierung liegen keine Daten zu den in Deutschland oder in der EU in Umlauf gebrachten Biokunststoffen vor. Der Interessenverband „European Bioplastic“ (Bioplastics market data 2018, abrufbar unter: www.european-bio plastics.org/market/) gibt für das Jahr 2018 eine weltweite Produktionskapazität (nicht real produzierte Menge) von 2,11 Millionen Tonnen Biokunststoffen an. Davon seien 1,2 Millionen Tonnen biobasierte Kunststoffe und 0,91 Millionen Tonnen bioabbaubare Kunststoffe. Der Schwerpunkt der Produktionskapazitäten liegt danach in Asien (ca. 55 Prozent), in Europa hingegen sind es nur rund Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13085 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 19 Prozent. Diese Zahlen decken sich in etwa mit den Daten aus dem JRC- Bericht „Insights into the European market for bio-based chemicals“ vom Jahr 2019 (abrufbar unter: http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/ JRC112989). Dort wird in Tabelle 1 „Estimates of total EU production, the biobased share of production and the consumption of bio-based products for each category” für die EU-weite Produktion von Kunststoffpolymeren aus biobasierten Stoffen ein Wert von 268.000 Tonnen pro Jahr angegeben.  9. Welche Position bezieht die Bundesregierung zum vermehrten Inverkehrbringen von Biokunststoffen und anderen faserbasierten Produkten ohne die Etablierung einer nachhaltigen Wiederverwendung dieser Materialgruppe ? Bezüglich des Inverkehrbringens biobasierter Kunststoffe ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich: Einige dieser biobasierten Kunststoffe sind mit konventionellen fossilbasierten Kunststoffen stoffgleich, sie besitzen lediglich eine andere (biologische) Kohlenstoffquelle. Dies betrifft Polyethylen (PE) und biobasiertes PE sowie Polyethylenterephthalat (PET) und PET mit einem biobasierten Anteil bis zu 30 Prozent. In Europa werden diese biobasierten Varianten nicht hergestellt. Sollten sie als importierter Kunststoff auf den Markt kommen, sind sie mit den fossilbasierten Pendants kompatibel. Weitere biobasierte Kunststoffe tauchen nur in sehr geringen Mengen auf. Es handelt sich beispielsweise um die Kunststoffe Polylactide (PLA), Polyhydroxyalkanoate (PHA) sowie stärkebasierte Werkstoffe. Bei der Wiederverwendung von Produkten erlangen diese keinen Abfallstatus. Die Wiederverwendung trägt damit zur Abfallvermeidung bei und entspricht der ersten Stufe der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Daher begrüßt die Bundesregierung grundsätzlich auch die Wiederverwendung von Produkten aus biobasiert hergestellten Kunststoffen . Vorteile gegenüber fossilbasierten Materialien ergeben sich bei der Wiederverwendung aber nicht. Produkte aus biologisch abbaubaren Kunststoffen hingegen eignen sich aufgrund ihrer Materialeigenschaften nicht für eine Wiederverwendung. 10. Welche Vorteile sieht die Bundesregierung in der Entwicklung weiterer Substitute von konventionellem Kunststoff? Kunststoffe sind wertvolle Werkstoffe mit einem großen Anwendungsspektrum und einer sehr großen Materialvielfalt und stellen für sich genommen keine Umweltgefahr dar. Zur Vermeidung von Umwelt- und Gesundheitsgefahren durch Kunststoffe ist vielmehr insbesondere eine nachhaltige Bewirtschaftung notwendig, wie sie in Deutschland durch eine flächendeckende Abfallwirtschaft seit vielen Jahren gegeben ist. Substitute sollten bei gleichen Qualitätsanforderungen ökologisch wie ökonomisch sinnvoll verwertbar sein. Bei der Produktion von Substituten für herkömmliche Kunststoffe aus nachwachsenden Roh- und Reststoffen sind negative Auswirkungen einer intensivierten Landwirtschaft bzw. eine Konkurrenzsituation mit der Nahrungsmittelproduktion grundsätzlich zu vermeiden. Ein Vorteil, der bei derartigen Substituten aus nachwachsenden Roh- und Reststoffen bestehen kann, ist die Unabhängigkeit gegenüber der endlichen fossilen Ressource Erdöl und den damit zusammenhängenden globalen Risiken und Problemen. Drucksache 19/13085 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 11. Welche Position vertritt Deutschland auf EU-Ebene zu Förderung von Biokunststoffen ? Der Bundesregierung sind weder monetäre noch politische Förderprogramme der EU für Biokunststoffe bekannt. Die Europäische Kunststoffstrategie weist mit Blick auf biologisch abbaubare Kunststoffe sowohl auf Chancen als auf auch ökologische Risiken, insbesondere durch zunehmende Einträge in die Umwelt, hin. Im Dezember 2018 hat die Europäische Kommission auf der Grundlage der Verpackungsrichtlinie den Entwurf eines „Durchführungsrechtsaktes zu Etiketten und Kennzeichnungen für biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststofftragetaschen“ vorgelegt. Hiernach sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, entsprechende Kunststofftragetaschen mit „o.k. für die industrielle Kompostierung“ oder sogar „o.k. für die Heimkompostierung“ zu kennzeichnen. Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag ab. Biologisch abbaubare Kunststoffe haben nicht nur keinen Nutzen für den Prozess der biologischen Behandlung und für eine bodenbezogene Verwertung mit dem Kompost , sondern sorgen – wegen nicht hinreichender Abbaubarkeit in den in Deutschland praxisüblichen Kompostierungszeiten – sogar häufig für eine Verunreinigung des Kompostes, die eine Vermarktung erschweren. Die vorgeschlagene Kennzeichnung würde zudem der unsachgemäßen Entsorgung von herkömmlichen Kunststofftragetaschen Vorschub leisten, denn in der Praxis wird in aller Regel nicht zwischen kompostierbaren und konventionellen Kunststoffen unterschieden werden. Aufgrund der Ablehnung von Deutschland und anderen Mitgliedstaaten verfolgt die Europäische Kommission den Vorschlag zunächst nicht weiter, sondern evaluiert derzeit die Sach- und Rechtslage in den Mitgliedstaaten. 12. Sieht die Bundesregierung in dem in Deutschland etablierten Entsorgungsweg von Biokunststoffen nach Anwendungsbereichen die Vorgaben der EU nach einem gesonderten Abfallstrom als erfüllt an? Ist eine Änderung zur Anpassung an die EU-Vorgaben geplant? Auf EU-Ebene existieren keine rechtlichen Vorgaben zur getrennten Sammlung speziell von biobasierten oder bioabbaubaren Kunststoffen. Vielmehr gilt beides als Kunststoff, welcher nach Artikel 11 Absatz 1 der Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) getrennt zu sammeln ist. Die novellierte Abfallrahmenrichtlinie stellt es den Mitgliedstaaten zudem nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 2 AbfRRL ausdrücklich frei, biologisch abbaubare Verpackungen gemeinsam mit Bioabfällen zu sammeln. Deutschland wird von dieser Möglichkeit wegen der beschriebenen Probleme bei der Kompostierung und Vergärung von biologisch abbaubaren Verpackungen und dem etablierten Entsorgungssystem von Verpackungen keinen Gebrauch machen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13085 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.