Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karsten Hilse, Marc Bernhard, Andreas Bleck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/12526 – Energiewende – Biogas: Eine Reduzierung von Treibhausgasen durch Methanproduktion V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ein verbindliches EU-weites Ziel im Rahmen der neuen Richtlinie über erneuerbare Energien (REDII vom 24. Dezember 2018) ist, die erneuerbaren Energiequellen bis 2030 auf mindestens 32 Prozent zu erhöhen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Insbesondere Biogas und andere Biokraftstoffe sollten im Rahmen verbindlicher Ziele (1 Prozent im Jahr 2025 und 3,5 Prozent im Jahr 2030) gefördert werden (EU-Ratsdokument 7577/19; www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVI/EU/05/81/EU_58187/imfna me_10887773.pdf). Biogas ist ein brennbares Gasgemisch, das durch Fermentation von Biomasse (organisches Material) bei 30 bis 40 Grad Celsius unter Luftabschluss (anaerob ) erzeugt wird. Die Vergärung von Bio-Substraten zu Biogas für die Energieerzeugung (oder Strom) erfolgt über eine Biogasanlage in luftdichten Gärbehältern (www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf/id/de-was-ist-eigentlichbiogas ). Abhängig von den Substraten werden unter anderem Methan (50 bis 75 Vol.-Prozent), Kohlendioxid (20 bis 50 Vol.-Prozent), Wasser (2 bis 7 Vol.- Prozent), Stickstoff (unter 2 Vol.-Prozent), Wasserstoff (unter 1 Vol.-Prozent), Sauerstoff (unter 1 Vol.-Prozent) und Schwefelwasserstoff (20 bis 20 000 ppm) produziert (www.klaerbiswerk.info/Biogaserzeugung/Erneuerbare- Energie-aus-Biogasanlagen). Ein höherer Anteil an Methan in der Produktion wird angestrebt, daher spielt die Art der Biomasse eine wichtige Rolle (Lu, X., et al.: Effects of waste sources on performance of anaerobic codigestion of complex organic wastes: taking food waste as an example, 2017, 7: 15702, www.nature.com/articles/ s41598-017-16068-z). Je nach Art der verwendeten Biomasse kann Biogas durch den Einsatz von landwirtschaftlichen (nachwachsende Rohstoffe) oder nichtlandwirtschaftlichen Anlagen (Bioabfall und Kläranlagen) hergestellt werden. Landwirtschaftliche Biogasanlagen gewinnen weltweit als erneuerbare Alternative zu fossilen Brennstoffen (Erdöl, Kohle und Erdgas) zunehmend an Bedeutung. Die Grundlage der für diese Anlagen verwendeten Biomasse kann Stallmist (z. B. Rindergülle), organischer Rückstand (z. B. Lebensmittelabfälle) oder Energiepflanzenmaterial (z. B. Mais) darstellen Deutscher Bundestag Drucksache 19/13119 19. Wahlperiode 10.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. (www.klaerwerk.info/Biogaserzeugung/Erneuerbare-Energie-aus-Biogasanla gen). Das Fermentationsprodukt enthält neben dem Gas, ähnlich wie die Ausgangssubstrate , auch die Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium und anderen organischen Kohlenstoff und ist damit ein Mineraldünger, der in der Landwirtschaft wiederverwendet werden kann. Biogas als erneuerbare Energiequelle verursacht keine Lastschwankungen, wie dies bei Solar- und Windenergie der Fall ist (www.pv-magazine.de/ 2019/02/12/mit-biogas-schwankungen-bei-photovoltaik-und-wind-ausglei chen / ). In Deutschland wird die Stromerzeugung aus Biogas durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert und rund 5,4 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland werden durch rund 9 000 Biogasanlagen gedeckt (www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebran chen/biogasanlagen#textpart-1). Biomethan, auch solches der sogenannten zweiten Generation, ist jedoch im Sinne des Umweltschutzes nach Ansicht der Fragesteller überhaupt nicht nachhaltig. Methan ist ein geruchloses und farbloses Gas. Es steht wie Kohlendioxid , Lachgas und teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe im Verdacht , als langlebiges „Treibhausgas“ den Strahlungshaushalt der Atmosphäre, jedoch 25mal so stark wie Kohlendioxid, anzutreiben (Oehmichen, K., Thrän, D. Fostering renewable energy provision from manure in Germany – Where to implement GHG emission reduction incentives. Energy Policy, 2017 110, 471 – 477. doi:10.1016/j. enpol.2017.08.014). Bei der Bekämpfung der schädlichen Umweltwirkungen auch durch Luftverunreinigungen hat die Bundesregierung nach Ansicht der Fragesteller eine wichtige Verantwortung, der durch das BundesImmissionsschutzgesetz (BImSchG) Rechnung getragen wird, das auch Biokraftstoffe betrifft und für die Sicherheitskontrolle von Biogasanlagen eingesetzt werden kann. Das Produkt aus Biogasanlagen, der Biogasschlamm (Gülle) oder Gärreste, ist reich an organischen Stoffen und führt bei Verschmutzung in Flüssen und Bächen zu Eutrophierung (Nährstoffanreicherung). Zusammen mit Ammoniak ist dies tödlich für die dortige Fauna und verursacht Tonnen von toten Fischen in nahegelegenen Gewässern (www.lfvbw.de/bezirke/nordwuerttemberg/ 1138-biogasanlagen-tickende-zeitbomben-fuer-unsere-fische). Darüberhinaus steigt mit der sich erhöhenden Nachfrage nach Bioenergierohstoffen für Biogas und auch für Biokraftstoffe auch die Nachfrage nach Flächen für den Anbau von Energiepflanzen. Die Umwandlung von erworbenen Naturflächen ist nach Ansicht der Fragesteller der biologischen Vielfalt abträglich . Seit 2009 ist bekannt, dass ein Boom in der Biokraftstoffproduktion negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben wird, da die daraus resultierenden Monokulturplantagen eine hohe Biodiversität von z. B. Motten, Ameisen und anderen Insekten nicht unterstützen (The impacts of biofuel production on biodiversity: A review of the current literature, 2009, www.cbd.int/ agriculture/2011-121/UNEP-WCMC3-sep11-en.pdf). Auch wenn eine Kulturart wie Raps aufgrund des hohen Blütenertrags die Vielfalt an Bienen und Wespen erhöht, wirkt dies wie eine Falle, denn bei der Ernte der Biomasse entsteht eine Trachtlücke, in der diese Bestäuber plötzlich keine Nahrung mehr haben (Stellungnahme: Für einen flächenwirksamen Insektenschutz – Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2018, www.umweltrat.de/Shared Docs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2016_2020/2018_10_AS_Insekten schutz.pdf?__blob=publicationFile&v=17). Das Wachstum der bestäubenden bzw. der staatenbildende Arten wird durch die kontinuierlichen Ressourcen unterstützt, die von halbnatürlichen Lebensräumen neben blühenden Feldern bereitgestellt werden und durch den zunehmenden Anbau von Energiepflanzen verloren gehen (Dietkötter, T., et al.: Mass-flowering crops increase richness of cavity-nesting bees and wasps in modern agro-ecosystems, GCB Bioenergy , 2014, 6, 219–226). Drucksache 19/13119 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bioenergie leistet einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz. Durch die Nutzung von Biomasse zur Erzeugung erneuerbarer Energie konnten Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2018 in Deutschland in Höhe von 64,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente vermieden werden. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Biomasse innerhalb eines begrenzten, nachhaltig verfügbaren Potenzials zu nutzen. Ihr ist bewusst, dass beim Einsatz von Biomasse zudem Auswirkungen auf die Natur, die lokale Luftqualität und Obergrenzen bei den Emissionsfrachten durch den Ausstoß von Luftschadstoffen, die Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und mögliche negative Effekte auf die Biodiversität zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Förderung der Biomassenutzung bereits sehr differenziert. Da die Energieversorgung bis spätestens 2050 nahezu vollständig dekarbonisiert erfolgen muss und infolge der Beanspruchung von Flächen für die Ernährung, wird die Bedeutung des Klimaschutzbeitrags von Bioenergie aus Anbaubiomasse an Grenzen stoßen . Eine Ausweitung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe zur Biogas- und Biokraftstofferzeugung über den derzeitigen Stand hinaus kommt aus diesen Gründen nicht in Betracht.  1. Wird die Biogasproduktion in Deutschland aus landwirtschaftlich erworbener und ökologisch gekennzeichneter Biomasse nach Kenntnis der Bundesregierung anders bezeichnet bzw. zertifiziert als Biokraftstoffe, bei denen der Rohstoff aus Abfall besteht? Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es keine Kennzeichnung von Biogas aus ökologisch (im Sinne der EG-Öko-Verordnung) erzeugter Biomasse. Die EU-Richtlinie 2009/28/EG gibt Nachhaltigkeitskriterien für flüssige oder gasförmige Biomasse vor. Dabei ist es unerheblich, aus welcher Biomasseart der Brenn- oder Kraftstoff erzeugt wird. Für flüssige Biomasse zur Stromerzeugung (Pflanzenöl-BHKWs) müssen die gleichen Kriterien erfüllt werden, wenn eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausgezahlt werden soll. Neuanlagen werden seit 2012 nicht mehr gefördert. Damit wird verhindert , dass nicht nachhaltige Biomasseimporte für die Stromerzeugung in Deutschland eingesetzt werden. Die novellierte europäische Erneuerbare- Energien-Richtlinie (RED II, (EU) 2018/2001) fordert weitergehende Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Biogasproduktion, ihre Umsetzung in nationales Recht muss bis Mitte 2021 erfolgen.  2. Wie viele Biogasproduktionsanlagen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in der Bundesrepublik Deutschland (bitte nach Herstellung von Biogas aus Rohstoffen aus landwirtschaftlicher Biomasse und aus Rohstoffen, welche aus Abfall bestehen, aufschlüsseln)? Ende 2018 waren 9.000 Biogasproduktionsanlagen in Betrieb, davon rund 8.500 landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von 4.400 MW, rund 200 Biogasaufbereitungsanlagen mit einer Rohgasaufbereitungskapazität von 3.300 mn³/h, die Biomethan in das Gasnetz einspeisen und ca. 300 Biogasanlagen, die Abfälle vergären. Die Hälfte des Substratinputs in Biogasanlagen besteht aus nachwachsenden Rohstoffen, gefolgt von tierischen Exkrementen wie Gülle und Festmist. Insgesamt machen diese beiden Substrate mit 95 Prozent den Großteil des Substrateinsatzes in Biogasanlagen aus. Die restlichen 5 Prozent sind Bioabfälle (kommunale und gewerbliche Bioabfälle ). Quellen: Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ) 2019 und Teilvorhaben „IIa Biomasse zur Vorbereitung und Begleitung bei der Erstellung eines Erfahrungsberichts gemäß § 97 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13119  3. Wo sieht die Bundesregierung die maximale Ausbaukapazität bei Biogas, und welchen Flächenbedarf an nachwachsenden Rohstoffen hätte dies zur Folge? Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Biomasse innerhalb eines begrenzten , nachhaltig verfügbaren Potenzials zu berücksichtigen. Der starke Zubau von Biogasanlagen wurde durch die EEG-Novellen 2012 und 2014 gebremst . Statt nachwachsender Rohstoffe sollen künftig vorrangig biogene Abfälle und Reststoffe eingesetzt werden. Gemäß der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) erfolgt seit 2014 ein Anbau von Pflanzen für die Biogasproduktion auf rund 1,35 Millionen Hektar. Dieser Wert ist relativ konstant und nimmt derzeit nicht zu. Silomais belegte etwa zwei Drittel dieser Fläche, auf dem anderen Drittel standen weitere Energiepflanzen wie Gräser, Getreide, Rüben und Leguminosen oder die durchwachsene Silphie. Diese bienenfreundliche Dauerkultur hat ihren Anbauumfang mit fast 3.000 Hektar innerhalb der letzten fünf Jahre verzehnfacht. Der im EEG 2014 festgelegte Ausbaukorridor in Höhe von 100 MWel/a installierter Leistung sowie die im EEG 2017 festgelegte jährliche Ausschreibungsmenge von 150 MWel wurden bislang wenig ausgeschöpft. Diese Ausschreibungsmengen würden längerfristig auch nicht die Stillegung von Altanlagen kompensieren, so dass die installierte Biomassekapazität in Deutschland abnehmen würde.  4. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Biogasanlagen, die nicht dem Immissionsschutzgesetz unterliegen, und wenn ja, welche Gesamt- Erzeugungskapazität haben diese? Biogasanlagen unterliegen grundsätzlich dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Ausgenommen hiervon sind Biogaserzeugungs- oder -aufbereitungsanlagen, die als Teil von Flugplätzen errichtet wurden und betrieben werden und die keine Betriebsbereiche im Sinne von § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind, da Flugplätze gemäß § 2 Absatz 2 entsprechend von der Anwendung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ausgenommen sind. Dies gilt jedoch nur soweit die Biogaserzeugungs- oder -aufbereitungsanlagen Teil des Flugplatzes sind, was insbesondere einen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang erfordert. Angaben zur Erzeugungsleistung solcher Anlagen liegen der Bundesregierung nicht vor.  5. Welche Mindestanforderungen an Nachhaltigkeitsaspekten für Biogasanlagen , die ökologisch zu erfüllen sind, werden durch die Regelungen der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung § 26 Ausstellung von Zertifikaten (BioSt-NachV) zur Zertifizierung abgedeckt? Die BioSt-NachV gilt für flüssige Biomasse, die nach dem EEG zur Erzeugung von Strom eingesetzt wird und demnach nicht für Biogas oder Biomethan. Für als Biokraftstoff eingesetztes Biogas (bzw. zu Biomethan aufbereitetes Biogas ) gelten die Anforderungen der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) und künftig werden auch für aus gasförmiger Biomasse bereitgestellten Strom und Wärme die Nachhaltigkeitsanforderungen der RED II ((EU) 2018/2001) gelten (siehe auch Antwort zu Frage 1). Drucksache 19/13119 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  6. Wie viel Störfälle (gemäß der Bundesimmissionsschutzverordnung von 2010) hat es nach Kenntnis der Bundesregierung bei Biogasanlagen seit 2010 gegeben, und welcher Art (Abwasser, Gasausbruch usw.) waren diese? In wie vielen Störfällen davon gab es nach Kenntnis der Bundesregierung Tote (bitte auch Anzahl der Toten angeben)? Bei der zentralen Melde- und Auswertestelle für Störfälle und Störungen beim Umweltbundesamt sind zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 27. August 2019 Meldungen der Länder über 24 meldepflichtige Ereignisse bei Biogasanlagen nach Anhang VI der Störfall-Verordnung eingegangen. Darunter waren drei Explosionen, vier Brände, vier Substrat- oder Gärrestfreisetzungen und 20 Freisetzungen von Biogas (Mehrfachnennungen je Ereignis enthalten). Bei diesen Ereignissen gab es keine Toten. Im Übrigen sorgen auch im Energiebereich arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen für die Sicherheit von Beschäftigten .  7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Gesamtemissionen der Luftschadstoffe (Methan, Schwefelwasserstoff, Ammoniak , SO2, NOx, CO, CO2, NMVC, Formaldehyd sowie Feinstäube) aller Biogasanlagen? Welche elektrische Arbeit wurde von diesen Anlagen insgesamt erzeugt? Die verbrennungsbedingten Gesamtemissionen der Luftschadstoffe aller Biogasanlagen (Verstromung in KWK) in Deutschland in 2017 nach Angaben des Umweltbundesamtes sind in der folgenden Tabelle dargestellt (Quelle: Umweltbundesamt , Luftschadstoffemissionsinventar 2019; Datenstand 03/2019): Schadstoff Einheit Gesamtemissionen 2017 NMVOC kt 3,33 CO kt 59,24 CH4 kt 97,82 SO2 kt 24,4 NOx kt 62,36 Staub/PM10/PM2.5 kt 1,75 Ammoniak kt 0,072 Die prozessbedingten Gesamtemissionen an Luftschadstoffen der Biogasanlagen in 2017 sind in der folgenden Tabelle dargestellt: Schadstoff Einheit Gesamtemissionen 2017 (ohne Ausbringung der Substrate) Gesamtemissionen 2017 (mit Ausbringung der Substrate) NH3 kt 4,64 146,77 CH4 kt 62,42 90,76 NOx kt 0,33 20,46 Die Spalte 1 enthält die Gesamtemissionen des Biogasanlagenprozesses ohne Ausbringung der jeweiligen Substrate (Gärreste nachwachsender Rohstoffe, Wirtschaftsdünger, Kompostierung). Spalte 2 enthält die Werte, die aus der Ausbringung der Substrate resultieren. Würden die Substrate unbehandelt ausgebracht , wären die THG-Emissionen deutlich höher. Nach Daten der Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik (AGEE-Stat) betrug die Stromerzeugung aus vor Ort verstromtem Biogas im letzten Jahr rund Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13119 29 Milliarden Kilowattstunden. Hinzu kommen weitere 2,7 Milliarden Kilowattstunden aus in das Erdgasnetz eingespeistem Biomethan (Quelle: Umweltbundesamt /AGEE-Stat, Erneuerbare Energien in Deutschland 2018, Datenstand 03/2019).  8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Gesamtflächenverbrauch durch die Energieerzeugung aus Biomasse (bitte für Biogas und Biokraftstoffen getrennt angeben) aktuell und in Zukunft? Der Gesamtflächenverbrauch für die Energieerzeugung aus Biomasse betrug 2018 rund 2,4 Millionen Hektar, davon werden rund 1,35 Hektar für Biogasanlagen und rund 0,8 Millionen Hektar für Biokraftstoffe genutzt (Bioethanol und Biodiesel/Pflanzenöl, Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), Basisdaten Bioenergie Deutschland 2019). Eine Ausweitung dieser Fläche wird aus Gründen der Nutzungskonkurrenz und aus Nachhaltigkeitsgründen nicht erwartet und nicht befürwortet.  9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Emissionen der Luftschadstoffe (z. B. CO, SO2, NOx, CH2O und andere flüchtige organische Verbindungen ohne Methan) im Vergleich zu den herkömmlichen Energieträgern Braunkohle, Kohle und Erdgas usw. bezogen auf die gleiche Menge erzeugter Kilowattstunden? In Anlehnung an die methodischen Grundsätze der Lebenszyklusanalyse, werden bei dem Vergleich von Biogas zu den fossilen Energieträgern Braunkohle, Steinkohle und Erdgas sowohl die direkten Emissionen berücksichtigt, die im Zuge der Umwandlung von Primärenergieträgern z. B. bei der Verbrennung fossiler oder biogener Brennstoffe verursacht werden, als auch die indirekten Emissionen, die außerhalb der Umwandlungsprozesse in den sogenannten Vorketten z. B. bei der Herstellung von Anlagen zur Energieumwandlung oder der Gewinnung und Bereitstellung von Primär- und Sekundärenergieträgern entstehen . Die daraus resultierenden sogenannten Emissionsfaktoren werden in Gramm pro Kilowattstunde angegeben und beziehen sich auf das Jahr 2018 (Quelle: Umweltbundesamt, Emissionsbilanz erneuerbarer Energieträger, Datenstand 03/2019). Schadstoff Einheit Biogas Braunkohle Steinkohle Erdgas CO2-Äq. g/kWh 345,37 1.054,43 873,55 432,72 CO2 g/kWh 78,42 1.044,03 791,33 398,69 CH4 g/kWh 7,78 0,03 3,16 1,25 N2O g/kWh 0,24 0,03 0,01 0,01 SO2 g/kWh 0,63 0,48 0,34 0,01 NOx g/kWh 1,86 0,73 0,51 0,41 Staub g/kWh 0,05 0,02 0,02 0,01 CO g/kWh 1,64 0,44 0,12 0,22 NMOVC g/kWh 0,11 0,01 0,03 0,03 Die Zeile CO2-Äquivalente gibt dabei an, welches globale Erwärmungspotenzial die Gesamtemissionen einer Technologie haben. Drucksache 19/13119 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Welche Immissionen sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch Formaldehyd und Feinstäube in der Nachbarschaft von Biogasanlagen zu erwarten? a) Welche chemische Beschaffenheit (z. B. Ammoniak-Feinstaub- Gemische, die karzinogene polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe – PAK usw. – bilden) haben diese Feinstäube? b) Welche gesundheitlichen Schutzmaßnahmen sind für die anliegende Bevölkerung zur Verhinderung von Krebserkrankungen, Erbguterkrankungen usw. durch Formaldehyd- und Feinstaubemissionen seitens der Bundesregierung angedacht? Es ist davon auszugehen, dass bei der Erzeugung von Biogas in der Biogasanlage (anders als bei der Biogasverbrennung, siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 11) keine nennenswerten Emissionen von Feinstaub oder Formaldehyd entstehen und somit auch keine erhöhten Immissionen im Umfeld zu erwarten sind. 11. Halten die Immissionen des krebserregenden Formaldehyds, das bei Biogasanlagen emittiert und bei der Biogasverbrennung freigesetzt wird, nach Kenntnis der Bundesregierung die Grenzwerte gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bzw. BImSchV ein, und wenn nein, warum nicht (bitte den Grenzwert angeben; https://mobil.bfr.bund.de/de/ presse/presseinformationen/2006/14/krebserregende_wirkung_von_ eingeatmetem_formaldehyd_hinreichend_belegt-7858.html)? Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Bundes-Immissionsschutzverordnungen enthalten – wie die EU-Luftqualitätsrichtlinie – keinen Immissionsgrenzwert für Formaldehyd in der Außenluft. Insofern erübrigt sich die Frage nach der Einhaltung eines Grenzwertes. Bei der Beurteilung der von einer Anlage verursachten Formaldehyd-Immissionen kann im Bedarfsfall auf die Richtlinien für die Belastung von Innenräumen zurückgegriffen werden. Bei Einhaltung der geltenden Emissionsgrenzwerte und bei guter Abluftführung ist in der Regel davon auszugehen, dass die entsprechenden Werte eingehalten werden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Vollzug des Immissionsschutzrechts in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt. 12. Verursacht nach Kenntnis der Bundesregierung die erneuerbare Energiequelle Biogas einen Anstieg der Lebensmittelpreise sowie der Preise für Energiepflanzen zur Herstellung von Bioethanol und eventuell Biodiesel? a) Wie bewertet die Bundesregierung in Bezug darauf und im Lichte der Flächenkonkurrenz mit der Biokraftstoffherstellung und Biogasproduktion die Lebensmittelpreisentwicklung? b) Ist damit zusammenhängend ein erhöhter Importanteil für Biorohstoffe zu erwarten? Die Preissteigerung von Nahrungsmitteln zwischen 2007 und 2008 wurde in einer Vielzahl an Studien behandelt, die die Auswirkungen des Anbaus von Energiepflanzen auf die Lebensmittelpreise analysieren. Die Produktion von Biomasse zur Energieerzeugung wird hier als einer von vielen anderen Faktoren (z. B. globales Wachstum, abnehmende Lagerbestände, die Abwertung des Dollars, gestiegene Öl- und Düngerpreise) identifiziert, welche die Preissteigerung hervorgerufen haben (Abbott, P. C., Hurt, C., & Tyner, W. E. (2008). What's driving food prices? (No. 741-2016-51224). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13119 Studien, die sich explizit auf den europäischen Markt beziehen, zeigen, dass die Produktion von Biokraftstoffen zu Preissteigerungen für Agrarprodukte führen kann. In der EU werden nach Banse et al (Banse, M., van Meijl, H., Tabeau, A. und Woltjer, G. (2008). Will EU biofuel policies affect global agricultural markets ?. European Review of Agricultural Economics, 35(2), 117–141, Banse, M., Van Meijl, H., Tabeau, A., Woltjer, G., Hellmann, F. und Verburg, P. H. (2011). Impact of EU biofuel policies on world agricultural production and land use. Biomass and Bioenergy, 35(6), 2385–2390) die Preise für Ölsaaten am stärksten beeinflusst. Gesteigerte Weltmarktpreise bedeuten allerdings nicht, dass die Preise für das Endprodukt im Einzelhandel in gleicher Höhe steigen. Mitchell (Mitchel, D. (2008). A note on rising food prices. The World Bank) betont, dass sich die geschätzten Auswirkungen von Biokraftstoffen auf Lebensmittelpreise stark unterscheiden, je nachdem, welche Preise man betrachtet (Export, Import, Großhandel oder Einzelhandel). Da eine Ausweitung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe zur Biogas- und Biokraftstofferzeugung nicht zu erwarten ist, dürften keine weiteren Auswirkungen auf die Entwicklung der Lebensmittelpreise sowie auf Importmengen entstehen, welche über bislang beobachtete Schwankungen der Importmengen hinausgehen. 13. Warum setzt sich die Bundesregierung für die Landwirtschaft mit Energiepflanzen zur Biokraftstoffproduktion und für die Energieproduktion aus Biogas ein, wenn die Lebensmittelpreise dadurch potentiell erhöhend beeinflusst werden bzw. einen höheren Rohstoffimport aus Ländern außerhalb Europas zur Folge haben können, in denen die Arbeitsbedingungen der Produzenten nicht den EU-Standards entsprechen und Biomasse mit möglicherweise mangelnder Umweltverträglichkeit angebaut wird (siehe auch Goeser, H.: Land Grabbing: Ursachen, Wirkungen, Handlungsbedarf , w w w . b u n d e s t a g . d e / r e s o u r c e / b l o b / 1 9 2 3 3 2 / e135367c9c5de7bbfdf987adda71c606/land_grabbing-data.pdf Seite 9 f.)? Die Bioenergie leistet einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz, insbesondere in der Wärmebereitstellung. Durch die Nutzung von Biomasse zur Erzeugung erneuerbarer Energie konnten Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2018 in Deutschland in Höhe von 64,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente vermieden werden. Für die Klimaschutzwirkung ist es wichtig, eine nachhaltige und emissionsarme Produktion und Nutzung der Energiepflanzen sicherzustellen. Trotz seines Beitrags für den Klimaschutz und zum Gelingen der Energiewende besteht beim Anbau von Energiepflanzen eine Flächennutzungskonkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion und dem Bedarf für stoffliche Nutzungen. Für die Bundesregierung haben Ernährungssicherheit und die weltweite Bekämpfung des Hungers Vorrang vor anderen Nutzungen der Agrarerzeugnisse. Die verstärkte Gewinnung von Bioenergie aus Abfällen und Reststoffen, die über die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 eine besondere Förderung erfahren sollen, und die Bioenergieerzeugung im Kaskadenprinzip (Vorrang der stofflichen Nutzung vor Energiegewinnung) tragen zur Minimierung der Konkurrenz um Nahrungsgüter bei. National und auf EU-Ebene sind zudem Obergrenzen für die Förderung von Energiepflanzen festgeschrieben, die sukzessive verschärft werden. Auch dies trägt dazu bei, eine nachhaltige und emissionsarme Produktion der Energiepflanzen sicherzustellen und einen Zielkonflikt zwischen deren Anbau, der Ernährungssicherheit und Biodiversitätszielen zu verringern. Drucksache 19/13119 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333