Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Susanne Ferschl, Niema Movassat, Sylvia Gabelmann und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12706 – Versorgungslage mit Substitutionsbehandlung bei Menschen mit Opiatabhängigkeit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Substitutionsbehandlung ist nach Ansicht der Fragesteller eine der effektivsten Möglichkeiten, um das Leben, die Selbstbestimmung und die Teilhabe von opiatabhängigen Menschen zu schützen. Die Fragestellenden begrüßen viele Regelungen, die mit der Neufassung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) im Jahr 2017 in Kraft getreten sind (unter anderem Wegfall des Abstinenzparadigmas, Überführung vieler ärztlichen Pflichten in eine Richtlinie der Bundesärztekammer, Lockerung der Take-Home- Regelungen). Viele Ärztinnen und Ärzte mussten sich bis dahin de facto entscheiden zwischen einem Verstoß gegen gesetzliche Regelungen und einem Verstoß gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht. Die nun geltenden Veränderungen entsprechen in wichtigen Teilen Forderungen der Linksfraktion vom März 2013 (dip21.bun destag.de/dip21/btd/17/128/1712825.pdf). Trotzdem sind gerade im ländlichen Bereich nach wie vor große Versorgungslücken zu beklagen. Neben den ostdeutschen Ländern betrifft das insbesondere Bayern (siehe Bericht zum Substitutionsregister Januar 2019, www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bundesopiumstelle/SubstitReg/ Subst_Bericht2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3). Selbst die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hat die repressive Politik gegenüber Heroinabhängigen in vielen unionsregierten Bundesländern , vor allem aber in ihrer Heimat Bayern kritisiert (www.sueddeut sche.de/politik/drogen-drogenpolitik-gefaengnis-csu-bundestag-1.4437674? s c _ u i d = p f D 0 U R C H 2 I & s c _ s r c = e m a i l _ 7 0 7 6 6 0 & u t m _ m e d i u m = e m a i l & u t m _ c o n t e n t = w w w . s u e d d e u t s c h e . d e %2F1.4437674&sc_lid=76948383&sc_llid=6112&utm_source=emar sys&utm_campaign=Espresso+am+Abend+8.5.2019). Die Fragestellenden begrüßen die Bemühungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB), bestehende Versorgungslücken zu bekämpfen (www.kvb.de/praxis/finanzielle-foerdermoeglichkeiten/foerderung-methadon substitution/). Allerdings ist die Bayerische Staatsregierung bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten bei der Substitutionsbehand- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13178 19. Wahlperiode 12.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 10. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. lung besonders aktiv (www.kvb.de/praxis/qualitaet/qualitaetssicherung/substi tutionsgestuetzte-behandlung-opiatabhaengiger/), was nach Ansicht der Fragesteller zu einer erheblichen Verunsicherung der versorgenden Medizinerinnen und Mediziner beigetragen hat. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) vom 22. Mai 2017 (BGBl. I S. 1275), der vom Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) verabschiedeten Neufassung der Richtlinie der BÄK zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger (BAnz AT 02.10.2017 B1 vom 2. Oktober 2017) sowie der Änderung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung – in Anlage I Nummer 2: Substitutionsgestützte Behandlung Opioidabhängiger; BAnz AT 06. Dezember 2018 B6 vom 6. Dezember 2018) wurde ein geeignetes Fundament geschaffen , um die Versorgungslage bei der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger zukunftsfähig gestalten zu können. Ergänzend dazu sei auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Umsetzung der reformierten Vorschriften zur Substitutionsbehandlung von Opioidabhängigen auf Bundestagsdrucksache 19/9846 hingewiesen. Die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, hat regelmäßig an die Länder und die Kassenärztlichen Vereinigungen appelliert, ein flächendeckendes Substitutionsangebot sowohl außerhalb als auch innerhalb von Haftanstalten vorzuhalten. Es war ihr ein Anliegen, dass zeitnah Maßnahmen ergriffen werden, um Lücken in der Substitutionsversorgung zu schließen. Kritik an einzelnen Ländern hat die ehemalige Drogenbeauftragte nicht geübt. Darüber hinaus hat die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung eine schriftliche Abfrage an alle Kassenärztlichen Vereinigungen ausgesandt, um sich von der Versorgungssituation ein eigenes Bild machen zu können. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat weiterhin, in Abstimmung mit der AG Suchthilfe, einer Arbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG), das bereits seit dem 1. März 2019 laufende Projekt „Evaluation der Dritten Verordnung zur Änderung der BtMVV vom 22. Mai 2017 (EVASUNO)“ in Auftrag gegeben.  1. Wie viele Menschen waren nach Kenntnis der Bundesregierung geschätzt in den letzten zehn Jahren opiatabhängig (bitte pro Jahr und Bundesland angeben)? Über den Gesamtzeitraum der letzten zehn Jahre liegen der Bundesregierung keine nach Ländern differenzierten validen Daten zur Zahl der opioidabhängigen Menschen vor. Das BMG hat von 2017 bis 2018 die Studie „Schätzung Opioidabhängiger in Deutschland“ gefördert, die aufgrund von verfügbaren Registerdaten sowie einer Befragung von Menschen, die nicht im Kontakt mit dem Suchthilfesystem stehen, für das Jahr 2016 eine Schätzung der Anzahl Opioidabhängiger vorgenommen hat. Daraus ergibt sich eine Gesamtschätzung von 166.294 Opioidabhängigen in Deutschland. Insoweit kann der Übersicht in nachstehender Tabelle 1 eine Differenzierung nach Ländern entnommen werden. Die Autoren berichten, dass sich im Vergleich zu früheren Schätzungen bezogen auf die letzten 20 Jahre nahezu keine Veränderungen der Anzahl der Menschen mit einer Opioidabhängigkeit in Deutschland zeigen. Drucksache 19/13178 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Tabelle 1: Schätzung der Gesamtzahl von Menschen mit Opioidabhängigkeit und Rate von Menschen mit einer Opioidabhängigkeit pro 1.000 Einwohner nach Ländern für das Jahr 2016 Land Schätzung Rate pro 1.000Einwohner Baden-Württemberg (BW) 21.832 1,9 Bayern (BY) 16.713 1,3 Berlin (BE) 10.943 3,1 Brandenburg (BB) 248 0,1 Bremen (HB) 3.745 5,5 Hamburg (HH) 8.847 4,9 Hessen (HE) 16.042 2,6 Mecklenburg-Vorpommern (MV) 538 0,3 Niedersachsen (NI) 16.794 2,1 Nordrhein-Westfalen (NW) 53.851 3,0 Rheinland-Pfalz (RP) 4.672 1,1 Saarland (SL) 1.480 1,5 Sachsen (SN) 1.342 0,3 Sachsen-Anhalt (ST) 1.467 0,7 Schleswig-Holstein (SH) 6.961 2,4 Thüringen (TH) 819 0,4  2. Wie viele Menschen sind nach Kenntnis der Bundesregierung an den Folgen einer Opiatabhängigkeit gestorben (bitte pro Jahr und Bundesland angeben )? Die Zahlen der Rauschgifttoten der Jahre 2009 bis 2018, bei denen Opioide als Todesursache festgestellt wurden, ergeben sich aus der Übersicht in Tabelle 2, Anlage 1. Ab 2015 wurden schrittweise zusätzliche Unterscheidungen bei der Feststellung der Todesursachen in die Erhebungen aufgenommen. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht zwingend ein Rückschluss auf eine Abhängigkeit möglich ist. Weiterhin ist anzumerken, dass bei einer Vielzahl der Rauschgifttodesfälle die tatsächliche Todesursache nicht durch Obduktionen/toxikologische Gutachten belegt ist.  3. Wie hat sich die abhängigkeitsbegleitende Kriminalität (bspw. Beschaffungskriminalität ) im Zusammenhang mit Drogenabhängigkeit (insbesondere Opiatabhängigkeit) in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte pro Jahr und Bundesland angeben)? Die Übersicht in Tabelle 3, Anlage 2, weist die in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfassten Fälle der gesamten Rauschgiftkriminalität sowie der direkten Beschaffungskriminalität der letzten zehn Jahre aus. Nach Auskunft des Bundeskriminalamtes werden unter „direkter Beschaffungskriminalität“ der Diebstahl von Betäubungsmitteln aus Apotheken, der Diebstahl von Betäubungsmitteln aus Arztpraxen, der Diebstahl von Betäubungsmitteln aus Krankenhäusern , der Diebstahl von Betäubungsmitteln bei Herstellern und Großhändlern , der Diebstahl von Rezeptformularen zur Erlangung von Betäubungsmitteln , der Raub zur Erlangung von Betäubungsmitteln und Fälschungen zur Erlangung von Betäubungsmitteln subsummiert. Die PKS unterscheidet bei den Delikten der Beschaffungskriminalität nicht nach Drogenarten. Einzelne Deliktszahlen im Zusammenhang mit einer Opioidabhängigkeit (bzw. Opioidkonsum ) liegen der Bundesregierung nicht vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13178  4. Inwiefern kann die Substitutionsbehandlung nach Einschätzung der Bundesregierung zur Reduktion drogenbedingter Kriminalität beitragen? Die BÄK hat mit Datum vom 6. September 2018 einen „Bericht zur Feststellung des aktuellen Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft in einer Richtlinie zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger – Methodik und Ergebnisbewertung“ erstellt (www.g-ba.de/ downloads/40-268-5218/2018-09-06_MVV-RL_Anlage-I_Nummer-2_Subsitu tionsgestuetzte-Behandlung_TrG_Anlage.pdf). Dort finden sich unter Ziffer 8 (Seiten 37 bis 40) Ausführungen zum „Therapieziel Soziale Reintegration Substitutierter anhand der Teilziele „Reduktion der Straffälligkeit“ und „Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben“. Auf dieser Erkenntnisgrundlage hat die BÄK diese Teilziele als weitere Behandlungsziele in ihre Richtlinie zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger aufgenommen. Zu der vorgenannten Erkenntnisgrundlage der BÄK hat auch die von 2007 bis 2011 vom BMG geförderte PREMOS-Studie (Predictors, Moderators and Outcome of Substitution Treatments – Effekte der langfristigen Substitution Opioidabhängiger : Prädiktoren, Moderatoren und Outcome) beigetragen. Diese konnte, unter anderem, als langfristige Effekte der Substitutionsbehandlung sowohl hinsichtlich der Drogenkriminalität als auch der Inhaftierung statistisch bedeutsame Reduktionen zeigen.  5. Welche Informationen hat die Bundesregierung über regionale Lücken bei der Versorgung von gesetzlich Versicherten mit Substitutionsbehandlung ? In welchen Bundesländern bestehen die größten Versorgungslücken? Die regionalen Unterschiede der tatsächlich erfolgenden Versorgung sind in dem aktuellen „Bericht zum Substitutionsregister“ (Januar 2019) (www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Substitutionsregister/Bericht/_no de.html) visualisiert. In dessen Abbildungen 9 und 10 sind nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufgegliederte Landkarten zur regionalen Verteilung von substituierenden Ärztinnen und Ärzten und deren Patientinnen und Patienten dargestellt. Regionale Lücken bei der Versorgung von opioidabhängigen Menschen mit Substitutionsbehandlungen könnten nur eingeschätzt werden, wenn der entsprechende Bedarf bekannt wäre. Zu dem Bedarf an Substitutionsbehandlungen (von gesetzlich Versicherten sowie von allen anderen Opioidabhängigen) liegen der Bundesregierung keine eigenen Informationen vor. Auf die Antwort zu Frage 1 wird ergänzend verwiesen.  6. Wie hat sich die Zahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte pro Jahr und Bundesland angeben)? Die Entwicklung der Zahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren wird in nachfolgender Tabelle 4 differenziert nach den Jahren 2009 bis 2018 und nach Ländern geordnet abgebildet. Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 BW 438 445 441 446 440 440 434 428 415 407 BY 308 303 316 328 327 313 295 300 311 323 BE 151 151 151 145 142 135 137 140 151 147 BB 11 12 13 16 17 17 15 17 16 14 Drucksache 19/13178 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 HB 73 71 69 67 69 65 60 58 58 59 HH 102 104 98 103 102 106 97 91 87 91 HE 229 225 219 218 217 221 224 228 230 216 MV 24 22 27 27 28 24 26 24 24 28 NI 275 273 277 285 286 270 276 265 275 259 NW 753 768 765 763 756 746 740 727 725 726 RP 85 85 81 82 80 79 78 79 81 82 SL 23 22 19 18 18 19 19 17 18 18 SN 28 31 34 33 27 30 31 34 35 43 ST 36 35 36 37 33 36 34 37 32 34 SH 133 123 125 130 124 121 120 120 118 116 TH 31 40 32 33 25 28 27 25 23 22 Summe 2.700 2.710 2.703 2.731 2.691 2.650 2.613 2.590 2.599 2.585  7. Wie hat sich die Zahl der zur Substitution qualifizierten Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte pro Jahr und Bundesland angeben)? Informationen zur Entwicklung der Zahl der zur Substitution qualifizierten Ärztinnen und Ärzte in den letzten zehn Jahren liegen nur bei den Ärztekammern der Länder vor. Bis zum Jahr 2014 mussten die Ärztekammern jedes Jahr zum 31. März und zum 30. September dem beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag der Länder eingerichteten Substitutionsregister alle Ärztinnen und Ärzte mitteilen, die die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllten. Mit Artikel 2 Nummer 2 der Achtundzwanzigsten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1999) wurde das Ärztekammer- Meldeverfahren geändert. Seitdem erfolgen zum Nachweis der erforderlichen Qualifikation Einzelanforderungen des BfArM bei den Ärztekammern ausschließlich zu denjenigen Ärztinnen und Ärzten, die an Substitutionsbehandlungen beteiligt sind. Die bis 2014 beim Substitutionsregister registrierten Daten zur suchtmedizinischen Qualifikation von nicht an Substitutionsbehandlungen beteiligten Ärztinnen und Ärzten wurden aufgrund der vorgenannten Rechtsänderung seinerzeit aus der Datenbank gelöscht.  8. Inwiefern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung einen Anspruch von gesetzlich krankenversicherten opiatabhängigen Menschen auf eine Substitutionsbehandlung? Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben gemäß § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einen Anspruch auf Krankenbehandlung, soweit diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankenbeschwerden zu lindern. Dies schließt die substitutionsgestützte Behandlung Opioidabhängiger gemäß Anlage I Nummer 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungsund Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) ein. Die Richtlinie regelt die Voraussetzungen zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung bei Opioidabhängigen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Durchführung und Abrechnung der Substitution im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bedarf einer Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (§ 10 Absatz 1 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung). Die Vergütung Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13178 dieser Leistungen erfolgt nach § 87a Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 SGB V extrabudgetär .  9. Inwiefern ist die Versorgung mit Substitutionsbehandlung Teil des Sicherstellungsauftrages der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV)? Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern oder zu fördern. Hierzu zählt auch die nach den Vorgaben der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung durchgeführte Substitutionsbehandlung. 10. Inwiefern ist die Substitutionsbehandlung nach Kenntnis der Bundesregierung Bestandteil der vertragsärztlichen Bedarfsplanung? Modellrechnungen zufolge werden im Zuge der aktuellen Reform der Bedarfsplanung , die zum 30. Juni 2019 in Kraft getreten ist, etwa 3.466 neue Zulassungsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten entstehen. Die Zunahme der Zulassungsmöglichkeiten kann sich positiv auf die Versorgung von Suchterkrankungen auswirken. Suchtmedizinisch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte werden im Rahmen der vertragsärztlichen Bedarfsplanung nicht gesondert beplant. 11. Welche Institutionen überwachen die Umsetzung des Sicherstellungsauftrages durch die KV und welche Konsequenzen bzw. Sanktionen sind der Bundesregierung bekannt, wenn KV einer flächendeckenden Versorgung mit Substitutionstherapie nicht nachkommen? Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder führen die Aufsicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Recht und Gesetz, § 78 Absatz 3 SGB V. Im Übrigen können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 SGB V oder § 87a SGB V vereinbarten Vergütungen gemäß § 75 Absatz 1 Satz 2 SGB V teilweise zurückbehalten, wenn die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nachkommt. 12. Inwiefern können Substitutionsbehandlungen gezielt über die Terminservicestellen vermittelt werden und inwiefern plant die Bundesregierung, diesbezüglich Veränderungen anzustoßen? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über rechtliche Hemmnisse bei der Vermittlung von Terminen bei substituierenden Ärztinnen und Ärzten vor. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 6. Mai 2019 (BGBl. I S. 646) sind die Terminservicestellen (TSS) zu Servicestellen mit zusätzlichen Aufgaben weiterentwickelt worden. Sie sind künftig über die bundesweit einheitliche Rufnummer 116 117 täglich 24 Stunden und an sieben Tagen der Woche erreichbar. Die hierfür erforderlichen Strukturen werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bis spätestens zum 1. Januar 2020 geschaffen. Die TSS vermitteln etwa auch Termine zu Hausärztinnen und Hausärzten und unterstützen Versicherte bei der Suche nach einer dauerhaft betreuenden Hausärztin oder einem Hausarzt. In Akutfällen vermitteln die TSS die Versorgung in Drucksache 19/13178 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der medizinisch gebotenen Versorgungsebene auch während der üblichen Sprechstundenzeiten. 13. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte , der die Verweigerung einer Substitutionsbehandlung durch eine bayerische Justizvollzugsanstalt als „unmenschlich“ angesehen hat (hu doc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-171711%22])? Der Justizvollzug einschließlich der gesundheitlichen Versorgung von opioidabhängigen Strafgefangenen liegt in der Zuständigkeit der Länder (Artikel 70 des Grundgesetzes). Gesetzgeberische oder untergesetzliche Initiativen und sonstige Maßnahmen auf diesem Gebiet kommen deshalb seitens der Bundesregierung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht. 14. Inwiefern kann die Substitutionsbehandlung nach Kenntnis der Bundesregierung auch in Haft neben der Abstinenz die in der BtMVV genannten Ziele (die Sicherstellung des Überlebens, die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes, die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt) erfüllen? Die vorstehend genannten Ziele sowie das Ziel „Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden“ sind in § 5 Absatz 2 Satz 2 BtMVV als betäubungsmittelrechtlich wesentliche Ziele der Substitution auf der Ebene des Bundesrechts bestimmt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen . 15. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung bei den Ländern dafür ein, auch bei der Substitutionsbehandlung das Äquivalenzprinzip in Haftanstalten anzuwenden, nach der Haftinsassen eine gleichwertige Gesundheitsversorgung zusteht wie Menschen außerhalb des Vollzugs? Zuletzt hat im Juni 2019 die seinerzeitige Drogenbeauftragte der Bundesregierung , Marlene Mortler, gemeinsam mit der Vorsitzenden der Justizministerkonferenz , der Justizministerin des Landes Schleswig-Holstein Sütterlin-Waack, die Justizministerinnen und Justizminister der Länder sowie namhafte Expertinnen und Experten eingeladen. Hierbei ging es um Drogen und Sucht in Haft, die Möglichkeiten der Behandlung von Suchterkrankungen und der mit dem Drogenkonsum verbundenen Infektionskrankheiten, Möglichkeiten der Schadensbegrenzung und das Übergangsmanagement vor und nach der Haftentlassung . Im Rahmen der Veranstaltung hat die Drogenbeauftragte das große Interesse der Bundesregierung an einer flächendeckenden Substitutionsversorgung deutlich gemacht. 16. Wie viel Prozent der Menschen in Haft haben in den einzelnen Bundesländern Zugang zur Substitutionstherapie? Über den Zugang von opioidabhängigen Menschen in Haft zur Substitutionstherapie liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13178 17. Inwiefern gehört der Zugang zur Substitutionsbehandlung nach Ansicht der Bundesregierung zur Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in Deutschland und welche Rolle spielt sie in den jüngst verabschiedeten Empfehlungen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“? Der Zugang zur Substitutionsbehandlung ist im Kontext der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ in der zuständigen Facharbeitsgruppe 5 „Soziale Daseinsvorsorge und Arbeit“ nicht diskutiert worden und hat demgemäß auch keine Aufnahme in die jüngst verabschiedeten Empfehlungen der Kommission gefunden. Drucksache 19/13178 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13178 Drucksache 19/13178 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13178 Drucksache 19/13178 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/13178 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333