Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. h. c. Thomas Sattelberger, Katja Suding, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar) und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12726 – Kostensteigerungen und Bauverzögerungen beim Bau der Beschleunigeranlage FAIR V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das GSI Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt betreibt eine der weltweit führenden Teilchenbeschleunigeranlagen für die Forschung. Die GSI wurde 1969 als GmbH gegründet. Gesellschafter sind die Bundesrepublik Deutschland zu 90 Prozent, das Land Hessen zu acht Prozent, das Land Rheinland-Pfalz zu 1 Prozent und der Freistaat Thüringen zu 1 Prozent . Die GSI ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) mit einem jährlichen Budget von 113 Mio. Euro und rund 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (www.gsi.de/ueber_uns.htm). Bei der GSI wird das neue internationale Beschleunigerzentrum FAIR, Facility for Antiproton and Ion Research, erbaut. Baubeginn war 2017, die Inbetriebnahme ist für 2025 vorgesehen. Das Investitionsvolumen liegt bei 1,262 Mrd. Euro, veranschlagt 2015 auf dem Preisniveau von 2005. Für den Bau von FAIR wurde die FAIR GmbH gegründet, deren Gesellschafter u. a. aus Deutschland, Finnland, Frankreich, Indien, Polen, Rumänien, Russland, Schweden und Slowenien kommen. Die GSI GmbH ist hierbei deutscher Gesellschafter der FAIR GmbH. Die Gesellschafter der FAIR GmbH hatten im Jahr 2015 die erneute Begutachtung des Projekts für das Frühjahr 2019 beschlossen. Das internationale Expertengremium hat im April 2019 den Gesellschaftern der FAIR GmbH seinen Abschlussbericht vorgestellt . Inhalt des Berichtes sind u. a. Aussagen zu Mehrkosten, die auf Ausarbeitungen der Geschäftsführung basieren. Hiernach liegen die Kostenschätzungen um insgesamt rund 850 Mio. Euro (entspricht 530 Mio. Euro auf Basis des Preisniveaus von 2005) über der Planung von 2015, falls das Projekt in vollem Umfang realisiert werden soll. Mit 550 Mio. Euro entfällt ein großer Teil der Mehrkosten auf den Bau, wobei die Gutachter in der aktuell guten Baukonjunktur einen der Kostentreiber sehen. Für die Beschleunigerkomponenten hat eine Arbeitsgruppe des FAIR Council einen Mehrbedarf von 215 Mio. Euro identifiziert. Bis zum Jahr 2025 werden darüber hinaus weitere 85 Mio. Euro für Personal- und Verwaltungskosten der FAIR GmbH benötigt (www.gsi.de/fileadmin/oeffentlichkeitsarbeit/fair/RevBoardReport _190429_Public.pdf). Deutscher Bundestag Drucksache 19/13179 19. Wahlperiode 12.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 10. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Ausweislich des Monitoring-Berichts der HGF von 2019 zum Pakt für Forschung und Innovation (PFI) werden für die „Sicherstellung von Aufbau und Betrieb großer Forschungseinrichtungen“ für das FAIR-Projekt weitere 250 Mio. Euro bereitgestellt (www.helmholtz.de/fileadmin/hermann/Helm holtz_Pakt-Monitoring-Bericht_2019_WEB.pdf). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Das FAIR-Projekt ist derzeit eines der weltweit bedeutendsten Projekte der physikalischen Grundlagenforschung, das sich in der Umsetzung befindet. Es ist das große Projekt der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) in ihrem Forschungsbereich Materie. Die GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH als Gründungsmitglied der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) wird mit der Verwirklichung des FAIR-Projekts zum internationalen Ansehen Deutschlands wie auch zur Stärkung der internationalen Bedeutung der HGF als Forschungsorganisation erheblich beitragen. Die HGF zeigt mit dieser Mitgliedseinrichtung einmal mehr ihre herausragende Kompetenz als Errichter, Betreiber und auch als Bereitsteller größter Forschungsinfrastrukturen in Deutschland und auch als Partner weltweit. Nach gegenwärtigem Stand werden ca. 3.000 Nutzer aus Deutschland und der ganzen Welt an FAIR forschen, die sich von der neuen Anlage grundlegende Durchbrüche im Verständnis der Struktur der Materie und der Evolution des Universums versprechen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anwendungen in der Materialforschung, Strahlenbiologie und Strahlenmedizin sowie der Raumfahrt. Das FAIR-Projekt wird auch den Technologiestandort Deutschland erheblich stärken, insbesondere in den angewandten Naturwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften sowie in den Bereichen Informationstechnik (IT) und Big Data. So ist FAIR eine der wenigen Beschleunigeranlagen überhaupt, die die Grundlagentechnologie für eine erhebliche Anzahl weiterer Beschleunigeranlagen in der ganzen Welt liefert. Diese Technologie findet ihre Anwendung z. B. in der Medizintechnik und in der Nahrungsmittelproduktion. Damit ist FAIR ein bedeutender Beitrag zur Sicherung von Hochtechnologiekompetenz in Deutschland und trägt substantiell zur Ausbildung des wissenschaftlichen und technischen Nachwuchses auf höchstem Niveau bei.  1. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die prognostizierten Gesamtkosten (Vollkostenrechnung) des Projektes FAIR inkl. der Beiträge , die über die GSI geleistet werden? Welche Beiträge bzw. Beträge leisten hierbei die einzelnen Gesellschafter bzw. Länder? Die Gesamtkosten der FAIR-Anlage lassen sich allein auf der Preisbasis des Jahres 2005 darstellen, da der Bundesregierung die tatsächlichen Kosten der Sachleistungen (In-Kind-Leistungen) der internationalen FAIR-Partner nicht bekannt sind. Auf der Preisbasis 2005 betragen die Gesamtkosten des FAIR- Projekts geschätzt 2.066 Mio. Euro. Davon trägt Deutschland – abzüglich der von Deutschland allein zu tragenden standortbedingten Kosten in Höhe von 95 Mio. Euro (Preisbasis 2005) – über die FAIR-Gesellschafterin GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH 70,24 Prozent, Frankreich trägt 2,64 Prozent, Indien 3,53 Prozent, Polen 2,33 Prozent, Rumänien 1,16 Prozent, Russland 17,45 Prozent, Schweden und Finnland 1,47 Prozent sowie Slowenien 1,18 Prozent. Drucksache 19/13179 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  2. Wie hoch war die ursprüngliche Vollkostenschätzung? Gemäß Artikel 5 Abs. 4 des Übereinkommens über den Bau und Betrieb einer Einrichtung für die Forschung mit Antiprotonen und Ionen in Europa (FAIR- Konvention) vom 4. Oktober 2010 waren ursprünglich 1.027 Mio. Euro (Preisbasis 2005) für die Errichtung der FAIR-Anlage kalkuliert.  3. Aus welchem Grund wurden die Gesamtkosten auf Basis eines Preisniveaus von vor zehn Jahren (Kostenkalkulation in 2015 auf Preisniveau 2005) veranschlagt? Warum gerade das Jahr 2005? Die Gesamtkosten wurden auf der Preisbasis 2005 veranschlagt, da gemäß der FAIR-Konvention für die Kalkulation der Kosten das Jahr 2005 zugrunde zu legen ist.  4. Wie verteilen sich die Projektkosten auf die internationalen Partner? Welche Beiträge sind dabei von der HGF und welche von der GSI selbst zu leisten? Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in der FAIR-Konvention verpflichtet, ihren Anteil zu den Baukosten der FAIR-Anlage beizutragen. Dieser Anteil wird – wie von Beginn an vorgesehen – zu einem Teil über die Projektförderung des Bundes und des Landes Hessen sowie zu einem anderen Teil über die institutionelle Förderung der GSI finanziert. Die GSI nutzt diese Mittel vorrangig zur Finanzierung von In-Kind-Leistungen, die bei der GSI und anderen Helmholtz-Zentren gefertigt werden. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.  5. Welche In-Kind-Leistungen mit welchem finanziellen Volumen sind aktuell den jeweiligen Projektpartnern zugewiesen? Mit Stand vom 1. August 2019 sind den FAIR-Partnern In-Kind Leistungen für die FAIR Teil-Projekte Beschleuniger, Experimente und Personal entsprechend der folgenden Übersicht zugewiesen (Darstellung auf Preisbasis 2005): Land Bisher zugewiesene In-Kind Beträge (T Euro) Finnland 3.505 Frankreich 5.835 Deutschland 336.049 Indien 19.094 Polen 16.761 Rumänien 5.841 Russland 93.129 Slowenien 12.000 Schweden 5.796 Vereinigtes Königreich 2.721 Gesamt 500.731 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13179  6. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag, die Bauleistung vollständig als deutsche In-Kind-Leistung zu definieren, und welche Effekte hätte eine solche Entscheidung auf die Titelansätze im Bundeshaushalt für HGF und GSI? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dieser Vorschlag nicht verfolgt werden sollte. Effekte auf Titelansätze im Bundeshaushalt ergeben sich daher nicht.  7. Wie hoch ist der Eurobetrag der eigentlich als Gemeinschaftsmittel vorgesehenen Summe, die die HGF bisher für die GSI aufgebraucht hat? Die HGF ist ein als Verein organisierter Zusammenschluss unabhängiger rechtlich selbständiger Forschungszentren. Dieser erhält keine direkte Zuwendung von Bund und Ländern („Gemeinschaftsmittel“), vielmehr ist der institutionelle Zuwendungsempfänger jeweils das rechtlich selbständige Helmholtz-Zentrum.  8. Wie viel Prozent des PFI-Aufwuchses für die HGF gingen und gehen an die GSI? Wie lautet die forschungspolitische Begründung für diese Schwerpunktsetzung ? Im Pakt für Forschung und Innovation III (PFI III) haben sich 2014 die HGF und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) darauf verständigt , dass ein Infrastrukturfonds eingerichtet wird und der GSI aus diesem Fonds in der Laufzeit des PFI III (2016 bis 2020) 225 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden. Eine erste Tranche in Höhe von 25 Mio. Euro wurde bereits 2015 bereitgestellt. Der prozentuale Anteil an den zusätzlichen Mitteln aus dem PFI III liegt damit bei etwa 20 Prozent. Forschungspolitisch begründet sich dies aus der weltweiten Bedeutung des FAIR-Projekts für die physikalische Grundlagenforschung. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.  9. Welche Anteile des PFI-Aufwuchses für die HGF gehen an die GSI zur Finanzierung von FAIR (bitte genaue Angabe absolut und in Prozent sowie gesamt und jährlich)? Wie hoch ist der jährliche Aufwuchs nach Abzug der FAIR-Beiträge von der HGF (in Prozent)? Von den zusätzlichen Mitteln, die die GSI aus dem PFI III erhalten hat, sind 96,2 Mio. Euro für die Finanzierung von Sachbeistellungen an FAIR (In-Kind- Leistungen) bestimmt. Diese entsprechen rd. 7,7 Prozent der zusätzlichen Mittel aus dem PFI III insgesamt. Die genaue Aufteilung auf die fünf Jahre der Paktlaufzeit lässt sich erst an deren Ende beantworten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Wie begründet die Bundesregierung die Verwendung von Paktmitteln für die GSI und im besonderen für FAIR? Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, eine wissenschaftlich exzellente Forschungsinfrastruktur zu errichten und daher mit FAIR den Forschungs- und Technologiestandort Deutschland zu stärken sowie die Rolle der Helmholtz- Gemeinschaft als weltweit bedeutende Forschungsorganisation nachhaltig zu Drucksache 19/13179 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode festigen. Dafür werden die Paktmittel eingesetzt. Ergänzend wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 11. Schränken die Verpflichtungen, die sich aus der Finanzierung von FAIR ergeben, nach Kenntnis der Bundesregierung die Potenziale der HGF für den Ausbau der programmorientierten Forschung ein? Wenn ja, in welcher Höhe genau? Wenn nein, warum nicht?   Die HGF hat ihren Ursprung in der „Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen “ (AGF). Bau, Betrieb und Bereitstellung von Forschungsinfrastrukturen sind bis heute Wesensmerkmal ihrer Mission. Die GSI leistet mit ihrer Rolle bei dem internationalen Leuchtturmprojekt FAIR einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der programmorientierten Forschung und wird mit diesem Vorhaben zum internationalen Ansehen Deutschlands wie auch der HGF erheblich beitragen. 12. Wie hoch sind die aktuell projizierten Betriebskosten für FAIR? Welcher Anteil davon soll auf die Bundesrepublik Deutschland bzw. auf die GSI entfallen? Die Betriebskosten für FAIR werden derzeit auf 235 Mio. Euro p. a. geschätzt. Gemäß gültiger Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der FAIR GmbH beträgt der deutsche Anteil an den Betriebskosten etwa 140 Mio. Euro p. a. 13. Ist die GSI in der Lage, den Betrieb von FAIR aus ihrem aktuellen Budget zu bestreiten? Wo soll zur Deckung der Betriebskosten gespart werden? Nach derzeitigen Planungen stehen der GSI nach Beginn des FAIR-Betriebs Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung, um ihren Anteil an den Betriebskosten von FAIR zu tragen. Einsparungen zur Deckung der Betriebskosten sind auf Grundlage der derzeitigen Planung nicht erforderlich. 14. Wie werden diese zusätzlich anfallenden Kosten in den Budgettiteln sowohl des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wie auch der HGF genannt? Wird durch die Bezeichnung die Zweckverwendung ersichtlich? Die Betriebsmittel sind bislang noch nicht dargestellt, da diese nicht im derzeitigen Finanzplanungszeitraum vorzusehen sind. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13179 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333