Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Christian Dürr, Renata Alt und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12770 – Verbesserung der Mitarbeiterbeteiligung – Kosten und Planungen der Bundesregierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bei der Mitarbeiterbeteiligung erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich direkt am Unternehmenserfolg ihres Arbeitgebers zu beteiligen . Sie profitieren neben ihrem Arbeitslohn am Aufschwung des Unternehmens und werden zu Teilhabern ihrer eigenen Leistung und des Unternehmenserfolgs . Eine direkte Erfolgsbeteiligung erhöht die Mitarbeiterbindung, also die Identifikation mit dem Arbeitgeber und dem Unternehmen. Zusätzlich kann sie eine weitere Form der Vermögensbildung und Altersvorsorge darstellen . Formen der Mitarbeiterbeteiligung können unter anderem bei börsennotierten Unternehmen der Erwerb von Belegschaftsaktien sein oder bei nicht börsennotierten Unternehmen der Erwerb von Genussrechten oder die stille Beteiligung. Auch für Start-ups kann die Mitarbeiterbeteiligung einen großen Mehrwert bei der Rekrutierung und Suche nach Personal darstellen. Junge Unternehmen, die anfangs noch keine vergleichbaren Löhne wie große Konzerne zahlen können, haben bei der Suche nach den besten Talenten oft das Nachsehen. Mit einer verbesserten Möglichkeit, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen, wäre die Personalsuche für Start-ups wesentlich leichter. Anfang 2019 haben bereits 30 Vorstandsvorsitzende europäischer Start-ups für bessere Rahmenbedingungen bei der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung geworben (siehe dazu auch unsere Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/7071). Die Koalition zwischen CDU, CSU und SPD schreibt in ihrem Koalitionsvertrag : „Wir werden neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung prüfen“ (S. 63, Zeile 2857f.) Bis heute steht nach Ansicht der Fragesteller noch nicht fest, ob und wann mit einem Gesetzentwurf zur Reform der Mitarbeiterbeteiligung zu rechnen ist. Offen ist auch, welche Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung überhaupt derzeit geprüft werden. Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung (AGP) stellt fest, dass das Mitarbeiterkapitalgesetz (MKGB) aus dem Jahr 2009 kaum Wirkung gezeigt hat. Als Gründe nennen Experten regelmäßig die steuerlichen Nachteile, zum Beispiel durch einen zu geringen Freibetrag . In Deutschland beträgt der Freibetrag bei der Beteiligung eines Arbeitnehmers am Unternehmen seines Arbeitgebers nach § 3 Nr. 39 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur 360 Euro im Jahr. Im europäischen Vergleich Deutscher Bundestag Drucksache 19/13180 19. Wahlperiode 12.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. liegt Deutschland damit abgeschlagen weit unten. In unseren Nachbarländern Niederlande (1200 Euro) und Österreich (3000 Euro), aber auch in Italien (2100 Euro), Ungarn (3200 Euro) oder Großbritannien (3500 Euro) liegt der Wert weit darüber. Deshalb lautet eine der Hauptforderungen für verbesserte Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligung auch die Erhöhung des Steuerfreibetrags auf ein europäisch vergleichbares Niveau.  1. Wie weit fortgeschritten sind die Prüfungen der Bundesregierung auf neue Formen der Mitarbeiterbeteiligung entsprechend dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag?  2. Wann werden die Prüfungen abgeschlossen sein?  3. Welche wesentlichen Änderungen plant die Bundesregierung, um die Mitarbeiterbeteiligung attraktiver zu gestalten, und wann ist mit einem Gesetzentwurf zu rechnen?  4. Welche Aufklärungs- und Informationskampagnen plant die Bundesregierung , um das Thema Mitarbeiterbeteiligung in den Vordergrund zu rücken ? Wie will die Bundesregierung über Beteiligungsmöglichkeiten von Mitarbeitern am Erfolg ihres Arbeitgebers informieren?  5. Welche Förderungsmöglichkeiten kämen nach Ansicht der Bundesregierung infrage, um die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Instrument neben der betrieblichen Altersvorsorge zu stärken? Die Fragen 1 bis 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode sieht vor (Zeile 2857 f.): „Wir werden neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung prüfen.“ Diese Prüfung dauert an. Es haben Gespräche zwischen den betroffenen Ressorts und auch mit dem Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung (AGP e.V.) stattgefunden . Die steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung wird derzeit im Rahmen des vom Bundesministerium der Finanzen in Auftrag gegebenen Forschungsgutachtens „Evaluierung von Steuervergünstigungen“ durch das FiFo Köln in Kooperation mit ZEW Mannheim, ifo München und dem Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) evaluiert. Das Forschungsvorhaben ist noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) jüngst ein Forschungsgutachten mit dem Titel „Verbreitung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland/Europa und Entwicklungsperspektiven“ in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten soll u. a. auch mit Blick auf Start-up- Unternehmen die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme für besonders nachgefragte Fachkräfte in Deutschland und anderen EU-Staaten evaluieren, vergleichen und best practice Beispiele identifizieren. Der Abschluss des Gutachtens wird für das erste Quartal 2020 erwartet. Daneben wird die Diskussion auch mit Blick auf Start-ups und deren besondere Bedürfnisse ebenfalls laufend fortgesetzt. Konkrete Pläne für eine eventuelle Öffentlichkeitskampagne liegen nicht vor.  6. Welche finanziellen Auswirkungen im Haushalt hätte eine Erhöhung des Steuerfreibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG a) auf 500 Euro? b) auf 2500 Euro? Drucksache 19/13180 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) auf 5000 Euro? d) auf 10.000 Euro (bitte in tabellarischer Form)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Berechnungsgrundlagen vor. Die Überprüfung bzw. Aktualisierung des bisherigen Quantifizierungsansatzes bei der steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung stellt einen wichtigen Bestandteil bei der Untersuchung der Maßnahme im Rahmen des laufenden BMF-Forschungsvorhabens „Evaluierung von Steuervergünstigungen “ dar. Gegebenenfalls werden sich daraus neue Erkenntnisse für entsprechende Berechnungen ergeben.  7. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für eine EU-weite Harmonisierung im Bereich der grenzüberschreitenden Mitarbeiterbeteiligung von Unternehmen ein? Im Rahmen des o. g. BMWi-Forschungsgutachtens werden die Auftragnehmer – hinsichtlich einer EU-weiten Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligung – verschiedene Szenarien und deren Umsetzungschancen darstellen. Die Bundesregierung prüft anschließend etwaige weitere Schritte.  8. Welche finanziellen Auswirkungen hätte eine Steuerbefreiung von Dividenden und Zinserträgen aus langfristigen und vorsorgeorientierten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei direkter Reinvestition in eben solche im Haushalt, d. h. ein Wegfall der Abgeltungsteuer?  9. Welche finanziellen Auswirkungen hätte die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Unternehmensanteilen von zehn Jahren im Haushalt? 10. Welche finanziellen Auswirkungen hätte eine nachgelagerte Besteuerung von Einlagen über den Freibetrag hinaus in langfristigen Mitarbeiterbeteiligungen ähnlich der Förderung der betrieblichen Altersvorsorge im Haushalt?   Die Fragen 8 bis 10 werden im Zusammenhang beantwortet. Die finanziellen Auswirkungen hängen von der Ausgestaltung und Inanspruchnahme ab. Deshalb können hier keine belastbaren Aussagen gemacht werden. 11. Welche finanziellen Auswirkungen im Haushalt hätte die Einführung einer reduzierten Besteuerung für Kapitalbeteiligungen über den Freibetrag hinaus (geldwerter Vorteil) in Höhe des halben persönlichen Durchschnittsteuersatzes ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Berechnungsgrundlagen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13180 12. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme gegen Insolvenz- und Wertverlust zu schützen? Während Mitarbeiterdarlehen durch eine Bankbürgschaft oder Versicherung gegen Insolvenz abgesichert werden müssen, ist dies bei Eigenkapitalinstrumenten nicht der Fall. Die Vor- und Nachteile einer Insolvenzsicherung, zu denen auch die damit verbundenen Kosten zählen, müssen im Rahmen der unternehmerischen Entscheidung bei der Wahl des Kapitalinstruments im Einzelfall abgewogen werden. 13. Aus welchen Gründen wurde der Mitarbeiterbeteiligungsfonds, der eine überbetriebliche Beteiligung ermöglichen sollte, nie aufgelegt (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz 2009)? Die Hürden einer Implementierung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in kleinen und mittelständischen Unternehmen sind hoch. Oftmals fehlt es hier an juristischer Expertise und/oder Mitteln, um sich beraten zu lassen. Die Regelungen zu den Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen haben sich vor diesem Hintergrund als kompliziert und wenig praxistauglich herausgestellt. 14. Welche gesetzlichen und bürokratischen Hürden sieht die Bundesregierung bei der Schaffung eines überbetrieblichen Mitarbeiterbeteiligungsfonds ? 15. Plant die Bundesregierung eine Neuauflage der Schaffung eines überbetrieblichen Mitarbeiterbeteiligungsfonds mithilfe von Investmentfonds? Wenn nein, warum? Die Fragen 14 und 15 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Fragen stehen im Zusammenhang mit dem Prüfauftrag aus dem Koalitionsvertrag . Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 5 wird verwiesen. 16. Welche Modelle der Mitarbeiterbeteiligung gibt es in anderen EU- Ländern oder in den USA? Was sind die dort gemachten Erfahrungen und Effekte auf die Personalrekrutierung bei Unternehmensgründungen? Das o. g. BMWi-Forschungsgutachten wird die rechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligung in anderen EU-Staaten untersuchen. Drucksache 19/13180 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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