Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Andrew Ullmann, Michael Theurer, Renata Alt und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12766 – Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aus einer Studie zur Gesundheitskompetenz aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass rund 54 Prozent der Menschen in Deutschland – also über die Hälfte der Deutschen – nur über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz verfügen (Schaeffer, Doris et al.: Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland . Ergebnisbericht, Universität Bielefeld 2016, S. 40). Einige Bevölkerungsgruppen haben dabei größere Schwierigkeiten als andere, beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund, mit niedrigem Bildungsniveau oder im höheren Lebensalter (ebd.). Doch Gesundheitskompetenz ist nicht nur für die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch für das Gesundheitssystem insgesamt von Bedeutung. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) führte 2017 an, dass mangelnde Gesundheitskompetenz laut Schätzungen der WHO für 3 bis 5 Prozent der Gesundheitsausgaben verantwortlich sei. Für Deutschland seien das zwischen 9 und 15 Mrd. Euro (BMG Pressemitteilung: Gründung der Allianz für Gesundheitskompetenz , 19. Juli 2017). Vor diesem Hintergrund wurde 2017 die Allianz für Gesundheitskompetenz gegründet (ebd.). Zudem hat ein Expertenkreis den Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz erarbeitet, in dem konkrete Handlungsfelder benannt und 15 konkrete Empfehlungen formuliert wurden. Ebenfalls beabsichtigt das Bundesministerium für Gesundheit die Einrichtung eines Nationalen Gesundheitsportals , in dem „[v]erständliche, zuverlässige und werbefreie Gesundheitsinformationen “ zur Verfügung gestellt werden sollen. Hierzu entwickelte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits ein Konzept (Bach: Kompliziert, aufwendig und teuer, Tagesspiegel, 7. März 2019).  1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland in den letzten drei Jahren entwickelt (bitte nach Jahren, Altersgruppen und Geschlecht aufschlüsseln)? Gesundheitskompetenz bedeutet grundsätzlich, Gesundheitsinformationen finden , verstehen, bewerten und in der Praxis umsetzen zu können. Bevölkerungsrepräsentative Daten hierzu lieferte erstmals die in der Anfrage zitierte, vom Deutscher Bundestag Drucksache 19/13196 19. Wahlperiode 13.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 11. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderte Studie „Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland“ (HLS GER) aus dem Jahr 2016. Demnach verteilt sich die Gesundheitskompetenz in Prozent nach Geschlecht und Alter wie folgt: Exzellent ausreichend problematisch Inadäquat Männer 7,1 39,8 43,8 9,2 Frauen 7,6 37,0 45,4 10,1 15-29 Jahre 10,3 42,5 40,5 6,8 30-45 Jahre 8,5 44,3 40,2 7,0 46-64 Jahre 7,8 37,1 45,8 9,4 ab 65 Jahre 3,0 30,7 51,1 15,2 Mit dieser an die europäische Untersuchung anknüpfenden HLS-GER Studie konnte eine erste – auch für die Gesundheitspolitik wichtige – Datengrundlage zur Förderung der Gesundheitskompetenz in Deutschland geschaffen werden. Um zu ausreichenden Erkenntnissen zu gelangen und ein systematisches Vorgehen bei der Konzipierung von Interventionen zu ermöglichen, ist es jedoch nötig , die Gesundheitskompetenz nicht nur punktuell, sondern wiederholt zu messen . Die Bundesregierung fördert deshalb aktuell die Folgestudie „Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland“ (HLS19-GER). Die Erhebung soll im Jahr 2021 abgeschlossen werden. Im Rahmen dieser Studie soll eine erneute repräsentative, persönliche Befragung von voraussichtlich 2.000 Personen in Deutschland erfolgen. Sie wird auf der Basis des Fragebogens der europäischen Vergleichsstudie vorgenommen, der dazu weiterentwickelt und den Erkenntnissen der ersten europäischen und besonders der deutschen Gesundheitskompetenz-Studie folgend um neue wichtige Themenschwerpunkte ergänzt wird. Dazu gehören u. a. digitale Gesundheitskompetenz (eHealth Literacy ), Health Care Literacy und Informationsverhalten. Weitere und neuere Daten zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland liefert die durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie: „Kommunikation und Information im Gesundheitswesen aus Sicht der Bevölkerung – Patientensicherheit und informierte Entscheidung“ (KomPaS). Sie ist 2019 veröffentlicht worden und unter dem folgenden Link online im Internet abrufbar: www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/praevention/ details.html?bmg%5bpubid%5d=3327. Mittels einer telefonischen Befragung wurden in der KomPaS-Studie vom Mai bis September 2017 in Deutschland 5.053 Erwachsene befragt. Dabei wurde das Fragebogeninstrument des Europäischen Health Literacy Survey (HLS-EU) in der Kurzform mit 16 Items (HLS-EU-Q16) eingesetzt. Die Befragten sollten in 16 Fragen einschätzen, wie einfach oder schwer es ihrer Meinung nach ist, gesundheitsrelevante Informationen zu verschiedenen Themen der Krankenversorgung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu finden , zu verstehen, zu beurteilen oder anzuwenden. Die vier Antwortkategorien reichen von „sehr einfach“, „ziemlich einfach“, „ziemlich schwierig“ bis „sehr schwierig“. Für die Einschätzung des Gesundheitskompetenzniveaus wird ein Gesamtwertindex gebildet, mit dem vier Gesundheitskompetenzlevel unterschieden werden können: „niedrige“, „eher niedrige“, „eher hohe“ und „hohe“ Gesundheitskompetenz. Die KomPaS-Studie ergab auf der Grundlage der Selbsteinschätzung der Befragten für 57,4 Prozent niedrige oder eher niedrige allgemeine Gesundheitskompetenz. Demgegenüber weisen 42,6 Prozent ein eher hohes oder hohes Gesundheitskompetenzniveau auf. Es zeigen sich wie in Tabelle 1 dargestellt weder signifikante Unterschiede zwischen den Ge- Drucksache 19/13196 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode schlechtern noch zwischen den Altersgruppen, aber hinsichtlich des Sozialstatus (Index aus Angaben zu schulischer/beruflicher Ausbildung, beruflicher Stellung sowie bedarfsgewichtetem Haushaltsnettoeinkommen). Tabelle 1: Gesundheitskompetenz nach Geschlecht, Alter und Sozioökonomischer Status (SES), n=4.680 Quelle: KomPaS-Studie Niedrig Eher niedrig Eher hoch Hoch % 95 %-KI % 95 %-KI % 95 %-KI % 95 %-KI p-Wert Gesamt 17,7 16,1-19,4 39,7 37,8-41,7 35,6 33,7-37,5 7 6,1-8,2 0,511 Geschlecht 0,235 Frauen 17,5 15,4-19,9 40,3 37,7-42,9 34,5 32,0-37,1 7,7 6,3-9,4 Männer 17,9 15,6-20,4 39,1 36,3-42,0 36,6 33,9-39,5 6,4 5,2-7,9 Altersgruppen 0,235 18-29 Jahre 14,8 10,8-20,0 43,0 36,9-49,3 36,5 30,8-42,7 5,7 3,0-10,7 30-44 Jahre 19,0 15,1-23,6 37,0 32,6-41,6 37,7 33,3-42,4 6,3 4,5-8,9 45-64 Jahre 19,7 17,4-22,2 39,0 36,4-41,8 34,3 31,7-37,1 6,9 5,6-8,4 65 Jahre und älter 15,4 13,2-17,8 41,2 38,1-44,3 34,5 31,6-37,5 8,9 7,2-10,9 SES <0,001 Niedriger SES 21,6 16,3-28,0 39,8 33,6-46,4 33 27,2-39,4 5,6 3,1-9,8 Mittlerer SES 19,3 17,2-21,5 40,4 37,9-43,0 33,7 31,3-36,3 6,6 5,4-8,0 Hoher SES 11,7 9,7-14,1 37,4 34,5-40,3 43,0 40,0-46,1 7,9 6,5-9,6 Abkürzungen: 95 Prozent-KI=95 Prozent-Konfidenzintervall, SES=Sozioökonomischer Status Bei einem Vergleich der Ergebnisse der HLS-GER-Studie mit den Daten der KomPaS-Studie ist zu berücksichtigen, dass einige wichtige Unterschiede in der Studiendurchführung vorliegen und dementsprechend nur eine eingeschränkte Vergleichbarkeit gegeben ist, da das eingesetzte Erhebungsinstrument sensibel hinsichtlich des Erhebungsmodus ist: In der Studie wurde das Langinstrument des HLS-EU-Q eingesetzt, persönlich interviewt und auch Personen ab 15 Jahren befragt. Außerdem wurde eine leicht andere Indexberechnung angewendet und Kategorisierung der Gesundheitskompetenz-Level verwendet. Die Gesundheitskompetenz-Verteilung der selbsteingeschätzten allgemeinen Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung in der HLS-GER-Studie ist gleichwohl mit den Ergebnissen der KomPaS-Studie vergleichbar. Dort wurden 54,3 Prozent der Kategorie eingeschränkte Gesundheitskompetenz zugeordnet, was der KomPaS-Studie Einteilung niedrige/eher niedrige entspricht (in Kom- PaS: 57,4 Prozent). Entsprechend waren 45,7 Prozent der Kategorie nicht eingeschränkt . Dies entspricht den 42,6 Prozent der Bevölkerung mit eher hoher/ hoher allgemeiner selbsteingeschätzter Gesundheitskompetenz. In der HLS- GER-Studie findet sich ebenso kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern, aber ein niedrigeres Gesundheitskompetenz-Niveau bei den über 65-Jährigen verglichen mit den jüngeren Altersgruppen. Der in der KomPaS-Studie beobachtete Unterschied zwischen den Sozialstatusgruppen findet sich in der HLS-GER-Studie hinsichtlich Bildungsgruppenunterschieden. Bei einem niedrigen Bildungsniveau haben 62,2 Prozent eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz, aber nur 50,3 Prozent mit mittlerem und 51,3 Prozent mit hohem Bildungsniveau. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass Gesundheitskompetenz mit einem Selbsteinschätzungsinstrument erhoben wurde. Dieses gibt Auskunft über die wahrgenommenen Schwierigkeiten, aber keine Aus- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13196 kunft über die Gründe für die berichteten Schwierigkeiten, die individuelle und kontextuelle Ursachen haben können. Je nach einzelner Frage des HLS-EU-Q können beispielsweise die Qualität der genutzten Information in den Medien, Qualität der Kommunikation von Fachkräften in der Arztpraxis oder die kognitiven Fähigkeiten der Befragten und ihre Selbstwirksamkeit (Überzeugung, auch schwierige Situationen selbst beeinflussen zu können) relevant sein. Beim Vorliegen eines hohen Sozialstatus ist die Gruppe mit niedriger Gesundheitskompetenz bei Frauen wie auch Männern am kleinsten. Diese Befunde fügen sich in die Ergebnisse der HLS-GER-Studie von 2016 ein und bestärken den Bedarf in Deutschland, Gesundheitskompetenz zu fördern. Dabei sollte das sogenannte „grundlegende Prinzip: soziale und gesundheitliche Ungleichheit verringern“, wie es auch im Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz formuliert wurde, beachtet werden.  2. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der digitalen Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland? Laut der Studie „Kommunikation und Information im Gesundheitswesen aus Sicht der Bevölkerung. Patientensicherheit und informierte Entscheidung“ (KomPaS) informieren sich 68,9 Prozent der Befragten im Internet über Gesundheitsthemen , 19,3 Prozent nutzen dafür Gesundheits-Apps. In den Altersgruppen 18 bis 44 Jahre werden E-Health-Angebote (Internet und Gesundheits- Apps) am häufigsten zur Suche von Gesundheitsinformationen gesucht. Zur digitalen Gesundheitskompetenz liegen der Bundesregierung bisher keine bundesweiten bevölkerungsrepräsentativen Studien vor. Erste Ergebnisse sind von der HLS19-GER-Studie 2021 zu erwarten.  3. Wird nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend für die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland unternommen? Die Stärkung der Gesundheitskompetenz ist ein dynamischer Prozess und sowohl eine gesamtgesellschaftliche als auch eine politische Aufgabe. In unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft und auf unterschiedlichen Ebenen der Gesundheitsversorgung finden zahlreiche Aktivitäten für eine Stärkung der Gesundheitskompetenz statt. Dabei bedarf es immer wieder weiterer Verbesserungen und beständiger Anpassungen. Seit 2017 hat die Bundesregierung die Stärkung der Gesundheitskompetenz verstärkt in den Fokus gerückt: Zusammen mit den Spitzen der Selbstverwaltung des deutschen Gesundheitswesens hat sie unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahr 2017 die Allianz für Gesundheitskompetenz mit der Verabschiedung einer „Gemeinsamen Erklärung“ ins Leben gerufen (www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2017/ juni/allianz-fuer-gesundheitskompetenz.html#c11158). Neben dem Bundesministerium für Gesundheit, der Gesundheitsministerkonferenz der Länder und der Patientenbeauftragten sind inzwischen 14 Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung Mitglied der Allianz. Alle Partner haben sich dazu verpflichtet, in drei Feldern neue Projekte für eine bessere Gesundheitskompetenz zu entwickeln : Erstens: Die allgemeine Gesundheitskompetenz der Bevölkerung durch Gesundheitsbildung zu stärken. Zweitens: Wissenschaftlich abgesicherte Informationsangebote – insbesondere im Internet – zu bündeln und allgemein verständlich aufzubereiten und drittens die Kommunikationskompetenz in der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Ärztinnen und Ärzte bzw. der Gesundheitsberufe zu fördern. Drucksache 19/13196 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ein wichtiges Ziel der Allianz ist es darüber hinaus, neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe ist ein wissenschaftlich fundierter Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz (NAP) – initiiert von der Universität Bielefeld, dem AOK-Bundesverband und der Hertie-School of Governance – entwickelt und der Öffentlichkeit im Februar 2018 vorgestellt worden. Er benennt vier Handlungsfelder und formuliert dazu 15 konkrete Empfehlungen , um die Gesundheitskompetenz in Deutschland gezielt zu fördern und zu stärken. Um gemäß der „Gemeinsamen Erklärung“ der Allianz für Gesundheitskompetenz das Thema auch einer breiteren (Fach-) Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist für Februar 2020 eine gemeinsame Veranstaltung der Allianz für Gesundheitskompetenz und des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz geplant, um mit einem breiten Fachpublikum über die Ergebnisse, die gemachten Erfahrungen und die kommenden Herausforderungen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz zu diskutieren und die Ergebnisse in die kommende praktische Arbeit einfließen zu lassen. Darüber hinaus spielt die Gesundheitskompetenz eine zentrale Rolle bei der Gesundheitsförderung und Prävention, indem sie die Menschen u.a. dazu befähigt , fundierte Entscheidungen in Bezug auf die Gesundheit und einen aktiven, gesundheitsförderlichen Lebensstil zu treffen. Die mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention vom 17. Juli 2015 in § 20 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) geschaffene Legaldefinition der Gesundheitsförderung greift dies auf. Danach dienen Leistungen der Krankenkassen zur Gesundheitsförderung der Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten. Da die Gesundheit von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird, gilt es, bei der Gesundheitsförderung und Prävention – und damit auch bei der Förderung der Gesundheitskompetenz – einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, der alle Risikofaktoren in den Blick nimmt. Dieser ganzheitliche Ansatz spiegelt sich auch im Präventionsgesetz wider, das einen Schwerpunkt auf die Stärkung der Gesundheitsförderung in den Lebenswelten der Menschen legt. Die Vermittlung von Gesundheitskompetenz muss auf wissenschaftlich fundierten Aussagen basieren, die zielgruppengerecht und gut verständlich aufbereitet und transportiert werden müssen. Die Arbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) trägt dazu bei, das Wissen, die Einstellungen und Fähigkeiten der Menschen zu stärken, um sich gesund zu verhalten, Risiken zu erkennen und zu vermeiden und so für die eigene und die Gesundheit anderer Verantwortung zu übernehmen. Die Aktivitäten der BZgA sind prinzipiell darauf ausgerichtet, die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung oder von Multiplikatorengruppen in der Prävention und Gesundheitsförderung zu stärken . Sie greift in ihrer Praxis die grundlegenden Prinzipien für die Umsetzung der Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans auf, trägt Erkenntnisse zu wirksamen Strategien und Modellen der intersektoralen Kooperation in der Prävention und Gesundheitsförderung sowie z. B. zur Nutzung der Chancen der Digitalisierung zusammen und lässt diese Ergebnisse in ihre Maßnahmen einfließen . Darüber hinaus gewinnt die Stärkung der „Gesundheitskompetenz“ immer mehr Bedeutung für zahlreiche nationale wie internationale Akteure in Praxis und Forschung. Erwähnt sei das vor kurzem gegründete „Deutsche Netzwerk Gesundheitskompetenz“, die Expertengruppe „Gesundheitskompetenz und Pflege“, die „Patientenuniversität“ an der Medizinischen Hochschule Hannover bzw. die jüngst gegründete Gesundheitsakademie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das 2020 startende, von der Robert Bosch Stiftung geförderte Promotionsprogramm „Chronische Erkrankungen und Gesundheitskompetenz “ oder das internationale Aktionsnetzwerk zur Messung von Gesund- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13196 heitskompetenz „WHO Action Network on Measuring Population and Organizational Health Literacy (M-POHL Network)“, das sich im Kontext der „European Health Information Initiative“ (EHII) der WHO-Europa gebildet und im Februar des letzten Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Als Zusammenschluss von Experten, die aufbauend auf der europäischen Vergleichsstudie von 2012 an einer erneuten europäisch vergleichenden Messung der Gesundheitskompetenz arbeiten, trifft sich das Netzwerk regelmäßig, zuletzt im August 2019 in Berlin. Deutschland nimmt im Rahmen der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten HLS19-GER-Studie daran teil. Ein grundlegendes Ziel für eine bessere Gesundheitskompetenz ist, die Menschen in ihren Lebenswelten zu erreichen, also im Alltagsleben der Menschen, in den Bereichen Bildung und Erziehung, Konsum und Ernährung, Wohnen und Arbeiten oder beim Umgang mit den Medien. Das gilt auch für mehr Verständlichkeit im Austausch von Ärztinnen und Ärzten auf der einen und den Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite. Von wachsender Bedeutung ist deshalb eine „gemeinsame Entscheidungsfindung“ (Shared Decision Making ) zwischen Ärztinnen bzw. Arzt und Patientinnen bzw. Patient. Sie trägt maßgeblich zum Erfolg einer Therapie bei. Nicht umsonst wünschen sich einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung zufolge 80 Prozent der Bevölkerung , gemeinsam mit ihrem behandelnden Arzt über ihre Therapie zu entscheiden (www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/gemeinsameentscheidungsfindung /).  4. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuellen Fördermittel für Forschung zur Gesundheitskompetenz? Das Bundesministerium für Gesundheit fördert derzeit die Forschung zur Gesundheitskompetenz mit einem Gesamtvolumen von rund 2 Mio. Euro für den Zeitraum 2018 bis 2022. Durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird die Forschung zur Gesundheitskompetenz derzeit mit Mitteln in Höhe von rund 11,3 Mio. Euro (Förderzeitraum 2015 bis 2021) gefördert.  5. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass es sich bei Menschen mit begrenzter Gesundheitskompetenz häufig um Personen mit niedrigem Bildungsstandard , ältere Menschen und solche mit Migrationshintergrund sowie Personen, die auf verschiedene Formen öffentlicher Transferzahlungen angewiesen sind, handelt? Was plant die Bundesregierung zu unternehmen? Soziale Ungleichheit, also die ungleiche Verteilung von Ressourcen in einer Gesellschaft, hat Auswirkungen in unterschiedlichsten Lebensbereichen, darunter auch in den Bereichen Gesundheit, Gesundheitsverhalten und Gesundheitskompetenz . Ressourcen können immaterieller Art sein (wie Bildung oder kultureller Hintergrund) oder materieller Art (wie etwa Einkommen und Vermögen ). Bildung wirkt sich auf Kompetenzen auch im Bereich Gesundheit aus: Menschen mit höherer Bildung verfügen in der Regel über eine höhere Gesundheitskompetenz als Menschen mit niedriger Bildung. Menschen mit Migrationshintergrund , auch diejenigen, die bereits langjährig in Deutschland leben, haben häufig Informationsdefizite über Struktur und Funktionsweise des deutschen Gesundheitswesens sowie zu sonstigen relevanten Gesundheitsthemen. Personen mit geringem Einkommen sind oft auf öffentliche Transferzahlungen angewiesen. In diesem Fall ist es in der Regel nicht die Einkommensarmut, die für geringe Gesundheitskompetenz verantwortlich ist, sondern die in dieser Drucksache 19/13196 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gruppe häufig niedrigen Bildungsabschlüsse. Allerdings ist auch darauf zu verweisen , dass kommerzielle, kostenpflichtige Angebote zur Förderung von Gesundheitskompetenz von Personen, die auf öffentliche Transferzahlungen angewiesen sind, in der Regel nicht in Anspruch genommen werden können. Alter ist nicht per se mit geringerer Gesundheitskompetenz verknüpft; vielmehr sind Kompetenznachteile insbesondere in jenen Gruppen älterer Menschen zu finden , die lebenslange Benachteiligungen etwa aufgrund niedriger Bildung oder geringem Einkommen erfahren haben. Dementsprechend wird im „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ hervorgehoben, dass soziale und gesundheitliche Ungleichheit verringert werden müssen, um die Gesundheitskompetenzen der Bevölkerung zu stärken (Prinzip 1). Die Förderung der Gesundheitskompetenz ist erstmals explizit im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert vor diesem Hintergrund neben den geschilderten Aktivitäten wissenschaftliche Vorhaben, die erfolgreiche Umsetzungsstrategien von Maßnahmen entwickeln und erproben, die bei der Gesundheitsbildung, der Gesundheitsinformation und der Arzt-Patienten-Kommunikation zu messbaren Fortschritten führen sollen. Sie sollen als Modelle für eine flächendeckende Umsetzung von praxisnahen und wirksamen Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz dienen und insbesondere Menschen mit erheblichem Nachholbedarf erreichen . Deshalb werden vorrangig Modellvorhaben mit Konzepten gefördert, in denen proaktiv auf Menschen in den Lebenswelten zugegangen wird, z. B. in Kindergärten, Schulen oder Betrieben. Bedeutsame Zielgruppen sind beispielsweise Kinder und Jugendliche mit sozialer Benachteiligung, besonders belastete Familien, Bewohner von Pflegeheimen, Menschen mit niedrigem Bildungsniveau , mit Migrationshintergrund, ältere Menschen oder weitere vulnerable Gruppen. Erste Projekte mit Bezug auf Schulen und Arbeitswelten oder im Hinblick auf Menschen mit Behinderungen sind bereits in der Startphase, weitere sollen 2020 folgen. Ziel ist es, die Ergebnisse dieser Projekte in die Arbeit der „Allianz für Gesundheitskompetenz“ und den Nationalen Aktionsplan einzubringen und so möglichst breit in der Praxis der Selbstverwaltung und anderer Akteure zu verankern, um die Gesundheitskompetenz insbesondere vulnerabler Gruppen mittel- bis langfristig zu stärken. Speziell für Menschen mit Migrationshintergrund stellt das Bundesministerium für Gesundheit darüber hinaus grundlegende und spezifische Informationen zu Einzelaspekten der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung zur Verfügung . So wird die Zugangsschwelle zu den Versorgungssystemen gesenkt, die Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten erhöht und damit Fehl- und Unterversorgung reduziert. Dies erfolgt in klassischer Form über mehrsprachige Broschüren (z. B. „Gesundheit für alle“ mit Informationen über gesundheitliche Versorgung in Deutschland) oder über das Webportal „Migration und Gesundheit , das die Möglichkeit bietet, Informationsmaterialien in mehreren Sprachfassungen zu den Schwerpunktthemen „Gesundheitswesen“, „Gesundheit und Vorsorge“, „Pflege“ sowie „Sucht und Drogen“ abzurufen (www.migrationgesundheit .bund.de). In einem weiteren Projekt wird mit Hilfe interkultureller Gesundheitsmediatoren in Veranstaltungen über das deutsche Gesundheitswesen informiert sowie über primär- und sekundärpräventive Angebote, u. a. in den Themenfeldern „Kindergesundheit“, „Frauen- und Müttergesundheit“, „Impfschutz“, „seelische Gesundheit“ oder „gesundes Altern“, aufgeklärt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13196  6. Welche der 15 Handlungsempfehlungen aus dem Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bereits umgesetzt? Welche konkreten Maßnahmen sollen in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden? Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans sind mehrere Workshops durchgeführt worden, deren Ergebnisse in Strategiepapieren zu folgenden Themen dokumentiert wurden: 1. Das Erziehungs- und Bildungssystem in die Lage versetzen, die Förderung von Gesundheitskompetenz so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen. 2. Gesundheitskompetenz in die Versorgung von Menschen mit chronischer Erkrankung integrieren. 3. Den Umgang mit Gesundheitsinformationen in den Medien erleichtern. 4. Gesundheitskompetenz als Standard auf allen Ebenen im Gesundheitssystem verankern. 5. Gesundheitskompetenz systematisch erforschen. Ein weiterer geplanter Workshop wird sich mit dem Thema Gesundheitskompetenz und Menschen mit Migrationshintergrund befassen, weitere Workshops insbesondere zu vulnerablen Gruppen sollen folgen. Ziel ist es, die Initiativen des Nationalen Aktionsplans mit den Projekten der Allianz für Gesundheitskompetenz und den Forschungsprojekten eng zu verzahnen , um eine breite Umsetzung durch die Akteure der Selbstverwaltung bzw. auf Ebene der Kommunen und auch der Länder zu ermöglichen.  7. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung konkrete Ergebnisse, wie sich die bereits umgesetzten Maßnahmen auf die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland ausgewirkt haben? Wenn nein, ist eine Evaluation geplant? Die aktuelle KomPaS-Studie deutet noch nicht auf eine nennenswerte Veränderung in der Verteilung der mit dem HLS-EU-Fragebogeninstrument erhobenen Gesundheitskompetenzlevel hin. Die Folgestudie HLS19-GER wird 2021 Aufschluss über etwaige Veränderungen in der allgemeinen Gesundheitskompetenz geben. Gleichwohl lassen sich durchaus Fortschritte in verschiedenen Bereichen der Gesundheitskompetenz feststellen. So misst die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung regelmäßig relevante Indikatoren der Gesundheitskompetenz auf der Ebene von Verhalten, Wissen und Einstellungen mit bundesweiten Repräsentativbefragungen (Surveys). Mit den Ergebnissen der Befragungen im zeitlichen Verlauf können positive Veränderungen im Gesundheitsverhalten der Bevölkerung als ein Ergebnis einer gestärkten Gesundheitskompetenz gemessen und beschrieben werden. Die Ergebnisse der Studien zeigen z. B. – deutliche Rückgänge beim Rauchverhalten der 12- bis 25-Jährigen, – Rückgänge im regelmäßigen Alkoholkonsum der 12- bis 25-Jährigen, – die Zunahme der Zahl der Menschen, die einen Organspendeausweis ausgefüllt haben, – den Anstieg der Kondomnutzung im Hinblick auf die Vermeidung sexuell übertragbarer Erkrankungen und Drucksache 19/13196 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – den Anstieg des Anteils der Impfbefürworterinnen bzw. Impfbefürworter/des Anteils der Allgemeinbevölkerung, der Impfungen grundsätzlich befürwortet und deutlicher Rückgang des Anteils derjenigen , die teilweise Vorbehalte gegen das Impfen haben.  8. Welche Herausforderungen gibt es nach Auffassung der Bundesregierung bei der Umsetzung der Maßnahmen? Die Verteilung von verschiedenen Gesundheitskompetenzlevels in der Gesamtbevölkerung verweist auf einen Handlungsbedarf zur Förderung von Gesundheitskompetenz . Die vorliegenden Daten zur Gesundheitskompetenz sind dabei nicht als Maß individueller Gesundheitskompetenz zu interpretieren, sondern verweisen auf eine nicht optimale Passung zwischen dem Einzelnen und der gesundheitlichen Versorgung bzw. Kontextbedingungen. Entsprechend sollte die Förderung von Gesundheitskompetenz vor allem an den Voraussetzungen ansetzen, die es im Alltag, in den Medien und im Gesundheits-, aber auch im Bildungssystem ermöglichen, Gesundheitskompetenz zu entwickeln, wie es auch im Nationalen Aktionsplan für Gesundheitskompetenz vorgeschlagen wird. Worauf es außerdem zunehmend ankommt, ist, Organisationen gesundheitskompetent zu machen und nicht nur Individuen oder Gruppen. Es müssen also entsprechende Verfahren zur Stärkung der Gesundheitskompetenz in Organisationen implementiert werden. Das bedeutet auch, alle medizinischen Berufsgruppen in solche Verfahren einzubinden und eine bessere Kommunikation zwischen diesen Berufsgruppen im Hinblick auf die Stärkung von Gesundheitskompetenz zu entwickeln.  9. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung die Digitalisierung dabei helfen, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu erhöhen? Welche Konzepte hat die Bundesregierung dazu? Digitale Angebote können dabei helfen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden und zu verstehen. Das dabei erworbene Wissen kann helfen, bei alltäglichen Fragen der Gesundheitsförderung, der Krankheitsprävention sowie der Krankheitsbewältigung angemessene Entscheidungen zu treffen. Es gibt eine Reihe von Voraussetzungen dafür, dieses Ziel zu erreichen. Die digital angebotenen Informationen müssen sachlich richtig, verständlich formuliert und leicht zu finden sein. Ein Problem hierbei ist, dass es eine Vielzahl von – seriösen und unseriösen – digitalen Angeboten mit Gesundheitsinformationen gibt. Seriöse von unseriösen Informationsangeboten zu trennen, setzt Gesundheitskompetenz voraus. In diesem Zusammenhang fördert das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz das Projekt „Entwicklung einer Orientierungshilfe zur Stärkung der Verbraucherkompetenz beim Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationsangeboten “. Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse soll eine nutzerorientierte Orientierungshilfe zur Stärkung der Verbraucherkompetenz beim Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationsangeboten entwickelt werden . Mit dieser Orientierungshilfe sollen Verbraucherinnen und Verbraucher dabei unterstützt werden, bei der Gesundheitsinformationssuche im Internet selbständig einzuschätzen, ob es sich um relevante und qualitativ hochwertige Informationen handelt und ob sie diese Informationen für die eigene gesundheitliche Entscheidungsfindung nutzen können. Die Orientierungshilfe soll sich zunächst vor allem an die Zielgruppen Jugendliche und Erwachsene mittleren Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13196 Alters richten. Zu weiteren Konzepten der Bundesregierung siehe auch die Antwort zu Frage 10. 10. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr von gesundheitsbezogenen Falschmeldungen in sozialen Netzwerken ein, und wie kann nach Auffassung der Bundesregierung dagegen vorgegangen werden? Die Zahl der Anbieter von Gesundheitsinformationen im Netz ist groß; die Qualität unterschiedlich. Nicht-kommerzielle Angebote von hoher inhaltlicher Qualität, wie gesundheitsinformation.de (IQWIG) oder patienteninformation.de und Qualitätszertifikate wie afgis, die qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen kennzeichnen, sind nicht hinreichend bekannt. Eine Fülle von Informationsangeboten höchst unterschiedlicher Qualität beherrscht das Internet. Das gilt für Informationen zu den großen Volkskrankheiten (z. B. Krebs, Diabetes, Allergien , Herz-Kreislauf- und chronische Stoffwechselerkrankungen), aber auch zu Themen wie „Gesundheitsschutz“ (z. B. Impfen). Hinzu kommt ein wachsender Markt mit kommerziell genutzten Gesundheitsdaten, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer oft nicht erkennen, was mit ihren Daten geschieht. Zudem können Fehlinformationen im schlimmsten Fall die Gesundheit der Patientinnen und Patienten gefährden. Aus Sicht der Bundesregierung ist es daher wichtig , dass Patientinnen und Patienten darin unterstützt werden, die für sie relevanten Informationen zu erhalten und Fakten von Meinungen oder Fehlinformationen zu unterscheiden – insbesondere im Internet. Vor diesem Hintergrund plant das Bundesministerium für Gesundheit in der Umsetzung des Koalitionsvertrages für die 19. Legislaturperiode die Entwicklung eines nationalen Gesundheitsportals im Internet, auf dem evidenzbasierte Gesundheitsinformationen zur Verfügung stehen, die qualitativ hochwertig und zugleich für alle Bürgerinnen und Bürger gut verständlich sein sollen. Die Machbarkeit eines solchen Portals wurde durch das in der Anfrage erwähnte, vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Gutachten des IQWiG bestätigt. Das Gesundheitsportal soll eine zentrale Anlaufstelle für die Suche nach Gesundheitsinformationen werden. Mit dieser breiten Zielgruppenausrichtung kann das Portal zugleich eine wichtige Referenzfunktion für die allgemeine Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen bzw. Patienten einnehmen, indem die Inhalte des Portals, die mit Bildern, Grafiken und Erklärvideos verständlich aufbereitet sein sollen, zur gemeinsamen Grundlage bei Fragen und Erläuterungen zu Krankheiten und Behandlungen in Sprechstunden von Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten sowie Personen der Gesundheitsberufe herangezogen werden können. Das Portal soll streng an den Kriterien der Nutzerorientierung, der Transparenz sowie der Neutralität ausgerichtet werden. Es schließt damit eine deutliche Lücke in der Bereitstellung evidenzbasierter Gesundheitsinformationen im Internet und kann so einen zentralen Beitrag für mehr Gesundheitskompetenz und Patientenorientierung im digitalen Zeitalter liefern. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass ein webbasiertes Gesundheitsportal weitere unterstützende Maßnahmen benötigt , wenn es auch zur Verringerung von Ungleichheit beim Umgang mit Gesundheitsinformationen beitragen soll. 11. Wer eignet sich aus Sicht der Bundesregierung dazu, Gesundheitskompetenz zu vermitteln? Gesundheitskompetenz berührt alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Daher muss die Förderung der Gesundheitskompetenz frühestmöglich ansetzen und alle Lebenswelten einbeziehen. Dabei sind alle Akteure im Gesundheitswesen ebenso wie in den Bereichen Erziehung, Bildung, Arbeit, Forschung, Kom- Drucksache 19/13196 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode munikation oder Konsum gefordert. Die Vermittlung von Gesundheitskompetenz ist dabei insbesondere eine Aufgabe der Gesundheits-, Bildungsund Sozialberufe, d. h. der Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen, Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern, Pflegerinnen und Pflegern, nichtmedizinischen Fachangestellten, Psychologen, Psychotherapeuten und vielen weiteren. 12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits einen Termin, zu dem das Konzept zum Nationalen Gesundheitsportal umgesetzt werden soll? a) Wie sehen die weiteren Umsetzungsschritte aus? b) Wer soll Träger des Nationalen Gesundheitsportals sein? c) Wie soll es finanziert werden? Zu a) Aktuell werden ein Feinkonzept sowie ein erster Prototyp zur Visualisierung erarbeitet. Anschließend ist die Aufnahme eines Probebetriebes geplant. Während dieser Zeit sollen das Portal, die Anwendungen und dahingehende Organisationsformen gestaltet, getestet und optimiert werden; der Umfang soll agil erweitert werden. In 2021 ist der Start des Regelbetriebs mit stetigen Optimierungen geplant. Zu b) Nach derzeitiger Planung ist das Bundesministerium für Gesundheit als Träger des Nationalen Gesundheitsportals vorgesehen. Zu c) Die Entwicklung und Inbetriebnahme des Nationalen Gesundheitsportals wird durch Mittel aus dem Bundeshaushalt finanziert. Die Mittel dieses Titels wurden im Haushaltsjahr 2019 bei Kapitel 1503 Titel 684 02 (Projekte und Maßnahmen zur Stärkung der Patientensicherheit) etatisiert. Ab dem Haushaltsjahr 2020 ist ein eigener Titel vorgesehen (Kapitel 1503 Titel 686 01 – Nationales Gesundheitsportal). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13196 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333