Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gyde Jensen, Alexander Graf Lambsdorff, Dr. Lukas Köhler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12425 – Strategische Ausrichtung der deutschen humanitären Hilfe im Ausland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Deutschland hat sich 2017 zum weltweit zweitgrößten bilateralen Geber humanitärer Hilfe entwickelt. Laut dem „Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland in den Jahren 2014 bis 2017“ (Bundestagsdrucksache 19/5720) haben sich die Mittel für humanitäre Hilfe in den letzten Jahren mehr als vervierfacht und sind von 416 Mio. Euro im Jahr 2014 auf 1,76 Mrd. Euro im Jahr 2017 gestiegen. Die Erwartungen an Deutschland als nun so wichtigen Geber sind innerhalb des humanitären Systems entsprechend gewachsen: Es ist in Frage zu stellen, inwieweit Deutschland auf konzeptioneller und strategischer Ebene diesem Mittelaufwuchs Rechnung trägt. Die Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland 2019 bis 2023 ist nach der ersten Strategie der deutschen humanitären Hilfe aus dem Jahr 2012 erst das zweite Dokument der Bundesregierung, in der sie die Einordnung und Ausgestaltung der deutschen humanitären Hilfe im Ausland erläutert. Andere Geber im System der humanitären Hilfe von der Größenordnung Deutschlands verwenden mehr personelle und fachliche Ressourcen zur Ausgestaltung ihrer humanitären Mittel. Nach Ansicht der Fragesteller fehlen der Bundesregierung die nötigen Kapazitäten für eine adäquate Planung und Steuerung . Diese Ansicht wird durch einen Bericht des Bundesrechnungshofes gestützt . Dort heißt es: „Der Bundesrechnungshof hat in diese Aufgabenbereichen (Humanitäre Maßnahmen und Krisenprävention) und in zahlreichen weiteren operativen Bereichen des Auswärtigen Amts erhebliche Mängel bei der Gewährung und Bearbeitung von Zuwendungen festgestellt. Das Auswärtige Amt kennt beispielsweise nicht den genauen Bearbeitungsstand seiner Zuwendungsverfahren . Verwendungsnachweise von Zuwendungsempfängern über ein Fördervolumen von rund 2,5 Mrd. Euro hat es weder selbst hinreichend geprüft noch von anderen hinreichend prüfen lassen. Eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Vergabe von Zuwendungen kann das Auswärtige Amt zurzeit nicht sicherstellen“ (www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichun gen/produkte/beratungsberichte/entwicklung-einzelplaene/2019/langfassun gen/2018-bericht-information-ueber-die-entwicklung-des-einzelplans-05- auswaertiges-amt-fuer-die-haushaltsberatungen-2019-pdf). Deutscher Bundestag Drucksache 19/13222 19. Wahlperiode 16.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 12. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Auch ein internes Gutachten der Consultingfrma S3 Management kommt zu dem Schluss, dass das Auswärtige Amt aufgrund mangelnder personeller und fachlicher Ressourcen nicht in der Lage ist, angemessen auf die zunehmende Anzahl von politischen Krisen, terroristischen Anschlägen und Naturkatastrophen zu reagieren (www.sueddeutsche.de/politik/diplomatie-auswaertigesamt -1.4477442). Damit Deutschlands Engagement in der humanitären Hilfe mit der nötigen Professionalisierung einhergeht, ist nach Ansicht der Fragesteller eine klare strategische Ausrichtung notwendig. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Mittel der humanitären Hilfe der Bundesregierung haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Dies entspricht der Notwendigkeit und dem politischen Willen, angemessen auf wachsenden humanitären Bedarf reagieren zu können. Die im April 2019 veröffentlichte neue Strategie der Bundesregierung zur humanitären Hilfe soll die bedarfsgerechte und prinzipiengestützte Ausrichtung der deutschen humanitären Hilfe weiter stärken. Diesem Zweck dienen auch verschiedene Sektorstrategien zu Teilbereichen der humanitären Hilfe, die in den vergangenen Jahren durch das Auswärtige Amt erarbeitet wurden. Gleichzeitig engagiert sich die Bundesregierung weiter für eine Verbesserung der Verwaltungsstrukturen der deutschen humanitären Hilfe. Insbesondere setzt sie sich für eine Personalausstattung ein, die den gewachsenen Steuerungs- und Koordinierungsbedarf in diesem Bereich Rechnung trägt und prüft Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Effizienz in der Zuwendungspraxis.  1. Mit welchen konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Januar 2019 die Umsetzung der im Rahmen der nichtständigen Mitgliedschaft Deutschlands im VN-Sicherheitsrat angekündigten Schwerpunktsetzung auf die Stärkung des humanitären Systems, insbesondere die bessere Geltung des humanitären Völkerrechts, der Schutz humanitärer Helfer, die Gewährleistung humanitärer Zugänge sowie ein besserer Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten erfüllt? Der Schutz humanitärer Helferinnen und Helfer, die Stärkung des Respekts für das humanitäre Völkerrecht und die humanitären Prinzipien sowie die Wahrung humanitären Zugangs gehören zu den Prioritäten der deutschen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (VN). Deutschland setzt sich im VN- Sicherheitsrat dafür ein, die Notwendigkeit des Schutzes des humanitären Raums inner- und außerhalb des Sicherheitsrats permanent zu thematisieren und praktische Lösungsansätze zu fördern. Das humanitäre Völkerrecht und die humanitären Prinzipien stellen grundsätzlich eine effektive Basis für die humanitäre Hilfe dar. In der Praxis stellt jedoch deren Umsetzung eine Herausforderung dar. Der deutsche Fokus liegt daher nicht auf der Schaffung neuer rechtlicher Verpflichtungen, sondern auf der Umsetzung und Vermittlung der bestehenden Normen und konkreter Verbesserungsmöglichkeiten . Eine wichtige Wegmarke bildeten dabei die gemeinsam von Frankreich und Deutschland im VN-Sicherheitsrat 1. April 2019 auf Ministerebene ausgerichteten Veranstaltungen. Als ein Ergebnis haben Deutschland und Frankreich die Erarbeitung eines Handlungsaufrufes („humanitarian Call for Action“/CfA) gestartet. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/13054 wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Dieser soll konkrete Maßnahmen und „best practices “ zur besseren Durchsetzung des humanitären Völkerrechts aufzeigen. Des Weiteren soll er darstellen, wie Staaten dazu beitragen können, dass die Grund- Drucksache 19/13222 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bedingungen für eine prinzipienbasierte und bedarfsorientierte Hilfe für humanitäre Organisationen in Krisensituationen geschaffen werden. Mit seiner Initiative „safeguarding humanitarian space“ wirkt Deutschland außerdem während seiner Sicherheitsratsmitgliedschaft 2019/2020 sowohl länderals auch themenbezogen im Rahmen von Textverhandlungen und in der Gremienarbeit systematisch daran mit, dass humanitäre Belange und die Wahrung des humanitären Raums einen Schwerpunkt der Debatte im Sicherheitsrat darstellen .  2. Mit welchen konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung die weitere Umsetzung der im Rahmen der nichtständigen Mitgliedschaft Deutschlands im VN-Sicherheitsrat angekündigten Schwerpunktsetzung auf die Stärkung des humanitären Systems, insbesondere die bessere Geltung des humanitären Völkerrechts, der Schutz humanitärer Helfer, die Gewährleistung humanitärer Zugänge sowie ein besserer Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten?  3. Mit welchen konkreten Schritten soll die Schwerpunktsetzung auf das Thema humanitärer Zugang in der neuen Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe jenseits der Aktivitäten im VN-Sicherheitsrat mit Leben gefüllt werden? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin für die Stärkung des humanitären Systems und des humanitären Völkerrechts einsetzen. Die Bundesregierung beabsichtigt im Rahmen der Umsetzung seiner neuen Strategie zur humanitären Hilfe das Thema „humanitärer Zugang“ vor allem in drei Teilbereichen zu fördern : die Verbesserung der Fähigkeit humanitärer Organisationen, unter anderem durch humanitäres Verhandeln, den Zugang zu Betroffenen zu verbessern; praktische Maßnahmen zum Schutz humanitärer Akteure, einschließlich lokaler Akteure, wie etwa die „International NGO Safety Organisation“ (INSO); die Unterstützung von Hilfslogistik inklusive dem Transport humanitärer Helfer und Güter, wie zum Beispiel UNHAS (Humanitärer Flugdienst der Vereinten Nationen). Der am 1. April 2019 im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angekündigte humanitäre CfA soll im Rahmen der Ministerwoche der 74. Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2019 vorgestellt werden. Als einer der ersten Schritte zur Umsetzung des CfA wird die Bundesregierung am 26. und 27. November 2019 gemeinsam mit dem „Centre of Competence on Humanitarian Negotiation“ (CCHN) eine hochrangige Konferenz zu humanitären Verhandlungen in Berlin veranstalten. Schon jetzt unterstützt die Bundesregierung Projekte von CCHN, die die Fähigkeiten humanitärer Organisationen im Bereich des humanitären Verhandelns stärken. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/13054 wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Daneben fördert die Bundesregierung das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) im Rahmen eines Projekts zum Auf- und Ausbau der organisationsinternen Kapazitäten in der Anwendung des humanitären Völkerrechts und leistet damit einen Beitrag zur Stärkung der praktischen Relevanz des humanitären Völkerrechts. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13222  4. Wie viel Prozent der deutschen humanitären Hilfe wird derzeit in der Form von Bargeldhilfen geleistet? Weltweit werden laut dem letzten „State of the World's Cash Report“ (online abrufbar unter „www.cashlearning.org/resources/the-state-of-the-worldscash -2018“) des Cash Learning Partnership (CaLP) rund 10 Prozent der humanitären Hilfe in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen erbracht. Zwei Drittel davon erbringen das Welternährungsprogramm (WFP) und UNHCR. Des Weiteren sind die Rotkreuz-/ Rothalbmondgesellschaften sowie auch die internationalen Nichtregierungsorganisationen maßgeblich an der Umsetzung humanitärer Bargeldhilfe beteiligt. Alle diese Organisationen tragen zur Umsetzung der deutschen humanitären Hilfe im Ausland bei. Im Juni 2019 einigten sich humanitäre Geber und Durchführungsorganisationen im Rahmen der Grand Bargain „Cash“-Arbeitsgruppe auf die einheitliche Messung des Anteils von Geldleistungen oder Gutscheinen. Auf Basis dieser Übereinkunft werden künftig von den Umsetzungspartnern bei der Antragstellung und Berichterstattung die entsprechenden Daten abgefragt. Damit wird es möglich , die prozentualen Anteile von Bargeldhilfe an der deutschen humanitären Hilfe zu erheben.  5. Bis wann und mit viel Prozent plant die Bundesregierung, die im Grand Bargain geleistete Verpflichtung, den Anteil von Bargeldhilfen signifikant zu erhöhen, umzusetzen? Die Bundesregierung stärkt ihre Partner kontinuierlich dabei, den Anteil von Bargeldhilfen in der humanitären Hilfe zu erhöhen und die Programmqualität zu steigern. Eine prozentuale Zielgröße für die Erhöhung des Anteils von Geldleistungen an ihrer humanitären Hilfe hat sich die Bundesregierung nicht gesetzt .  6. Plant das Auswärtige Amt eine Bargeldhilfenstrategie zu formulieren und zu veröffentlichen, um im Zusammenspiel mit anderen Gebern wie der EU, Großbritannien und den USA kohärenter zu handeln und die internationale Bargeldhilfendebatte voranzubringen? In der Strategie der Bundesregierung zur humanitären Hilfe im Ausland werden Geldleistungen als zentraler Themenbereich behandelt; eine dezidierte Bargeldhilfestrategie ist derzeit nicht geplant. Deutschland hat sich aber bereits 2015 im Rahmen von Ratsschlussfolgerungen der Europäischen Union sowie beim Humanitären Weltgipfel und Grand Bargain 2016 dazu verpflichtet, Bargeldhilfe als Form der humanitären Hilfe systematisch zu berücksichtigen und seinen Anteil signifikant zu erhöhen. Die umfangreichen Verpflichtungen werden gemeinsam mit den Durchführungspartnern des Auswärtigen Amts und in Abstimmung mit den anderen Gebern umgesetzt. Ein kohärenter Ansatz der Geber trägt zu einer effektiven und effizienten humanitären Hilfe bei. Verbesserte Geberkoordinierung in Bezug auf humanitäre Geldleistungen ist daher ein prioritäres Arbeitsfeld in der Grand Bargain- Arbeitsgruppe zu Bargeldhilfen. Deutschland hat gemeinsam mit Norwegen die Leitung einer Unterarbeitsgruppe übernommen, in der sich die zehn größten Geber im gemeinsamen Geberansatz für Bargeldhilfe in der humanitären Hilfe („Common Donor Approach for Humanitarian Cash Programming“, online abrufbar unter „www.cashlearning.org/downloads/common-donor-approachfeb -19.pdf“) auf strategische Leitlinien verständigt und im „Joint Donor Statement on Humanitarian Cash Transfers“ (online abrufbar unter „www.cashlear- Drucksache 19/13222 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ning.org/downloads/190329cash-donor-statement.pdf“) prioritäre Handlungsfelder identifiziert haben.  7. Wie viele Stellen sind in den Außenvertretungen Deutschlands für den Aufgabenbereich der humanitären Hilfe ausgebracht, wie viele davon sind besetzt (bitte nach Kräften, die ausschließlich und solchen, die neben anderen Aufgabenbereichen mit der humanitären Hilfe betraut sind, sowie nach Kräften im gehobenen Dienst bzw. im höheren Dienst aufschlüsseln )? An den multilateralen Vertretungen Deutschlands in Genf, Rom und New York sind derzeit neun Dienstposten ganz oder teilweise mit humanitärer Hilfe befasst (sieben im höheren Dienst, zwei im gehobenen Dienst). Die Stellenprofile an den bilateralen Vertretungen, die oft im Querschnittsverbund mit Aufgaben im Bereich der humanitären Hilfe befasst sind, lassen eine weitergehende statistische Aufschlüsselung im Sinne der Fragestellung nicht zu.  8. Wie viele Stellen sind in der Zentrale des Auswärtigen Amts in Berlin für den Aufgabenbereich der humanitären Hilfe ausgebracht, wie viele davon sind besetzt (bitte nach Kräften, die ausschließlich und solchen, die neben anderen Aufgabenbereichen mit der humanitären Hilfe betraut sind sowie nach Kräften im gehobenen Dienst bzw. im höheren Dienst sowie nach Mitarbeitern aus den Referaten S08 und S09 aufschlüsseln)? Die in den Referaten S08 („Multilaterale Gestaltung der Humanitären Hilfe“) und S09 („Umsetzung Humanitärer Hilfe, humanitäres Minenräumen, regionale Programme, regionale Gestaltung der Humanitären Hilfe“) eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der zuständige Beauftragte sind ausschließlich mit Aufgaben der humanitären Hilfe betraut. Das Referat S08 verfügt über 26 Dienstposten, davon 5 im höheren Dienst, 8 im vergleichbaren höheren Dienst, 3 im gehobenen Dienst und 8 im vergleichbaren gehobenen Dienst. Das Referat S09 verfügt über 47 Dienstposten, davon 5 im höheren Dienst, 8 im vergleichbaren höheren Dienst, 13 im gehobenen Dienst und 17 im vergleichbaren gehobenen Dienst. Auch in anderen Arbeitseinheiten des Auswärtigen Amts fallen gelegentlich Aufgaben im Bereich der humanitären Hilfe an. Eine Aufschlüsselung nach Laufbahnen und prozentualen Anteilen der Aufgabenverteilung ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Darüber hinaus lassen die Stellenprofile in zahlreichen Arbeitseinheiten des Auswärtigen Amts, die oft im Querschnittsverbund mit ähnlichen Fachfragen und -themen befasst sind, eine weitergehende statistische Aufschlüsselung im Sinne der Fragestellung nicht zu.  9. Wie stellt sich das Verhältnis von Mitarbeiterstellen zum Gesamtbudget für humanitäre Hilfe in Deutschland im Vergleich zu anderen Geberländern dar, wie viele Millionen Euro hat ein Mitarbeiter rechnerisch in Deutschland versus in Schweden, versus in den USA, versus in der Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der EU (GD ECHO), versus des Department for International Development (DFID) Großbritanniens zu verwalten (bitte nach Mitarbeitern aus den Referaten S09 und S08 aufschlüsseln)? Eine vergleichende Übersicht zu Mitteln und Mitarbeiterstellen ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13222 Humanitäre Hilfe Mittel gesamt (gerundet) in Millionen Euro1 Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Mittel pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter (gerun det) in Millionen Euro Deutschland2 1.532 733 21 Davon S09 1.383 47 29,4 Davon S08 149 26 5,7 Vereinigte Staaten von Amerika 7.090 907 7,8 Europäische Union 1.482 650 2,4 Großbritannien 1.762 1504 11,7 Schweden 716 38 18,8 Schweiz 402 243 1,7 1 Für Fremdwährungen wurde der Umrechnungskurs des Stichtags 31. Dezember 2018 verwendet. Quelle: Auswärtiges Amt. 2 Titel: 0501 687 17 (Erläuterungsnummern 3, 4 und 13) und 0501 687 32. Inklusive zweckungebundene freiwillige Beiträge an OCHA, UNHCR und UNRWA. 3 Anzahl an Dienstposten. Vollbesetzung war seit Gründung der Abteilung S zu keinem Zeitpunkt gegeben. 4 Geschätzt auf Basis verfügbarer Informationen. 10. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus den kritischen Anmerkungen des Bundesrechnungshofs im Jahr 2018 zur Vergabepraxis gezogen, und wie wurden diese bislang umgesetzt? Die Bundesregierung greift die Empfehlungen des Bundesrechnungshofs auf. Das Auswärtige Amt überprüft die Zuwendungspraxis ergebnisoffen, um weitere Effizienzgewinne zu erzielen. Insbesondere strebt das Auswärtige Amt für das Jahr 2021 die Errichtung eines Bundesamts im eigenen Geschäftsbereich an, in dem auch Zuwendungsvorgänge mit haushaltsrechtlicher und auslandsspezifischer Fachkompetenz, aber außerhalb der für den Auswärtigen Dienst typischen Personalrotation behandelt werden sollen. 11. Nach welchen konkreten Kriterien erfolgt die Mittelvergabe an Zuwendungsempfänger im Bereich der humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt? Grundlage für die jährliche Planung sind insbesondere die vom System der Vereinten Nationen koordinierten humanitären Bedarfspläne und die Aufrufe der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften. Die Bundesregierung trifft ihre bedarfsorientierten Förderentscheidungen auf der Basis verschiedener Schwerpunkte und Auswahlkriterien, die in den regelmäßig aktualisierten Eckpunktepapieren zu den einzelnen Krisen und Ländern ausgeführt werden. Die Zuwendungsempfänger sind über die jährlich im Herbst stattfindenden regionalen Analyse- und Strategiegespräche an der Erstellung der Eckpunktepapiere beteiligt . 12. Plant die Bundesregierung die Offenlegung der Vergabekriterien für den nächsten Bericht zur humanitären Hilfe? Falls nicht, warum nicht? In der öffentlich zugänglichen „Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland“ sind die wesentlichen regionalen und thematischen Grundlagen für die Vergabeentscheidungen des Auswärtigen Amts dargelegt. Drucksache 19/13222 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Plant die Bundesregierung die Verwendung der Mittel nach dem Vorbild Schwedens und der Niederlande bei open aid zu veröffentlichen? Falls nicht, warum nicht? Die Bundesregierung meldet alle „Official-Development-Assistance“ (ODA)- fähigen Ausgaben entsprechend der Vorgaben an den Entwicklungsausschuss (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Diese Daten werden jährlich dort veröffentlicht und sind Grundlage für die Darstellungen der Open Knowledge Foundation e.V. auf der deutschsprachigen Open Aid Data Seite (www.offene-entwicklungshilfe.de/). Die Bundesregierung hat sich als Gründungsmitglied der „International Aid Transparency Iniative“ (IATI) zur Veröffentlichung aller ODA-anrechenbaren Ausgaben verpflichtet. Die IATI-Datenveröffentlichung beinhaltet eine Übersicht der seit 2018 laufenden und neu zugesagten Maßnahmen. Eine von diesem globalen Standard abweichende Datenveröffentlichung ist nicht geplant. 14. Mit welcher Begründung stellte die Bundesregierung für die drei 2017 am schlechtesten finanzierten, kleineren humanitären Krisen (Senegal, Kuba, Dschibuti) 0 Euro humanitäre Hilfe zur Verfügung? Die deutsche Botschaft in Havanna hat Sofort- bzw. Nothilfemaßnahmen in Höhe von 50.000 Euro nach Hurrikan Irma finanziert. In Dschibuti unterstützt die Bundesregierung Hilfeleistungen an Flüchtlinge aus Somalia und Jemen, beispielsweise über UNHCR. Die in den VN-Hilfsplänen für Dschibuti, Kuba und Senegal ermittelten Bedarfe beliefen sich 2017 zusammengenommen auf 114 Mio. US-Dollar. Dies entspricht einem Anteil von weniger als 0,5 Prozent des von den VN ermittelten globalen humanitären Gesamtbedarfs in Höhe von 23,58 Mrd. US-Dollar. Die angesichts des humanitären Gesamtbedarfs nur begrenzt verfügbaren Mittel für humanitäre Hilfe zwingen die Bundesregierung zu Priorisierungen. 15. Inwieweit plant die Bundesregierung einen Ausbau der Zuwendungen an flexible Fonds wie CERF (Central Emergency Response Fund) und Country-based Pooled Funds (CBPF)? Deutschland zahlt seit 2012 in die humanitären Länderfonds („Country-Based Pooled Funds“/CBPF) ein, bislang insgesamt mehr als 575 Mio. Euro. 2017 und 2018 war Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von 178 bzw. 154 Mio. Euro zweitgrößter Geber für CBPF. Das Auswärtige Amt plant, seine Förderung 2019 auf ähnlich hohem Niveau zu halten; einen darüber hinaus gehenden Ausbau lassen die begrenzt verfügbaren Mittel für humanitäre Hilfe nicht zu. Deutschland ist außerdem langjähriger Unterstützer des Zentralen Nothilfefonds der Vereinten Nationen („Central Emergency Response Fund“/CERF) und hat seine Einzahlungen auch in diesen Fonds stetig gesteigert. 2017 und 2018 war Deutschland jeweils zweitgrößter Geber nach Großbritannien. Für 2019 hat Deutschland bisher 85 Mio. Euro zugesagt. Maßgeblich auf deutsche Initiative hat VN-Nothilfekoordinator und OCHA-Untergeneralsekretär Mark Lowcock beschlossen, den CERF im Rahmen seines Mandats auch zur Finanzierung vorausschauender humanitärer Hilfe durch Unterstützung von humanitären ‚early action‘-Maßnahmen einzusetzen. Ziel dieses Ansatzes ist es, Effektivität und Effizienz des CERF-Mitteleinsatzes und der damit finanzierten Hilfe weiter zu steigern. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/13054) wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13222 16. Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob die Bundesregierung in einem Empfängerland in den CBPF einzahlt oder bilateral Projektanträge fördert? Die Bundesregierung entscheidet über die Höhe der Einzahlung in die humanitären Länderfonds und über die Höhe der Förderung von Projekten und Programmen mit Partnerorganisationen auf der Grundlage einer detaillierten Analyse des prioritären humanitären Bedarfs, der Aufstellung der verschiedenen humanitären Partnerorganisationen, verfügbarer Finanzierungsinstrumente sowie unter Einbezug der Förderprioritäten anderer Geber. 17. Plant die Bundesregierung zukünftig die Förderung von Women’s Peace & Humanitarian Fund? Falls nicht, warum nicht? Die Bundesregierung prüft derzeit eine Förderung des „Women’s Peace & Humanitarian Fund“ (WPHF) aus Mitteln des Auswärtigen Amts. Drucksache 19/13222 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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