Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jürgen Martens, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12812 – Grenzüberschreitender Zugang zu elektronischen Beweismitteln V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 17. April 2018 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafverfahren (COM(2018) 225 final // 2018/0108 (COD), E-Evidence-VO) veröffentlicht. Der Europäische Rat hat am 7. Dezember 2018 seine Standpunkte hierzu festgelegt. Das Europäische Parlament konnte in der abgelaufenen Legislaturperiode keinen Standpunkt festlegen, weshalb das Trilog-Verfahren bislang noch nicht eingeleitet wurde. Am 6. Juni 2019 hat der Europäische Rat zwei Mandate angenommen, mit denen die Europäische Kommission ermächtigt wird, im Namen der Europäischen Union (EU) ein Abkommen mit den USA über einen leichteren Zugang zu elektronischen Beweismitteln für die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen auszuhandeln bzw. an den Verhandlungen über ein Zweites Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität (sog. Budapest-Konvention) teilzunehmen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Zu den beiden durch die Europäische Kommission am 17. April 2018 im Rahmen des sog. E-Evidence-Dossiers vorgelegten Legislativvorschlägen, nämlich dem Entwurf einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafverfahren (EPOC-VO) und dem Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren (Ansprechpunkte-RL), wurde jeweils eine sog. allgemeine Ausrichtung in den JI-Räten vom Dezember 2018 und März 2019 herbeigeführt . Die Abstimmungen im Bereich der Dossiers zur justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen auf der Grundlage von Artikel 82 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfolgen im Mehrheitsstimmverhältnis . Die Bundesrepublik Deutschland hat aufgrund fortdauernder Bedenken bei Deutscher Bundestag Drucksache 19/13234 19. Wahlperiode 16.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. der Abstimmung über die EPOC-VO mit „Nein“ gestimmt und sich bei der Ansprechpunkte-RL – ebenfalls wegen fortbestehender Bedenken – enthalten. Auch bei der Erteilung eines Verhandlungsmandats für die Europäische Kommission , im Namen der Europäischen Union mit den USA Verhandlungen zu einem Verwaltungsabkommen auf der Grundlage des US-CLOUD Acts zu erteilen , hat sich die Bundesrepublik Deutschland enthalten. Der Deutsche Bundestag wurde über die Positionen der Bundesregierung jeweils unterrichtet. Die Bundesregierung hat sich bei allen Verhandlungen auf europäischer Ebene aktiv und konstruktiv eingebracht. Das Stimmverhalten in den JI-Räten erfolgte in dem Bestreben, in den anstehenden weiteren Verhandlungen noch weitere Verbesserungen zu erreichen. Die anstehenden Trilog-Verhandlungen zum E-Evidence-Dossier werden voraussichtlich in den nächsten Monaten beginnen und damit in einen Zeitraum hineinreichen, in dem sich die Bundesrepublik Deutschland (im ersten Halbjahr 2020) als „Incoming Presidency“ oder (im zweiten Halbjahr 2020) als amtierende Ratspräsidentschaft der Europäischen Union zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet sieht. Gleiches gilt für die zeitliche Perspektive der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA.  1. Wie bewertet die Bundesregierung, dass der Europäischen Kommission ein Mandat u.a. zur Aufnahme von Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und den USA über den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln für die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen erteilt wurde, ohne dass zuvor eine einheitliche Rechtsposition mittels Inkrafttreten der E-Evidence-VO entwickelt wurde? Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen fortwährend dafür eingesetzt , mit der Mandatserteilung an die Kommission bis zum Inkrafttreten der Legislativvorschläge des E-Evidence-Dossiers zuzuwarten. Diese Ansicht fand im JI-Rat im Juni 2019 indes keine Mehrheit. Dies war ein Grund dafür, dass sich die Bundesregierung in der Abstimmung über die Erteilung eines Verhandlungsmandats für die Kommission enthielt.  2. Wird die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Abschluss eines Rahmenabkommens zum Zugang zu elektronischen Beweismitteln zwischen der EU und der Kommission verweigern, solange keine europäische E-Evidence-Verordnung in Kraft getreten ist? Die Bundesregierung geht derzeit davon aus, dass die Verhandlungen zu den Legislativvorschlägen des E-Evidence-Dossiers vor Abschluss eines Verwaltungsabkommens zur Erhebung elektronischer Beweismittel zwischen der Europäischen Union und den USA finalisiert sein werden.  3. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung eine zwingende unabdingbare Voraussetzung für den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und den USA über den Zugang zu elektronischen Beweismitteln, dass der EU-Mitgliedstaat, dessen Hoheitsgebiet die Herausgabeanordnung betrifft, ein echtes Zurückweisungsrecht der Anordnung hat, insbesondere wenn die Anordnung gegen europäische Grundrechte verstoßen würde? Die Bundesregierung hat sich in den Verhandlungen zur Mandatserteilung für die Europäische Kommission fortwährend dafür eingesetzt, dass in das geplante Verwaltungsabkommen mit den USA für den von der Datenherausgabe mitbetroffenen Staat ein verbindliches Zurückweisungsrecht aufgenommen werden Drucksache 19/13234 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode muss. Die Bundesregierung verfolgte damit das Ziel, die bisherigen Verhandlungsergebnisse zum neuen europäischen Rechtsrahmen bzgl. E-Evidence auch auf die Zusammenarbeitsregeln mit Drittstaaten zu übertragen. Die Bundesregierung wird sich für dieses Ziel auch weiterhin einsetzen, sieht sich allerdings als eingehende und auch als amtierende Ratspräsidentschaft der Europäischen Union zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet; auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen.  4. Ist die Überprüfbarkeit einer Anordnung auf Herausgabe oder Sicherung von Daten gegenüber einem Dienstanbieter mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland durch den Vollstreckungsstaat aus Sicht der Bundesregierung eine zwingende Voraussetzung für eine Zustimmung der Bundesregierung zur E-Evidence-VO? Auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/5207 wird zunächst verwiesen. Für Herausgabeanordnungen auf der Grundlage der EPOC-VO hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen auf europäischer Ebene für angemessene und wirksame Überprüfungs- und Reaktionsmöglichkeiten des Vollstreckungsstaates eingesetzt . Der Text der EPOC-VO in der Fassung der Allgemeinen Ausrichtung des JI-Rats vom Dezember 2018 sieht insoweit bereits Verbesserungen gegenüber dem Textvorschlag der Kommission vom April 2018 vor. Dieser ist aus Sicht der Bundesregierung aber weiter optimierungsbedürftig. Die Bundesregierung wird sich deshalb für weitere textliche Veränderungen im anstehenden Trilog zum E-Evidence-Dossier einsetzen, sieht sich aber als eingehende und als amtierende Ratspräsidentschaft der Europäischen Union zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet; auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Im Falle einer Sicherungsanordnung auf der Grundlage der EPOC-VO ist eine Überprüfungsmöglichkeit für den Vollstreckungsstaat bisher nicht vorgesehen; dies ist auch von der Bundesregierung aufgrund der geringeren Eingriffsintensität der Maßnahme in den Verhandlungen nicht gefordert worden.  5. Ist die Überprüfbarkeit einer Anordnung auf Herausgabe oder Sicherung von Daten gegenüber einem Dienstanbieter mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland durch den Vollstreckungsstaat aus Sicht der Bundesregierung eine zwingende Voraussetzung für eine Zustimmung der Bundesregierung zur Zustimmung zu einem Rahmenabkommen zum Zugang zu elektronischen Beweismitteln zwischen der EU und den USA? Auf die Antwort zu Frage 4 wird zunächst verwiesen. Auch im Rahmen der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über ein Verwaltungsabkommen zur Erhebung elektronischer Beweismittel wird sich die Bundesregierung im Rahmen des Möglichen weiterhin für die Verankerung angemessener und wirksamer Überprüfungsmöglichkeiten des Vollstreckungsstaates einsetzen.  6. Gibt es aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland zwingende Gründe, den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln im Wege einer unmittelbar geltenden EU-Verordnung zu regeln? Aus Sicht der Bundesregierung gibt es gute Gründe, für die grenzüberschreitende Gewinnung elektronischer Beweismittel in Strafverfahren besondere und vor allem beschleunigte Verfahren zu entwickeln; vor allem, weil elektronische Daten besonders „flüchtig“ sind. Auf die bisherigen Berichterstattungen gegenüber dem Deutschen Bundestag wird Bezug genommen. Aus Sicht der Bundes- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13234 regierung ist es auch sachgerecht, hierfür die Rechtsform einer europäischen Verordnung zu wählen, um eine einheitliche Rechtslage innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen und so auch den verpflichteten Providern ein größtmögliches Maß an Rechtssicherheit anbieten zu können.  7. Wäre es nach Auffassung der Bundesregierung nicht sinnvoller, den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln im Wege einer Richtlinie zu beschreiten, um die unterschiedlichen Rechtskulturen der Mitgliedstaaten besser berücksichtigen zu können? Auf die Antwort zu Frage 6 wird zunächst verwiesen. Den Unterschieden in den Rechtsordnungen und den Rechtstraditionen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist aus Sicht der Bundesregierung dadurch Rechnung zu tragen, dass den von einer Herausgabeanordnung mitbetroffenen Mitgliedstaaten angemessene und effektive Handlungsspielräume zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung hat sich hierfür in den Verhandlungen auf europäischer Ebene intensiv eingesetzt und insbesondere die „Notifikationslösung“ für die grenzüberschreitende Abfrage von sensiblen Verkehrs- und Inhaltsdaten in die Diskussionen eingebracht. Die Notifikationslösung hat in reduzierter Form bereits Eingang in den Text der EPOC-VO in der Fassung der Allgemeinen Ausrichtung vom Dezember 2018 gefunden. Weitere Anpassungen bleiben aus Sicht der Bundesregierung jedoch erforderlich, um einen angemessenen Schutz der Grundrechte der von der Datenabfrage betroffenen Personen und Unternehmen tatsächlich sicherstellen zu können. Auf die bisherigen Berichterstattungen gegenüber dem Deutschen Bundestag wird Bezug genommen.  8. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Rechtsfolgen, wenn das derzeit geplante Notifizierungsverfahren für die Herausgabe von Inhaltsdaten nach Artikel 7a des derzeitigen Entwurfs der E-Evidence- VO so ausgeübt wird, dass ein Staat Einwände gegen die an einen privaten Provider gerichtete Anordnung auf Herausgabe von Daten hat? Nach Artikel 7a des EPOC-VO-Entwurfs wirkt sich die Erhebung von Einwänden durch den von einer grenzüberschreitenden Datenabfrage unterrichteten (notifizierten) Mitgliedstaat so aus, dass der ermittelnde Mitgliedstaat (Anordnungsstaat ) die geltend gemachten Bedenken in derselben Weise berücksichtigen muss, als bestünden diese in seiner nationalen Rechtsordnung. Soweit erforderlich , muss der Anordnungsstaat die Herausgabeanordnung abändern oder zurücknehmen. Im Falle der Rücknahme der Anordnung muss der Anordnungsstaat ferner den adressierten Diensteanbieter unverzüglich darüber informieren . Ein für den Anordnungsstaat verbindliches „Vetorecht“ des notifizierten Mitgliedstaates sieht Artikel 7a des EPOC-VO-Entwurfs nicht vor. Dies war einer der Gründe dafür, dass die Bundesregierung bei der Abstimmung über die EPOC-VO mit „Nein“ gestimmt hat.  9. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung mit dem geltenden europäischen Recht zu vereinbaren, wenn beteiligte Mitgliedstaaten oder Staaten, mit denen ein EU-Abkommen geschlossen werden soll, gegenüber einem privaten Provider eine Sicherungsanordnung erlassen, bestimmte Daten nicht zu löschen, damit diese später herausverlangt werden können? Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Stimmigkeit der in der EPOC- VO vorgesehenen Sicherungsanordnung mit geltenden europarechtlichen Vorschriften gegeben. Zum Verhältnis zur europäischen Datenschutzgrundverordnung wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage auf Drucksache 19/13234 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bundestagsdrucksache 19/12640 des Abgeordneten Michael Theurer verwiesen . 10. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die im Entwurf der bisherigen E-Evidence-VO vorgesehene Frist von zehn Tagen für Auskunftsanträge aus dem EU-Ausland angemessen? Nach Auffassung der Bundesregierung ist die in der EPOC-VO vorgesehene Regelfrist von zehn Tagen zur Herausgabe der im Wege einer Europäischen Herausgabeanordnung erforderten Daten angemessen. 11. Ist es aus Sicht der Bundesregierung akzeptabel, dass dem anordnenden Staat die Definitionsmacht obliegt, wann ein „Notfall“ nach Artikel 9 Absatz 2 E-Evidence-VO vorliegt, bei dem Auskunftsanträge aus dem EU- Ausland innerhalb von sechs Stunden beantwortet werden müssen? Die EPOC-VO basiert auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung. Nach Auffassung der Bundesregierung ist deshalb die Regelung in Artikel 9 Absatz 2 der EPOC-VO, nach der der Anordnungsstaat das Vorliegen eines Notfalls beurteilt , sachgerecht. 12. Wann liegt nach Ansicht der Bundesregierung ein „Notfall“ nach Artikel 9 Absatz 2 E-Evidence-VO vor? Nach der Legaldefinition in Artikel 2 Nummer 15 der EPOC-VO sind „Notfälle “ anzunehmen in Situationen einer unmittelbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person oder einer unmittelbaren Gefahr für eine kritische Infrastruktur im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2008/114/EG. 13. Hält es die Bundesregierung für notwendig, die Frage, ob bei einer Anordnung , die das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland betrifft, ein Notfall vorliegt, in der Bundesrepublik Deutschland gerichtlich überprüfen lassen zu können? Der Bundesregierung war es während der gesamten Verhandlungen zum E- Evidence-Dossier ein Anliegen, in der EPOC-VO angemessene Rechtsschutzmöglichkeiten für Personen und Unternehmen zu verankern, die von einer Europäischen Herausgabe- oder Sicherungsanordnung betroffen sind. Dies hat bezüglich des Individualrechtsschutzes in Artikel 17 der EPOC-VO bereits zu Verbesserungen gegenüber dem Textvorschlag der Kommission geführt, insbesondere , indem mit Blick auf Europäische Herausgabeanordnungen über die EPOC-VO hinausgehende Rechtsbehelfsmöglichkeiten in den EU- Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen werden. Dagegen sind Rechtsbehelfe gegen eine Europäische Sicherungsanordnung bisher in der EPOC-VO gar nicht vorgesehen. Dies war einer der Gründe dafür, dass die Bundesregierung bei der Abstimmung über die EPOC-VO mit „Nein“ gestimmt hatte. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13234 14. Hält es die Bundesregierung für mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar , wenn die E-Evidence-VO es einer polnischen Staatsanwaltschaft ermöglicht, auf elektronische Beweismittel von deutschen Providern zurückzugreifen , wenn wegen einer Abtreibung ermittelt wird? Die EPOC-VO sieht in Fortentwicklung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten der EU bisher kein Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit vor. Der Anordnungsstaat unterliegt nach Artikel 5 Absatz 2 der EPOC-VO jedoch ausdrücklich einer Pflicht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit . Die Bundesregierung kann diesen Ansatz mittragen, solange auch der notifizierte Mitgliedstaat bzw. der Vollstreckungsmitgliedstaat bei der Abfrage sensibler Verkehrs- und Inhaltsdaten die Möglichkeit hat, eine eigene Grundrechtsprüfung vorzunehmen und bei aus seiner Sicht drohenden Verstößen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu widersprechen. Hierfür hatte die Bundesregierung für die grenzüberschreitende Abfrage von Verkehrs- und Inhaltsdaten die sog. Notifikationslösung in die Diskussionen eingebracht. Die Notifikationslösung hat in reduzierter Form bereits Eingang in den Text der EPOC-VO in der Fassung der Allgemeinen Ausrichtung vom Dezember 2018 gefunden. Weitere Anpassungen bleiben aus Sicht der Bundesregierung jedoch erforderlich, um einen angemessenen Schutz der Grundrechte der von der Datenabfrage betroffenen Personen und Unternehmen tatsächlich sicherstellen zu können. Auf die bisherigen Berichterstattungen gegenüber dem Deutschen Bundestag wird Bezug genommen. Die Bundesregierung wird sich für einen angemessenen Grundrechtsschutz für betroffene Personen und Unternehmen auch weiterhin einsetzen, sieht sich aber als künftige oder amtierende EU- Ratspräsidentschaft zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 15. Wie beurteilt die Bundesregierung die durch die E-Evidence-VO geschaffenen Anordnungsbefugnisse von Strafverfolgungsbehörden vor dem Hintergrund, dass gegen Polen und Ungarn Verfahren nach Artikel 7 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) anhängig sind? Die Bundesregierung bekennt sich zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zwischen den EU-Mitgliedstaaten auch im Bereich der Strafverfolgung. Basis dieses Grundverständnisses ist die Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien in allen Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung sieht es als Aufgabe der Europäischen Union an, die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zu überwachen. Die Bundesregierung unterstützt die Europäische Union dabei und beobachtet die Entwicklungen. 16. Wie bewertet die Bundesregierung das Schutzniveau in Bezug auf personenbezogene Daten in den USA, insbesondere vor dem Hintergrund, dass dort eine der EU-Datenschutzgrundverordnung vergleichbare Regelung nicht existiert? Besteht aus Sicht der Bundesregierung bei Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und den USA die Möglichkeit, dass Drittstaaten über bilaterale Abkommen mit den USA im Rahmen des sog. Clarifying Lawful Overseas Act („Cloud Act“) mittelbar Herausgabe- und Sicherungsanordnungen gegen EU-Bürger erwirken können? Die Frage der Angemessenheit des Datenschutzniveaus in den USA wird vor dem Hintergrund der maßgeblichen EU-rechtlichen Regelungen zu beantworten sein und aus Sicht der Bundesregierung in den Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und den USA eine besondere Rolle spielen. Die Bundesregierung wird ihre Bewertung der Angemessenheit des Datenschutz- Drucksache 19/13234 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode niveaus in den USA auf der Grundlage der Einschätzungen der Europäischen Kommission vornehmen. Die Frage nach der – von der Bundesregierung nicht gewollten – Möglichkeit, Herausgabeanordnungen auf Veranlassung eines Drittstaates zu erlassen, hat auch in den Verhandlungen zur EPOC-VO eine Rolle gespielt und dort unter anderem zur Aufnahme einer Ausschlussklausel in Artikel 3 Absatz 1a geführt. Die Bundesregierung begrüßt die Ausschlussklausel und würde es befürworten, eine entsprechende Regelung auch in das Verwaltungsabkommen zwischen der EU und den USA aufzunehmen. Aus Sicht der Bundesregierung bleiben ungeachtet dessen Sicherungen im Verfahren erforderlich, die es den von der Datenabfrage mitbetroffenen Staaten ermöglichen, jedenfalls bei der Abfrage sensibler Datenkategorien wie den Verkehrs- und Inhaltsdaten Einblick nehmen und der Datenabfrage bei Missbrauchsgefahr auch widersprechen zu können. Die Bundesregierung wird sich insoweit weiterhin für eine echte Notifikationslösung mit Widerspruchsmöglichkeit einsetzen, sieht sich aber als künftige oder amtierende EU-Ratspräsidentschaft zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 17. Welche Bestrebungen bestehen bei der Bundesregierung, den Strafrahmen von Vorschriften des Strafgesetzbuches zu überprüfen anlässlich der Tatsache, dass der Entwurf der E-Evidence-VO den Zugriff auf elektronische Beweismittel für alle Straftatbestände ermöglichen soll, falls und soweit diese eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsehen? Es bestehen keine Bestrebungen, aus Anlass der EPOC-VO im deutschen Strafgesetzbuch materielle Strafnormen anzupassen. Die VO ist ein Instrument der strafrechtlichen Zusammenarbeit, das eine Harmonisierung des materiellen Strafrechts der EU-Mitgliedstaaten weder selbst vorsieht noch den Mitgliedstaaten entsprechende Verpflichtungen auferlegt. 18. Sind nach Ansicht der Bundesregierung als Sanktionsmöglichkeit gegenüber Service-Providern, die einer Anordnung der E-Evidence-VO nicht nachkommen, Strafzahlungen von bis zu 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes wirksam, verhältnismäßig und abschreckend? Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Verhandlungen zu dem E- Evidence-Dossier für ein alternatives Sanktionsmodell eingesetzt. Zudem lag der Bundesregierung an klareren Ausnahmeregelungen für Klein- und Kleinstunternehmen . Mit dem ersten Anliegen wurde die Bundesrepublik von der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten überstimmt. Zu dem zweiten Punkt ließ sich jedenfalls die Aufnahme eines zusätzlichen Erwägungsgrundes zu den Sanktionen gegenüber Kleinstunternehmen erreichen (s. Erwägungsgrund 45a). Generelle Ausnahmeregelungen im Regelungsteil der EPOC-VO waren dagegen nicht mehrheitsfähig, weil die Gefahr gesehen wurde, damit „sichere Datenhäfen “ zu schaffen, die eine effektive Strafverfolgung maßgeblich erschweren oder sogar verhindern könnten. Im Ergebnis bewertet die Bundesregierung die vorgesehenen Sanktionen aber grundsätzlich als wirksam, verhältnismäßig und abschreckend. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13234 19. Wie beurteilt es die Bundesregierung, dass lediglich ein Erwägungsgrund bisher vorsieht, dass auf Sanktionen verzichtet werden kann, wenn betroffene Kleinstunternehmen – vor allem außerhalb gewöhnlicher Geschäftszeiten – nicht in der Lage waren, die erbetenen Daten fristgerecht zur Verfügung zu stellen, ohne dass ein solcher Verzicht auf Sanktionen ausdrücklich im Verordnungstext selber enthalten ist? Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. 20. Ist es aus Sicht der Bundesregierung notwendig, dass die betroffenen Bürger die Möglichkeit haben können müssen, eine Herausgabe- und/ oder eine Sicherungsanordnung a) eines EU-Mitgliedstaates im Rahmen der E-Evidence-VO, b) einer US-Behörde im Rahmen des angestrebten Abkommens gerichtlich überprüfen zu lassen? Auf die Antwort zu Frage 13 wird zunächst verwiesen. Auch im Rahmen des geplanten Abkommens zwischen der EU und den USA muss es aus Sicht der Bundesregierung angemessene Möglichkeiten zur Durchsetzung des Individualschutzes geben. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, sieht sich aber als künftige und als amtierende EU-Ratspräsidentschaft zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 21. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet werden, dass der vom Bundesverfassungsgericht normierte Richtervorbehalt bei Eingriffen in das Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme im Rahmen der Europäischen Herausgabe- und Sicherungsanordnung gewahrt bleibt? Die Union und ihre Mitgliedstaaten, soweit letztere Unionsrecht durchführen, sind an die europäischen Grundrechte und namentlich die Europäische Grundrechtecharta gebunden. Die Überprüfung von EU-Rechtsakten auf deren Konformität mit diesen Grundrechten liegt grundsätzlich bei den Institutionen der EU selbst, insbesondere bei dem Europäischen Gerichtshof. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) verzichtet grundsätzlich auf eine Überprüfung am Maßstab des Grundgesetzes, solange die EU „generell“ einen „Grundrechtsschutz gewährleistet, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsstandard im Wesentlichen gleich zu achten ist“ (BVerfGE 102, 147, 164). Ein deckungsgleicher Schutz in den einzelnen Grundrechtsbereichen des Grundgesetzes durch das europäische Gemeinschaftsrecht und die darauf fußende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht gefordert (BVerfG a. a. O.). Davon unabhängig sieht die EPOC-VO vor, dass Herausgabeanordnungen , die auf die Erlangung von Verkehrs- oder Inhaltsdaten gerichtet sind, von einem Gericht angeordnet oder validiert werden (vgl. Antwort zu Frage 32). 22. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet werden, dass der in Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. Artikel 2 Absatz 1 GG gewährleistete Kernbereichsschutz privater Lebensgestaltung gegenüber Eingriffen geschützt wird? Aus Sicht der Bundesregierung ließe sich der – unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs des EU-Rechts (vgl. Antwort auf Frage 21) – zu gewährleistende Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung (Artikel 1 Absatz 1 i. V. m. Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes) im Hinblick auf die grenzüberschreiten- Drucksache 19/13234 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode de Abfrage sensibler Verkehrs- und Inhaltsdaten durch die Aufnahme eines sachgerecht ausgestalteten Notifikationsverfahrens mit verbindlichem Widerspruchsrecht des notifizierten Staates schützen. Für die Aufnahme eines solchen Mechanismus hat sich die Bundesregierung nachdrücklich während der Verhandlungen zu dem E-Evidence-Dossier eingesetzt und wird dies weiterhin tun, sieht sich aber als künftige oder als amtierende EU-Ratspräsidentschaft zur inhaltlichen Neutralität verpflichtet. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 23. Wie kann die Pflicht zur Löschung bei Eingriffen in den Kernbereich privater Lebensführung durch grenzüberschreitende Herausgabe- und Sicherungsanordnungen gewahrt und effektiv durchgesetzt werden? Eine Pflicht zur Löschung von Daten, die aufgrund einer Europäischen Herausgabeanordnung erlangt wurden und die dem Kernbereich privater Lebensführung zuzuordnen sind, sieht die EPOC-VO bisher nicht vor. Artikel 12a der EPOC-VO regelt allgemein den Fall, dass eine Europäische Herausgabeanordnung , auf deren Grundlage bereits Daten an den Anordnungsstaat herausgegeben wurden, sich wegen Verletzung bestimmter Schutzgüter im Vollstreckungsstaat als nachträglich rechtswidrig herausstellt. Wird der Anordnungsstaat darüber informiert, muss er dies nicht nur zum Zeitpunkt einer etwaigen Notifikation gegenüber dem Vollstreckungsstaat, sondern noch während des gesamten Strafverfahrens in derselben Weise berücksichtigen, als lägen die Nutzungsbeschränkungen nach seiner eigenen Rechtsordnung vor. Die Regelung bezieht sich allerdings nur auf bestimmte geschützte Daten, beispielswiese solche, die der Pressefreiheit unterfallen, nicht allgemein auf grundrechtlich geschützte Daten. Die Regelung sollte allgemein auf grundrechtlich geschützte Daten ausgeweitet werden. Dies war einer der Gründe dafür, dass die Bundesregierung bei der Abstimmung über die EPOC-VO mit „Nein“ gestimmt hat. 24. Welche Rechtsfolgen hat es nach Ansicht der Bundesregierung, wenn sich eine Anordnung nachträglich als rechtswidrig erweist? Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen. 25. Setzt sich die Bundesregierung für die Verankerung eines absoluten Verwertungsverbotes der durch eine Anordnung gewonnenen rechtswidrigen Erkenntnisse im Strafverfahren ein? Nein. Auch das deutsche Strafverfahrensrecht sieht absolute Verwertungsverbote nur in engen Ausnahmefällen vor. Aus Sicht der Bundesregierung erschiene es insoweit ausreichend und sachgerecht, im Text der EPOC-VO eine Notifikationslösung für die Abfrage von Verkehrs- und Inhaltsdaten mit einem verbindlichen Widerspruchsrecht des Vollstreckungsstaates aufzunehmen, hierin das Recht zur umfassenden Grundrechtsprüfung für den Vollstreckungsstaat vorzusehen und auch Artikel 12a der EPOC-VO auf einen vollständigen Grundrechtsschutz zu erweitern, siehe die Antwort zu Frage 23. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13234 26. Wird die Bundesregierung ihre Zustimmung zur E-Evidence-VO davon abhängig machen, dass die Anordnung der Herausgabe nur dann möglich ist, wenn die Straftat, wegen der die Anordnung erfolgt, sowohl im ersuchenden Staat als auch im Vollstreckungsstaat strafbar ist (Prinzip der doppelten Strafbarkeit)? Die Bundesregierung wird ihre Zustimmung zur EPOC-VO nicht von der Aufnahme einer Regelung zur beiderseitigen Strafbarkeit abhängig machen. Ein ausreichender Grundrechtsschutz ist anderweitig sicherzustellen. Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. 27. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit der Europäischen Ermittlungsanordnung ? Die Bundesregierung bewertet die Wirksamkeit der Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen als gut. Die Rechtspraxis arbeitet nach Wissen der Bundesregierung bereits sehr erfolgreich mit diesem Rechtsinstrument . Allerdings teilt die Bundesregierung die Auffassung der Kommission , dass für die grenzüberschreitende Erlangung elektronischer Beweismittel in Strafverfahren spezielle und beschleunigte Verfahren erforderlich sind. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 28. Sollte nach Auffassung der Bundesregierung das weitere Verfolgen einer E-Evidence-VO zurückgestellt werden bis eine Evaluation der Vorschriften über die europäische Ermittlungsanordnung erfolgt ist? Die Bundesregierung hätte es grundsätzlich befürwortet, vor der Entwicklung weiterer europäischer Ermittlungsinstrumente zunächst die Evaluation der Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen abzuwarten . Die Europäische Kommission wählte jedoch einen anderen Ansatz, als sie ihre Legislativvorschläge im Bereich von E-Evidence im April 2018 vorlegte . Vor allem die österreichische Ratspräsidentschaft trieb die Beratungen der Vorschläge im zweiten Halbjahr 2018 dann massiv voran, um eine politische Einigung zur EPOC-VO im JI-Rat vom Dezember 2018 zu erreichen. Angesichts der bereits erfolgten intensiven Diskussionen erscheint der Bundesregierung ein Zurückstellen des Dossiers nicht sachgerecht. 29. Ist nach Auffassung der Bundesregierung ausgeschlossen, dass auch interne Firmennetzwerke als Adressaten einer Anordnung infrage kommen , wenn sie grenzüberschreitend in der EU betrieben werden? Der Kreis der Diensteanbieter, gegen die eine Europäische Herausgabe- bzw. Sicherungsanordnung erlassen werden kann, wird in Artikel 2 Nummer 3 der EPOC-VO europarechtlich definiert. Die Definition ist zur „Vermeidung von sicheren Häfen“, die eine Strafverfolgung maßgeblich erschweren oder sogar vereiteln könnten, bewusst weit gefasst. Auch ein pauschalisierter Ausschluss bestimmter IT-Infrastrukturen ist insoweit nicht vorgesehen. Ob ein bestimmter Diensteanbieter Adressat einer Europäischen Herausgabe- bzw. Sicherungsanordnung sein kann, ist in jedem Einzelfall anhand der Vorgaben der EPOC- VO zu prüfen. Artikel 5 Absatz 6 der EPOC-VO sieht aber eine Schutzklausel für Infrastrukturen vor, die ein Dienstanbieter für Unternehmen oder Einrichtungen zur Verfügung stellt. Die Regelung besagt, dass eine Europäische Herausgabeanordnung in diesem Fall nur dann an den Dienstanbieter gerichtet werden darf, wenn Ermittlungsmaßnahmen, die sich unmittelbar gegen das Drucksache 19/13234 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Unternehmen oder die Einrichtung selbst richten, nicht geeignet sind, insbesondere , weil sie die Ermittlungen beeinträchtigen könnten. 30. Hält die Bundesregierung es für zumutbar, dass private Dienstanbieter nach Artikel 15 und 16 der E-Evidence-VO praktisch verpflichtet sind, eine detaillierte Prüfung des Rechts des Drittstaates durchzuführen? Artikel 15 der EPOC-VO ist in der Textfassung, die der Allgemeinen Ausrichtung des JI-Rats vom Dezember 2018 zugrunde lag, entfallen. Artikel 16 der EPOC-VO sieht weiterhin eine Schutzklausel vor, von der vor allem Drittstaatsprovider profitieren dürften. Die Bundesregierung hält es grundsätzlich für selbstverständlich und zumutbar, dass sich Unternehmen, die in der Rechtsordnung eines anderen Staates ihre Dienste anbieten, mit der dort geltenden Rechtsordnung vertraut machen. 31. Wie hoch sind nach Einschätzung der Bundesregierung die finanziellen Kosten und Lasten, die insoweit auf private Dienstanbieter zukommen? Die Bundesregierung verweist auf das von der Europäischen Kommission zeitgleich mit dem E-Evidence-Dossier im April 2018 vorgelegte „Impact Assessment “. Darin hat sich die Kommission mit den zu erwartenden Auswirkungen der Regelungsvorschläge befasst und Kalkulationen getätigt, welche Kosten, aber auch Einsparungen sie erwartet. 32. Hält die Bundesregierung es für notwendig, dass die anordnende Behörde eines Herausgabeverlangens oder einer Sicherungsanordnung in einem Mitgliedstaat der EU stets und immer ein Gericht sein muss, mithin ein Richtervorbehalt bei der Anordnung bestehen muss? Auch im deutschen Strafprozessrecht gibt es für die Erhebung von Daten bei Telekommunikations- und Telemedienanbietern keinen absoluten Richtervorbehalt . Die Bundesregierung hält deshalb den gestaffelten Ansatz, den die Europäische Kommission bezüglich der Anordnungsbehörden in Artikel 4 der EPOC-VO gewählt hat, für sachgerecht. Danach können die weniger eingriffsintensiven Anordnungen auch von den Staatsanwaltschaften erlassen werden bzw. sie müssen zumindest von den Staatsanwaltschaften validiert werden. Dazu gehören Herausgabeanordnungen, die auf die Erlangung von Bestandsoder Zugangsdaten gerichtet sind, sowie Europäische Sicherungsanordnungen. Herausgabeanordnungen, die auf die Erlangung von Verkehrs- oder Inhaltsdaten gerichtet sind, müssen dagegen vom Gericht angeordnet oder validiert werden. 33. Welche Informationen und Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Inhalt und etwaige Ergebnisse des Treffens zwischen EU- Justizkommissarin Věra Jourová und US-Justizminister William Barr am 18./19. Juni 2019 in Bukarest? Die Europäische Kommission berichtete den EU-Mitgliedstaaten in der Sitzung der Ratsarbeitsgruppe COPEN vom 4. Juli 2019 über einen Austausch zwischen Kommissarin Jourová und Attorny General Barr im Zuge des EU-US- Ministertreffens in Bukarest. Der bilaterale Austausch solle im September fortgesetzt werden. Weitergehende Angaben können aufgrund der Vertraulichkeit des Austauschs nicht gemacht werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13234 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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