Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Renata Alt, Dr. Marco Buschmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12835 – Finanzmittel des Bundes an deutsche Minderheiten in autoritären Regimen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterstützte laut Haushaltsrechnung 2018 „deutsche Minderheiten in Ostmittel-, Ost- und Südeuropa einschließlich nichteuropäischer Nachfolgestaaten der UdSSR“ in Höhe von rund 21 Mio. Euro (Kapitel 06 03, Titel 684 32-249 und 896 32-249). Außerdem war auch das Auswärtige Amt im Rahmen der „Förderung der deutschen Sprache im Ausland sowie der kultur- und bildungspolitischen Förderung deutscher Minderheiten in MOE und GUS“ (MOE = Ost- und Mitteleuropa , GUS = Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) mit weiteren 12 Mio. Euro aktiv (Kapitel 05 04, Titel 687 16-024). Diese Förderung wird 2019 und 2020 in ähnlicher Höhe fortgesetzt und ist ein wichtiger Baustein zur Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland. Einige deutsche Minderheiten leben allerdings in Staaten, deren Regierungssysteme autoritär geprägt sind und von Freedom House als „not free“ deklariert wurden. Dazu zählen Russland , Weißrussland, Aserbaidschan, Kasachstan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan (Freedom House: Freedom in the World 2018). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die deutschen Minderheiten werden in den Staaten Ostmittel-, Ost- und Südosteuropas einschließlich der Nachfolgestaaten der UdSSR und im Baltikum gefördert. Dabei ist die Bindung an die deutsche Sprache, die dauerhafte Sicherung der kulturellen Identität, aber auch die Verbesserung der Lebens- und Zukunftsperspektiven für die Angehörigen der deutschen Minderheit von essentieller Bedeutung. Nach wie vor bilden die deutschen Minderheiten ein wichtiges Element der bilateralen Beziehungen Deutschlands zu den jeweiligen Herkunftsländern . Länderübergreifende Partnerschaften und Netzwerke der deutschen Minderheiten fördern zudem den interkulturellen Dialog. In Zeiten zunehmender Konflikte, Diskriminierungen und teilweise erstarkendem Nationalismus ist diese Brückenfunktion von besonderer Bedeutung. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass im Haushalt des Auswärtigen Amts die Ansätze unter dem Titel „Förderung der deutschen Sprache im Ausland so- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13236 19. Wahlperiode 16.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 12. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. wie kultur- und bildungspolitische Förderung deutscher Minderheiten in MOE und GUS“ für die Förderung der deutschen Minderheiten in MOE und GUS in den Jahren seit 2015 jährlich 3,959 Mio. Euro betragen. 1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der deutschen Minderheiten in den in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Ländern seit Beginn der Förderprogramme entwickelt (bitte nach Land und Anzahl aufgeschlüsselt)? Die letzte Volkszählung in der Sowjetunion wurde 1989 durchgeführt. Demzufolge lebten in den Republiken der Sowjetunion über 2 Millionen Personen, die sich als Deutsche bekannt hatten. Aufgrund des nachfolgenden Zerfalls der Sowjetunion und umfangreicher Migrationsbewegungen ist verlässliches Zahlenmaterial über die Zahl der Deutschstämmigen während der 1990er Jahren nicht vorhanden. Es liegen für die einzelnen angefragten Staaten unterschiedliche Zahlen aus unterschiedlichen Zeiträumen vor, die sich zudem in der Art ihrer Erhebung sowie den Bedingungen für die Selbstidentifikation als Angehöriger einer deutschen Minderheit voneinander unterscheiden. In diesem Zusammenhang wird auf einschlägige Antworten der Bundesregierung verwiesen, die sich auch mit den deutschen Minderheiten in den oben genannten Staaten befassen (Bundestagsdrucksache 19/597 zu Aserbaidschan, Antwort zu Frage 35; Bundestagsdrucksache 19/10475 zu Belarus, Antwort zu Frage 3; Bundestagsdrucksache 19/4277 zu Kasachstan, Antwort zu Frage 20; Bundestagsdrucksache 19/2924 zu Russland, Antwort zu Frage 7). Nach Kenntnis der Bundesregierung werden aktuell in Tadschikistan ca. 1.000 Personen , in Turkmenistan wenige hundert Personen und in Usbekistan ca. 8.000 Personen zu den deutschen Minderheiten gezählt. 2. In welcher Höhe und für welche Programme flossen seit 2014 Finanzmittel aus den oben genannten Titeln an die oben genannten Länder (bitte nach Land, Programm, Jahr und Mittel in Euro aufschlüsseln)? In diesem Zusammenhang wird auf einschlägige Antworten der Bundesregierung verwiesen, die sich auch mit den deutschen Minderheiten in den oben genannten Staaten befassen (Bundestagsdrucksache 19/597 zu Aserbaidschan, Bundestagsdrucksache 19/4277 zu Kasachstan, Bundestagsdrucksache 19/2924 zu Russland). In Belarus, Tadschikistan und Turkmenistan fand aus den genannten Haushaltstiteln des BMI im angefragten Zeitraum keine Förderung statt. Die nachfolgende Tabelle erfasst die Ausgaben des BMI aus Kapitel 0603 Titel 684 32 für die Unterstützung der deutschen Minderheit in Kasachstan, Russland , Usbekistan und Aserbaidschan in den Jahren von 2014 bis 2018 (in Tsd. Euro, gerundet): Staat/Jahr 2014 2015 2016 2017 2018 Kasachstan 2.797 2.749 2.653 2.513 3.037 Russland 8.910 8.751 8.899 9.020 8.936 Usbekistan 259 261 285 261 261 Aserbaidschan 3 In den Jahren 2015 bis 2018 wurden aus Mitteln des Auswärtigen Amts aus Kapitel 0504 Titel 687 16 – 24 deutsche Minderheiten in folgenden Staaten gefördert (in Tsd. Euro, gerundet); Zahlen für 2014 liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Drucksache 19/13236 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Staat/Jahr 2015 2016 2017 2018 Belarus 0,5 0,5 0,5 0,5 Russland 882 885 897 929 Kasachstan 261 246 277 213 Usbekistan 19 20 20 20 Turkmenistan 0,4 Deutsche Minderheiten in Aserbaidschan und Tadschikistan wurden in dieser Zeit nicht gefördert, deutsche Minderheiten in Turkmenistan einmalig 2015. 3. Welche Institutionen, Einrichtungen, Unternehmen, Verbände, Regierungsund Nichtregierungsorganisationen etc. erhalten im Rahmen der Förderprogramme Finanzmittel (bitte nach Land, Programm und Mittel in Euro aufgeschlüsseln )? a) Werden diese Mittel als Pauschalbetrag an die Institutionen überwiesen oder werden die Mittel durch die jeweiligen Institutionen projektbezogen beantragt? b) An welche Bedingungen ist die Zuweisung der Mittel an die jeweiligen Institutionen geknüpft? Die Fragen 3 bis 3b werden im Zusammenhang beantwortet. Die Fördermittel des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat werden durch Zuwendungsbescheid an eine in Deutschland ansässige juristische Person (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Deutsches Rotes Kreuz, Baden-Württemberg International) geleitet, die als Zuwendungsempfänger und Mittler fungiert und die Mittel an die jeweiligen Dachverbände der deutschen Minderheiten weiterreicht. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber der Bundesregierung haftbar für die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel. Die Fördermittel des Auswärtigen Amts werden durch Zuwendungsbescheid an eine in Deutschland ansässige juristische Person (Goethe-Institut, Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA)) oder an eine deutsche Auslandsvertretung geleitet, die Mittel für Projekte der jeweiligen Organisationen der deutschen Minderheiten bewilligt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und das Auswärtige Amt fördern ausschließlich projektbezogen unter Anwendung des Zuwendungsrechts . Die Zweckbindung ergibt sich für den Zuwendungsempfänger aus dem Zuwendungsbescheid und ist mit einer Rückforderungsklausel bei zweckfremder Verwendung bewehrt. Nach Durchführung der Projektmaßnahmen sind Sachberichte und Verwendungsnachweise vorzulegen, die vom Bundesverwaltungsamt auf ihre rechtliche und zahlenmäßige Richtigkeit hin geprüft werden. Das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat führt eine Erfolgskontrolle durch, ob der vorgegebene Zweck auch erfüllt wurde. Auch das Auswärtige Amt führt auf Grundlage von Sachberichten und Verwendungsnachweisen Zielerreichungs- und Erfolgskontrollen durch. 4. Welche Behörden in den in der Vorbemerkung der Fragesteller oben genannten Ländern sind für die Verwaltung und Zuteilung der Finanzmittel zuständig (bitte nach Land und Behörde aufschlüsseln)? Keine. Die Mittelverwaltung und Zuteilung erfolgt durch die Zuwendungsempfänger aufgrund der Vorgaben durch die zuweisende Behörde in Deutschland. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13236 5. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Finanzmittel zweckgebunden und bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden? a) Wie gewährleistet die Bundesregierung, dass die Mittel nicht für andere , zweckfremde Ausgaben des jeweiligen Staates verwendet werden? b) Wie gewährleistet die Bundesregierung, dass die Mittel nicht zum Zwecke autoritärer Vorgänge (Kontrolle der Medien, Unterdrückung der Opposition etc.) verwendet werden? Die Fragen 5a und 5b werden im Zusammenhang beantwortet. Die zur Verfügung gestellten Mittel werden nicht an die jeweiligen Staaten ausgezahlt , sondern an einen Zuwendungsempfänger im Inland (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Deutsches Rotes Kreuz, Baden-Württemberg International, Goethe-Institut, ifa, DAAD, ZfA) oder an eine deutsche Auslandsvertretung . Von dort werden die Mittel auf Antrag an die Selbstorganisationen der deutschen Minderheiten weitergereicht. Die Behörden der Staaten, in denen die Angehörigen der deutschen Minderheiten leben, haben daher keine Verfügungsgewalt über die Mittel. Die rechtmäßige Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel erfolgt durch regelmäßige Kontrollen vor Ort durch die Mittler und das Bundesverwaltungsamt. 6. Inwieweit unterscheidet sich die Förderung der deutschen Sprache des oben genannten Titels von den Aktivitäten des Goethe-Instituts? Aus welchen Gründen wird diese Förderung nicht vom Goethe-Institut übernommen? 7. Werden im Rahmen der Förderung der deutschen Sprache Sprachkurse angeboten ? a) Wenn ja, inwieweit unterscheiden sich diese Sprachkurse von den Sprachkursen des Goethe-Instituts? b) Wenn ja, aus welchen Gründen werden die Sprachkurse nicht durch das Goethe-Institut durchgeführt? Die Fragen 6 und 7 werden im Zusammenhang beantwortet: Das Auswärtige Amt stellt dem Goethe-Institut aus dem Minderheitentitel Mittel für die Durchführung von Projekten zur Verfügung. Ein Teil dieser Mittel wird vom Goethe-Institut für Sprachkurse eingesetzt. Diese werden in den betreffenden Ländern durch das Goethe-Institut angeboten und durchgeführt. Während durch das Goethe-Institut reine Sprachkurse gefördert werden, die grundsätzlich kostenpflichtig sind, allen Interessierten vor Ort offenstehen und als offizielle Qualifizierungsmaßnahme abgeschlossen werden, sind die vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat geförderten Maßnahmen in besonderer Weise zielgruppenorientiert, da für die Angehörigen der deutschen Minderheiten die Bindung an die deutsche Sprache und die dauerhafte Sicherung ihrer kulturellen Identität von essentieller Bedeutung sind. Die Projekte des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zielen daher gerade auf eine Förderung der deutschen Sprache als Minderheitensprache und erfassen damit z. B. auch deutsche Dialekte und minderheitenspezifische Themen mit Blick auf deren Geschichte und Kultur, um die Bindung innerhalb der deutschen Minderheiten zu stärken. Hierzu gehören beispielsweise Konversationszirkel , Lehrerweiterbildungen, Sprachkurse für Erwachsene und Kinder, Kindersprachlager , Jugendsprachakademien und Deutschintensivkurse für Mitglieder der Selbstorganisationen sowie neue Projekte wie etwa Online-Sprachkurse (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache Drucksache 19/13236 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 19/330, Russlanddeutsche in Krisenregionen). Über diesbezügliches Wissen und entsprechende Umsetzungsmöglichkeiten verfügt das Goethe-Institut nicht. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13236 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333