Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12838 – Sachstandsbericht zur Einführung von Online-Verfahren in die Zivilprozessordnung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Frühjahrskonferenz 2018 der Justizministerinnen und Justizminister der Länder wurde beschlossen, die Verfahrensstruktur der Zivilklagen dahin gehend zu untersuchen, ob ein neues und kostengünstigeres Online-Verfahren entwickelt werden sollte, um effektiven Rechtsschutz auch im Bereich geringfügiger Streitwerte zu gewährleisten. Bisher sieht das deutsche Zivilprozessrecht entsprechende Regelungen nicht vor. Möglichkeiten der Implementierung wurden durch die Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ erörtert. Der Abschlussbericht liegt seit Juni 2019 vor.  1. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ zum Prüfauftrag der Justizministerkonferenz zur möglichen Einführung eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“ in das zivilrechtliche Verfahrensrecht?  2. Wie bewertet die Bundesregierung den Hamburger Vorschlag, eine Länderöffnungsklausel in das Verfahrensrecht einzufügen und die weiteren normativen Umsetzungsvorschläge, damit die Länder Online-Verfahren (beispielsweise orientierend am Hamburger Modell) entwickeln und einführen könnten (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“: Herausforderungen für die Justiz, S. 79, 93ff.)?  3. Befürwortet die Bundesregierung eine zeitlich befristete Testphase eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“ als Pilotprojekt in den Ländern? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Die Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ unter Beteiligung der Länder Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen , Schleswig-Holstein, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Saarland, hat sich mit dem Für und Wider des vom Land Hamburg vorgeschlagenen „Be- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13237 19. Wahlperiode 16.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. schleunigten Online-Verfahrens“ auseinandergesetzt. Der Bedarf für die Einführung eines derartigen Verfahrens wird innerhalb der Länderarbeitsgruppe uneinheitlich bewertet. Gesetzlichen Änderungen steht die Länderarbeitsgruppe „grundsätzlich eher zurückhaltend gegenüber“ (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech: Herausforderungen für die Justiz“, S. 104, www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/JUMIKO2019/Downloads/ TOPI_11_Abschlussbericht .pdf; jsessionid=76ECBB872C18D043 C6514E98685C3377?__blob=publicationFile&v=1). Die Bundesregierung teilt diese Zurückhaltung, wird aber die weitere Entwicklung beobachten.  4. Welche Meinung hat die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zu der abschließenden Fragestellung der Einführung eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“, und mit welchen Argumenten wurde die Position eingenommen (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“: Herausforderungen für die Justiz, S. 104)? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat die Arbeiten der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ beobachtend begleitet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen.  5. Hat die Bundesregierung Kenntnis, wie weit die Diskussion des BMJV mit den Landesjustizverwaltungen bzgl. normativer Änderungen vorangeschritten sind, um einen technischen Rahmen für die Einführung des „Beschleunigten Online-Verfahrens“ zu bilden (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“: Herausforderungen für die Justiz, S. 83)? Nach dem Vorschlag des Landes Hamburg sollen die von den Ländern nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) bis Ablauf des Jahres 2022 einzurichtenden Verwaltungsportale den technischen Rahmen für das „Beschleunigte Online- Verfahren“ bilden. Es wird derzeit noch geprüft, inwieweit die Konten der Nutzerinnen und Nutzer dieser Portale der Länder an den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten angebunden werden. Ungeachtet dessen weist der Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ auf die Herausforderungen der technischen Realisierbarkeit hin, weil in jedem Fall zusätzlich eine Plattform zur Verfügung stehen müsse, die die Prozesse des „Beschleunigten Online-Verfahrens“ technisch abbilden könne (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech: Herausforderungen für die Justiz“, a. a. O., S. 103f.).  6. Welche konkreten Normen stehen, nach Auffassung der Bundesregierung, der Einführung einer Möglichkeit zur Klageerhebung mittels Online- Eingabemaske und darauf schnell folgender mündlicher Verhandlung („kleine Lösung“) de lege lata entgegen?  7. Welche konkreten Normen stehen nach Auffassung der Bundesregierung der Einführung eines durchgängigen Online-Verfahrens (Klageerhebung, Einreichen der Schriftsätze wie Beweiserhebung digital, Wahrung des Mündlichkeitsprinzips durch Videokonferenz – „große Lösung“) de lege lata entgegen? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Drucksache 19/13237 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Es wird auf den Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech“ verwiesen , der den bestehenden zivilprozessualen Änderungsbedarf, insbesondere der Vorschriften zur Klageerhebung und zur elektronischen Einreichung von Schriftsätzen (§§ 130a, 253 ZPO), im Einzelnen prüft und darlegt (vgl. Abschlussbericht der Länderarbeitsgruppe „Legal Tech: Herausforderungen für die Justiz“, a. a. O., S. 81ff.).  8. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Mitwirkung in der Länderarbeitsgruppe die Frage, ob eine zu schaffende Möglichkeit zur Klageerhebung mittels Online-Eingabemaske und darauf schnell folgender mündlicher Verhandlung („kleine Lösung“), die Möglichkeiten effektiven Rechtsschutzes für Naturalparteien hinsichtlich der damit einhergehenden Niederschwelligkeit erhöhen würde? Die Bundesregierung hält die Frage, ob die Möglichkeit zur Klageerhebung mittels Online-Eingabemaske und darauf schnell folgender mündlicher Verhandlung den effektiven Rechtsschutz für Rechtssuchende erhöhen und das Verfahren beschleunigen würde, für weiterhin diskussionsbedürftig. Die Dauer eines Gerichtsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere davon, ob eine Beweisaufnahme, etwa durch Zeugenvernehmung oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens, durchzuführen ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es mit dem (automatisierten) gerichtlichen Mahnverfahren bereits ein niedrigschwelliges Rechtsinstrument zur gerichtlichen Geltendmachung von Zahlungsansprüchen gibt.  9. Befürwortet die Bundesregierung das Hamburger Modell zur Einführung eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 und 8 verwiesen. 10. Plant die Bundesregierung die Ermöglichung der Einführung eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“ für Rechtsstreitigkeiten mit geringfügigem Streitwert? Die Bundesregierung plant derzeit nicht die Ermöglichung der Einführung eines „Beschleunigten Online-Verfahrens“ für Rechtsstreitigkeiten mit geringfügigem Streitwert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen . 11. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie weit fortgeschritten die geplante wissenschaftliche Untersuchung über das Monitoring der rückläufigen Eingangszahlen bei Gerichten ist? Wenn ja, ist die wissenschaftliche Untersuchung bereits beendet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen, und kann die Bundesregierung einen Zwischenbericht geben (vgl. dazu Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 15 bis 18 der Kleinen Anfrage „Einführung von Online-Verfahren in die Zivilprozessordnung“ – Bundestagsdrucksache 19/6673)? 12. Zu welchem Anteil ist, nach Auffassung der Bundesregierung, der in den letzten Jahren zu beobachtende Rückgang der Eingangszahlen in der Zi- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13237 vilgerichtsbarkeit auf die Implementierung außergerichtlicher Streitbeilegungsoptionen zurückzuführen? 13. Auf welche anderen Ursachen führt die Bundesregierung diesen Rückgang zurück? 14. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung ein Kausalzusammenhang zwischen dem Rückgang der Eingangszahlen in der Zivilgerichtsbarkeit und einem möglichen Vertrauensverlust der Bürger gegenüber dem Rechtsstaat? 15. Begrüßt die Bundesregierung den Rückgang der Eingangszahlen in der Zivilgerichtsbarkeit? Die Fragen 11 bis 15 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Das BMJV wird ein Forschungsvorhaben zur Untersuchung der Ursachen der rückläufigen Eingangszahlen bei den Zivilgerichten durchführen. Die Ausschreibung wird derzeit vorbereitet; das Forschungsvorhaben wird voraussichtlich etwa zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Drucksache 19/13237 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333