Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Andre Hahn, Gökay Akbulut und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/12455 – Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das erste und zweite Quartal 2019 – Schwerpunktfragen zu Widerrufsprüfungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Während im Jahr 2016 noch vergleichsweise wenige Asyl-Widerrufsverfahren eingeleitet wurden (3 170), gab es 2017 bereits über 77 000 entsprechende Verfahren (vgl. zu den Angaben für 2017 Bundestagsdrucksache 19/1217). Im Jahr 2018 (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 19/7818) wurden dann fast 200 000 solcher Prüfungen eingeleitet. Bei den etwa 85 000 Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden die erteilten Schutzstatus zu 98,8 Prozent bestätigt. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes (Bundestagsdrucksache 19/4456) wurde eine Pflicht zur Mitwirkung in Widerrufsverfahren für anerkannte Flüchtlinge geschaffen. Insbesondere die daraus resultierenden erneuten mündlichen Befragungen der Schutzberechtigten führen zu einem erheblichen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand im BAMF. Dessen Präsident Dr. Hans-Eckhard Sommer bezeichnete seine Behörde vor diesem Hintergrund als „Widerrufsbehörde“. Bis Ende 2021 rechne er mit 700 000 Rücknahme- und Widerrufsprüfungen (www.ea berlin.de/nachlese/chronologisch-nach-jahren/2019/rueckblick-fluechtlings schutzsymposium/sommeraktuelle-entwicklungen-im-bamf.pdf). An den erneuten Befragungen anerkannter Flüchtlinge gibt es erhebliche Kritik , etwa von Pro Asyl: Obwohl diese Gespräche keine „zweiten Anhörungen“ sein sollen, hätten sie in der Praxis häufig einen solchen Charakter. Teilweise hätten dabei gestellte Fragen keinen Bezug zu Widerrufs- oder Rücknahmegründen , teilweise würde versucht, mögliche Ansatzpunkte für einen Widerruf oder eine Rücknahme erst zu konstruieren (www.proasyl.de/hintergrund/vielhilft -nicht-viel-widerrufs-und-ruecknahme-aktionismus-beim-bamf/). Mit dem so genannten Geordnete-Rückkehr-Gesetz wurde die bislang dreijährige Frist, innerhalb derer das BAMF ohne konkreten Anlass in allen Fällen eine Regel-Überprüfung der Schutzgewährung vornehmen musste, für die in den Jahren 2015 bis 2017 anerkannten Flüchtlinge auf bis zu fünf Jahre verlängert ; zugleich dürfen Niederlassungserlaubnisse in diesen Fällen erst nach einer ausdrücklichen Mitteilung des Ergebnisses der Überprüfung durch das BAMF durch die Ausländerbehörden erteilt werden. Die Anzahl der im BAMF ausschließlich mit Widerrufsprüfungen befassten Beschäftigten ist kontinuierlich angestiegen: Ende Juli 2018 waren es 268 Beschäftigte (Bun- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13257 19. Wahlperiode 17.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 12. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. destagsdrucksache 19/3839), Ende September 2018 bereits 419 (Bundestagsdrucksache 19/7818) und Anfang Mai 2019 sogar 785 Beschäftigte, die Widerrufsprüfungen vornahmen (Bundestagsdrucksache 19/11001). Für die Betroffenen, nicht selten traumatisierte Flüchtlinge, können Widerrufsprüfungen und die damit verbundene Unsicherheit sehr belastend sein. Wird der Widerruf gerichtlich bestätigt, haben Betroffene aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts unter Umständen Aufenthaltsrechte nach dem allgemeinen Aufenthaltsgesetz – das ist einer der Gründe dafür, warum viele formell abgelehnte Asylsuchende weiterhin rechtmäßig in Deutschland leben. Eine Regel- Überprüfung ohne konkreten Anlass gab es zum Stand des Jahres 2006 in der EU nur in Deutschland (vgl. Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages von 2007, WD 3 – 482/06 und 102/07), auf mehrfache Anfrage (zuletzt Bundestagsdrucksache 19/3839, Antwort zu Frage 21) konnte die Bundesregierung kein weiteres EU-Land nennen, das (außer Österreich ) eine vergleichbare Regelung eingeführt hätte. In anderen Ländern erfolgt die Prüfung des Widerrufsoder der Rücknahme eines gewährten Schutzstatus nicht regelmäßig, sondern nur dann, wenn es im Einzelfall konkrete Hinweise auf etwaige Täuschungen oder falsche Angaben gibt (Rücknahme) oder wenn die Umstände, die zur Schutzgewährung geführt haben, weggefallen sind und eine Rückkehr im Einzelfall zumutbar ist (Widerruf). Ein Vorschlag der EU-Kommission zur Verankerung einer Regelüberprüfung in der geplanten EU-Qualifikationsverordnung wurde nach Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament wieder zurückgezogen (so die Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/7818, Antwort zu Frage 13). Nach Ansicht der Fragestellenden belastet die in Deutschland praktizierte anlasslose Regel- Überprüfung sowohl die Betroffenen als auch das BAMF in unverhältnismäßiger und unnötiger Weise. Die Bundesregierung will hieran jedoch festhalten (ebd., Antwort zu den Fragen 5 und 6). Infolge der Aufarbeitung des Falls „Franco A.“ gibt es seit August 2017 zudem vorgezogene Widerrufsprüfungen bei Entscheidungen, die im schriftlichen Verfahren oder bei fehlenden Identitätsdokumenten ergangen sind. Auch in diesen Fällen liegt die Widerrufs- bzw. Rücknahmequote bislang bei nur 1 Prozent (Bundestagsdrucksache 19/7818, Antwort zu Frage 2). Dass die Widerrufsquote hierbei noch niedriger liegt als im Allgemeinen (siehe oben), ist nach Ansicht der Fragestellenden ein klares Indiz dafür, dass die Annahme vieler fehlerhafter BAMF-Entscheidungen bei den rein schriftlichen Anerkennungsverfahren der Jahre 2015 und 2016 falsch ist (Beispiel: Die „Welt am Sonntag“ im Interview mit BAMF-Präsident Sommer: „2015 erhielten Hunderttausende Schutz, weil sie lediglich ankreuzen mussten, dass sie Syrer, Iraker oder Eritreer sind“, www.bamf.de/DE/Service/Top/Presse/Interviews/ 20190329-interview-sommer-welt/interview-sommer-welt-node.html); auch nach einer erneuten Überprüfung werden diese Schutzgewährungen bis auf wenige Ausnahmen in aller Regel bestätigt. Bei in diesem Zusammenhang vorgenommenen nachträglichen Überprüfungen von Identitätsdokumenten ergab sich eine „Fälschungsquote“ von gerade einmal 0, 78 Prozent (245 Dokumente). Die Bundesregierung kann allerdings nicht sagen, in wie vielen Fällen ge- oder verfälschter Dokumente damit auch falsche Angaben zur Identität der Herkunft der Betroffenen verbunden waren (Bundestagsdrucksache 19/7818, Antwort zu Frage 10); nicht selten sind schutzbedürftige Flüchtlinge zur Ermöglichung der Flucht auf gefälschte Papiere angewiesen. Bei den vorgezogenen Widerrufsprüfungen wurden auch subsidiäre Schutzstatus überprüft, obwohl ein subsidiärer Schutzstatus gar nicht im rein schriftlichen Verfahren, sondern nur nach einer individuellen mündlichen Anhörung erteilt werden konnte und es diesbezüglich auch keine gesetzliche Vorgabe einer Regelüberprüfung gibt. Die Bundesregierung rechtfertigt dies damit, dass auch diese Überprüfungen sinnvoll seien, „um der öffentlichen Diskussion über die Qualität der seit dem Jahr 2014 ergangenen Entscheidungen des BAMF sachlich begegnen zu können“ (Bundestagsdrucksache 19/7818, Antwort zu Frage 7). Drucksache 19/13257 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  1. Wie viele Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren wurden im ersten bzw. zweiten Quartal 2019 (bitte, auch im Folgenden, getrennt angeben) eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren ), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung, den 15 wichtigsten Herkunftsländern und jeweils nach Widerruf bzw. Rücknahme differenzieren ; differenzierte Angaben zu Widerrufen bzw. Rücknahmen bitte auch für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 nennen)? 1. Quartal 2019 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigen - schaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 64.862 22.754 34 - 392 69 160 51 171 17 21.997 Darunter Syrien, Arabische Republik 51.843 13.106 5 - 146 25 57 23 9 2 12.889 Irak 2.807 3.498 1 - 132 9 58 4 10 1 3.297 Afghanistan 1.111 1.933 2 - 19 1 10 4 83 3 1.819 Eritrea 3.285 1.237 - - 18 3 2 1 - - 1.217 Ungeklärt 2.564 506 1 - 16 7 5 5 1 1 483 Somalia 450 439 - - 5 1 2 2 2 - 430 Iran, Islamische Republik 603 422 3 - 4 - 4 2 2 - 409 Pakistan 190 226 - - 1 - - - - - 225 Staatenlos 727 199 - - 3 - - - - - 196 Russische Föderation 197 131 - - 7 4 - - 8 - 116 Türkei 101 124 7 - 2 2 6 5 2 - 107 Ägypten 119 86 - - - - - - 3 1 83 Äthiopien 75 81 1 - 2 - - - 6 3 72 Nigeria 103 77 - - - - - - 8 1 69 Kosovo 10 50 4 - 3 - - - 4 - 39 2. Quartal 2019 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigen - schaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 34.097 39.292 21 - 511 96 222 65 253 31 38.285 Darunter Syrien, Arabische Republik 23.751 26.662 1 - 228 29 68 14 7 3 26.358 Irak 3.171 3.739 2 - 136 9 64 7 10 1 3.527 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13257 Eritrea 2.170 2.497 1 - 13 1 4 2 3 - 2.476 Afghanistan 1.478 2.340 - - 21 7 16 3 146 8 2.157 Ungeklärt 1.365 1.072 1 - 14 4 4 3 1 1 1.052 Iran, Islamische Republik 333 676 - - 18 2 1 - 2 - 655 Staatenlos 505 514 - - 1 1 2 1 - - 511 Somalia 172 375 - - 7 - 9 4 6 1 353 Pakistan 186 203 - - 2 1 - - 4 1 197 Russische Föderation 123 190 - - 10 - 12 4 5 - 163 Türkei 126 140 3 - 11 9 9 5 - - 117 Ägypten 27 81 - - 1 1 - - 2 - 78 Nigeria 129 68 - - 1 - 2 - 8 - 57 Kosovo 41 65 7 - 2 1 - - 6 1 50 Äthiopien 53 64 1 - 2 - - - 2 1 59 2018 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf/ keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 192.664 85.052 42 4 535 146 184 72 221 41 84.070 Darunter Syrien, Arabische Republik 127.998 53.541 5 2 248 85 70 24 29 22 53.189 Irak 13.898 11.590 1 - 153 16 33 4 14 2 11.389 Afghanistan 10.196 4.867 - - 16 3 13 6 81 3 4.757 Eritrea 14.833 3.621 1 - 13 4 5 4 - - 3.602 Ungeklärt 7.571 3.145 1 - 15 7 8 5 2 1 3.119 Iran, Islamische Republik 3.788 1.789 2 - 11 1 1 - 2 1 1.773 Somalia 2.319 1.171 - - 7 1 8 7 3 1 1.153 Staatenlos 3.126 1.149 - - 3 1 2 - - - 1.144 Pakistan 1.329 700 - - 7 4 - - 1 - 692 Türkei 743 463 7 - 13 7 14 10 5 - 424 Russische Föderation 1.000 441 2 - 15 3 3 - 13 1 408 Ägypten 551 238 - - 2 1 1 - 1 1 234 Nigeria 477 197 1 - 2 1 - - 7 - 187 Äthiopien 368 190 - - 1 1 1 1 1 - 187 Aserbaidschan 317 168 - - - - 1 - 3 - 164 Drucksache 19/13257 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2017 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigen - schaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf/ keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 77.106 2.527 61 2 214 108 34 24 112 27 2.106 Darunter Syrien, Arabische Republik 39.929 879 2 - 70 43 11 10 9 7 787 Irak 21.064 662 1 - 38 8 1 - 5 2 617 Afghanistan 11.716 201 1 - 5 - 5 3 45 2 145 Türkei 445 179 23 2 9 5 - - 3 - 144 Russische Föderation 483 66 1 - 16 10 - - 6 3 43 Iran, Islamische Republik 367 65 5 - 6 - 1 - 2 - 51 Ungeklärt 503 58 - - 28 20 2 1 2 2 26 Pakistan 175 50 1 - - - - - 1 - 48 Eritrea 433 37 - - 7 2 - - - - 30 Kosovo 197 27 11 - - - - - 4 - 12 Serbien 87 24 2 - 3 - 1 - 8 2 10 Sri Lanka 119 24 - - 1 - 1 - 1 - 21 Staatenlos 168 24 - - 1 1 - - - - 23 Somalia 267 23 - - 4 - 2 1 1 1 16 Libanon 44 17 - - 6 6 6 6 - - 5 2016 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 3.170 2.207 83 2 157 61 38 19 117 23 1.812 Darunter Irak 842 630 - - 26 1 4 4 1 - 599 Syrien, Arabische Republik 782 317 1 - 41 30 5 4 4 - 266 Afghanistan 318 226 1 - 7 2 7 - 53 1 158 Türkei 291 224 26 - 12 1 1 - 1 - 184 Iran, Islamische Republik 131 123 7 1 19 5 1 1 1 - 95 Kosovo 58 82 20 - 4 - - - 8 - 50 Russische Föderation 89 64 1 - 3 1 3 - 11 7 46 Ungeklärt 64 55 - - 20 12 - - 1 - 34 Pakistan 77 48 - - - - 2 1 - - 46 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13257 Serbien 32 34 7 - - - - - 1 - 26 Somalia 36 34 1 - - - - - - - 33 Aserbaidschan 40 32 - - 2 2 - - 3 2 27 Armenien 21 30 1 - 5 4 - - 13 5 11 Eritrea 38 25 - - 1 - 1 - - - 23 Äthiopien 23 21 2 - 1 - 1 1 - - 17 2015 Eingeleitete Prüfverfahren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 8.302 9.894 140 3 101 32 28 16 34 6 9.591 Darunter Irak 1.941 2.347 3 - 4 1 - - - - 2.340 Syrien, Arabische Republik 1.710 1.911 - - 3 2 7 7 - - 1.901 Iran, Islamische Republik 1.135 1.358 6 1 12 5 1 1 - - 1.339 Afghanistan 878 1.086 - - 5 2 6 1 1 - 1.074 Türkei 528 579 51 - 20 8 5 2 2 - 501 Pakistan 256 379 - - 1 1 - - 1 - 377 Somalia 185 251 - - 1 1 - - - - 250 Eritrea 168 242 - - 2 - - - - - 240 Russische Föderation 191 207 1 - 3 1 - - - - 203 Ungeklärt 118 152 1 - 1 - 2 2 1 1 147 Sri Lanka 133 151 2 - 4 - 1 - 4 - 140 Kosovo 114 128 34 - 5 - 1 1 7 3 81 Staatenlos 75 108 - - - - - - - - 108 China 80 99 1 - 1 - - - 1 - 96 Aserbaidschan 70 91 2 2 8 8 - - 2 - 79  2. Wie viele dieser Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren wurden aufgrund konkreter Hinweise anderer Behörden (insbesondere der Ausländerbehörden ) im Jahr 2018, im ersten bzw. zweiten Quartal 2019 eingeleitet (bitte jeweils auch gesondert nach den Hinweis gebenden Behörden auflisten und nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und in wie vielen dieser Fälle kam es zu einer Rücknahme bzw. zu einem Widerruf (die Fragestellenden gehen davon aus, dass diese Zahlen im BAMF vorliegen , weil BAMF-Präsident Sommer im Interview mit der „Welt am Sonntag“ entsprechende Angaben machte, www.bamf .de /DE/Ser vice/Top/Presse/Interviews/20190329-interview-sommer-welt/interviewsommer -welt-node.html)? Die folgenden Angaben betreffen Verfahren mit sicherheitsrelevanten Hinweisen . Diese Daten lagen dem in Bezug genommenen Interview zugrunde, das im ersten Quartal 2019 geführt wurde. Die hinweisgebenden Behörden werden je- Drucksache 19/13257 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode doch nicht erfasst. Die Angaben können – soweit vorliegend – den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: 1. Quartal 2019 Eingeleitete Widerrufsprüfverfah - ren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 1.592 439 10 - 83 3 37 31 16 2 293 Darunter Syrien, Arabische Republik 1.077 216 - - 36 - 25 22 - - 155 Irak 87 58 - - 16 1 3 2 2 - 37 Afghanistan 68 48 2 - 5 - 3 3 10 1 28 Eritrea 117 33 - - 8 2 1 1 - - 24 Somalia 41 16 - - 3 - 1 1 1 - 11 Iran, Islamische Republik 32 11 1 - 2 - 2 2 - - 6 Türkei 8 9 3 - - - - - - - 6 Ungeklärt 59 9 1 - 4 - - - - - 4 Russische Föderation 12 8 - - 3 - - - 2 - 3 Staatenlos 31 4 - - 2 - - - - - 2 Äthiopien 3 3 1 - - - - - 1 1 1 Aserbaidschan 4 3 - - 2 - - - - - 1 Algerien - 2 - - - - - - - - 2 Ägypten 3 2 - - - - - - - - 2 Georgien 1 2 - - - - - - - - 2 2. Quartal 2019 Eingeleitete Widerrufsprüfverfah - ren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 882 790 4 - 76 12 33 26 21 1 656 Darunter Syrien, Arabische Republik 464 476 - - 42 10 10 8 - - 424 Eritrea 75 69 - - 8 - 2 2 - - 59 Irak 79 66 - - 12 1 8 5 - - 46 Afghanistan 80 58 - - 4 - 3 3 13 - 38 Ungeklärt 37 28 1 - 1 - 2 1 - - 24 Somalia 22 23 - - 1 - 4 4 1 - 17 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13257 Iran, Islamische Republik 31 13 - - 3 1 - - 2 - 8 Staatenlos 18 10 - - - - 1 1 - - 9 Russische Föderation 11 8 - - 1 - 2 2 2 - 3 Pakistan 4 8 - - - - - - - - 8 Türkei 20 5 2 - 1 - 1 - - - 1 Albanien 1 4 - - - - - - 1 1 3 Sri Lanka 1 3 1 - 1 - - - - - 1 Bosnien und Herzegowina - 2 - - - - - - 1 - 1 Kosovo 1 2 - - - - - - - - 2 2018 Eingeleitete Widerrufsprüfverfah - ren Entscheidungen - insg. Widerruf/ Rücknahme Art. 16a GG Widerruf/ Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf/ Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf/ Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf / keine Rücknahme Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen Davon Rücknahmen HKL gesamt 1.041 72 1 - 23 1 9 9 8 - 31 Darunter Syrien, Arabische Republik 567 31 - - 12 1 4 4 - - 15 Afghanistan 64 11 - - 1 - 1 1 4 - 5 Irak 61 7 - - 4 - 1 1 - - 2 Eritrea 165 5 - - 1 - 2 2 - - 2 Somalia 33 4 - - 1 - 1 1 1 - 1 Ungeklärt 57 4 - - 1 - - - 1 - 2 Türkei 10 3 1 - - - - - 1 - 1 Iran, Islamische Republik 16 3 - - - - - - 1 - 2 Russische Föderation 10 2 - - 2 - - - - - - Staatenlos 12 2 - - 1 - - - - - 1 Albanien - - - - - - - - - - - Bosnien und Herzegowina 2 - - - - - - - - - - Nordmazedonien - - - - - - - - - - - Kosovo 7 - - - - - - - - - - Rumänien - - - - - - - - - - - Drucksache 19/13257 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  3. Wie ist der aktuelle Stand der im Zusammenhang des Falls „Franco A.“ angeordneten vorgezogenen Widerrufsprüfungen (bitte so konkret und differenziert wie möglich antworten, bearbeitete und entschiedene Verfahren , Ergebnis der Überprüfungen, Differenzierung nach wichtigsten Herkunftsländern usw.), wie viele mündliche Anhörungen hat es in diesem Zusammenhang gegeben, wie viele Personen wurden angeschrieben, wie viele Rückmeldungen der Ausländerbehörden gab es, wie viele Personen wurden zu einer Anhörung einbestellt bzw. sind angehört worden, wie viele und welche Zwangsmaßnahmen oder Androhungen und Sanktionen wurden in diesen Fällen verhängt usw. (soweit möglich bitte nach Herkunftsländern differenzieren)?  4. Welche Ergebnisse und Erkenntnisse haben diese vorgezogenen Überprüfungen inzwischen erbracht (bitte so konkret wie möglich darstellen), wie viele Widerrufe bzw. Rücknahmen (bitte differenzieren) wurden im Zuge der Überprüfung bislang ausgesprochen (bitte nach den wichtigsten Herkunftsstaaten differenziert angeben), und was lässt sich zu den Gründen hierfür sagen (bitte ausführen), wie viele Sicherheitsbefragungen oder Identitätsklärungen haben mit welchem Ergebnis stattgefunden (bitte so genau wie möglich darstellen)?  5. Welche quantitativen und qualitativen Angaben kann das BAMF machen zu den neuen gesetzlichen Regelungen zur Mitwirkungspflicht im Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren, und wie werden diese aufgrund der Praxiserfahrungen bewertet, wie viele Personen mit Schutzbedarf (bitte nach Status und den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren ) wurden insbesondere im ersten bzw. zweiten Quartal 2019 (bitte differenzieren ) im Rahmen der Mitwirkungspflichten mit entsprechenden Hinweisschreiben angeschrieben, in wie vielen Fällen wurde eine Befragung angeordnet, in wie vielen Fällen ist diesen Anordnungen Folge geleistet worden bzw. wurden Zwangsmittel oder Sanktionen verordnet, und mit welchem Ergebnis wurden diese Befragungen durchgeführt, wie oft wurde insbesondere ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht bei einem Widerruf bzw. einer Rücknahme berücksichtigt (§ 73 Absatz 3a Satz 4 des Asylgesetzes; bitte jeweils, soweit möglich, auch nach den zehn wichtigsten Staatsangehörigkeiten, dem gewährten Schutzstatus, Widerruf oder Rücknahme usw. in absoluten und relativen Zahlen differenziert angeben), und wie hoch wird im BAMF der Personalaufwand für diese mündlichen Befragungen und die Zahl der mündlichen Befragungen, jetzt und in Zukunft, geschätzt (bitte ausführen)? Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Seit Januar 2019 differenziert das BAMF bei der statistischen Erfassung nicht mehr zwischen vorgezogener Widerrufsprüfung und planmäßiger Regelüberprüfung. Eine Differenzierung findet hier nur noch dahingehend statt, ob im Antragsverfahren eine Anhörung durchgeführt wurde (sog. Fragebogenverfahren ). Im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 wurden insgesamt 49.100 Ladungen zur persönlichen Befragung von Personen versandt. Davon betrafen 44.452 Personen das sog. Fragebogenverfahren. Ladungen: HKL Fragebogenverfahren kein Fragebogenverfahren Gesamt Gesamt 44.452 4.648 49.100 davon Syrien, Arabische Republik 35.938 2.517 38.455 Eritrea 3.873 349 4.222 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13257 Irak 2.804 642 3.446 Ungeklärt 1.180 310 1.490 Staatenlos 657 77 734 Afghanistan 291 291 sonst. asiat. Staatsangeh. 255 255 Iran, Islamische Republik 84 84 Somalia 56 56 sonstige 67 67 Im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 wurden insgesamt 28.222 Personen befragt, davon 25.539 aus dem sog. Fragebogenverfahren. Befragungen: HKL Fragebogenverfahren kein Fragebogenverfahren Gesamt Gesamt 25.539 2.683 28.222 davon Syrien, Arabische Republik 21.223 1.602 22.825 Irak 1.878 373 2.251 Eritrea 1.479 132 1.611 Ungeklärt 601 154 755 Staatenlos 358 42 400 Afghanistan 154 154 sonst. asiat. Staatsangeh. 130 130 Iran, Islamische Republik 42 42 Somalia 24 24 sonstige 30 30 Im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 wurden folgende Entscheidungen getroffen (Fragebogenverfahren). HKL Entscheidungen - gesamt Widerruf Art. 16a Rücknahme Art. 16a Widerruf Flüchtlingseigenschaft Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf subsidiärer Schutz Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf Abschiebungsverbot Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf/ Rücknahme gesamt 33.362 1 306 63 3 3 9 4 32.973 Syrien, Arabische Republik 27447 241 53 3 2 8 4 27136 Irak 2917 44 6 1 2866 Eritrea 2004 1 12 1 1 1989 Ungeklärt 628 7 2 619 Staatenlos 366 2 1 363 Im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 wurden folgende Entscheidungen getroffen (kein Fragebogenverfahren). Drucksache 19/13257 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode HKL Entscheidungen - gesamt Widerruf Art. 16a Rücknahme Art. 16a Widerruf Flüchtlingseigenschaft Rücknahme Flüchtlingseigenschaft Widerruf subsidiärer Schutz Rücknahme subsidiärer Schutz Widerruf Abschiebungsverbot Rücknahme Abschiebungsverbot Kein Widerruf/ Rücknahme gesamt 18.243 7 250 67 17.919 Syrien, Arabische Republik 8352 5 61 30 8256 Irak 2785 1 113 8 2663 Afghanistan 2174 17 5 2152 Eritrea 1417 15 3 1399 Iran, Islamische Republik 921 12 1 908 Ungeklärt 493 4 2 487 Somalia 435 3 2 430 Pakistan 266 1 1 264 sonst. asiat. Staatsangeh . 225 3 9 213 Staatenlos 215 2 213 Ägypten 141 1 140 Russische Föderation 111 2 1 108 Türkei 100 1 1 98 sonstige 608 1 0 16 3 0 0 0 0 588 Die Anordnung von Zwangsmitteln oder Sanktionen sowie die Berücksichtigung von Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht werden statistisch nicht erfasst . Auch ist eine statistische Auswertung des Antwortverhaltens der Ausländerbehörden nicht möglich. Zudem kann der Personalbedarf für mündliche Befragungen nicht gesondert ausgewiesen werden.  6. Von welchen Kriterien genau hängt es ab, welche anerkannten Schutzberechtigten ein Hinweisschreiben über ihre Mitwirkungspflicht im Rahmen von Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren erhalten bzw. in welchen Fällen es zu einem erneuten Gespräch mit den Betroffenen kommen soll (welche internen Vorgaben und Richtlinien gibt es hierzu, bitte genau darstellen ), und inwieweit wird hierbei insbesondere danach differenziert, ob es sich um Anerkennungen in einem rein schriftlichen Verfahren handelt oder nicht (bitte ausführen)? Ob und ggf. in welchem Umfang im Rahmen der Widerrufs- und Rücknahmeprüfung zur Mitwirkung aufgefordert wird, richtet sich nach den Vorgaben des Gesetzes. Nach § 73 Absatz 3a Satz 1 AsylG ist der Ausländer nach Aufforderung durch das BAMF zur Mitwirkung bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Widerrufs oder der Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verpflichtet, soweit dies für die Prüfung erforderlich und dem Ausländer zumutbar ist. Demgemäß ist in jedem Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13257 Das BAMF geht davon aus, dass diese Prüfung regelmäßig etwa dann zur Einforderung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten führen wird, wenn eine erkennungsdienstliche Behandlung oder eine Echtheitsprüfung der vorgelegten Personaldokumente erfolgen soll. Zudem wird in Fällen, in denen im rein schriftlichen Verfahren ein Schutzstatus zuerkannt wurde, grundsätzlich zur Mitwirkung in der Form eines persönlichen Gesprächs aufgefordert.  7. Was wird der Kritik von Pro Asyl entgegnet (www.proasyl.de/hinter grund/viel-hilft-nicht-viel-widerrufs-und-ruecknahme-aktionismus-beimbamf /), wonach die Gespräche im Rahmen der Widerrufsprüfung den Charakter einer „zweiten Anhörungen“ annähmen, obwohl dies auch nach einer Dienstanweisung im BAMF eigentlich nicht der Fall sein soll, dass durch diese Befragungen Ansatzpunkte für ein Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren erst „konstruiert“ werden sollen, obwohl zuvor kein konkreter Anlass für einen Widerruf oder eine Rücknahme vorgelegen habe, und dass in diesen Gesprächen auch Fragen zur Integration, zur Religionsausübung usw. gestellt würden, was auf Befragungen zu Sicherheitsaspekten hindeute, und inwieweit wären solche Befragungen mit der Rechtslage vereinbar (bitte ausführen)? § 73 Absatz 2a AsylG sieht vor, dass die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Widerrufs oder der Rücknahme des Schutzstatus spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. In den Jahren 2015 bis 2017 unanfechtbar gewordene Schutzerteilungen sind gemäß § 73 Absatz 7 AsylG nach vier bis fünf Jahren zu überprüfen. Nach § 73 Absatz 3a AsylG sind Schutzberechtigte nach Aufforderung durch das BAMF bei dieser Prüfung zur Mitwirkung verpflichtet. Die persönlichen Gespräche , zu denen das BAMF Schutzberechtigte auffordert, dienen der Mitwirkung bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Widerrufs oder der Rücknahme, insbesondere der Klärung offener Fragen zu Identität und Herkunft . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen.  8. Ist vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung ausgeführt hat, dass bereits nach der alten Rechtslage (Anfang 2018) eine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der (auch nachträglichen) Feststellung bzw. Überprüfung der Identität bzw. Staatsangehörigkeit bestanden habe und diese auch durch Zwangsmaßnahmen habe vollstreckt werden können (Bundestagsdrucksache 19/357, Antwort zu Frage 6), die Schlussfolgerung zulässig, dass es bei der gesetzlichen Neuregelung zur (auch zwangsweise durchsetzbaren) Mitwirkungspflicht im Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren vor allem um Fälle der Widerrufsprüfung geht (weil hinsichtlich der Rücknahmeprüfung eine solche durchsetzbare Mitwirkungspflicht nach Auffassung der Bundesregierung ja bereits bestand; wenn nein, bitte nachvollziehbar begründen, auch, warum das Gesetz entsprechend geändert wurde)? Vor Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes am 12. Dezember 2018 enthielt das Asylgesetz eine ausdrückliche Regelung zur Mitwirkungspflicht der Betroffenen lediglich für das Asylantragsverfahren, nicht jedoch für die Widerrufs- und Rücknahmeprüfung (vgl. Bundestagsdrucksache 19/4456, S. 1). Mit der Neuregelung wurde eine konkret für die Widerrufs- und Rücknahmeprüfung anwendbare und mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzbare Mitwirkungspflicht der Betroffenen normiert. Drucksache 19/13257 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  9. Welche zusätzlichen Erkenntnisse sind durch mündliche Befragungen der Betroffenen in Bezug auf den Widerruf (nicht: die Rücknahme) einer Schutzanerkennung zu erwarten, weil es hierbei insbesondere um den Wegfall der Umstände geht, die zur Schutzgewährung geführt haben, was aber in erster Linie eine objektive Bewertung der jeweiligen Lage bzw. entsprechender substantieller Veränderungen im Herkunftsland erfordert (wozu keine Befragung der Betroffenen erforderlich ist), und erst in einem zweiten Schritt die Prüfung, ob trotz einer etwaig geänderten Lage Gründe im Einzelfall gegen die Zumutbarkeit einer Rückkehr sprechen (hier wäre die Beteiligung und Befragung der Betroffenen bei einem beabsichtigten Widerruf allerdings zwingend, wie nach alter Rechtslage auch vorgesehen, bitte ausführlich begründen)? Die spezifischen asylrechtlichen Widerrufsgründe sind in § 73 Absatz 1 AsylG normiert. Die Gründe erfolgter Widerrufe werden statistisch nicht erfasst. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Wie (anhand welcher Zahlen, Kriterien und Überlegungen) wurde die Einschätzung in der Gesetzesbegründung auf Bundestagsdrucksache 19/4456 (Seite 9, Erfüllungsaufwand) berechnet, wonach bei den in den Jahren 2018 und 2019 zur Prüfung anstehenden Fällen etwa 60 Prozent der Schutzberechtigten ein Hinweisschreiben zu ihrer Mitwirkungspflicht erhalten sollen, während bei späteren Anerkennungen davon ausgegangen werde, dass 35 Prozent der Betroffenen ein entsprechendes Hinweisschreiben erhalten sollen (bitte ausführen, auch inwieweit diese Hinweisschreiben in jedem Fall mit einer entsprechenden mündlichen Befragung durch das BAMF einhergehen), haben sich diese Einschätzungen in der Praxis bestätigt, und warum wurde es insbesondere für erforderlich bzw. realistisch gehalten, 35 Prozent derjenigen, die vom BAMF ab 2017 persönlich angehört und befragt wurden, im Rahmen einer Widerrufs- bzw. Rücknahmeprüfung noch einmal mündlich zu befragen bzw. auf eine entsprechende Mitwirkungspflicht hinzuweisen, und wird im BAMF bzw. in der Bundesregierung davon ausgegangen, dass ein so hoher Anteil von Entscheidungen des BAMF fragwürdig und/oder überprüfungsbedürftig ist, obwohl in all diesen Verfahren mündliche Anhörungen stattgefunden haben, die Betroffenen ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen sind, und auch die Bundesregierung davon ausgeht, dass Asylanträge ab 2017 nach den großen Antragszahlen im Jahr 2016 „im Regelbetrieb bearbeitet werden können“ (Bundestagsdrucksache 18/13472, Antwort zu den Fragen 10 und 11; bitte begründen)? Bei den angegebenen Fallzahlen handelt es sich um Prognosen zur Begründung des mit dem Gesetz einhergehenden Erfüllungsaufwands, die mangels Vorhandenseins belastbarer Erfahrungswerte im Wege einer Vorabeinschätzung in Zusammenarbeit mit dem BAMF entwickelt wurden. Neben der Aufforderung zur Teilnahme an einer persönlichen Befragung existieren zudem weitere Konstellationen , in denen eine Mitwirkung des Betroffenen bei der Widerrufs- oder Rücknahmeprüfung zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich und zumutbar ist und das BAMF entsprechende Hinweise erteilt. Insofern wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 11. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Sachverständigen Daniel Thym in seiner Stellungnahme zum Dritten Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes (Ausschussdrucksache 19(4)159F, Seite 2), wonach viel dafür spreche, dass die schriftlichen Anerkennungsverfahren europarechtswidrig gewesen seien, vor dem Hintergrund, dass nach Artikel 14 Absatz 2 der EU- Verfahrens-Richtlinie der Verzicht auf eine Anhörung zulässig ist, wenn die Asylbehörde anhand der verfügbaren Be- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/13257 weismittel eine positive Entscheidung treffen kann (was nach Einschätzung der Fragestellenden bei den betroffenen Personengruppen bei nachgewiesener oder glaubhaft gemachter Identität der Fall war, zumal nach damaliger Weisungslage keine Entscheidung im schriftlichen Verfahren getroffen werden durfte und eine mündliche Anhörung stattfand, wenn Zweifel an der Identität und Herkunft vorlagen; bitte ausführen)? Die Bundesregierung nimmt zu Rechtsansichten Dritter keine Stellung. 12. Wie ist der aktuelle Stand der Überprüfung von Identitätsdokumenten in Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden (vgl. Bundestagsdrucksache 19/3839, Antwort zu Frage 8)? a) In wie vielen der rund 54 000 Verfahren wurden dem BAMF inzwischen über die Ausländerbehörden Dokumente vorgelegt (bitte, auch im Folgenden, nach der Zahl der Dokumente und der betroffenen Personen angeben)? Bisher sind im Bundesamt 39.219 Dokumente eingegangen. Eine Auswertung nach betroffenen Personen kann nicht erfolgen. Die Differenz der noch offenen Dokumenteneingänge zur ursprünglichen Gesamtmenge kann u.a. dadurch erklärt werden, dass das BAMF die Ausländerbehörden gebeten hat, keine bereits durch eine andere Stelle geprüfte Dokumente zu übersenden. Tatsächlich noch ausstehende Dokumentenprüfungen werden darüber hinaus im Rahmen der Widerrufsprüfungen systematisch nachgeholt. b) Wie viele dieser Dokumente wurden inzwischen mit welchem Ergebnis überprüft (bitte so differenziert wie möglich darlegen), wie viele Dokumente wurden mit welchem Ergebnis einer tiefergehenden Analyse unterzogen? Die benannten Dokumente wurden einer Prüfung unterzogen, sofern sie nicht bereits durch das BAMF oder durch die Bundes- oder eine Landespolizei überprüft worden sind. Von den hiernach geprüften 32.182 Dokumenten wurden 854 Dokumente einer tiefergehenden Analyse durch Urkundensachverständige des Bundesamtes unterzogen. Hierbei wurden 267 Dokumente als ge- oder verfälscht beanstandet. c) In wie vielen dieser überprüften Fälle wurde ein Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren mit welchem Ergebnis eingeleitet (bitte so differenziert wie möglich darlegen und etwa nach Herkunftsstaaten und Schutzstatus differenzieren), und was kann ganz allgemein dazu ausgeführt werden, zu welchem ungefähren Anteil gefälschte Dokumente dazu verwandt werden, eine falsche Identität bzw. Herkunft vorzutäuschen , oder inwieweit ge- oder verfälschte Papiere eher eine Begleiterscheinung der Flucht sind, ohne dass dies zwingend die Glaubwürdigkeit oder Schutzwürdigkeit der Betroffenen in Zweifel ziehen muss (bitte zu beiden Teilfragen zumindest Einschätzungen fachkundiger Bundesbediensteter nennen, auch wenn keine entsprechende Statistik vorliegen sollte – was dem fachkundigen Bundesamt nach Auffassung der Fragestellenden ohne Zweifel möglich sein sollte)? Das BAMF leitet in allen Verfahren, in denen es Erkenntnisse dafür gibt, dass über Identität bzw. Herkunft getäuscht wurde (bspw. bei Vorliegen, ge- oder verfälschter Dokumente), ein Rücknahmeverfahren ein. Gründe, die zur Einleitung eines Widerrufs- oder Rücknahmeverfahrens führen, werden statistisch nicht erfasst. Daher sind keine Aussagen dazu möglich, zu welchem Anteil geoder verfälschte Dokumente dazu verwandt wurden, eine falsche Identität/ Herkunft vorzutäuschen. Drucksache 19/13257 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) In welchem ungefähren Umfang ergaben sich durch nachträglich entdeckte gefälschte Dokumente ernsthafte Hinweise auf sicherheitspolitische Gefährdungen (bitte ausführen und zumindest Einschätzungen fachkundiger Bundesbediensteter hierzu nennen, auch wenn keine entsprechende Statistik vorliegen sollte – was aus Sicht der Fragestellenden aufgrund der politischen Bedeutung des Themas ohne Zweifel möglich sein sollte)? Die erfragten Zusammenhänge werden statistisch nicht erfasst. Im Übrigen begründet jeder Fall einer festgestellten Dokumentenfälschung den Verdacht einer Straftat und wird zur Anzeige gebracht. 13. Für welche Herkunftsländer wurde im BAMF seit der Antwort zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 19/7818 festgestellt, dass sich die dortige Lage nachhaltig und dauerhaft verbessert hat und deshalb in entsprechenden Fällen eine individuelle Widerrufsprüfung vorzunehmen ist (bitte nach Ländern und Datum auflisten), und wie lautet die jeweilige inhaltliche Begründung für diese Bewertung? Seit der Antwort zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 19/7818 wurde für keine weiteren Herkunftsländer festgestellt, dass sich die dortige Lage nachhaltig und dauerhaft verbessert habe. 14. Wie viel Personal ist aktuell im BAMF an welcher Stelle mit der Aufgabe von Widerrufs- und Rücknahmeprüfungen, der Asylprüfung, von Dublin- Verfahren, der Qualitätssicherung und der Prozessvertretung befasst, und wie sind die diesbezüglichen Planungen für die Zukunft (bitte so differenziert wie möglich darstellen)? Aktueller Personaleinsatz in VZÄ mD gD hD Summe Asyl (ohne Widerruf) 1289,7 873,8 29,5 2193,0 Widerrufsprüfung 165,6 553,5 6,6 725,7 Prozess gesamt 149,0 176,9 32,4 358,3 Dezentral 139,4 173,8 17,0 330,2 Zentral (Referat 61D und 61E) 9,6 3,1 15,4 28,1 Qualitätssicherung gesamt 36,9 149,6 17,0 203,5 Dezentral 33,2 117,4 10,3 160,9 Zentral (Referate 62A, 62B und 62C) 3,7 32,2 6,7 42,6 Dublin 136,75 166 11 313,75 Die zukünftige Personalplanung für den operativen Bereich hängt maßgeblich von den künftigen Aufgabenschwerpunkten des BAMF ab. Eine verbindliche Aussage kann zum jetzigen Zeitpunkt daher nicht getroffen werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/13257 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333