Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12883 – Ungenutztes Potential von Künstlicher Intelligenz im Bankensektor V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die „Börsen-Zeitung“ berichtete am 6. Juli 2019 (a. a. O., Seite 2), laut einer Studie der Deutschen Bank Research „Künstliche Intelligenz im Bankensektor – Ein bisher kaum genutzter Hebel für Rentabilität“ vom 4. Juli 2019 könne künstliche Intelligenz (KI) die Produktivität bzw. Rentabilität der europäischen Banken steigern und die Kosten senken. So könne KI einfache und arbeitsaufwendige Tätigkeiten geringer qualifizierter Arbeitskräfte übernehmen. Ferner ließen sich durch den Einsatz von KI die Erträge steigern, indem KI passgenaue(re) Produkte und Dienstleistungen angeboten würden. Insgesamt sei beim Einsatz von KI mit einer Rentabilitätssteigerung von rund 7 Prozent zu rechnen. Deutsche Bank Research kommt weiter zu der Annahme, Banken in Ländern, in denen mehr KI-Patente angemeldet werden, könnten rentabler sein. Die Boston Consulting Group beziffert die möglichen Ertragssteigerungen der weltweit zehn größten Banken auf bis zu 220 Mrd. US-Dollar. Pricewaterhouse Coopers (PwC) sieht ein KIbedingtes Wirtschaftswachstum für Deutschland bis 2030 in Höhe von 11,3 Prozent bzw. 430 Mrd. Euro. Laut der Studie der Deutschen Bank seien in den vergangenen 20 Jahren insgesamt 434 Unternehmen aus dem KI-Sektor übernommen worden. 220 dieser Übernahmen seien dabei seit dem Jahr 2016 erfolgt. Die Studie der Deutschen Bank Research spricht ferner davon, Datenschutzvorschriften würden den Einsatz von KI im Bankensektor möglicherweise „bremsen“. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Artikel 22 und 13 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).  1. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, die sich mit der Einschätzung von Deutsche Bank Research decken, der Einsatz von KI im Bankensektor könne zu einer Rentabilitätssteigerung führen? Wenn ja, in welcher Höhe hält die Bundesregierung eine Steigerung der Rentabilität für realistisch? Unter anderem die Studie der BaFin „Big Data trifft auf künstliche Intelligenz“ vom Juni 2018 bestätigt die Einschätzung, dass der Einsatz von Big Data und Deutscher Bundestag Drucksache 19/13268 19. Wahlperiode 17.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Artificial Intelligence (Künstlicher Intelligenz) bei Kreditinstituten Effizienzund Effektivitätsgewinne in Kernprozessen und an der Kundenschnittstelle ermöglichen kann (vgl. S. 9, 74 ff.). Rentabilitätssteigerungen sind entsprechend denkbar. Eine generalisierende Festlegung möglicher Rentabilitätssteigerungen bei Kreditinstituten kann nach Ansicht der Bundesregierung nicht verlässlich ermittelt werden und wurde auch in der Studie der BaFin nicht quantifiziert Der Einsatz von KI im Bankensektor kann insbesondere zur weiteren Automatisierung von Prozessen und dadurch Verringerung der Kosten führen. Darüber hinaus sind auch Qualitätssteigerungen in einzelnen Anwendungen sowie Erweiterungen des Dienstleistungsangebots denkbar. Inwiefern sich die derzeitigen Investitionen in KI als rentabel erweisen, lässt sich allerdings nicht allgemein beantworten. Sowohl KI-Anwendungen als auch deren Einsatzgebiete sind äußerst vielseitig. Zudem können die Anfangsinvestitionen in KI hoch sein, so dass sich positive Rentabilitätseffekte erst über einen längeren Zeitraum materialisieren dürften. Viele Anwendungen befinden sich noch in einem frühen Stadium und es bestehen hohe Entwicklungs- und Marktdynamiken, die Prognosen erschweren.  2. Wie viele in Deutschland ansässige KI-Unternehmen sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2016 von im Ausland ansässigen Unternehmen übernommen worden? a) Wie viele dieser KI-Unternehmen in Frage 2 lassen sich nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung (zumindest auch) dem Finanzsektor zuordnen? b) Wie viele dieser KI-Unternehmen in Frage 2 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von ausländischen Investoren übernommen? Wie viele dieser KI-Unternehmen in Frage 2 haben nach der Übernahme ihren Firmensitz ins Ausland verlagert?“ Für den Begriff „KI-Unternehmen“ gibt es keine einheitliche Definition. Zudem unterliegen Unternehmensübernahmen durch ausländische Investoren keiner generellen Meldepflicht. Deswegen liegen der Bundesregierung hierzu keine konkreten Zahlen vor. Die in der Anfrage erwähnte Studie von Deutsche Bank Research versteht unter KI-Unternehmen junge Unternehmen (Start-ups), deren Geschäftsmodell sich auf KI konzentriert (vgl. S. 3). Diese Definition ist zum einen in mehrfacher Hinsicht unscharf, zum anderen stehen derartige Unternehmen nur unter Aufsicht der BaFin, wenn sie erlaubnis- oder registrierungspflichtige Geschäfte nach den Fachaufsichtsgesetzen betreiben oder erbringen. Diese Regulatorik ist, genau wie die Aufsichtstätigkeit der BaFin, technologieneutral ausgestaltet, d. h. sie orientiert sich an den jeweiligen erlaubnispflichtigen Geschäften und nicht an Technologien. Entsprechend hält auch die BaFin hierzu keine Statistiken vor.  3. Ist der Bundesregierung der prozentuale Anteil der Vereinigten Staaten von Amerika an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bekannt, und wenn ja, wie hoch ist dieser?  4. Ist der Bundesregierung der prozentuale Anteil der Volksrepublik China an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bekannt , und wenn ja, wie hoch ist dieser? Drucksache 19/13268 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  5. Ist der Bundesregierung der prozentuale Anteil Japans an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bekannt, und wenn ja, wie hoch ist dieser?  6. Ist der Bundesregierung der prozentuale Anteil Russlands an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bekannt, und wenn ja, wie hoch ist dieser? Die Fragen 3 bis 6 werden zusammen beantwortet. Sofern das Deutsche Patent- und Markenamt von anderen Patentämtern Patentdokumente erhält, führt es keine statistischen Erhebungen darüber durch, in welchem Umfang die jeweils im Ausland offengelegten Patentanmeldungen einen Bezug zu KI haben. Ferner gibt es auch es keine allgemein gültige Definition für KI-Patente. Deswegen liegen der Bundesregierung hierzu keine konkreten Zahlen vor. Zur Entwicklung der internationalen KI-bezogenen Patente wird auf den Bericht „Technology Trends 2019 – Artificial Intelligence“ der World Intellectual Property Organization (WIPO) verwiesen.  7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-28) an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? c) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Deutschlands an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? d) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil des Vereinigten Königreichs an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? e) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Frankreichs an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? f) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Italiens an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? g) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Spaniens an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? h) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil der Niederlande an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? i) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Litauens an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? j) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der prozentuale Anteil Estlands an den weltweiten KI-Patenten in den Jahren 2016, 2017 und 2018? Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse, wie hoch der prozentuale Anteil Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Spaniens, den Niederlanden, Litauens und Estlands an den weltweiten KI Patenten in den Jahren 2016 bis 2018 war. Insoweit gilt das in der Antwort zu Frage 3 Ausgeführte entsprechend. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13268  8. Wie viele deutsche Finanzinstitute (Finanzinstitute, deren Muttergesellschaft in Deutschland ansässig ist sowie in Deutschland ansässige Finanzinstitute , die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin – unterliegen) setzen nach Kenntnis der Bundesregierung KI-Algorithmen ein, um in Echtzeit zu prüfen, ob die von Kunden getätigten Kreditkartentransaktionen plausibel sind?  9. Wie viele deutsche Finanzinstitute setzen nach Kenntnis der Bundesregierung KI in KYC-Prozessen (KYC = Know Your Costumer) ein? 10. Wie viele deutsche Finanzinstitute setzen nach Kenntnis der Bundesregierung sog. Chatbots ein? Die Fragen 8 bis 10 werden zusammen beantwortet. Der Einsatz von KI-Algorithmen durch deutsche Finanzinstitute ist nicht per se meldepflichtig und die Bundesregierung erhebt hierzu keine statistischen Daten . Deswegen liegen der Bundesregierung hierzu keine konkreten Zahlen vor. 11. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Ansicht von Deutsche Bank Research, bei einzelnen Datenschutzvorschriften bestehe die Gefahr, diese könnten die Fortentwicklung und den Einsatz von KI im Bankensektor „bremsen“? Wenn sie dieser zustimmt, aus welchen Gründen und welche Maßnahmen zur Abhilfe bzw. Abmilderung dieser Auswirkungen ergreift die Bundesregierung , und wenn nein, aus welchen Gründen teilt die Bundesregierung die Ansicht von Deutsche Bank Research nicht? Ein Verbot automatisierter Entscheidungen im Einzelfall existiert im deutschen Datenschutzrecht schon seit dem Jahr 2001 (§ 6a BDSG a. F.) und wurde mit Geltung der DSGVO durch Artikel 22 abgelöst. Die erwähnte Studie (Deutsche Bank Research vom 4. Juli 2019) enthält keine konkrete Darlegung, die einer Bewertung zugänglich ist. Grundsätzlich sind wirtschaftliche Interessen stets mit dem Recht auf Datenschutz der von der Verarbeitung betroffenen Personen in Einklang zu bringen. 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung des Artikels 22 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Hinblick auf den Einsatz von KI im Bankensektor? Welche unterstützenden Maßnahmen hat die BaFin ergriffen oder sind seitens der BaFin denkbar, um den Einsatz von KI unter Einhaltung von Artikel 22 der DSGVO zu fördern? Artikel 22 DSGVO betrifft nur Entscheidungen, d. h. Maßnahmen mit einer rechtlichen Wirkung gegenüber natürlichen Personen, die ausschließlich automatisiert getroffen werden. Bereits bevor eine Entscheidung im Sinne des Artikel 22 DSGVO getroffen wird, kann KI im Bankensektor genutzt werden. Der europäische Gesetzgeber lässt Einschränkungen des Artikel 22 DSGVO nach Artikel 23 DSGVO nur unter sehr hohen Anforderungen, wie beispielsweise zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Straftaten zu. Drucksache 19/13268 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung des Artikels 13 der Datenschutz-Grundverordnung-DSGVO im Hinblick auf den Einsatz von KI im Bankensektor? Welche unterstützenden Maßnahmen hat die BaFin ergriffen oder sind seitens der BaFin denkbar, um den Einsatz von KI unter Einhaltung von Artikel 13 DSGVO zu fördern? Die Transparenzvorschrift des Artikel 13 DSGVO stellt sicher, dass den von der Datenverarbeitung betroffenen Personen Informationen zur Datenverarbeitung offengelegt werden. Die von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen müssen erfahren können, welche Daten in eine Verarbeitung eingeflossen sind, um gegebenenfalls von ihren Rechten Gebrauch machen zu können, beispielsweise wenn ihre Daten ganz oder teilweise falsch oder veraltet sind und zu unrichtigen Ergebnissen führen. Artikel 13 DSGVO betrifft Unternehmen und Behörden gleichermaßen und ist elementarer Bestandteil des Datenschutzes , der nur unter Wahrung der sehr hohen Anforderungen des Artikel 23. DSGVO (siehe Antwort zu Frage 12) eingeschränkt werden kann. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13268 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333