Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Michael Theurer, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12888 – Situation der Embryonenspende V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Rahmen einer künstlichen Befruchtung werden regelmäßig nicht alle Eizellen, die der Frau zu diesem Zweck entnommen worden sind, auch bis zum Embryonenstatus weiterentwickelt. Es dürfen lediglich drei Embryonen entwickelt werden, da auch nicht mehr als drei in einem Zyklus auf die Frau übertragen werden dürfen. Zum Teil ergibt sich die Situation, dass in Eizellen schon Samenzellen eingedrungen sind, allerdings noch kein Befruchtungsvorgang stattgefunden hat (sogenannte Vorkernzellen). Diese können auf Wunsch der Eltern kryokonserviert werden, um zu einem späteren Zeitpunkt ein weiteres Mal auf die Frau übertragen werden zu können. Besteht dieser Wunsch nicht, werden diese Zellen vom behandelnden Arzt verworfen. Stattdessen besteht jedoch die Möglichkeit, die nicht mehr benötigten Vorkernzellen /Embryonen zwecks einer späteren Übertragung auf eine Empfängerin , die beispielsweise keine eigenen Eizellen bilden kann, zu spenden. Ob solch eine Spende allerdings nach deutschem Recht unbedenklich ist, ist juristisch umstritten. Erst im Jahr 2018 hat das Landgericht Augsburg (Urteil v. 13. Dezember 2018 – 16 Ns 202 Js 143548/14) über Mediziner zu befinden, die Vorkernzell-/Embryonenspenden an Empfängerinnen vermittelt hatten. Nicht die Durchführung einer Vorkernzell-/Embryonenspende selbst, sondern der Status der Befruchtung der Eizelle entschied hier über Strafbarkeit gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Embryonenschutzgesetzes (EschG) oder Straffreiheit . Aus Sicht der Fragesteller bedarf es hier einer eindeutigen rechtlichen Klarstellung. Deutscher Bundestag Drucksache 19/13269 19. Wahlperiode 17.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Eine Embryonenspende kommt in Betracht, wenn sogenannte überzählige Embryonen entstanden sind. Embryonen können überzählig werden, wenn sie für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung des Paares, für das sie erzeugt wurden, endgültig nicht mehr verwendet werden können. Die Spende von überzähligen Embryonen ist gesetzlich nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat bereits bei Erlass des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) die Möglichkeit gesehen, dass eine Embryonenspende in bestimmten Konstellationen die einzige Möglichkeit darstellen könne, den Embryo vor dem Absterben zu bewahren und von einem Verbot abgesehen (Bundestagsdrucksache 11/5460, Seite 8.). Eine Verwendung zu Forschungszwecken kommt aufgrund des Verbots gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 2 ESchG nicht in Betracht. Das Thema Embryonenspende wurde vom Deutschen Ethikrat (DER) und der Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, aufgegriffen. Der DER hat am 22. März 2016 eine Stellungnahme zur „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“ veröffentlicht. Am 4. Juni 2019 hat die Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, die Stellungnahme „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ veröffentlicht , die sich auch mit der Spende überzähliger Embryonen befasst. Diskutiert wird, ob das Auftauen und Weiterkultivieren von imprägnierten Eizellen (sogenannte Vorkernstadien) zum Zwecke der Spende gegen die Verbote des § 1 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 ESchG verstößt. Die etwaige Strafbarkeit der Spende sogenannter Vorkernstadien ist Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens, auf das die Fragesteller bereits Bezug nehmen. Eine rechtskräftige obergerichtliche Entscheidung steht insoweit noch aus. 1. Hat die Bundesregierung eine Position zur Vorkernzell-/Embryonenspende in Deutschland, und wenn ja, welche? Wenn nein, ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Vorkernzell-/ Embryonenspende legalisiert werden sollte (bitte begründen)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Im Übrigen äußert sich die Bundesregierung nicht zu laufenden Gerichtsverfahren. 2. Will die Bundesregierung die Rechtssicherheit für Frauen verbessern, die an einer Vorkernzell-/Embryonenspende als Spenderin oder Empfängerin teilnehmen? Gemäß § 1 Absatz 3 Nummer 1 ESchG werden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1, 2 und 6 die Frau, von der die Eizelle oder der Embryo stammt, sowie die Frau, auf die die Eizelle übertragen wird oder der Embryo übertragen werden soll, nicht bestraft. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 9 verwiesen. 3. Will die Bundesregierung die Rechtssicherheit für Ärzte verbessern, die eine Vorkernzell-/Embryonenspende durchführen oder eine solche vermitteln , und wenn ja, wie? Hierzu wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 9 verwiesen. Drucksache 19/13269 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. In welchen EU-Mitgliedstaaten ist eine Vorkernzell-/Embryonenspende nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig rechtlich zulässig? Seit wann bestehen die jeweils zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen ? Es wird auf die Dokumentation „Rechtliche Regelungen zur Eizell- und Embryonenspende in ausgewählten europäischen Ländern und den USA“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 12. Oktober 2018 verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Wie viele Vorkernzell-/Embryonenspenden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland durchgeführt (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Eigene Statistiken der Bundesregierung zur Vorkernzell-/Embryonenspende werden nicht geführt. Zahlen finden sich unter anderem in der Stellungnahme des DER „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“ für den Zeitraum bis Ende des Jahres 2015 und in der Stellungnahme der Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ für den Zeitraum bis zum 19. Juni 2018. Aktuelle Zahlen wurden beim Netzwerk Embryonenspende Deutschland e. V. angefragt. Nach Mitteilung desselben wurden dort bis zum 1. September 2019 insgesamt 360 Anträge gestellt und 160 Spenden vermittelt. Dies führte zu 55 Schwangerschaften und 30 Geburten mit 37 Kindern. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 6. Wie viele Vorkernzellen/Embryonen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland verworfen (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung infolge der Durchführung einer Vorkernzell-/Embryonenspende eingeleitet ? Wie oft wurde Anklage erhoben? Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle von Netzwerken, die sich zur organisatorischen Unterstützung an der Durchführung einer Vorkernzell-/ Embryonenspende interessierter Menschen gebildet haben? Der Netzwerk Embryonenspende Deutschland e. V. ist ein seit dem 13. August 2013 existierender Verein, der ausweislich seiner Internetseite die Förderung der Vermittlung von zur Spende freigegebenen Embryonen an ungewollt kinderlose Paare bezweckt, die medizinisch und biologisch nicht in der Lage sind, auf natürliche oder reproduktionsmedizinische Art Kinder zu zeugen. Die Embryonen stammen nach den Angaben des Netzwerks Embryonenspende Deutschland e. V. von erfolgreich behandelten Kinderwunschpaaren mit inzwischen abgeschlossener Familienplanung. Eine Bewertung von Netzwerken, die sich zur organisatorischen Unterstützung an der Durchführung einer Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13269 Vorkernzell-/Embryonenspende interessierter Menschen gebildet haben, ist nicht Aufgabe der Bundesregierung. 9. Plant die Bundesregierung, die geltende Rechtslage zur Vorkernzell-/ Embryonenspende zu reformieren? a) Wenn ja, wann, und welche Neuerungen sind genau beabsichtigt? b) Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen die vorgenannten Stellungnahmen des DER und der Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, vor. Eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes ist für die 19. Wahlperiode nicht vorgesehen. Drucksache 19/13269 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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