Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Manuel Sarrazin, Claudia Müller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/12539 – Stand der Umsetzung des Europakapitels im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD der 19. Legislaturperiode V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode („Ein neuer Aufbruch für Europa, Eine neue Dynamik für Deutschland, Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“) stellt im Kapitel „Ein neuer Aufbruch für Europa“ (I., ab S. 6) die europapolitischen Prioritäten der Bundesregierung für die laufende Legislaturperiode dar. Die an der Bundesregierung beteiligten Fraktionen listen bestehende Herausforderungen für Europa – wie den Brexit, Flucht und Migration sowie die Folgen der Wirtschaftskrise und die Jugendarbeitslosigkeit – auf. Sie betonen, Europa müsse „sein Schicksal mehr als bisher in die eigenen Hände nehmen“ (S. 6). Es folgen zahlreiche Forderungen für die gemeinsame europäische Wirtschafts-, Außen-, Wettbewerbs- und Sozialpolitik. Rund anderthalb Jahre nach Amtsantritt der Bundesregierung sind nach Ansicht der Fragesteller viele Vorhaben noch nicht angegangen worden. Dadurch entsteht eine Diskrepanz zwischen der prominenten Positionierung der Europapolitik für die Arbeit der Koalition sowie dem objektiven Handlungsbedarf zur Sicherung und Stärkung der EU einerseits und den fehlenden Fortschritten bei der tatsächlichen Umsetzung der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angekündigten Vorhaben andererseits . Den Fragestellern ist deshalb an einer Bestandsaufnahme gelegen, die sowohl die Hintergründe für die bisherigen Verzögerungen als auch prospektiv die Pläne der Bundesregierung zur Umsetzung der noch ausstehenden Vorhaben erfragt.  1. Mit welchen konkreten Initiativen und Instrumenten soll nach Auffassung der Bundesregierung das Europäische Parlament gestärkt werden (S. 6, bitte auflisten)? Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich eine institutionelle Stärkung und politische Aufwertung des Europäischen Parlaments. Sie begrüßt Überlegungen mit den Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), dem Deutscher Bundestag Drucksache 19/13368 19. Wahlperiode 20.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 18. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Spitzenkandidatenprinzip in Zukunft mehr Geltung zu verleihen, auch mit Hilfe länderübergreifender Listen. Bereits beim informellen Treffen des Europäischen Rates im Februar 2018 hat sich die Bundesregierung mit den Regierungen der Mitgliedstaaten grundsätzlich dafür ausgesprochen, das Thema transnationale Listen im Zusammenhang mit den Europawahlen 2024 wieder aufzugreifen und dies gemeinsam mit der französischen Regierung in der Erklärung von Meseberg im Juni 2018 bekräftigt . Ferner hat die Bundesregierung mit den Regierungen der Mitgliedstaaten im Rat am 13. Juli 2018 eine Reform des Europäischen Direktwahlaktes beschlossen , die zur Stärkung der Entscheidungsfähigkeit des Europäischen Parlaments beitragen wird.  2. Inwiefern und mit welchen konkreten Mitteln hat sich die Bundesregierung seit Amtsantritt im März 2018 für die konsequentere Durchsetzung von „demokratischen und rechtsstaatlichen Werte[n] und Prinzipien“ eingesetzt (S. 7)? Wie genau definiert die Bundesregierung „demokratische und rechtsstaatliche Werte und Prinzipien“? Die grundlegenden Werte, auf die sich die Union gründet, sind in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) genannt und umfassen neben Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Wahrung der Menschenrechte auch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Bundesregierung orientiert sich im europäischen Kontext an dem Verständnis und den Grundsätzen, die insbesondere der Europäische Gerichtshof aus diesen Werten entwickelt. Sie unterstützt sowohl die in den Verträgen für den Schutz der Grundwerte der Union vorgesehenen Verfahren als auch die Kommission bei ihren Maßnahmen zur Absicherung und Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in der Union und ihren Mitgliedstaaten , siehe zuletzt Mitteilung der Kommission vom 17. Juli 2019 („Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union – Ein Konzept für das weitere Vorgehen“). Zudem setzt sich die Bundesregierung innerhalb der EU für die Schaffung eines sogenannten Peer Review Mechanismus zur regelmäßigen Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten ein.  3. Mit welchen konkreten Initiativen und Instrumenten hat sich die Bundesregierung seit Amtsantritt dafür eingesetzt, die strategische Forschungspolitik und die Innovationsfähigkeit zu stärken (S. 7)? Die Bundesregierung setzt sich in der laufenden Legislaturperiode ausdrücklich für ein starkes Europa ein. Zentraler Rahmen für eine strategisch ausgerichtete und zwischen den Staaten in Europa abgestimmte Forschungs- und Innovationspolitik ist der Europäische Forschungsraum (EFR). Eines der wichtigsten Instrumente zur Verwirklichung des EFR sind die EU- Rahmenprogramme für Forschung und Innovation („Horizont 2020“ 2014 – 2020, Budget: rund 75 Milliarden Euro; „Horizont Europa“ 2021 – 2027, Budgetvorschlag der Kommission: 94,1 Milliarden Euro). Die Bundesregierung hat sich in die Verhandlungen für das Legislativpaket zu „Horizont Europa“ eingebracht und diese kontinuierlich und eng begleitet, um die Prioritäten und Interessen der europäischen und deutschen Forschungs- und Innovationsgemeinschaft wirkungsvoll zu vertreten und eine hohe, effiziente und effektive Beteiligung deutscher Einrichtungen, Unternehmen und Einzelpersonen sicherzustellen. Im Frühjahr 2019 verständigten sich der Rat, Kom- Drucksache 19/13368 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode mission und das Europäische Parlament auf wesentliche Inhalte des Entwurfs für einen Beschluss des Rates über das spezifische Programm zur Durchführung von „Horizont Europa“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird mit einem neuen Förderprogramm den EFR stärken. Zentrales Anliegen des Programms ist es, eine politisch-inhaltliche Brücke von der EFR-Strategie der Bundesregierung von 2014 zu einem neuen Politikrahmen zum EFR zu schlagen, der 2020 auf europäischer Ebene verabschiedet werden soll. Das EFR-Förderprogramm soll mit seinem „Europäisierungsbudget“ von rund 25 Mio. Euro für die Haushaltsjahre 2020 bis 2024 Maßnahmen sowie Programme finanzieren. Die Veröffentlichung des EFR-Förderprogramms ist für Herbst 2019 geplant. Das Netzwerk zur Innovationsförderung in Europa EUREKA spielt in Europa und international ebenfalls eine außerordentlich wichtige Rolle. Unter dem EUREKA-Dach forschen europäische und internationale Partner aus 45 Ländern anwendungsnah und industriegeführt zusammen in den für die Wettbewerbsfähigkeit bedeutenden Kernbereichen. Allein im Jahr 2018 investierten die Beteiligten rund 770 Millionen Euro in gemeinsame Projekte. Die Bundesregierung setzt zudem Fördermittel aus speziellen Programmen für Forschungsprojekte ein, um Innovationen zu fördern und den Wissenstransfer in die Praxis zu gewährleisten. Dies geschieht u.a. durch die Einführung von Standards für Wissenstransfer und Vernetzung bei Ausschreibungen für Forschungsprojekte .  4. Welche konkreten Umsetzungsschritte fehlen nach Ansicht der Bundesregierung zur geforderten Vollendung des digitalen Binnenmarktes (S. 7)? Die Vollendung des Digitalen Binnenmarktes ist eine der Kernvoraussetzungen für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die Bundesregierung begrüßt, dass mit der Digitalen Binnenmarktstrategie der jetzigen Europäischen Kommission viele wichtige Dossiers erfolgreich abgeschlossen werden konnten und die Umsetzungsprozesse in nationales Recht laufen. Die Bundesregierung erwartet von der neuen Kommission eine mindestens ebenso ambitionierte Nachfolgestrategie , um den neuen digitalen Herausforderungen nach 2020 zu begegnen und ein digitales Ökosystem zu schaffen, das gesellschaftliche Interessen und wirtschaftliche Aspekte der Digitalisierung miteinander vereint. Dazu gehören insbesondere Themen wie Künstliche Intelligenz, die Plattform- und Datenökonomie , den Gigabit- und 5G-Mobilfunk-Infrastrukturausbau, E- Government, Cybersicherheit, digitale Kompetenzen sowie die „digitale Souveränität “ der EU.  5. Welche Initiativen und/oder Investitionsprogramme mit ausgewiesen europäischem Mehrwert hat die Bundesregierung seit Amtsantritt aufgelegt (Sparte und Volumen der Initiativen und Programme jeweils einzeln auflisten ), und wie begründet die Bundesregierung die anhaltend niedrige, mit rund 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 40 Prozent unterhalb des OECD- Durchschnitts liegende Investitionsquote in Deutschland (www.ifo.de/DocDL/ifo_Forschungsberichte_95_2018_Dorn_etal_oef fentliches_Budget.pdf)? Inwiefern leistet die Bundesregierung damit einen Beitrag zu einem „Europa der Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen“ (S. 7)? Die nominalen öffentlichen Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren in Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung mit einem Plus von 6,5 Prozent 2017 sowie von 8,7 Prozent Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13368 2018 positiv entwickelt. Auch für 2019 geht die Bundesregierung von einer dynamischen Entwicklung der Investitionen aus. So legten die nominalen öffentlichen Bruttoanlageinvestitionsausgaben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr 2019 bereits um 8,6 Prozent zu. Deutschland ist an sämtlichen Investitionsprogrammen der EU beteiligt, die im Rahmen des laufenden Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) und im Zusammenhang mit der Europäischen Investitionsbank aufgelegt wurden. Auch in den Verhandlungen für den künftigen MFR hat die EU-Kommission zahlreiche Programme vorgeschlagen, die Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten generieren .  6. In welchem finanziellen Umfang soll das Europäische Investitionsprogramm Europäischer Fonds für strategische Investitionen (EFSI), bzw. dessen Nachfolger „InvestEU“, nach Ansicht der Bundesregierung ausgebaut werden (S. 7), und wie hat sich die Bundesregierung seit Amtsantritt dafür eingesetzt?  7. In welchem finanziellen Umfang soll das Erasmus+-Programm nach Ansicht der Bundesregierung ausgebaut werden (S. 7), und wie hat sich die Bundesregierung seit Amtsantritt dafür eingesetzt?  8. Mit welchen Programmen und in welchem Umfang soll nach Ansicht der Bundesregierung die „Jugendarbeitslosigkeit mit mehr Mitteln der EU“ bekämpft werden (S. 7)? Die Fragen 6 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Die Europäische Kommission hat im Mai 2018 ihren Vorschlag für die finanzielle Ausstattung von Programmen der EU für den MFR 2021 bis 2027 vorgelegt . In diesem Kontext hat sie auch ihren Vorschlag für die Mittelausstattung der Programme InvestEU, Erasmus+ und der Jugendbeschäftigungsinitiative veröffentlicht. Die genaue Mittelausstattung der Programme wird sich im Kontext der Gesamtberatungen zum MFR ergeben.  9. Was soll der angekündigte „Sozialpakt“ (S. 7) für soziale Grundrechte konkret beinhalten, und welche Fortschritte konnte die Bundesregierung in diesem Bereich bereits erzielen? Insbesondere das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort in der EU soll gestärkt werden. Dies ist im Rahmen der Revision der Entsenderichtlinie geschehen, deren geänderte Fassung im Sommer 2018 verabschiedet wurde. Ein weiterer Baustein für faire Arbeitsbedingungen ist die Gründung der Europäischen Arbeitsbehörde, die sicherstellen soll, dass EU- Vorschriften zur Mobilität von Arbeitskräften noch besser durchgesetzt werden. 10. Wie soll der „Rahmen für Mindestlohnregelungen sowie für nationale Grundsicherungssysteme in den EU-Staaten“ (S. 7) nach Auffassung der Bundesregierung konkret gestaltet werden, und bis wann soll dieser nach Ansicht der Bundesregierung umgesetzt sein? Die Bundesregierung arbeitet daran, einen Rahmen für Mindestlohnregelungen sowie für nationale Grundsicherungssysteme in den EU-Mitgliedstaaten zu entwickeln . Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zur Umsetzung dieser Vorhaben ist noch nicht abgeschlossen. Ein Vorschlag zu einem solchen Rahmen kann anschließend zusammen mit der Europäischen Kommission und Drucksache 19/13368 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode den anderen Mitgliedstaaten weiterentwickelt werden, wobei für die Ausarbeitung von EU-Rechtsakten die Europäische Kommission das Initiativrecht innehat . Die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 bietet darüber hinaus Gelegenheit, diese Vorhaben voranzubringen. 11. Inwiefern entspricht die Position des Bundesministers der Finanzen, dass man eine europäische Digitalsteuer erst nach einer möglichen gescheiterten Digitalsteuer auf OECD-Ebene ab 2021 anvisieren sollte (www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article190209973/Digitalsteuer-fuer- Amazon-und-Co-ist-gescheitert.html), nach Auffassung der Bundesregierung der Forderung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD, dass eine „gerechte Besteuerung großer Konzerne, gerade auch der Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon“, unterstützt werden sollte (S. 7.)? Entsprechend der Vorgabe des Koalitionsvertrags setzt sich die Bundesregierung mit Nachdruck dafür ein, dass Unternehmen – auch solche mit digitalisierten Geschäftsmodellen – ihren fairen steuerlichen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Eine international abgestimmte Lösung ist vor dem Hintergrund einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt, in der Konzerne ihre Gewinne steuermindernd über den Globus verteilen können, klar vorzuziehen. Sollte dies nicht gelingen, muss zumindest auf europäischer Ebene gehandelt werden. Nationale Digitalsteuern zersplittern die Steuerlandschaft und können nur Zwischenlösungen darstellen. Deshalb haben die Finanzministerien von Deutschland und Frankreich eine internationale Initiative zu einer globalen effektiven Mindestbesteuerung gestartet . Mit einer globalen effektiven Mindestbesteuerung soll ein angemessenes steuerliches Mindestniveau für international agierende Unternehmen aller Branchen sichergestellt werden. Dieser deutsch-französische Vorschlag ist Teil der derzeit auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) diskutierten Maßnahmen zur Reformierung der internationalen Besteuerungsprinzipien. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass es zu einer internationalen Vereinbarung kommen wird. Das von der G20 beauftragte „Inclusive Framework on BEPS“, dem mehr als 130 Staaten und Jurisdiktionen angehören, hat im Mai 2019 ein Arbeitsprogramm beschlossen, das die Mindestbesteuerung als einen Maßnahmenstrang vorsieht und das sowohl die Finanzministerinnen und Finanzminister und Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure beim G20- Treffen in Fukuoka als auch die Staats- und Regierungschefs der G20 beim Gipfel in Osaka im Juni 2019 gebilligt haben. Eine Einigung über die Grundzüge des Gesamtkonzepts soll Anfang 2020 erzielt werden. Der Abschlussbericht soll im Laufe des Jahres 2020 vorgelegt werden. Die Umsetzung in der EU soll eines der Ziele der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 sein. 12. Inwiefern entspricht die Position des Bundesfinanzministers, der ein öffentliches Country-by-Country-Reporting ablehnt ( w w w . s u e d d e u t sche.de/wirtschaft/unternehmenssteuern-gruene-eu-1.4296481), nach Auffassung der Bundesregierung dem im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Ziel, dass „Steuerdumping, -betrug, und -vermeidung bekämpft“ werden sollten (S. 7)? Ist nach Auffassung der Bundesregierung ein öffentliches Country-by- Country-Reporting notwendig und förderlich für die Steuertransparenz und damit ein geeignetes Instrument gegen Steuerdumping? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13368 Wenn nein, warum nicht, und favorisiert und verfolgt die Bundesregierung einen anderen Ansatz, um Steuerdumping, -betrug, und -vermeidung wirksam zu bekämpfen? Wenn ja, welchen? Die Bundesregierung hat im Rahmen der G20 und der OECD an der Erarbeitung von länderbezogenen Berichtspflichten („Country-by-Country Reporting“) für multinational tätige Unternehmen gegenüber den Steuerbehörden mitgewirkt und einen Austausch der Steuerverwaltungen untereinander gefördert (sogenannter BEPS-Prozess gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen multinational tätiger Unternehmen, „Base Erosion and Profit Shifting“). Die vereinbarten Berichtspflichten hat Deutschland im Jahr 2016 umgesetzt. Es trifft nicht zu, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz ein öffentliches „Country-by-Country-Reporting“ ablehnt. Die Bundesregierung prüft vielmehr den über das bisher Erreichte hinausgehenden Vorschlag der EU-Kommission für die verpflichtende Offenlegung von länderbezogenen Ertragsteuerinformationen durch bestimmte umsatzstarke Unternehmen. Der Vorschlag der Kommission wirft eine Reihe von grundsätzlichen Fragen auf. Das betrifft insbesondere die Frage der Rechtsgrundlage des Vorschlages und das Verhältnis zur bereits eingeführten länderbezogenen Berichtspflicht im Rahmen des internationalen BEPS-Prozesses. 13. Inwiefern kann nach Auffassung der Bundesregierung die ab 2021 geplante Finanztransaktionssteuer von zehn EU-Mitgliedstaaten als „substanziell “ bezeichnet werden (im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 8, wird die Einführung einer „substanziellen Finanztransaktionssteuer “ gefordert), wenn die geschätzten Einnahmen nur 3,6 Mrd. Euro betragen (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/aktiengeschaeftescholz -setzt-auf-mini-fmanztransaktionssteuer/23946782.html), Derivate ausgenommen sind (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/scholzwill -abgespeckte-form-der-finanztransaktionssteuer-16036137.html), und professionelle Anleger die Steuer umgehen könnten, indem sie Transaktionen in einem nicht an der Steuer beteiligten EU-Mitgliedstaat, z. B. in Luxemburg, tätigen (https://boerse.ard.de/anlagestrategie/steuern/boersen steuer-bedroht-kleinanleger 100.html)? Die Einführung einer Finanztransaktionsteuer im europäischen Kontext ist Ziel der Bundesregierung. Eine Finanztransaktionsteuer mit breiter Bemessungsgrundlage war unter den Staaten der Verstärkten Zusammenarbeit nicht konsensfähig . Nach einer deutsch-französischen Initiative haben sich die Finanzministerinnen und Finanzminister der an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Staaten in diesem Jahr darauf verständigt, die Besteuerung von Aktienkäufen nach dem Vorbild der geltenden französischen Finanztransaktionsteuer ausgestalten zu wollen. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung und Bemessungsgrundlage ist noch nicht abschließend geklärt. Die Erfahrungen aus Frankreich zeigen, dass die Finanzmärkte nach Einführung der Finanztransaktionsteuer stabil geblieben sind und die Aktienkäufe nur begrenzt und temporär zurückgingen. 14. Welche der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD aufgelisteten Maßnahmen (Bekämpfung von „Steuerdumping, -betrug, -vermeidung und Geldwäsche gleichermaßen international und in der EU“, „gerechte Besteuerung großer Konzerne, gerade auch der Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon“, „gemeinsame, konsolidierte Bemessungsgrundlage und Mindestsätze bei den Unternehmenssteuern“, „Finanztransaktionsteuer“) sieht die Bundesregierung als geeignetes EU- Drucksache 19/13368 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eigenmittel an, und für welche der genannten und/oder weiterer Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung im Rahmen der laufenden Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 ein (bitte Maßnahmen einzeln mit Angabe der von der Bundesregierung jeweils jährlich erwarteten Einnahmen auflisten)? Die aufgeführten Vorhaben sind wichtige Maßnahmen, um die Besteuerung in Europa noch gerechter zu gestalten und den europäischen Binnenmarkt mit gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle zu stärken. Deutlich davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob damit zusätzliche Finanzquellen für den Haushalt der EU, sogenannte Eigenmittel, eingeführt werden sollten. Die Bundesregierung setzt sich grundsätzlich für ein einfaches, faires und transparenteres System der Eigenmittel ein. Der EU-Haushalt wird bislang zunächst durch die traditionellen Eigenmittel (Zölle) und eine Abgabe der Mitgliedstaaten auf Basis einer harmonisierten Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage finanziert – verbleibende Ausgaben des EU-Haushaltes werden dann durch Beiträge nach Maßgabe des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten gedeckt. Mit neuen Eigenmitteln würde vor allem der Verwaltungsaufwand steigen, die EU- Eigenmittel zu erheben. Deutschland und Frankreich haben vorgeschlagen, Teile einer möglichen Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene zur Finanzierung des künftigen Haushaltsinstruments für die Eurozone heranzuziehen. 15. Welche der im Rahmen der PESCO initiierten Projekte sind aus Sicht der Bundesregierung insbesondere in der Lage, die verstärkte Sicherheitsund Verteidigungspolitik „mit Leben zu füllen“, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angeregt, und welcher Planungs- und Entwicklungsstand besteht bei diesen (bitte einzeln und detailliert aufschlüsseln )? Die europäische Zusammenarbeit bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik soll aus Sicht der Bundesregierung gestärkt und mit Leben gefüllt werden. Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit („Permanent Structured Cooperation“, PESCO) ist eine von mehreren EU-Verteidigungsinitiativen, im Rahmen derer 25 EU-Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten. Somit dienen alle der im Rahmen der PESCO zur Umsetzung der 20 weitergehenden Verpflichtungen beschlossenen Projekte der verstärkten Kooperation zwischen den EU- Mitgliedstaaten im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU als Akteur im internationalen Krisenmanagement. Die jeweiligen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten haben die Arbeit in den einzelnen Projekten aufgenommen. Jedes Projekt hat einen unterschiedlichen Ausgangspunkt und sein eigenes Tempo. Entsprechend befinden sich die Projekte derzeit entweder in der Konzeptionsphase , in der Ausgestaltungsphase oder in der Phase der Herstellung einer vorläufigen Befähigung zum Einsatz. Über die Entwicklungen wird der Bundestag regelmäßig unterrichtet, so in der PESCO Berichterstatter-Gruppe. 16. Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlung der Europäischen Kommission an den Europäischen Rat vom 29. Mai 2019, mit den Ländern Nordmazedonien und Albanien Beitrittsverhandlungen aufzunehmen , und wird sie sich dafür einsetzen, dass die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen auf der Ratstagung im Oktober 2019 beschlossen werden kann? Die Bundesregierung folgt der Empfehlung der Europäischen Kommission und befürwortet die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13368 Nordmazedonien. Nach Auffassung der Bundesregierung sollten allerdings im Falle Albaniens im Zuge des weiteren Prozesses vor der ersten Eröffnung von Verhandlungskapiteln weitere Kriterien in Schlüsselbereichen erfüllt sein, wie die Bundesregierung in ihrem Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble, vom 6. September 2019 näher ausgeführt hat. Vor Zustimmung im Rat muss die Bundesregierung Einvernehmen mit dem Bundestag hergestellt haben. 17. Inwiefern ist es mit der gemeinsamen Zielsetzung „Fluchtursachen umfassend bekämpfen“ zu wollen (S. 8) vereinbar, dass der Großteil des Geldes des EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) nicht in die Herkunftsländer der meisten in der EU Asylsuchenden fließt, sondern in die Transitländer (www.dw.com/de/auf-der-spur-des-geldes-was-sind-diepriorit %C3%A4ten-der-eu-migrationspolitik/a-42594487), und wie wirkt die Bundesregierung innerhalb der EU darauf hin, dass die Empfehlungen des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes Nr. 32/2018 „Der Nothilfe-Treuhandfonds der Europäischen Union (EU) für Afrika: ein flexibles , aber nicht ausreichend fokussiertes Instrument“ und der CONCORD-Studie (https://concord.se/wp-content/uploads/2018/05/ CONCORD_EUTrustFundReport_2018_online.pdf) in der operativen Arbeit besser verankert werden? Der EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) ist eines von mehreren Instrumenten , mit dem die Bundesregierung ihre Zielsetzung verfolgt, Fluchtursachen umfassend zu mindern. Der beim Gipfel der EU mit afrikanischen Staaten in Valletta am 11./12. November 2015 beschlossene Aktionsplan, zu dessen Umsetzung der EUTF aufgelegt wurde, sieht ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten vor. Eine Zuordnung der Mittelvergabe anhand der Kategorien Herkunfts- beziehungsweise Transitländer ist aus Sicht der Bundesregierung nicht zielführend. Zum einen sind viele Länder zugleich als Herkunfts- wie auch Transitländer zu qualifizieren, zum anderen sind viele Vorhaben länderübergreifend angesetzt, so dass eine eindeutige Zuordnung der Mittel in vielen Fällen nicht möglich wäre. Die aktuellen Daten der Mittelverwendung sind der folgenden Website zu entnehmen : https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/region_en. Die Bundesregierung hat ihre Unterstützung für die Empfehlungen des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes Nr. 32/2018 und deren Umsetzung durch die EU- Kommission in den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union vom 16. Mai 2019 (Dok. 9130/19) zum Ausdruck gebracht. Die Bundesregierung hat die in der Fragestellung erwähnte, bereits 2017 durchgeführte CONCORD-Studie zur Kenntnis genommen. 18. Wie koordiniert die Bundesregierung ihr politisches Engagement auf dem afrikanischen Kontinent mit dem politische Engagement der Europäischen Union und der anderen Mitgliedstaaten, und durch welche Instrumente und Mechanismen stellt die Bundesregierung sicher, dass die von ihr in diesem Zusammenhang angestrebte Kohärenz („kohärente Afrika- Strategie“, S. 8) erreicht wird? Die Koordinierung der Afrika-Politik erfolgt auf europäischer Ebene über die dafür in Brüssel vorgesehenen Gremien, insbesondere den Rat für Außenbeziehungen und die diesem vorgeschalteten regional und thematisch ausgerichteten Ratsarbeitsgruppen: die Ratsarbeitsgruppe COAFR für Subsahara-Afrika, die Ratsarbeitsgruppe CODEV für die Entwicklungszusammenarbeit und die Ratsarbeitsgruppe AKP (Afrika-Karibik-Pazifik), die Ratsarbeitsgruppe FAO-Agri für Zusammenarbeit im Bereich Ernährung und Landwirtschaft sowie – the- Drucksache 19/13368 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode menabhängig – der Handelspolitische Ausschuss (TPC). Auch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) und der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) befassen sich regelmäßig mit afrikapolitischen Themen. Koordinierung auf Programm- und Projektebene findet zudem im Rahmen verschiedener Verwaltungsausschüsse statt. Die Bundesregierung stimmt ihre Positionierung in diesen Gremien je nach Thema zwischen den betroffenen Ressorts und dem Bundeskanzleramt ab. Darüber hinaus hält die Bundesregierung regelmäßig afrikapolitische Konsultation mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst und einzelnen in Afrika besonders engagierten Mitgliedstaaten ab. Mit Frankreich besteht ein besonders enger Austausch zu afrikapolitischen Themenstellungen, u.a. über die gegenseitige Teilnahme von Botschaftsmitarbeiterinnen und –mitarbeitern an Abstimmungsrunden zur Afrikapolitik. 19. Mit welchen konkreten Maßnahmen hat sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für die Neuverhandlung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen eingesetzt, um eine „Handelspolitik, die allen zugutekommt und auf Wachstum, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zielt“ (S. 8), zu verwirklichen , da die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sowohl laut des Afrikabeauftragten der Bundesregierung Günter Nooke (Frontal21, 28. Mai 2019) als auch laut Bundesminister Gerd Müller (Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 26. Juni 2019) nicht tragfähig für die nachhaltige Entwicklung der Länder des globalen Südens sind, und zudem von vielen Nichtregierungsorganisationen als ungerecht kritisiert werden (https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/abkom men-epas-sind-falsche-weg)? Die Bundesregierung unterstützt die entwicklungsfreundliche Umsetzung der ausverhandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Sie unterstützt die Partnerländer im Wege der Entwicklungszusammenarbeit darin, ein partizipatives Monitoringsystem aufzubauen, um die Auswirkungen von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen auf wirtschaftliche und soziale Entwicklungen kontinuierlich zu überprüfen. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung die laufende Überprüfung durch die EU-Kommission und steht in einem ständigen Dialog mit Partnerregierungen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu den Auswirkungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Die Bundesregierung befürwortet grundsätzlich die Vertiefung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen , wie sie derzeit von den Partnerländern des südöstlichen Afrika („Eastern and Southern Africa – Economic Partnership Agreement “, ESA-EPA) gewünscht wird. Die Verhandlungen hierzu werden derzeit vorbereitet. Hierbei berücksichtigt die Bundesregierung auch die fortschreitenden Verhandlungen zum Aufbau einer panafrikanischen Freihandelszone, die von der Bundesregierung und von der EU unterstützt werden. 20. Mit welchen konkreten Maßnahmen und Initiativen hat sich die Bundesregierung seit Amtsantritt auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass „die EU beim Klimaschutz international eine Vorreiterrolle“ einnimmt sowie für die „ambitionierte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens“ (S. 8, bitte auflisten), und welche europäischen Maßnahmen und Vereinbarungen sind nach Auffassung der Bundesregierung unerlässlich für die beschriebene „Vorreiterrolle“? Die EU hat sich dazu verpflichtet, bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel wird durch eine Reihe von europäischen Verordnungen und Richtlinien operationalisiert. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13368 Dazu zählen unter anderem die novellierte Emissionshandelsrichtlinie (2003/87/EG), die EU-Klimaschutzverordnung (Nr. 2018/842), die LULUCF- Verordnung (Nr. 2018/841) und Teile der Governance-Verordnung (Nr. 2018/1999). Viele der relevanten Rechtsakte sind 2018 in Kraft getreten. Damit verfügt die EU über einen stabilen und verlässlichen Rahmen für die Klimapolitik, an dem Deutschland, vertreten durch die Bundesregierung, mitgewirkt hat. Darüber hinaus hat sich Deutschland innerhalb der EU dafür eingesetzt , eine ambitionierte Positionierung für die Verhandlungen zum bei der Weltklimakonferenz in Kattowitz im Dezember 2018 beschlossenen Regelbuch zur Umsetzung des Übereinkommens von Paris zu erwirken. Aktuell wird auf EU-Ebene die neue langfristige Klimastrategie diskutiert. Die Europäische Kommission hat dabei das Ziel vorgeschlagen, dass die EU bis 2050 treibhausgasneutral werden solle. Beim Europäischen Rat vom 20. Juni haben 24 von 28 EU-Mitgliedstaaten dieses Ziel unterstützt, darunter auch Deutschland. Deutschland setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass mindestens 25 Prozent der Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 der EU einen Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele leisten sollen. Auf die Antwort zu Frage 22 wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Die Bundesregierung fordert auch, dass der Klimabeitrag des vorgeschlagenen neuen Instruments für Nachbarschaft , Entwicklung und internationale Zusammenarbeit deutlich über den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Zielwert angehoben wird. Darüber hinaus ist die EU wie alle Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris aufgerufen, ihre national bestimmten Klimaschutzbeiträge („Nationally Determined Contributions“, NDCs) bis 2020 mitzuteilen oder zu aktualisieren. Deutschland ist bereit, die EU-NDC wie in Paris vereinbart, bis 2020 mitzuteilen oder unter Berücksichtigung der erforderlichen zusätzlichen gemeinsamen Anstrengungen und der von allen Vertragsparteien ergriffenen Maßnahmen zu aktualisieren. Die Bundesregierung hat im Kontext des deutschniederländischen Klimakabinetts am 22. August 2019 Offenheit für ein ambitionierteres EU-Klimaziel signalisiert. Dazu wäre mit anderen Mitgliedstaaten zu klären, welche verstärkten Beiträge zur EU-internen Minderung sie zu leisten bereit sind. Deutschland hat mit einem nationalen Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, in den letzten Jahren einen sehr großen Teil der Gesamtemissionsreduzierungen getragen und bereits sehr ambitionierte Teile der Reduktion übernommen. Die EU-Kommission und EU-Mitgliedstaaten setzen sich außerdem für den internationalen Klimaschutz ein und prägen damit die Vorreiterrolle der EU. Mit der im Jahre 2016 von Deutschland initiierten NDC-Partnerschaft werden Entwicklungs- und Schwellenländer bei der Umsetzung des Übereinkommens von Paris unterstützt. Für die beschriebene „Vorreiterrolle“ ist es nach Auffassung der Bundesregierung zudem unerlässlich, Forschung, Entwicklung und Innovation mit einer ambitionierten europäischen Forschungspolitik zu fördern. Die Bundesregierung beteiligt sich deshalb an der Initiative „JPI Climate“, einer paneuropäischen zwischenstaatlichen Initiative zum Austausch über Forschungsprogrammatik , gemeinsame europäische Förderbekanntmachungen und andere gemeinsame förderpolitische Anliegen und Initiativen. Drucksache 19/13368 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 21. Weshalb hat die Bundeskanzlerin der Klimainitiative des französischen Präsidenten nicht bereits am 9. Mai 2019 am Rande des Sibiu-Gipfels zugestimmt (www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/inland/ bundeskanzlerin-angela-merkel-blockiert-beim-eu-sondergipfel-in-sibiuklimaziele -von-emmanuel-macron_aid-38714279)? Die Bundesregierung hat beim informellen Treffen des Europäischen Rates am 9. Mai 2019 in Herrmannstadt/Sibiu die Ziele der Klimainitiative unterstützt. Eine Zustimmung zu ihnen konnte erst beim Europäischen Rat am 20./21. Juni erfolgen, da bis dahin noch Gespräche geführt werden mussten. 22. Wie hoch sollte nach Ansicht der Bundesregierung das Klimaziel im Mehrjährigen Finanzrahmen („climate mainstreaming target“; Anteil der Ausgaben der Union, der zur Verwirklichung der Klimaziele ausgegeben werden soll) sein, und mit welcher Begründung sollte das Klimaziel diese Höhe haben? Die Europäische Kommission hat im Mai 2018 vorgeschlagen, dass 25 Prozent der Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 einen Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele leisten sollen. Die Europäische Kommission leitet dieses Ziel aus den erwarteten Klimabeiträgen einzelner Programme her. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch ein noch höheres Klimaziel realisierbar ist und tritt in den Verhandlungen für ein Klimaziel von mindestens 25 Prozent ein. 23. Inwiefern erfüllt das Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit , auf dessen Rahmen sich die Eurogruppe am 14. Juni 2019 geeinigt hat, die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgehaltene Zielsetzung, ein „spezifische[s] Haushaltsmittel für wirtschaftliche Stabilisierung und soziale Konvergenz und für die Unterstützung von Strukturreformen in der Eurozone“ einzurichten (S. 8), wenn das Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit Stabilisierung gar nicht mehr als Ziel oder Funktion nennt? Das Haushaltsinstrument soll laut der Verständigung der Eurogruppe im erweiterten Format Investitionen und Reformen in den Mitgliedstaaten der Eurozone fördern, um so Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz in der Eurozone zu verbessern . Dies würde dazu beitragen, die Resilienz der Mitgliedstaaten zu verbessern und die Stabilität der Eurozone zu fördern. Zudem ist vorgesehen, dass für Mitgliedstaaten in wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Kofinanzierungssätze abgesenkt werden können. Insgesamt könnte ein solches Haushaltsinstrument damit zusätzlich eine stabilisierende Rolle spielen. Mit dem Haushaltsinstrument wird die Eurozone erstmals ein Instrument erhalten, das Schwerpunkte im genannten Bereich eurozonenspezifisch finanziell unterstützt. Die Verständigung der Eurogruppe auf diese Eckpunkte zum Haushaltsinstrument am 14. Juni 2019 war auch Ergebnis intensiver Bemühungen der Bundesregierung in enger Zusammenarbeit mit der französischen Regierung. Ausgangspunkt der Arbeiten zu den am 14. Juni 2019 vereinbarten Eckpunkten für ein Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit waren die Beratungen der Eurogruppe im Herbst 2018 und das auf dieser Basis erteilte Mandat des Eurogipfels vom Dezember 2018. In diesem Kontext wurde auch über mögliche Instrumente zur Stabilisierung einschließlich eines Arbeitslosenrückversicherungssystems diskutiert. Wie die Eurogruppe in ihrem Bericht an den Eurogipfel vom 4. Dezember 2018 dargelegt hat, wurde dabei keine Einigung über Bedarf und Ausgestaltung einer so genannten Stabilisierungsfunktion erzielt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13368 24. Auf welchen Prozentsatz des BNE bezieht sich die Bundesregierung, wenn sie sich im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD dazu bekennt, „zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit zu sein“ (S. 9), und gilt dieses Bekenntnis in gleichem Maße und Umfang auch für den Fall des in Aussicht stehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV)? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass bereits ein Mehrjähriger Finanzrahmen 2021 bis 2027 in Höhe von 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU-27 einen wesentlich höheren deutschen Beitrag zum EU-Haushalt bedeuten würde als bisher. Im Falle des angekündigten Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU wird der deutsche Anteil am EU-Bruttonationaleinkommen steigen. Dieser ist maßgebend für den deutschen Finanzierungsanteil am EU-Haushalt. Der deutsche Finanzierungsanteil wird mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs im kommenden MFR voraussichtlich von derzeit circa 21 Prozent auf circa 25 Prozent steigen, unabhängig vom Verhandlungsergebnis. 25. Inwiefern erfüllt der beim Eurogruppentreffen am 14. Juni 2019 diskutierte Vorschlag zur Änderung des Vertrags über einen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der keine Verpflichtung vorsieht, den ESM in Unionsrecht zu überführen und der keine Verbindungen zum Europäischen Parlament vorsieht, noch die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarte Forderung, den ESM zu einem „parlamentarisch kontrollierten Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln, der im Unionsrecht verankert sein sollte“ (S. 9), und wodurch ist aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet, dass das EU-Parlament nicht nur unterrichtet wird, sondern eine effektive Kontrollfunktion wahrnehmen kann? Die Bundesregierung verhandelt auf europäischer Ebene auf Grundlage der Vereinbarung im Koalitionsvertrag: „Den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wollen wir zu einem parlamentarisch kontrollierten Europäischen Währungsfonds weiterentwickeln, der im Unionsrecht verankert sein sollte. Die Rechte der nationalen Parlamente bleiben davon unberührt.“ Mit der Einigung der Finanzministerinnen und Finanzminister bei der Eurogruppe im erweiterten Format vom 13./14. Juni 2019 über die Änderung des ESM-Vertrages wurde ein erster wichtiger Schritt zur Reform des ESM vollzogen . Wesentliche Bestandteile sind die effizientere Ausgestaltung der vorsorglichen Finanzhilfeinstrumente, die Stärkung der Rolle des ESM, u.a. beim Programmmanagement und im Bereich der Krisenprävention, sowie die Verpflichtung der ESM-Mitglieder zur Einführung von „Single-limb Collective Action Clauses“ (Umschuldungsklauseln, bei denen für eine Schuldenrestrukturierung nur eine Gläubigerabstimmung erforderlich ist) für Staatsschuldentitel mit einer Laufzeit von über einem Jahr ab dem 1. Januar 2022. Daneben soll der ESM unter bestimmten Bedingungen zukünftig als ultimo ratio auch als Letztsicherung für den Europäischen Bankenabwicklungsfonds („Single Resolution Fund“, SRF) eingesetzt werden können. Die Letztsicherung wird in Form eines Darlehens an den SRF ausgestaltet und mittelfristig haushaltsneutral sein, d. h. vom Europäischen Abwicklungsfonds insbesondere durch Erhebung von Sonderabgaben durch den Bankensektor zurückgezahlt. Erst wenn die Arbeiten zu den ergänzenden Rechtstexten – insbesondere ESM- Leitlinien zu den vorsorglichen Kreditlinien und zur Letztsicherung für den Einheitlichen Abwicklungsausschuss („Single Resolution Board“, SRB) sowie Beschlüsse des Gouverneursrats zur Letztsicherung – abgeschlossen sind, kön- Drucksache 19/13368 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nen die Arbeiten zur Ratifikation des ESM-Vertrags begonnen werden. Eine rechtliche Übertragung des so weiterentwickelten ESM bzw. seines Rechtsnachfolgers in den EU-Rechtsrahmen würde gegebenenfalls in einem weiteren Schritt erfolgen, wenn alle rechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang geklärt sind. Dabei wird die Bundesregierung auf eine europa- und verfassungsrechtlich tragfähige Lösung achten, bei der die bestehenden Entscheidungsstrukturen des ESM beibehalten und die Rechte des Deutschen Bundestages vollständig gewahrt würden. Der Entwurf des ESM-Vertrages vom 13./14. Juni 2019 institutionalisiert den Dialog des geschäftsführenden Direktors des ESM mit dem Europäischen Parlament (Erwägungsgrund 7). Zudem wird bestimmt, dass der jährliche Bericht des Prüfungsausschusses dem Europäischen Parlament zugänglich gemacht werden muss (Artikel 30 Absatz 5). Demokratisch legitimiert bleibt das Handeln des ESM über die nationalen Parlamente, wie es in Deutschland verfassungsrechtlich vorgegeben ist. 26. In welchen „wichtigen Fragen der europäischen und internationalen Politik [...] und in Bereichen, in denen die EU mit 27 Mitgliedstaaten nicht handlungsfähig ist“ (S. 9), wurden seit Amtsantritt der Bundesregierung gemeinsame Positionen mit Frankreich erarbeitet (bitte Themen und Zeitpunkt der Verständigung einzeln auflisten), die kurz- und mittelfristig umgesetzt werden können? Welche Initiativen zur Stärkung und Erneuerung der deutschfranzösischen Zusammenarbeit hat die Bundesregierung ihrerseits eingebracht , und welche Vorschläge gingen auf die französischen Partner zurück ? Welche französischen Vorschläge – etwa aus der Sorbonne-Rede des französischen Präsidenten von 2017 – wurden seitens der Bundesregierung nicht unterstützt, und warum nicht (bitte nicht unterstützte Vorschläge und Gründe einzeln auflisten)? Die Bundesregierung koordiniert sich in allen wichtigen Fragen der europäischen und internationalen Politik durchgängig eng mit der französischen Regierung mit dem Ziel, eine gemeinsame Linie zu erarbeiten. Diese Zusammenarbeit ist mit dem Aachener Vertrag am 22. Januar 2019 weiter institutionalisiert worden. Beispiele für die intensive Abstimmung zwischen Deutschland und Frankreich sind die enge deutsch-französische Zusammenarbeit im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2019-2020, die deutsch-französische Roadmap zur entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, die gemeinsame Energieerklärung vom 12. Juli 2018, die Abstimmung im Rahmen der interministeriellen Meseberger Klima-AG (Sitzungen am 6. September 2018 und 29. Mai 2019), das „Manifest für die Industriepolitik“ vom 19. Januar 2019, die enge Abstimmung des Engagements in der Sahelregion sowie das Treffen von Bundesaußenminister Heiko Maas mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian am 19. Juni 2019. Die Erklärung von Meseberg vom 19. Juni 2018 sowie die darauf folgenden gemeinsamen Beiträge von Deutschland und Frankreich haben im Bereich der Fortentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion entscheidend dazu beigetragen , dass man sich auf europäischer Ebene auf die Reform des ESM- Vertrags sowie die Einführung eines Budgetinstruments für die Eurozone verständigen konnte. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/13368 Zu konkreten Politikvorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel stimmen Deutschland und Frankreich sich laufend partnerschaftlich ab. 27. Welche der europapolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird die Bundesregierung im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 voranbringen, und welche konkreten Initiativen sind dazu in Planung, und wie bereitet sich die Bundesregierung auf einen möglichen Abschluss der Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (2021 bis 2027) während der deutschen Ratspräsidentschaft vor? Der Europäische Rat hat im Juni 2019 sein Ziel bekräftigt, in den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU vor Jahresende zu einer Einigung zwischen den Mitgliedstaaten zu gelangen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass dieses Ziel erreichbar ist. Im Anschluss an eine Einigung im Europäischen Rat sind die Zustimmung des Europäischen Parlaments sowie die Verabschiedung zahlreicher Rechtstexte durch die EU-Institutionen erforderlich. Die Bundesregierung wird mögliche Auswirkungen auf die deutsche Ratspräsidentschaft zu gegebener Zeit in ihre Planungen einfließen lassen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4 bis7 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/11763 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/12036 und auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/12352 verwiesen. 28. Wie wird die Bundesregierung den von der designierten Präsidentin der Europäischen Kommission, Dr. Ursula von der Leyen, angekündigten Konsultationsprozess zur Zukunft der EU unterstützen? Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich Elemente der bürgerschaftlichen Beteiligung zu Fragen der Zukunft der EU. Aus diesem Grund hat sie sich bereits 2018 an einem gesamteuropäischen Prozess von Bürgerdialogen zur Zukunft Europas umfassend beteiligt. Sie wird sich auch in den von der gewählten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Konsultationsprozess zur Zukunft der EU aktiv einbringen. 29. Wird die Bundesregierung im Rat den von der zukünftigen EU- Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen angekündigten Kommissionsvorschlag für ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments vorbehaltlos unterstützen (Dr. Ursula von der Leyen „Political Guidelines for the next European Commission 2019-2024“, S. 20)? Wenn nein, warum nicht? Ja. Eine Zusage der Europäischen Kommission, bei mehrheitlichen Entschließungen des Europaparlaments, in denen sie zur Vorlage von Legislativvorschlägen aufgefordert wird, Rechtsakte zu initiieren, ist nach Auffassung der Bundesregierung vom Anwendungsbereich des Artikels 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gedeckt. Die Bundesregierung wird im Rat die von der Europäischen Kommission nach Artikel 225 AEUV vorgelegten Vorschläge entsprechend den im AEUV vorgesehenen Verfahren behandeln. Drucksache 19/13368 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333