Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13012 – Waffenbesitz und Waffeneinsatz von und durch Neonazis V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Immer wieder finden Ermittlungsbehörden im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen legale wie illegale Waffen bei Neonazis. Auch verüben Neonazis mit Waffen zahlreiche Straftaten. Dabei kommen die Waffen nicht nur bei politisch rechts motivierten Straf- und Gewalttaten zum Einsatz, sondern auch bei sonstigen Straftaten durch Neonazis, die keinen unmittelbar politischen Hintergrund haben (www.belltower.news/uebersicht-waffenfunde-bei-rechts extremen-86787/). 1. Über wie viele Rechtsextremisten, die über eine waffenrechtliche Erlaubnis und bzw. oder über Waffen verfügen, hat die Bundesregierung Kenntnis (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Nach Kenntnis der Bundesregierung verfügen mit Stichtag 31. Dezember 2018 792 Rechtsextremisten über waffenrechtliche Erlaubnisse. Aufgrund von laufenden Entzugsverfahren schwankt die Zahl. 2. Zu wie vielen der in Frage 1 abgefragten Personen liegen der Bundesregierung Kenntnisse zu Straftaten und bzw. oder Ermittlungsverfahren vor, die im Zusammenhang mit Waffen stehen (bitte nach Straftatbeständen bzw. Vorwürfen auflisten)? Auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 wird verwiesen. Im Übrigen liegen der Bundesregierung zu Straftaten und/oder Ermittlungsverfahren, die im Zusammenhang mit Waffen stehen und sich auf die in Frage 1 erfragten Personen beziehen , keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag Drucksache 19/13491 19. Wahlperiode 24.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 20. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Sicherstellung illegaler Waffen bei Durchsuchungsmaßnahmen bei Neonazis oder in von Neonazis genutzten Objekten und Fahrzeugen in den Jahren 2018 und 2019, und zu welchen Nachmeldungen ist es in diesem Zusammenhang für 2017 gekommen (bitte nach Gesamtzahl der Fälle, Bundesland, Art der Waffen und Munition, Datum der Durchsuchung, Stand der jeweiligen Ermittlungsverfahren und bzw. oder Verurteilungen sowie Anzahl der Ermittlungsverfahren nach den §§ 129 und 129a des Strafgesetzbuches – StGB aufschlüsseln )? 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Einsatz von legalen und illegalen Waffen durch Neonazis in den Jahren 2018 und 2019 bei der Begehung von Straftaten aus dem Phänomenbereich PMK rechts, und zu welchen Nachmeldungen ist es in diesem Zusammenhang für 2017 gekommen (bitte nach Gesamtzahl der Fälle, Bundesland, Datum und Art der Straftat, Status und Art der eingesetzten Waffen sowie Anzahl der Ermittlungen nach den §§ 129 und 129a StGB aufschlüsseln)? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . In dem nach Anklageerhebung nunmehr beim Oberlandesgericht Dresden anhängigen Verfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) gegen acht Angehörige der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung „Revolution Chemnitz“ hatten am 20. September 2018 noch unter Leitung der Staatsanwaltschaft Chemnitz Durchsuchungen von 13 Objekten und am 1. Oktober 2018 Durchsuchungen von weiteren 17 Objekten, sämtlich in Sachsen, stattgefunden. Dabei wurden vereinzelt mutmaßlich verbotene Gegenstände (Schlagringe, Wurfstern) aufgefunden, die noch der abschließenden waffenrechtlichen Einordnung bedürfen. Entsprechende Strafverfahren werden durch die zuständigen Landesstaatsanwaltschaften geführt. In einem weiteren Ermittlungsverfahren ermittelt der GBA gegen sechs Personen wegen des Verdachts der Gründung einer und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 des Strafgesetzbuchs. Das Verfahren richtet sich gegen Protagonisten der Gruppierung „Wolfsbrigade“. In diesem Verfahren wurden am 30. Juli 2019 elf Objekte in Sachsen-Anhalt, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchsucht. Hierbei wurden nach den Vorschriften des Waffengesetzes verbotene Gegenstände sowie waffenähnliche Gegenstände , deren waffenrechtliche Beurteilung noch aussteht, aufgefunden. Insbesondere befanden sich hierunter eine Armbrust, eine CO2-Waffe, eine Schreckschusswaffe, Schlagstöcke und -ringe, Macheten sowie diverse Messer. In dem Ermittlungsverfahren des GBA wegen Mordes zum Nachteil von Herrn Dr. Walter Lübcke wurden insgesamt 46 Schusswaffen aufgefunden, deren kriminaltechnische Untersuchung und waffenrechtliche Einordnung im Einzelfall noch andauert. Gleiches gilt hinsichtlich weiterer aufgefundener Gegenstände (z. B. Chinaböller, Messer oder auch Sportbögen). Auf die Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12553 vom 21. August 2019, wird Bezug genommen. Ein weiteres Ermittlungsverfahren des GBA richtet sich gegen insgesamt sechs Beschuldigte, die in Verdacht stehen, Mitglieder der rechtsterroristischen Vereinigung „Aryans“ zu sein. In dem Verfahren wurden bisher zehn Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. In den beiden letztgenannten Verfahren müssen weitere Auskünfte unterbleiben . Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange im Einzelfall das Informationsinteresse des Parlaments hinter das berechtigte Geheimhaltungsinteresse zurück. Eine Auskunft zu Erkenntnissen aus dem Ermittlungsverfahren würde konkret weiterge- Drucksache 19/13491 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode hende Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder gar vereiteln, weshalb aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgt, dass das betroffene Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und Strafverfolgung hier Vorrang vor dem Informationsinteresse hat. Im Übrigen ist hinsichtlich etwaiger in der Zuständigkeit der Länder geführter Verfahren darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung zu Sachverhalten der Länder aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung grundsätzlich keine Stellung nimmt. Politisch motivierte Straftaten werden dem Bundeskriminalamt (BKA) im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) gemeldet und in der BKA-Fallzahlendatei Lagebild Auswertung politisch motivierte Straftaten (LAPOS) erfasst. Die Ergebnisse von einzelnen Ermittlungsschritten wie zum Beispiel Durchsuchungen sind kein Erfassungskriterium und werden lediglich in Ausnahmefällen gemeldet beziehungsweise erfasst (beispielsweise in Fällen, in denen sich die phänomenologische Bewertung ändert). Das BKA hat für 2017 und 2018 Sonderauswertungen des KPMD-PMK zu „Waffen/Sprengstoff“ im Phänomenbereich PMK -rechts- durchgeführt. Dabei wird aus den einzelnen relevanten Meldungen der sachbearbeitenden Staatsschutzdienststellen auch die Anzahl der Waffen, die bei rechtsmotivierten Straftaten verwendet beziehungsweise vom Beschuldigten mitgeführt worden sind, manuell erhoben. Eine automatisierte statistische Auswertung des KPMD PMK nach der Anzahl der festgestellten Waffen ist nicht möglich. Im Jahr 2018 wurden demnach insgesamt 1.091 Waffen festgestellt, die den Kategorien Faustfeuerwaffen , Langwaffen, Kriegswaffen/wesentliche Teile, Spreng- u. Brandvorrichtungen , Pyrotechnik, Anscheinswaffen/Sprengattrappen, Gas-, Luft-, Schreckschusswaffen, Hieb- und Stichwaffen, Reizgas/Pfefferspray, Softair-/ Gotchawaffen, Dekowaffen, Wurfgeschoss, sowie sonstige Waffen/gefährliche Werkzeuge zugeordnet wurden. Die Waffen wurden im Zusammenhang mit 563 Straftaten (darunter 235 Gewaltdelikte) festgestellt. Für 2017 wurden insgesamt 676 entsprechende Waffen im Zusammenhang mit 563 Straftaten festgestellt . Bei den Sonderauswertungen wurde nicht zwischen legalen und illegalen Waffen unterschieden. Eine Aufschlüsselung der einzelnen Waffenfunde im Sinne der Frage liegt bezüglich der Sonderauswertungen nicht vor und ist nicht automatisiert abrufbar. Für das laufende Jahr liegen noch keine entsprechenden Auswertungen vor. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Schießübungen von Neonazis mit legalen wie illegalen Waffen in den Jahren 2018 und 2019 im Inund Ausland, und zu welchen Nachmeldungen ist es in diesem Zusammenhang für 2017 gekommen (bitte nach Gesamtzahl der Fälle, Bundesland, Ort und Art der Schießübung, verwendeten Waffen und organisatorischem Hintergrund der an den Schießübungen beteiligten Neonazis sowie Ermittlungen nach den §§ 129 und 129a StGB auflisten)? Für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 9. September 2019 sind der Bundesregierung 15 Fallkomplexe bekannt geworden, in denen Rechtsextremisten einzelne oder auch mehrere aufeinanderfolgende Schießübungen abgehalten haben. In etwa zwei Drittel der Fallkomplexe fanden die Schießübungen im europäischen Ausland statt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu Schusswaffen- und Wehrsporttrainings deutscher Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13491 Neonazis im In- und Ausland auf Bundestagsdrucksache 18/7052 und auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. – Waffenbesitz und Waffeneinsatz von und durch Neonazis – auf Bundestagsdrucksache 18/12267 verwiesen. Der Bundesregierung liegen keine Nachmeldungen vor. 6. In wie vielen Fällen wurden bei Straf- und Gewalttaten gegen Flüchtlingsund Asylunterkünfte, die sich 2018 und 2019 ereigneten, legale bzw. illegale Schusswaffen durch die Täterinnen und Täter verwendet, und zu welchen Nachmeldungen ist es in diesem Zusammenhang für 2017 gekommen (bitte nach Datum, Art der Schusswaffe, Tatort, Bundesland auflisten)? Zur Fragestellung können mittels LAPOS-Recherche nachfolgend aufgelistete Fälle mitgeteilt werden (Stand: 6. September 2019). Eine Differenzierung zwischen „legalen“ und „illegalen“ Waffen ist anhand von LAPOS nicht möglich. Da Nachmeldungen in LAPOS nicht gesondert ausgewiesen werden, sind in der Tabelle alle Fälle seit dem Jahr 2017 aufgeführt. Tatzeit Bundesland Tatort Art der Schusswaffe 17.01.2017 TH Erfurt Druckluftwaffe 25.01.2017 NW Marl Unbekannt 01.02.2017 BE Berlin Nicht bekannt 02.03.2017 NW Ratingen Zwille 13.03.2017 BW Erbach Druckluftwaffe 02.04.2017 NW Bornheim Zwille 21.06.2017 NW Gummersbach Unbekannt 17.07.2017 NW Lippstadt Druckluftwaffe 18.10.2017 BW Offenburg Luftgewehr 18.11.2017 BW Aalen Druckluftwaffe 16.12.2017 BB Rangsdorf Pistole (nicht bekannt, ob scharfe Waffe) 25.12.2017 NW Erftstadt Druckluftwaffe 10.03.2018 NW Werther Druckluftwaffe 12.03.2018 NW Bielefeld Druckluftwaffe 12.03.2018 SN Chemnitz Druckluftwaffe 28.03.2018 NW Köln Unbekannt 09.06.2018 NW Elsdorf Druckluftwaffe 19.07.2018 NW Köln Druckluftwaffe 31.08.2018 SN Dresden Druckluftwaffe 06.03.2019 NW Höxter Druckluftwaffe Drucksache 19/13491 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. In wie vielen Fällen wurden bei Straf- und Gewalttaten gegen Flüchtlinge und Asylbewerber, die sich 2018 und 2019 ereigneten, legale bzw. illegale Schusswaffen durch die Täterinnen und Täter verwendet und zu welchen Nachmeldungen ist es in diesem Zusammenhang für 2017 gekommen (bitte nach Datum, Art der Schusswaffe, Tatort, Bundesland auflisten)? Zur Fragestellung können mittels LAPOS-Recherche nachfolgende Fälle mitgeteilt werden (Stand: 6. September 2019). Eine Differenzierung zwischen „legalen “ und „illegalen“ Waffen ist anhand von LAPOS nicht möglich. Da Nachmeldungen in LAPOS nicht gesondert ausgewiesen werden, sind in der Tabelle alle Fälle seit dem Jahr 2017 aufgeführt. Tatzeit Bundesland Tatort Art der Schusswaffe 14.01.2017 SN Döbeln Druckluftwaffe 07.05.2017 SN Gröditz Unbekannte Schusswaffe 18.06.2017 NI Hannover Unbekannte Schusswaffe 23.06.2017 NW Werne Unbekannte Schusswaffe 14.07.2017 BB Templin Luftgewehr 09.08.2017 MV Rostock Pistole (unklar ob scharfe Waffe) 18.08.2017 NW Mülheim an der Ruhr Schreckschusswaffe 19.08.2017 BB Prenzlau Revolver (unklar ob scharfe Waffe) 02.09.2017 BE Berlin Schreckschusspistole 12.10.2017 NW Roetgen Schreckschusswaffe 14.10.2017 RP Mainz Kurzwaffe (Schusswaffe) 27.10.2017 BW Offenburg Schreckschusspistole 31.10.2017 RP Pirmasens Druckluftwaffe 13.11.2017 BB Lübben/Spreewald Pistole (unklar ob scharfe Waffe) 08.12.2017 TH Meiningen Schreckschusspistole 28.12.2017 TH Schlotheim Pistole (unklar ob scharfe Waffe) 02.02.2018 ST Halle/Saale Unbekannte Schusswaffe 11.04.2018 BW Emmendingen Schreckschusswaffe 28.05.2018 BW Baden-Baden Kurzwaffe (unklar ob scharfe Waffe) 22.10.2018 SN Flöha Pistole (unklar ob scharfe Waffe) 09.11.2018 BB Prenzlau Revolver (unklar ob scharfe Waffe) 24.12.2018 SN Dresden Paintball-Waffe 10.02.2019 SN Görlitz Schreckschusswaffe 23.03.2019 BY Herzogenaurach Revolver (unklar ob scharfe Waffe) 09.04.2019 NW Leverkusen Schreckschusswaffe 22.07.2019 HE Wächtersbach Faustfeuerwaffe Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13491 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333