Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 16. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1358 19. Wahlperiode 21.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Anton Friesen und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/788 – Flüchtlingshilfe im Libanon V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Libanon ist eines der wichtigsten Zielländer für Migranten und Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten (www.kas.de/wf/de/33.43072/). Nach Auffassung der Fragesteller ist die humanitäre Leistung des Libanon beeindruckend und überaus anerkennenswert. Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland Syrien können auf diesem Wege vor Ort Schutz finden. Außerdem können sie nach Beendigung der Kampfhandlungen in ihren Herkunftsländern schnell wieder dorthin zurückkehren, um beim Wiederaufbau zu helfen. Es ist zudem im deutschen und europäischen Interesse, den Menschen vor Ort zu helfen und ihnen eine Perspektive zu geben. Damit werden sie von dem nach Auffassung der Fragesteller menschlich nachvollziehbaren Gedanken abgehalten, illegal nach Europa einzuwandern, um dort ihren sozioökonomischen Lebensstandard zu verbessern. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) leben über eine Million Flüchtlinge aus Syrien im Libanon. Nur die Türkei hat mit 3,3 Millionen Syrern mehr Flüchtlinge aufgenommen. Das UNHCR schätzt zudem, dass ca. 70 Prozent der dortigen Flüchtlinge unter der Armutsgrenze leben. Es gibt im Libanon zudem keine offiziellen Flüchtlingslager für Syrer, weswegen die Flüchtlinge sich auf das gesamte Staatsgebiet verteilen und in überfüllten Unterkünften auf engstem Raum leben müssen (www.unhcr.org/syriaemergency .html). Die humanitäre Lage von Flüchtlingen im Libanon ist nach Auffassung der Fragsteller derzeit völlig unzureichend und muss dringend verbessert werden. Auch der libanesische Präsident Michel Aoun erklärte bereits im vergangenen Jahr, dass sein Land die Situation nicht mehr bewältigen könne (www.zeit. de/politik/ausland/2017-10/libanon-fluechtlinge-praesident-michel-aoun). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1358 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. In welcher Höhe erhielt der Libanon seit 1991 Entwicklungshilfe durch die Bundesrepublik Deutschland? Detaillierte Daten zu den öffentlichen Entwicklungsleistungen („ODA – Official Development Assistance“) der Bundesrepublik Deutschland liegen derzeit bis einschließlich 2016 vor. Die gesamten bilateralen „Brutto-ODA-Leistungen“ für Libanon in den Jahren 1991 bis 2016 summieren sich auf über 1 Mrd. Euro. Der Großteil der ODA-anrechenbaren Leistungen bezieht sich auf Maßnahmen, die zwar im Libanon umgesetzt werden, bei denen die Zahlungen jedoch nicht an die libanesische Regierung erfolgen. ODA-anrechenbare Zahlungen werden insbesondere vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und vom Auswärtigen Amt (in geringerem Umfang auch von anderen Ressorts) geleistet. Die Höhe der ODAanrechenbaren Unterstützungsleistungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und des Auswärtigen Amts beträgt für den Libanon im Jahr 2017 374,1 Mio. Euro. Die genauen ODA-Daten für das Jahr 2017 liegen frühestens Ende des Jahres 2018 vor. 2018 hat die Bundesregierung bislang Mittel in Höhe von 27,9 Mio. Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe in Libanon zugesagt. Im Übrigen wird auch auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/1086 vom 2. März 2018 verwiesen. 2. In welche Höhe erhielt der Libanon seit 1991 welche weiteren Fördermittel durch die Bundesrepublik Deutschland? Zusätzlich zu den in Antwort 1 aufgeführten Mitteln kamen im Bereich Ertüchtigung auch Mittel zum Einsatz, die nicht in den ODA-Meldungen enthalten sind. Die Aufstellung und Bezifferung dieser Mittel kann nicht offen erfolgen. Die Einstufung der Antwort auf die Frage als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung, VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Diese Informationen werden daher als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* 3. Welche Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich im Libanon in der Flüchtlingshilfe engagieren, werden seit 1991 durch Fördermittel unterstützt und in welcher Höhe? Durch die Bundesregierung wurden seit 1991 folgende Nichtregierungsorganisationen gefördert, die in Libanon Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge durchführen: AMICA e. V. Freiburg, Arche noVa – Initiative für Menschen in Not e. V., Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft gGmbH, CARE Deutschland-Luxemburg e. V., Caritas International e. V./ Deutscher Caritasverband e. V., Diakonie Katastrophenhilfe e. V., Don Bosco Mondo e. V., Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe Bonn, Flüchtlingskinder im Libanon * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1358 e. V., Forum Ziviler Friedensdienst, Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e. V., Heinrich-Böll-Stiftung e. V., HelpAge Deutschland e. V., Humedica e. V., IPSO gGmbh, Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V., Kindernothilfe e. V., Malteser International e. V., Medico International e. V., Save the Children Deutschland e. V., SOS-Kinderdörfer weltweit e. V., Welthungerhilfe e. V., World Vision Deutschland e. V. Die Förderhöhe betrug insgesamt rund 80,78 Mio. Euro. 4. Welche Regierungsorganisationen, die sich im Libanon in der Flüchtlingshilfe engagieren, werden seit 1991 durch Fördermittel unterstützt und in welcher Höhe? Für die Umsetzung der Vorhaben der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit wurden im Libanon seit 1991 die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bzw. ihre Vorgängerorganisationen, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit insgesamt 494,1 Mio. Euro beauftragt. 5. Erachtet die Bundesregierung die derzeitige Förderhöhe für den Libanon als ausreichend (bitte begründen)? Die Bundesregierung ist einer der Hauptgeber für Unterstützungsmaßnahmen in der Region und damit auch im Libanon, siehe auch Antwort zu Frage 1. Für den Bereich der humanitären Hilfe prüft die Bundesregierung regelmäßig den in den nationalen und internationalen Hilfsplänen gemeldeten Unterstützungsbedarf . Auf Grundlage dieser Informationen entwickelt die Bundesregierung in Abstimmung mit anderen Geberstaaten, den Vereinten Nationen und weiteren relevanten Akteuren ihren strategischen Ansatz. Aufgrund steigenden Bedarfs hat die Bundesregierung seit 2012 ihre Mittel für Hilfsmaßnahmen in Syrien und den Nachbarländern kontinuierlich erhöht. Die Bundesregierung ist einer der größten bilateralen Geber für den Libanon und hat ihre anlässlich der internationalen Syriengeberkonferenzen in London (2016) und Brüssel (2017) gegebenen Zusagen vollständig erfüllt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 7, 11 bis 14 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/1047 vom 28. Februar 2018 verwiesen. 6. Wurden bereits zugesicherte Fördermittel zum Zwecke der Flüchtlingshilfe im Libanon noch nicht ausgezahlt? Falls ja, warum nicht, wann geschieht dies, und wie hoch ist die Fördersumme ? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es bislang zu keiner verzögerten Auszahlung gekommen. 7. In welcher Höhe plant die Bundesregierung, den Libanon in den nächsten Jahren finanziell zu unterstützen? Ziel der Bundesregierung ist es, auch in den kommenden Jahren weiterhin verlässlicher Partner der libanesischen Regierung zu bleiben. Über weitere Zusagen für die nächsten Jahre entscheidet die Bundesregierung zu gegebener Zeit und mit Zustimmung des Deutschen Bundestages. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1358 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Ist die Auszahlung der Fördermittel an Bedingungen geknüpft? Fördermittel werden ausgezahlt, wenn die zu unterstützende Maßnahme nach den jeweiligen Zielen, Förderungskriterien und einschlägigen Richtlinien der Bundesregierung förderungswürdig ist. In diesem Rahmen werden auch die Prioritäten des Partnerlandes berücksichtigt und die Verwendung der Haushaltsmittel für die Maßnahme geprüft. Weitere Bedingungen zur Auszahlung von Fördermitteln ergeben sich aus der Bundeshaushaltsordnung und weiteren zuwendungsrechtlichen Vorgaben. 9. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Fördermittel nicht von der radikalislamischen Hisbollah oder anderen extremistischen Organisationen zweckentfremdet werden? Die Bundesregierung hat sich zur Einhaltung der Sanktionsregime der Vereinten Nationen und der Europäischen Union verpflichtet. Förderanträge werden durch die Bundesregierung umfassend sanktionsrechtlich geprüft und die Partner- und Durchführungsorganisationen aufgefordert, vor Weitergabe von Projektmitteln an Dritte zu prüfen, dass keine Bereitstellung an international sanktionierte Personen oder Organisationen erfolgt. 10. Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtslage im Libanon? Die Bundesregierung erachtet die Menschenrechtslage im Libanon trotz bestehender Problemfelder im regionalen Vergleich insgesamt als relativ gut. Der Libanon verfügt über eine vielfältige Medienlandschaft. Kritik an der Regierung ist möglich und üblich, jedoch werden die meisten Medien selbst von Parteien oder Politikern kontrolliert. Politische Zensur im engeren Sinne findet nicht statt. 11. Wie viele Flüchtlinge halten sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Libanon auf? Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sind in Libanon 995 512 syrische Flüchtlinge registriert (Stand: 31. Januar 2018). Des Weiteren sind in Libanon rund 470 000 palästinensische Flüchtlinge beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UN- RWA) registriert, von denen etwa 180 000 in den zwölf Flüchtlingslagern und in den 42 sogenannten Gatherings (Sammlungsorte in der Nähe der Flüchtlingslager , die jedoch nicht Teil der offiziellen Lagerstrukturen sind) leben. Ferner waren 2016 insgesamt 21 700 Flüchtlinge aus anderen Herkunftsländern beim UNHCR registriert. 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Versorgung von Flüchtlingen im Libanon , insbesondere im Hinblick auf Wasser und andere Lebensmittel? Der Zugang zu Trinkwasser ist regional unterschiedlich, vor allem in den informellen Zeltsiedlungen sind die Flüchtlinge auf die Trinkwasserversorgung über Tanks und Wasserlieferungen angewiesen. Insgesamt ist Trinkwasser für die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge verfügbar. Die größte Hürde stellt wegen der sehr begrenzten Einkommensmöglichkeiten für syrische Flüchtlinge die Bezahlbarkeit sauberen Trinkwassers dar. Hinsichtlich der Nahrungsmittelversorgung ist der überwiegende Teil der Flüchtlinge von humanitären Hilfeleistungen abhängig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1358 13. Zu wie vielen Übergriffen auf Migranten und Flüchtlinge kam es nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 im Libanon? Der Bundesregierung liegen keine Fallzahlen zu Übergriffen auf Migranten und Flüchtlinge im Libanon vor. 14. Wie gestaltet sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Lage für religiöse Minderheiten wie beispielsweise Christen, Jesiden und Juden im Libanon? Die Religionsfreiheit ist von der libanesischen Verfassung geschützt. Es gibt 18 staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften. Hierzu gehören zwölf christliche Konfessionen sowie eine kleine Anzahl an jüdischen Gemeinden. Der Libanon ist kein traditionelles Siedlungsgebiet der Jesiden, jedoch sind unter den irakischen Flüchtlingen im Libanon einige wenige Jesiden. Die politische Macht ist im Libanon nach konfessionellen Gesichtspunkten verteilt, jeweils 50 Prozent der Parlamentssitze werden von Christen und Muslimen verschiedener Glaubensrichtungen besetzt, Christen stellen den Staatspräsidenten, Sunniten den Premierminister und Schiiten den Parlamentspräsidenten. 15. Wie wirkt sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Zuwanderung von Migranten und Flüchtlingen im Allgemeinen auf die politische und gesellschaftliche Stabilität im Libanon aus? 16. Wie wirkt sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Zuwanderung von überwiegend sunnitischen Flüchtlingen aus Syrien im Speziellen auf die politische und gesellschaftliche Stabilität im Libanon aus? Die Fragen 15 und 16 werden zusammen beantwortet. Die allgemeinen Auswirkungen der Präsenz einer großen Zahl von Flüchtlingen und der Zuwanderung von Migranten in den Libanon sind uneinheitlich. Mit seiner stark auf den internationalen Handel basierten Wirtschaft profitiert der Libanon zum einen von Migrationsbewegungen, die zu einer Intensivierung und Vertiefung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beziehungen mit anderen Ländern führen. Andererseits hat sich der Syrienkonflikt seit 2011 deutlich negativ auf das Investitionsklima, den Tourismus und den Außenhandel in Libanon ausgewirkt. Die Aufnahme von über einer Million Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien führt zudem zu einer fiskalischen Mehrbelastung und strapaziert die öffentliche Versorgung . Die internationale Gemeinschaft unterstützt Libanon umfassend dabei, die Auswirkungen des Syrienkonflikts zu lindern. Diese stellen eine große Bürde für die libanesische Politik und Gesellschaft dar, sie haben jedoch bislang die staatliche Stabilität insgesamt nicht in Frage gestellt. 17. Unterhält die Bundesregierung formelle oder informelle Kontakte zur syrischen Regierung, um die humanitäre Lage von Flüchtlingen in den Grenzregionen zum Libanon zu verbessern (bitte begründen)? Die Bundesregierung unterhält keinerlei formelle oder informelle Kontakte zur syrischen Regierung. Die Lage der Flüchtlinge ist Gegenstand der Gespräche der auch von Deutschland unterstützen Organisationen der Vereinten Nationen mit der syrischen Regierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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