Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Agnieszka Brugger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/12349 – Deutsche und europäische Zusammenarbeit mit der Republik Tschad V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Tschad ist eines der ärmsten Länder der Erde und belegt auch bei Indizes wie Geschäftsklima, Korruption, Ernährungslage und demokratischen Freiheiten einen der letzten Plätze. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 20 Prozent, außerhalb der Hauptstadt haben nur 2 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom. Aufgrund der prekären Menschenrechtslage hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land 2012 offiziell beendet, regionale Programme und Übergangshilfe bestehen fort und Humanitäre Hilfe, EU- Programme sowie Maßnahmen zur Stabilisierung werden ausgebaut (www.aus waertiges-amt.de/de/aussen%20politik/laender/tschad-node/-/225762). Diktator Idriss Deby regiert das Land mit harter Hand. Während sich nach Ansicht der Fragesteller eine korrupte Elite bereichert, werden Opposition und Zivilgesellschaft schikaniert und Proteste gewaltsam unterdrückt. Sowohl durch den innenpolitischen Druck, als auch aufgrund der fragilen Lage in den Nachbarstaaten , spitzt sich die Sicherheitslage im Land zu. Verschärfend kommen die extremen und zum Teil lebensbedrohlichen Auswirkungen des Klimawandels für Mensch, Tier und Natur hinzu (www.zdf.de/nachrichten/heute/uno-warntvor -fluchtwelle-aus-tschadsee-region-100.html). Deutschland und die Europäische Union sehen den Tschad dennoch als Stabilitätsanker in der Region. Die Europäische Union arbeitet mit dem Deby-Regime insbesondere im Bereich der Migrationskontrolle zusammen. Zudem wird die G5-Sahel-Kooperation umfangreich unterstützt (www.dw.com/de/amnesty-tschad-bringt-politischegegner -zum-schweigen/a-40509959).  1. Wie schätzt die Bundesregierung a) die Menschenrechtslage in der Republik Tschad, Die Menschenrechtslage in der Republik Tschad ist nach wie vor in vielen Bereichen defizitär. Es wurden noch nicht alle im Jahre 2013 ausgesprochenen 173 Empfehlungen des Universellen Staatenüberprüfungsverfahrens („Universal Periodic Review“) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (VN) angenommen. Die Rechtslage zum Schutz von Kinder- und Frauenrechten wur- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13611 19. Wahlperiode 26.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Auswärtigen Amts vom 24. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. de zwar verbessert, so durch Verbot der Kinderehe sowie Strafbewehrtheit von Genitalverstümmelung. Sie wird jedoch in besorgniserregendem Maße verletzt. b) die Situation der Zivilgesellschaft in der Republik Tschad, Der Raum für eine aktive Zivilgesellschaft in der Republik Tschad ist eng. Gruppierungen der Zivilgesellschaft sind teilweise Druck von Regierungsseite ausgesetzt. Die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ist derzeit nicht voll gewährleistet. Meinungs-, Medien-, und Pressefreiheit sind eingeschränkt (Rang 122 von 180 der Rangliste der Pressefreiheit 2019 von Reporter ohne Grenzen, abrufbar unter www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/ Presse/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2019/Rangliste_der_Pressefrei heit_2019.pdf). Radiosender, die noch immer das Hauptmedium zur Nachrichtenverbreitung in der Bevölkerung sind, unterliegen strengen Kontrollen. c) die Rechtsstaatlichkeit in der Republik Tschad, Durch die Ausrufung der neuen Verfassung am 4. Mai 2018 werden die Garantie der bürgerlichen und zivilen Rechte und die Gewaltenteilung teilweise in Frage gestellt. Trotz Fortschritten in der Gesetzgebung zum Schutz individueller Rechte mangelt es an der Umsetzung. Gepaart mit einer weiterhin schwierigen Haushaltslage bleiben Korruption (Rang 165 von 180 des „Corruption Perception Index“ 2018 von Transparency International) und Machtmissbrauch insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, Justiz und im Sicherheitsapparat Problembereiche. d) die Rolle der Opposition in der Republik Tschad, Aufgrund des beschränkten Raumes für die Zivilgesellschaft sowie Menschenrechtseinschränkungen ist die Bildung von Oppositionsgruppen schwierig. Die Opposition in der Republik Tschad hat nicht am Nationalen Forum zur Ausarbeitung der neuen Verfassung teilgenommen und bewertet die Wiederwahl von Staatspräsident Idriss Déby im Jahr 2016 als unrechtmäßig. Die Eingabe der Opposition an das Verfassungsgericht, mit der sie – in Einklang mit der bis dato geltenden Verfassung – ein Referendum für die Verabschiedung der neuen Verfassung forderte, wurde abgelehnt. Derzeit ist der Dialog zwischen Staatspräsident und Opposition im Rahmen des „Comité National de Dialogue Politique“ (CNDP) unterbrochen. Es gibt Versuche, das Format wieder zu beleben. e) Wirtschaftslage und Auslandsverschuldung in der Republik Tschad, Die Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2015 ist nicht überstanden, trotz massiver Unterstützung aus dem Ausland. Nach dem damaligen Einbruch des Ölpreises und den damit verbundenen negativen Entwicklungen für den Staatshaushalt der Republik Tschad hat sich der Preis pro Barrel auf dem Weltmarkt leicht erholt und zu einer leichten Verbesserung der Wirtschaftslage geführt. Das Klima für Auslandsinvestitionen in der Republik Tschad ist weiterhin schwierig. 70 Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft. Das Land ist kaum urbanisiert. Zur Auslandsverschuldung der Republik Tschad liegen der Bundesregierung keine eigenen Daten vor. Auf die jüngste Schuldentragfähigkeitsanalyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird verwiesen: www.imf.org/external/ pubs/ft/dsa/pdf/2018/dsacr18108.pdf. Drucksache 19/13611 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. f) die humanitäre Situation in der Republik Tschad und Die Republik Tschad ist von den Auswirkungen der humanitären Krisen in den Nachbarländern Kamerun, Libyen, Niger, Nigeria, Sudan und Zentralafrikanische Republik betroffen. Zusätzlich belasten wiederkehrende Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen sowie damit verbundene Ernteausfälle das Land. Aufgrund von Vertreibungen durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram sind die humanitären Bedarfe in der Region Lac im Westen der Republik Tschad besonders groß. Insgesamt sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Republik Tschad 4,3 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter nach Angaben von UNHCR rund 468.047 Flüchtlinge aus Nachbarländern und 133.338 Binnenvertriebene (Stand: 31. August 2019, abrufbar unter https://m.reliefweb.int/report/3298963). Staatlichen Strukturen mangelt es in weiten Teilen an Kapazitäten, um eine minimale soziale Grundversorgung zu sichern und das staatliche Gewaltmonopol aufrecht zu erhalten . Angesichts der langanhaltenden humanitären sowie der in zyklischen Abständen wiederkehrenden ökonomischen Krisen mangelt es Bevölkerung und staatlichen Strukturen an Krisenbewältigungskapazitäten und nachhaltigen Entwicklungsperspektiven. g) die aktuelle Zusammenarbeit mit der Republik Tschad ein? Die Zusammenarbeit mit der Republik Tschad findet maßgeblich in multilateralen Formaten, wie beispielsweise der G5 Sahel Kooperation, der Tschadseebeckenkommission („Lake Chad Basin Commission“ – LCBC), den Institutionen der VN sowie mit der Delegation der Europäischen Union (EU) vor Ort statt. Deutsche Positionen gegenüber der Regierung der Republik Tschad werden auch im Politischen Dialog gemäß Artikel 8 des Partnerschaftsabkommens von Cotonou vertreten. Die Zusammenarbeit aller genannter Partner und die Zusammenarbeit mit der tschadischen Regierung ist zur Lösung regionaler Krisen von großer Bedeutung.  2. Was sind die Grundsätze der deutschen Tschad-Politik? Die Bundesregierung verfolgt im Sahel einen kohärenten und vernetzten Ansatz , der unter anderem humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Stabilisierung , Zusammenarbeit im Polizeibereich sowie Kooperation im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik umfasst. Die Bundesregierung verfolgt diesen Ansatz auch in der Republik Tschad als wichtigem Land der Sahelzone und Mitglied der G5 Sahel. Die Bundesregierung stimmt ihr Engagement regelmäßig und eng mit internationalen und regionalen Partnern ab. a) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Auswärtigen Amt auf den Tschad spezialisiert, und in welchen Referaten arbeiten sie? Im Auswärtigen Amt beschäftigen sich drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Arbeitsstab Sahel und an der Botschaft N’Djamena mit der Republik Tschad. Darüber hinaus beschäftigt sich eine größere Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswärtigen Amts im Rahmen von Querschnittsaufgaben mit der Republik Tschad, vor allem in den Bereichen humanitäre Hilfe, Stabilisierung und Menschenrechte; mangels klarer Abgrenzbarkeit ist eine genaue Zahlenangabe hierzu nicht möglich. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. b) Wie war der Botschafterinnen- bzw. Botschafterposten in den vergangenen fünf Jahren besetzt, und über welche Personalausstattung verfügt die Botschaft? Der Botschafterinnen- bzw. Botschafterposten war in den vergangenen fünf Jahren durchgängig besetzt. An der deutschen Auslandsvertretung in N’Djamena ist außerdem eine entsandte Beamtin des gehobenen Dienstes sowie ein Bundespolizist tätig. Ein Militärattaché ist darüber hinaus für den Tschad nebenakkreditiert . Des Weiteren sind 14 lokale Beschäftigte in der Auslandsvertretung tätig. c) Was tut die Bundesregierung, um mit der Europäischen Union und v. a. mit Frankreich eine gemeinsame Politik zum Tschad zu erarbeiten? Die Bundesregierung steht in regelmäßigem und engem Kontakt mit den Institutionen der EU und Frankreich, um das gemeinsame Engagement in der Republik Tschad und der gesamten Sahel-Region in verschiedenen Formaten zu koordinieren.  3. Wie bewertet die Bundesregierung die Fortschritte im Tschad im Bereich gute Regierungsführung und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklungen in der Republik Tschad aufmerksam . Die Bundesregierung unterstützt die Weiterentwicklung rechtsstaatlicher Strukturen gemeinsam mit internationalen Partnern.  4. Plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund der grassierenden Korruption und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen (www.dw.com/de/ amnesty-tschad-bringt-politische-gegner-zum-schweigen/a-40509959) personenbezogene Sanktionen gegen Mitglieder der tschadischen Elite, bzw. sind der Bundesregierung derartige Planungen auf europäischer Ebene bekannt? Es gibt keine gesetzliche Grundlage zur Verhängung nationaler Sanktionen durch die Bundesregierung. Planungen auf europäischer Ebene sind ihr nicht bekannt.  5. Mit welchen Partnern arbeitet die Bundesregierung in den Bereichen gute Regierungsführung, Friedenssicherung und Krisenprävention im Tschad zusammen? Die Zusammenarbeit in den in der Fragestellung genannten Bereichen erfolgt einerseits in multilateralen Formaten, im Rahmen regionaler Ansätze, etwa über Unterstützung der G5 Sahel, sowie bilateral. Die bilateralen Projekte werden über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und internationale Nichtregierungsorganisationen (Care, Diakonie, Deutscher Caritas Verband, Help) in Zusammenarbeit mit nationalen, subnationalen und lokalen Behörden sowie mit der Zivilgesellschaft umgesetzt. Auf staatlicher Seite gehören dazu u.a. das Ministerium für Wirtschaft, Planung und internationale Zusammenarbeit (MEPD), die Direktion der Internationalen Nichtregierungsorganisationen sowie die „Comités Departemental d’Action“ (CDA) und die „Comités Local d’Action“ (CLA). Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 9 (Anlage 1) verwiesen. Drucksache 19/13611 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  6. Wie unterstützt die Bundesregierung die Verbesserung der humanitären Lage der Menschen, die im Kontext der Klimakrise vertrieben wurden, und welche langfristigen humanitären und sicherheitspolitischen Strategien zum Schutz dieser Menschen verfolgt die Bundesregierung? Die Bundesregierung engagiert sich seit 2012 für Mechanismen, die Betroffenen von Vertreibung, die durch Katastrophen und Klimawandel ausgelöst wurde , Unterstützung und humanitären Schutz bieten. So hat die Bundesregierung in der Steuerungsgruppe der Nansen-Initiative zu katastrophen- und klimawandelinduzierter Vertreibung („Nansen Initiative on Disaster-Induced Cross- Border Displacement“) mitgewirkt und die aus dieser Initiative hervorgegangene Nansen-Schutz-Agenda unterstützt. Um die Umsetzung der Empfehlungen der Nansen-Schutz-Agenda voranzutreiben, hat die Bundesregierung 2016 die „Platform on Disaster Displacement“ (PDD) ins Leben gerufen. Einer der unter deutschem Vorsitz 2017 bis 2018 vorangetriebenen Schwerpunkte ist die Entwicklung von regionalspezifischen Regelungen zum Schutz von Menschen im Kontext von katastrophen- und klimawandelbedingter Vertreibung. In der Republik Tschad wirkt sich der Klimawandel als Risikomultiplikator aus. Die Folgen des Klimawandels können zusammen mit anderen Faktoren die humanitäre und die Sicherheitslage verschärfen. Neben klimabedingten Faktoren für Migration und Vertreibung sind terroristische Gruppen für Flucht und Vertreibung im Tschadseeraum verantwortlich. Die Bundesregierung leistet in der Republik Tschad humanitäre Hilfe, um die Versorgung von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen zu gewährleisten. Auf die Antwort zu Frage 8 und die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/10345 wird verwiesen.  7. Geht die Bundesregierung von Parlamentswahlen noch in diesem Jahr aus? Bislang wurde weder eine Wahlkommission eingesetzt, die viele technische Entscheidungen für die Wahlen zu treffen hat, noch wurde ein Budget oder eine Terminplanung für den Ablauf der Wahlen vorgelegt. Die Voraussetzungen für eine Durchführung der Wahlen noch in diesem Jahr liegen bislang nicht vor. a) Geht die Bundesregierung von fairen und freien Wahlen aus? Der derzeitige Planungsstand der Wahlen lässt hierzu noch keine Rückschlüsse zu. b) Geht die Bundesregierung davon aus, dass internationale Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter den Wahlprozess begleiten dürfen ? Der Bundesregierung liegen bisher keine gegenläufigen Erkenntnisse vor.  8. Welche Beiträge haben die Bundesregierung und die Europäische Union nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten beiden Jahren zur Deckung der humanitären Bedarfe im Tschad geleistet? Die Bundesregierung verfolgt bei der humanitären Hilfe einen Regionalansatz, damit Hilfsorganisationen über einzelne Länder hinaus schnell und flexibel auf Bedarfe in humanitären Krisen reagieren können. Regionalprojekte der deutschen humanitären Hilfe, die teilweise auch in der Republik Tschad umsetzt wurden, beliefen sich 2017 insgesamt auf 42,8 Mio. Euro und 2018 auf Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 43,6 Mio. Euro. Ausschließlich in der Republik Tschad umgesetzte Projekte der deutschen humanitären Hilfe umfassten 2017 rund 2,3 Mio. Euro und 2018 4,4 Mio. Euro. Die EU hat 2017 humanitäre Hilfe in Höhe von 53,1 Mio. Euro und 2018 in Höhe von 67,4 Mio. Euro in der Republik Tschad geleistet. a) Für welchen Zeitraum werden Zusagen gemacht? In der Republik Tschad hat die Bundesregierung humanitären Hilfsorganisationen bisher Zusagen bis einschließlich 2020 gemacht. b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Sinken der UN-Mittel für den Tschad? Der Bundesregierung liegen keine Hinweise auf ein Sinken von Mitteln für humanitäre Organisationen der VN in der Republik Tschad vor. Die im humanitären Maßnahmenplan 2019 („Humanitarian Response Plan“) für die Republik Tschad durch das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) geschätzten Bedarfe belaufen sich auf 476,6 Mio. US-Dollar. Da sich die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, von 4,9 Mio. 2018 auf 4,3 Mio. dieses Jahr verringert hat, liegen die Bedarfe laut OCHA 2019 rund 67 Mio. US-Dollar niedriger als im Vorjahr. Im Rahmen des laufenden humanitären Maßnahmenplans haben u.a. das Welternährungsprogramm der VN (WFP), das Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und das Kinderhilfswerk (UNICEF) fast 130 Mio. US-Dollar erhalten. Für diese drei VN- Organisationen lag der Betrag im August 2018 bei knapp 120 Mio. US-Dollar. c) Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Versorgungslücke ein? Der durch die VN koordinierte humanitäre Hilfsplan 2019 ist derzeit zu 34,2 Prozent (Stand: Ende August 2019) gedeckt. Der letztjährige durch die VN koordinierte humanitäre Hilfsplan war im August 2018 zu 32 Prozent gedeckt und erreichte bis Jahresende einen Deckungsgrad von knapp 46 Prozent.  9. In welcher Höhe fließen deutsche Gelder in die Republik Tschad (bitte für die Jahre 2014 bis 2019 nach Projekten, Mittelumfang und Kooperationspartnern aufschlüsseln)? Für die erfragte Aufschlüsselung wird auf Anlage 1 verwiesen. Die Bundesregierung verfolgt bei der humanitären Hilfe einen Regionalansatz, um flexible und bedarfsorientierte Hilfe zu gewährleisten. Neben den aufgeführten Projekten ist die Republik Tschad in verschiedene regionale und multilaterale Kooperationsprojekte eingebunden, etwa im Verbund mit benachbarten Staaten. Eine Aufschlüsselung von Projektgeldern auf die einzelnen beteiligten Länder ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. a) In welcher Höhe fließen deutsche Gelder zur Steuerung von Migration in die Republik Tschad (bitte für die Jahre 2014 bis 2019 nach Projekt, Mittelumfang und Kooperationspartner aufschlüsseln)? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Drucksache 19/13611 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 10. In welcher Höhe fließen nach Kenntnis der Bundesregierung EU-Gelder in die Republik Tschad (bitte für die Jahre 2014 bis 2019 nach Finanzierungsinstrumenten , Projekt- bzw. Programmzielen, Mittelumfang und Kooperationspartnern aufschlüsseln)? Die Republik Tschad kann Mittel aus den regionalen Budgetlinien des Europäischen Entwicklungsfonds erhalten. Es wird auf die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Informationen verwiesen: www.ec.europa.eu/eu ropeaid/countries/chad_en. Zu den über den Nothilfe-Treuhandsfonds der EU für Afrika („European Union Emergency Trust Fund“ – EUTF) finanzierten Vorhaben in der Republik Tschad wird auf die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Informationen verwiesen: www.ec.europa.eu/trustfundforafrica/region/sahel-lakechad _en. Darüber hinaus kann Tschad humanitäre Hilfe der EU erhalten. Hierzu wird auf die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Informationen verwiesen : www.ec.europa.eu/echo/where/africa/chad_en a) In welcher Höhe fließen nach Kenntnis der Bundesregierung europäische Gelder zur Steuerung von Migration in die Republik Tschad (bitte für die Jahre 2014 bis 2019 nach Finanzierungsinstrumenten, Projekt- bzw. Programmzielen, Mittelumfang und Kooperationspartnern aufschlüsseln)? Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. 11. Mit welchen Sicherheitskräften arbeiten die Bundesregierung und die Europäische Union nach Kenntnis der Bundesregierung im Tschad zusammen ? Eine Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Sicherheitskräften der Republik Tschad in der Republik Tschad findet nicht statt. Über die Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung werden die tschadischen Streitkräfte im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Stabilisierungsmission der VN in Mali, MINUSMA, unterstützt . Über Arbeitsbeziehungen der EU-Institutionen mit Sicherheitskräften der Republik Tschad in der Republik Tschad liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 12. Inwiefern hält die Bundesregierung den Tschad für einen geeigneten Partner für die Zusammenarbeit zur Steuerung von Migration? Als Ziel-, Transit- und Herkunftsland für Migration ist eine Zusammenarbeit mit der Republik Tschad in Migrationsfragen unerlässlich. 13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gewichtung der Bereitstellung deutscher und europäischer Gelder für humanitäre Belange im Verhältnis zum Mittelaufkommen im Sicherheitsbereich, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Humanitäre Hilfe wird gemäß dem Prinzip der Bedarfsorientierung ausschließlich aufgrund der humanitären Bedarfe geleistet. Entscheidungen über Mittel der humanitären Hilfe werden für die Republik Tschad und andere Krisen auf Grundlage der humanitären Bedarfspläne der VN, des Austausches mit huma- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. nitären Partnern und anderen Gebern sowie der Lageberichte der deutschen Auslandsvertretungen getroffen. Als Reaktion auf die humanitäre Lage in der Tschadseeregion hat die Bundesregierung vom 3. bis 4. September 2018 gemeinsam mit Nigeria, Norwegen und den VN die Tschadseekonferenz in Berlin ausgerichtet. Dabei hat die Bundesregierung als einer der größten Geber 100 Mio. Euro für humanitäre Hilfe in der Region bis 2020 zugesagt, welche auch in der Republik Tschad umgesetzt werden. Für die Zahlen zur humanitären Hilfe wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gewichtung der Bereitstellung deutscher und europäischer Gelder für die Bekämpfung der Auswirkungen der Klimakrise im Verhältnis zum Mittelaufkommen im Sicherheitsbereich , und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die Bereitstellung deutscher und europäischer Mittel erfolgt grundsätzlich nach der lokalen Notwendigkeit und Verfügbarkeit der Mittel. Die Vergabe von Mitteln wird ständig überprüft und kann laufend neu gewichtet werden. Im Rahmen ihres regionalen Engagements setzt sich die Bundesregierung für die Stärkung der Kapazitäten zur Klimaanpassung von Vertriebenen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen in der Republik Tschad ein. Darüber hinaus werden bei Maßnahmen der Bundesregierung in der Republik Tschad und in der Tschadseebecken-Region mögliche Folgen des Klimawandels als Konfliktfaktoren berücksichtigt. 15. In welcher Höhe fließen nach Kenntnis der Bundesregierung Gelder für die G5-Sahel-Kooperation in die Republik Tschad (bitte für die Jahre 2016 bis 2019 nach Höhe, Geldgeber und Verwendungszweck auflisten)? Bei der Sahel-Konferenz im Februar 2018 in Brüssel wurden insgesamt 410 Mio. Euro für die G5 Sahel Einsatztruppe zugesagt. Über den EUTF werden mit rund 130 Mio. Euro Vorhaben der G 5 gefördert. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist weder bei der „African Peace Facility“ (APF) noch beim EUTF eine länderspezifische Zuordnung der Mittel nach Kenntnis der Bundesregierung möglich. 16. An welche Bedingungen werden die eingesetzten deutschen und europäischen Mittel nach Kenntnis der Bundesregierung für die G-5-Staaten geknüpft ? Wie wird die Einhaltung der Bedingungen geprüft, und mit welchem Ergebnis ? Zur Ausstattung der G5 Sahel Einsatztruppe durch deutsche Mittel aus der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung besteht eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Partnerstaaten. Darin ist festgelegt, dass die überlassenen oder beschafften Gegenstände nur gemäß den einschlägigen Normen des geltenden internationalen Rechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts, der Menschenrechtsnormen und des Flüchtlingsrechts genutzt werden dürfen. Die Einhaltung dieser Vereinbarungen wird bei der Projektumsetzung regelmäßig überprüft. Dabei wurden keine Abweichungen von den Vereinbarungen festgestellt. Des Weiteren unterliegen alle Projekte einer fortlaufenden sicherheits- und außenpolitischen Überprüfung. Drucksache 19/13611 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Der Einsatz von europäischen Mitteln richtet sich nach den entsprechenden Vorgaben der EU. 17. Kann nach Kenntnis der Bundesregierung der Verbleib der eingesetzten deutschen und europäischen Mittel lückenlos nachvollzogen werden? a) Wenn ja, wurden alle Mittel wie vorgesehen eingesetzt? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 17 bis 17b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung stellt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Bundeshaushaltsordnung , die zweckentsprechende Nutzung der eingesetzten Haushaltsmittel sicher. Zu diesem Zweck fordert sie zum Beispiel regelmäßig Fortschrittsberichte bzw. Verwendungsnachweise von den für die Umsetzung der Mittel verantwortlichen Organisationen an und wertet diese aus. Der Bundesregierung sind weder Fälle bekannt, in denen der Verbleib der Mittel nicht nachvollzogen werden konnte, noch Fälle, in denen die Mittel nicht wie vorgesehen eingesetzt wurden. Zum Verbleib europäischer Mittel wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 18. In welcher Höhe hat die tschadische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung eigene Haushaltsmittel für die G5-Sahel-Kooperation zur Verfügung gestellt, und für welche Bereiche (bitte für die Jahre 2016 bis 2019 nach Höhe und Verwendungszweck auflisten)? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über die Verfügbarkeit tschadischer Haushaltsmittel für die G5 Sahel Kooperation. 19. Welche tschadischen Sicherheitskräfte werden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die G5-Sahel-Kooperation ausgebildet und ausgerüstet ? Planungen der G5 Sahel zur gemeinsamen Eingreiftruppe und deren Ausbildung sind auf der Internetseite der G5 Sahel zu finden: www.g5sahel.org. Ob und ggf. welche tschadischen Sicherheitskräfte durch die G5 Sahel Kooperation ausgebildet wurden oder werden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. In Verantwortung der G5 Sahel Staaten werden am „G5 Sahel Defense College“ in Nouakchott, Mauretanien, Lehrgänge für Sicherheitskräfte der G5 Sahel Kooperation angeboten. a) Wie, in welchem Umfang und an welchen Waffen oder Waffensystemen werden die Sicherheitskräfte ausgebildet? Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Niederschlagung von Protesten in der Republik Tschad in den vergangenen drei Jahren? Die Bundesregierung hat hierzu keine über öffentliche Pressemitteilungen hinausgehenden Informationen. c) Welche Sicherheitskräfte kamen nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Niederschlagung der Proteste zum Einsatz? Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine eigenen Erkenntnisse. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. d) Über welche tschadischen Sicherheitskräfte sind der Bundesregierung Vorwürfe bezüglich Menschenrechtsverletzungen bekannt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor zu Menschenrechtsverstößen oder Menschenrechtsverbrechen tschadischer Sicherheitskräfte, die im Rahmen der G5 Sahel eingesetzt werden. 20. Durch welche konkreten Maßnahmen wird sichergestellt, dass europäische Gelder, Ausbildung und Ausrüstung zur Unterstützung der G5- Sahel-Kooperation nicht zu Menschenrechtsverletzungen im Tschad beitragen ? Wie alle Missionen und Operationen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) unterliegen die europäischen Missionen zur Ausbildung und Ausrüstung der G5 Sahel Kooperation einer Strategischen Überprüfung. Dabei werden Wirksamkeit, Inhalte sowie Art und Weise der Maßnahmen überprüft und bei Bedarf im Rahmen der EU- Mandatsverlängerungen angepasst. Die Bundesregierung weist regelmäßig bei ihrem Engagement zur Unterstützung der G5 Sahel Kooperation und in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der G5-Staaten auf die Bedeutung der Achtung von Menschenrechten hin. Insbesondere die Stärkung der Polizeikomponente, vor allem durch Fortbildungen in Menschenrechten, dem Schutz von Kindern in Konflikten und der internationalen Polizeizusammenarbeit, trägt dazu bei, Menschenrechtsverletzungen durch Einheiten der G5 Sahel Einsatztruppe zu verhindern. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung für die Einrichtung eines Rahmenwerks zum Schutz der Menschenrechte für die G5 Sahel Einsatztruppe („Human Rights Compliance Framework“) eingesetzt. Hierzu wird auch auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/1372, auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 71 des Abgeordneten Uwe Kekeritz auf Bundestagsdrucksache 19/3384 und auf die Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN auf Bundestagsdrucksache 19/7038 verwiesen. 21. Inwiefern ist die Bundesregierung mit den Prozessen und der Arbeitsweise im Rahmen der Zusammenarbeit mit den G5-Sahel-Staaten zufrieden, und anhand welcher Parameter bewertet die Bundesregierung die Arbeitsweise ? Die Bundesregierung begrüßt die grundsätzliche Bereitschaft der G5 Sahel Staaten, mehr Verantwortung für Sicherheit, Stabilität und Entwicklung in der Region zu übernehmen. Die Zusammenarbeit mit den G5 Sahel Staaten erfolgt auf mehreren Ebenen, wobei der multilateralen Koordinierung besondere Bedeutung zukommt. Zur besseren Wirkung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit wurde auf deutsch-französische Initiative zum Beispiel 2015 die Sahel Allianz gegründet. Die bilaterale Zusammenarbeit mit den G5 Sahel Staaten beruht auf einem engen und offenen Austausch. Im Rahmen dieses Austausches fordert die Bundesregierung auch kontinuierlich mehr Eigenverantwortung der G5 Sahel Staaten in der Zusammenarbeit ein. Die Prozesse und Strukturen der Zusammenarbeit der G5 Sahel Staaten und den internationalen Partnern im Rahmen der verschiedenen Formate befinden sich derzeit noch im Aufbau . Drucksache 19/13611 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 22. Was ist nach Einschätzung der Bundesregierung der bisher größte Erfolg der G5-Sahel-Kooperation? Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung den bislang betrieben Mittelaufwand für gerechtfertigt? Die G5 Sahel haben sich 2014 aufgrund der Erkenntnis konstituiert, dass regionale Herausforderungen nur gemeinsam, auf regionaler Ebene, gelöst werden können. Angesichts der Vielzahl der Herausforderungen und der erst langfristig erreichbaren Wirkungen von Maßnahmen hält die Bundesregierung den bisherigen Mittelaufwand für gerechtfertigt. 23. Wurde die Verwendung europäischer Mittel im Rahmen der G5-Sahel- Kooperation evaluiert? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? b) Wenn nein, wann ist eine Evaluierung geplant? Die Fragen 23 bis 23 b werden gemeinsam beantwortet. Die Evaluierung europäischer Mittel liegt im Verantwortungsbereich der Europäischen Union. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. 24. Wie schätzt die Bundesregierung die Rolle des Tschads im Rahmen der G5- Sahel-Kooperation ein? Die Republik Tschad ist ein wichtiger Partner im Rahmen der G5 Sahel Kooperation . Die sozio-ökonomischen Herausforderungen sind denen der anderen G5-Staaten vergleichbar und gemeinsam besser zu lösen. Mit dem tschadischen Anteil am G5 Sahel Sicherheitsdispositiv und ihrem Engagement im Rahmen der VN trägt die Republik Tschad zur regionalen Stabilisierung und Sicherheit bei. 25. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die G5-Sahel- Kooperation das Deby-Regime stärkt (bitte begründen)? Im Rahmen der G5 Sahel Kooperation sind die jeweiligen Regierungen Ansprechpartner , somit auch die tschadische Regierung unter Staatspräsident Idriss Déby. Die G5 Sahel Kooperation dient in Ansatz und Umsetzung aber nicht dem Ziel der Stärkung einer Regierung. Die Bundesregierung teilt daher nicht die Einschätzung, dass einzelne Regime gestärkt werden. 26. Was waren die Gesprächsthemen beim Treffen von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit dem tschadischen Präsidenten Idriss Deby am 12. Oktober 2016? a) Inwiefern war die Menschenrechtslage Teil des Gesprächs zwischen der Bundeskanzlerin und dem tschadischen Präsidenten? Die Fragen 26 bis 26 a werden gemeinsam beantwortet. Mit Blick auf das von der Bundeskanzlerin am 12. Oktober 2016 mit dem tschadischen Staatspräsidenten Idriss Déby geführte Gespräch wird darauf hingewiesen, dass Gespräche mit Amtsträgern anderer Staaten vertraulich sind. Zu den Inhalten dieser Unterredungen macht die Bundesregierung daher aus Staatswohlgründen keine Angaben . Sie sind Akte der Staatslenkung und unterliegen dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung. Die Vertraulichkeit der Beratungen auf hoher Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. politischer Ebene ist entscheidend für den Schutz der Auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Würden diese unter der Annahme gegenseitiger Vertraulichkeit ausgetauschten Gesprächsinhalte Dritten bekannt – dies umfasst auch eine Weitergabe an das Parlament –, würden sich die Gesprächspartner bei zukünftigen Gesprächen nicht mehr in gleicher Weise offen austauschen . Ein unvoreingenommener Austausch auf auch persönlicher Ebene und die damit verbundene Fortentwicklung der deutschen Außenpolitik wäre dann nur noch auf langwierigere, weniger erfolgreiche Art und Weise oder im Einzelfall auch gar nicht mehr möglich. b) Gab es nach Einschätzung der Bundesregierung im Nachgang des Gesprächs Verbesserungen in Bezug auf die Menschenrechtslage? Zur Einschätzung der Menschenrechtslage in Tschad wird auf die Antwort zur Frage 1a) verwiesen. c) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass nach Ansicht der Fragesteller durch den persönlichen Gesprächstermin für Präsident Deby und die gemeinsame Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin ein autoritäres Regime mit verheerender Menschenrechtsbilanz aufgewertet wurde? Nein. Es entspricht der grundsätzlichen Linie der Bundesregierung, auch mit schwierigen Partnern im Dialog zu bleiben. Ohne diesen Dialog bestünde keine Möglichkeit, gegenüber den Gesprächspartnern die Achtung der Menschenrechte einzufordern. 27. Wie viele Geflüchtete leben nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit im Tschad? Nach aktuellen Zahlen des UNHCR leben derzeit 468.047 Flüchtlinge in der Republik Tschad. Darüber hinaus nennt der UNHCR die Zahl von 133.338 Binnenvertriebenen in der Republik Tschad. 28. Wie viele Menschen durchquerten nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren den Tschad zur Weiterreise nach Europa (bitte nach Jahren 2015 bis 2019 auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Zahlen zu Transitmigration in der Republik Tschad mit dem Ziel der Weiterreise nach Europa vor. 29. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass tschadische Sicherheitskräfte Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten gegen ihren Willen an der Weiterreise hindern? a) Welche Methoden wendet das Regime nach Kenntnis der Bundesregierung an, und mit welchen Konsequenzen müssen Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten rechnen? 30. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Rolle des Tschad als Drehkreuz für Menschenhandel? Die Fragen 29 bis 30 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verfügt diesbezüglich über keine eigenen Erkenntnisse. Drucksache 19/13611 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 31. Wird das von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) so genannte Migrationsinformations- und Daten-System (MIDAS) nach Kenntnis der Bundesregierung auch im Tschad eingesetzt? Wenn ja, inwiefern sieht die Bundesregierung die derart weitreichende Verarbeitung von Daten durch ein autoritäres Regime als problematisch an? Nach Kenntnis der Bundesregierung wird das System „Migration Data Management , Intelligence and Risk Analysis“ (MIDAS) nicht durch die Internationale Organisation für Migration („International Organization for Migration“, IOM) in der Republik Tschad eingesetzt. 32. Warum hat die Bundesregierung entgegen ursprünglicher Ankündigungen , nach Kenntnis der Fragesteller, keine Geflüchteten über Kontingente aufgenommen, wie es beispielsweise Frankreich tut? 33. Plant die Bundesregierung, wie von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel angekündigt (www.taz.de/Angela-Merkel-im-taz-Interview/!5437094/), Migrantinnen und Migranten aus dem Tschad über Kontingente aufzunehmen ? a) Wenn ja, wann, und in welchem Umfang? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 32 bis 33 b werden gemeinsam beantwortet. Die Festlegung, aus welchen Erstzufluchtsstaaten eine Kontingentaufnahme erfolgt, ist das Ergebnis eines politischen Abstimmungsprozesses innerhalb der Bundesregierung. Im Rahmen des laufenden EU-Resettlement-Programms 2018/2019, für das Deutschland insgesamt 10.200 Aufnahmeplätze zur Verfügung gestellt hat, erfolgen Kontingentaufnahmen aus Ägypten, Äthiopien, Jordanien, Libanon, Libyen (über den Evakuierungsmechanismus des UNHCR in Niger) und der Türkei . Eine Kontingentaufnahme von Schutzbedürftigen aus der Republik Tschad plant die Bundesregierung derzeit nicht. Aufnahmen aus der Republik Tschad wurden in dem in der Fragestellung zitierten Interview nicht erwähnt. 34. Wie setzt sich die Bundesregierung für einen besseren Schutz der Zivilgesellschaft sowie von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern im Tschad ein? Die Bundesregierung setzt sich in Gesprächen und im multilateralen Rahmen für eine Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit und der umfassenden Gewährleistung der bürgerlichen und sozialen Rechte ein. a) Wie setzt sich die Bundesregierung zusammen mit der EU für die Anwendung der EU-Guidelines zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern ein? Wie kooperiert sie dazu mit der EU-Delegation, anderen EU- Mitgliedstaaten und den Vereinten Nationen? Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) gezielt zivilgesellschaftliche Akteure und Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger. Unter den fünf Förderschwerpunkten der EIDHR-Verordnung für den Zeitraum 2014-2019 sind Demokratieförderung und Förderung der Menschenrechte und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/9167 verwiesen . Die deutsche Botschaft in N’Djamena steht in engem Austausch mit der Delegation der EU, vor Ort ansässigen Partnern sowie den VN und weiteren Drittstaaten . Darüber hinaus werden regelmäßige Gespräche mit Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern geführt. b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Gesetzentwürfen wie dem Anti-Terrorgesetz und der Ordonnance 23, die das Engagement für Menschenrechte massiv gefährdet, sowie die beiden Erlasse , in denen verfügt wird, dass alle nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen 1 Prozent der Zuwendungen an die Regierung abgeben müssen? Die Bundesregierung setzt weiterhin auf die Weiterentwicklung rechtsstaatlicher Strukturen durch Reformprogramme gemeinsam mit internationalen Partnern . Zu den in der Fragestellung genannten Erlassen finden Gespräche und ein regelmäßiger Austausch mit der tschadischen Regierung sowie im Rahmen der EU und den VN statt. Beispielsweise war die „Ordonnance 23“ zuletzt am 12. März 2019 Bestandteil der Tagesordnung beim Politischen Dialog gemäß Artikel 8 des Partnerschaftsabkommens von Cotonou mit der tschadischen Regierung . 35. Welche Kenntnisse hatte die Bundesregierung über den Einsatz der französischen Luftwaffe gegen vermeintliche Rebellen Anfang Februar 2019 (www.zeit.de/news/2019-02/04/frankreichs-luftwaffe-schlaegt-feindlichekraefte -aus-libyen-im-tschad-zurueck-20190204-doc-1%20d%2010b4)? a) Wurde die Bundesregierung von der französischen Regierung vorab über den Einsatz in Kenntnis gesetzt? Die Fragen 35 und 35 a werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine eigenen, über Pressemeldungen hinausgehenden Kenntnisse über den in der Fragestellung genannten Einsatz vor. b) Wurden die Verbündeten der G5-Sahel-Staaten nach Kenntnis der Bundesregierung über den Einsatz unterrichtet? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. c) Hat der Einsatz nach Auffassung der Bundesregierung dazu beigetragen , Präsident Idriss Deby an der Macht zu halten? Die Bundesregierung trifft grundsätzlich keine Aussagen zu spekulativen Annahmen . 36. Welche Auswirkungen hat die derzeitige Lage im Sudan nach Einschätzung der Bundesregierung auf die innen- und außenpolitische Situation im Tschad? Die derzeitige Lage in Sudan hat nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit keine direkten Auswirkungen auf die innen- und außenpolitische Situation in der Republik Tschad. Drucksache 19/13611 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 37. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel nach Einschätzung der Bundesregierung auf die innen- und außenpolitische Situation im Tschad? Die Wechselwirkungen von Klimawandel und anderen Faktoren auf die Lebensgrundlagen in der Republik Tschad sind noch nicht vollständig erforscht. Eine direkte Auswirkung auf die politische Situation wird derzeit nicht gesehen . Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 38. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Konflikte durch die Wanderung großer Viehherden innerhalb des Landes und im Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik? Der Bundesregierung sind Vorkommnisse zwischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern in der Republik Tschad bekannt. Am 20. August 2019 wurde nach derartigen Auseinandersetzungen der Ausnahmezustand in den Regionen Tibesti im Norden des Landes, Quaddai an der Grenze zu Sudan und in Sila, hier u.a. auch im Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik, verhängt. Die Bundesregierung verfolgt die Situation genau, insbesondere im Hinblick auf mögliche Menschenrechtsverletzungen. 39. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Abbau der Goldvorkommen im Norden des Landes (Akteure, Fördermenge, Abnehmer)? Wie schätzt sie die Menschenrechtslage beim Abbau ein? Über Akteure, Fördermengen und Abnehmer des weitestgehend nicht regulierten Abbaus der Goldvorkommen in der Republik Tschad liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Berichte über Menschenrechtsverletzungen sind ihr bekannt. 40. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Religionskonflikte im Tschad? Der Bundesregierung sind Spannungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionsgruppen in der Republik Tschad bekannt. Konflikte sind in der Regel nicht religiös begründet, werden aber oft so perzipiert, beispielsweise im Fall von Konflikten zwischen arabischsprachigen Viehzüchtern aus dem Norden und Bauern im Süden des Landes. Die Republik Tschad als laizistischer Staat steht im Grundsatz für Religionsfreiheit. 41. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Lage von Frauen und LGTBIQ (Lesbisch Schwul Bi Trans* Inter* Queer) im Tschad? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die Rechte von Frauen und LGBTI in der Republik Tschad eingeschränkt. Weibliche Genitalverstümmelung ist explizit strafbewehrt, Verstöße werden jedoch nicht konsequent geahndet. Das Strafrecht kriminalisiert gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen („rapports sexuels “), welche strafbar mit Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren und einer Geldstrafe von 50.000 bis 500.000 FCFA sind. Darüber hinaus wird auf die Antwort zur Frage 1 a) verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 42. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über ethnische und/oder Volkszugehörigkeitskonflikte, evtl. auch über Sezessionsbestrebungen innerhalb des Landes? Die Bundesregierung hat keine Kenntnisse über Konflikte im Sinne der Fragestellung . Sezessionsbestrebungen in der Republik Tschad sind ihr nicht bekannt . Darüber hinaus wird auf die Antwort zu den Fragen 38 und 40 verwiesen . Drucksache 19/13611 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/13611 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/13611 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/13611 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 23 – Drucksache 19/13611 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.