Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Hacker, Katjia Suding, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/12728 – Presse- und Medienfreiheit in Europa: Montenegro V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Jährlich veröffentlicht die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) eine Rangliste, in der einzelne Länder nach dem jeweiligen Grad der Pressefreiheit gelistet werden. Es fällt auf, dass Europa beim neuesten veröffentlichten Ranking von April 2019 eine der Regionen mit der stärksten Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit ist. Auch in den Ranglisten der vergangenen Jahre war dieser Trend bereits zu erkennen (vgl. www.tagesschau.de/ausland/presse freiheit-125.html). Presse- und Medienfreiheit sind Grundpfeiler der freien Willensbildung und somit elementar für eine demokratische Gesellschaft und um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Die Bedrohung dieser Freiheiten ist vielseitig . Es ist zum Beispiel zu beobachten, dass auf der einen Seite in manchen europäischen Ländern versucht wird, Zeitungen unter staatliche Regulierung zu nehmen und dass Gewalt gegenüber Journalisten zunimmt. Auf der anderen Seite üben externe Akteure negativen Druck auf die Presse- und Medienlandschaft in einzelnen Ländern aus. Ein Schlusslicht im europäischen Vergleich ist der Westbalkanstaat Montenegro (MNE). MNE belegt nur Platz 104 von 180 des oben erwähnten Rankings. Im neusten Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission, wie auch in denen der vergangenen Jahre, wurden keine Fortschritte im Bereich der Stärkung von Presse- und Medienfreiheit festgestellt. Die EU-Kommission rät MNE im Bericht von 2019 konkret, die Aufklärung von Fällen von Gewalt gegenüber Journalisten voranzutreiben und den öffentlichen Sender „Radio and Television of Montenegro“ (RTCG) und andere Medienbetriebe vor politischer Einflussnahme zu schützen (https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlarge ment/sites/near/files/20190529-montenegro-report.pdf). Das Ausmaß der Gefährdung von Journalisten in MNE zeigt zum Beispiel der Fall von Olivera Lakić, eine Journalistin der größten montenegrinischen Tageszeitung „Vijesti“. Nach einem Bericht über illegalen Zigarettenschmuggel wurde Lakić vor ihrem Apartment in Podgorica aufgelauert und man schoss ihr ins Bein. Die Aufklärung des Falles ist über ein Jahr nach dem Verbrechen noch immer nicht abgeschlossen (https://freedomhouse.org/blog/montenegroeu -accession-front-runner-moves-backward-media-freedom). Deutscher Bundestag Drucksache 19/13612 19. Wahlperiode 26.09.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtiges Amt vom 24. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  1. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von ROG, wonach Presseund Medienfreiheit in MNE starke Defizite aufweisen?  2. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Fortschrittsberichts der EU-Kommission von 2019, wonach MNE keine Fortschritte im Bereich der Presse- und Medienfreiheit gemacht hat? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf den Länderbericht der Europäischen Kommission vom 29. Mai 2019 verwiesen (https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/ files/20190529-montenegro-report.pdf). Die Bundesregierung fordert Vertreterinnen und Vertreter der montenegrinischen Regierung in bilateralen Gesprächen kontinuierlich dazu auf, die Defizite im Medienbereich dezidiert anzugehen.  3. Welche Fortschritte verzeichnete MNE nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Aufklärung von Fällen von Gewalt gegen Journalisten seit Mai 2018? Der Länderbericht der Europäischen Kommission spricht von begrenztem Fortschritt bei der Aufklärung von Fällen von Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten. Im Fall der investigativen Journalistin Olivera Lakić teilte die montenegrinische Polizei am 19. Februar 2019 nach der Verhaftung von neun Tatverdächtigen mit, den Fall weitgehend aufgeklärt zu haben.  4. Wie bewertet die Bundesregierung die Arbeit der seit September 2016 in MNE eingerichteten „Ad-hoc-Kommission zur Überwachung von Gewalt gegen Medien“? Die in der Fragestellung genannte Kommission wurde auf Vorschlag der Regierung bereits im Dezember 2013 eingerichtet und setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Medien, Staatsanwaltschaft, Polizei und Nachrichtendienst zusammen. Konkrete Erfolge der Kommission bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Medien sind der Bundesregierung bisher nicht bekannt geworden.  5. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die politische Unabhängigkeit des öffentlichen Senders RTCG gewährleistet?  6. Ergreift MNE derzeit nach Ansicht der Bundesregierung Maßnahmen, um die Unabhängigkeit von RTCG wiederherzustellen, und falls ja, sind diese Maßnahmen nach Ansicht der Bundesregierung ausreichend? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung rund um den montenegrinischen Rundfunkrat RTCG sehr aufmerksam und unterstützt die von Europäischer Union und Europarat begleiteten Bemühungen, im Dialog zwischen Regierung und Opposition die Unabhängigkeit des Rundfunkrates zu stärken. Die Besetzung des Rundfunkrates und der Austausch von Mitgliedern des Rates führen immer wieder zu Vorwürfen politischer Einflussnahme. Klagten Betroffene gegen die Entscheidung, aus dem Rat entfernt zu werden, erhielten sie in der Vergangenheit in mehreren Fällen Recht. Für Aufsehen sorgte zuletzt das nicht bindende Rechtsgutachten des Obersten Gerichts, dass Gerichte hier nicht zuständig seien, da die Mitglieder des Rundfunkrates direkt vom Parlament gewählt würden. Drucksache 19/13612 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  7. Inwiefern wurden Defizite der Presse- und Medienfreiheit in MNE beim „Mini-Westbalkan-Gipfel“ am 29./30. April 2019 in Berlin thematisiert? Die zentrale Rolle unabhängiger Medien für die Demokratie wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Westbalkantreffens am 29./30. April 2019 betont und fand auch in der Pressemitteilung der Bundesregierung zum Westbalkantreffen Erwähnung (www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/suche/schluss folgerungen-der-deutsch-franzoesischen-ko-vorsitzenden-zum-westbalkantref fen-am-29-4-2019-1604158).  8. Bei welchen Gelegenheiten hat sich die Bundesregierung bei Gesprächen mit Vertretern von MNE seit Mai 2018 über die kritische Lage der Presse- und Medienfreiheit ausgetauscht? Die Lage der Presse- und Medienfreiheit in Montenegro ist regelmäßig Thema bei bilateralen Gesprächen. Die Thematisierung erfolgt sowohl gegenüber politischen Vertreterinnen und Vertretern der montenegrinischen Regierung als auch gegenüber der montenegrinischen Botschaft in Deutschland.  9. Welche Projekte zur Stärkung der Pressefreiheit in MNE unterstützt die Bundesregierung? 10. Wird die Bundesregierung das Engagement bei den gegebenenfalls in Frage 9 genannten Projekten verstärken und/oder plant die Bundesregierung neue Projekte in diesem Bereich? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung fördert das Projekt „Balkan Booster“, welches darauf ausgerichtet ist, junge Menschen an den Journalismus heranzuführen und die Diskussionskultur zu stärken. Ein weiteres Projekt mit der Deutschen Welle ist in Vorbereitung. 11. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung neben den Empfehlungen der EU-Kommission (vgl. https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlarge ment/sites/near/files/20190529-montenegro-report.pdf, S. 27 f) weitere wichtige Herausforderungen, die MNE zur Stärkung von Presse- und Medienfreiheit bewältigen muss? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 12. Welche Maßnahmen bzw. Kampagnen betreibt die Bundesregierung derzeit im Kontext der strategischen Auslandskommunikation hinsichtlich der Themen „Fake-News“, gezielter Desinformationskampagnen und dem missbräuchlichen Einsatz von Social Bots in MNE, und auf welche Zielgruppen beziehen sich diese? In Montenegro betreibt die Bundesregierung zurzeit keine länderbezogenen Maßnahmen im Sinne der Fragestellung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13612 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 13. Wie viele Personen sind in der Abteilung 6-B-3 insgesamt und insbesondere in den dazugehörigen Referaten 607 – Steuerungsgruppe strategische Kommunikation und 608 – strategische Auslandskommunikation des Auswärtigen Amts beschäftigt? a) Wie viele sind dort für den Westbalkan zuständig? b) Wie viele sind dort konkret für MNE zuständig? c) Falls für a und/oder b keine Mitarbeiter zuständig sind, warum nicht, was sind die Gründe dafür? Die Frage 13 bis 13c werden gemeinsam beantwortet. Im Zuständigkeitsbereich des Beauftragten für strategische Kommunikation, ˽6-B-3, sind derzeit 38 Personen beschäftigt. 30 dieser Personen arbeiten in den Referaten 607 und 608. Nur ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist direkt in der strategischen Kommunikation eingesetzt. Da Zuständigkeiten nach thematischen, nicht nach geographischen Kriterien verteilt sind, ist eine eindeutige Zuordnung der Zuständigkeit für die Region Westbalkan bzw. Montenegros zu einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht möglich. 14. Wie bewertet die Bundesregierung die Medienkompetenz der Bevölkerung in MNE im Umgang mit Desinformationskampagnen und „Fake News“? „Fake News“ im Sinne erfundener Nachrichten spielen in Montenegro, auch nach einer Analyse der Zivilgesellschaft (siehe https://dfcme.me/en/informati on-warfare-and-the-new-world-order-case-study-western-balkans/), bisher eine untergeordnete Rolle. Für Desinformationskampagnen im Sinne der Verbreitung einseitiger und unvollständiger Nachrichten sind Teile der Bevölkerung nach Einschätzung von Experten anfällig. 15. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob und welche Initiativen in MNE geplant sind, um die Resilienz gegen Desinformationskampagnen und „Fake-News“ zu „stärken” und dadurch die Medienkompetenz zu verbessern? Der Bundesregierung sind keine staatlichen montenegrinischen Initiativen zur Verbesserung der Medienkompetenz und Stärkung der Resilienz gegen Desinformationskampagnen bekannt. Das u.a. mit US-Mitteln finanzierte „Atlantic Council of Montenegro“ wirkt gezielt Desinformationskampagnen in Montenegro entgegen, etwa durch Aufklärung von Falschmeldungen auf ihrer eigenen Internetpräsenz. Die EU-Kommission unterstützt mit 20 Mio. Euro Projekte im westlichen Balkan im Rahmen einer Initiative zur Stärkung der Medien, die u.a. die Resilienz gegen Desinformationskampagnen verbessern und die Professionalisierung von Journalistinnen und Journalisten voranbringen soll. In Montenegro wurden bisher 365.000 Euro für die Finanzierung derartiger Projekte ausgegeben (https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/ files/media_days_factsheet.pdf). Drucksache 19/13612 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 16. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die wöchentliche Zahl der Nutzerkontakte von russischen Auslandssendern, und wie bewertet die Bundesregierung deren medialen Auftritt und die Medienreichweite in MNE? Russische Fernsehsender sind im Kabelfernsehen über kostenpflichtige Zusatzpakete zu empfangen. Die Programme zielen in erster Linie auf die circa 20.000 in Montenegro lebenden russischen Staatsangehörigen. Zahlen zu Nutzerkontakten in der montenegrinischen Bevölkerung liegen der Bundesregierung nicht vor. In Montenegro in russischer Sprache erscheinende Printmedien und dort ansässige, akkreditierte Korrespondenten russischer Medien sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das serbische Internetportal der russischen Nachrichtenagentur „Sputnik“ deckt in serbischer Sprache auch den Markt in Montenegro ab. 17. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die wöchentliche Zahl der Nutzerkontakte von chinesischen Auslandssendern, und wie bewertet die Bundesregierung deren medialen Auftritt und die Medienreichweite in MNE? Außer dem im Kabelfernsehen über ein kostenpflichtiges Zusatzpaket zu empfangenden Auslandssender „CGTN“ sind auf dem montenegrinischen Markt nach Kenntnis der Bundesregierung keine weiteren chinesischen Medien vertreten . Zahlen zu Nutzerkontakten in der montenegrinischen Bevölkerung liegen der Bundesregierung nicht vor. 18. Wie bewertet die Bundesregierung die Stellung der Deutschen Welle hinsichtlich der Reichweite im Vergleich zu anderen Auslandssendern in MNE? Deutsche Welle (DW) ist die einzige ausländische Redaktion, die im Westbalkan mehrsprachig mit neun Redaktionen aufgestellt ist. Sie stellt auf Serbisch , Bosnisch, Albanisch und Kroatisch Angebote bereit und ist auch über Schalten in den jeweiligen öffentlichen Rundfunksendern vertreten. Ihre Angebote konzentrieren sich auf digitale und TV-Angebote. Die Angebote in Sozialen Medien umfassen Auftritte auf Facebook, Twitter und YouTube. Im Durchschnitt werden täglich 50 Posts auf Facebook und 30 auf Twitter veröffentlicht. Aufgrund nicht vorliegender Daten für Montenegro lässt sich die tatsächliche Reichweite nicht beziffern. 19. Welche Entwicklungen zeichnen sich nach Ansicht der Bundesregierung hinsichtlich der strategischen Kommunikation ausländischer Akteure in den letzten fünf Jahren in MNE ab? Der Einfluss serbischer Medien ist Beobachtungen der Bundesregierung zufolge stark und nimmt weiter zu. Über Kabel werden Senderpakete des serbischen Senders „Pink“ angeboten. Von den drei großen Telekommunikationsanbietern ist ein Unternehmen (telenor CG) in Streubesitz mit einer Mehrheit aus serbischen Unternehmen. „M:tel CG“ ist im Mehrheitsbesitz von „Telekom Srpske“. Zu „Sputnik“ wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13612 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.