Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Joana Cotar, Uwe Schulz, Dr. Michael Espendiller und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/13204 – Datensammeln von Providern in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut Medienbericht pflegen große Provider, wie zum Beispiel die Deutsche Telekom oder Vodafone, eine „gewisse Datensammelwut“. Dies unterstellte der Leiter der Abteilung für Forensische Informations- und Kommunikationstechnik beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin bei einer Diskussion zu „In dubio pro Data“ am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft den genannten Providern. Der Forensiker widersprach bei dieser Gelegenheit auch der Politik und der Exekutive, dass seit der Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung drastische Ermittlungsdefizite bestünden. Aktuell würden, laut dem Leiter der Abteilung für Forensische Informations- und Kommunikationstechnik beim Landeskriminalamt Berlin, Strafverfolger digitale Beweise von Smart-Home-Geräten, intelligenter Lautsprechertechnik (z. B. Alexa von Amazon) oder Spielkonsolen bis hin zu Speicherkarten erheben (www.hei se.de/newsticker/meldung/Digitale-Strafverfolgung-Kripo-Leiter-ruegt- Datensammelwut-bei-grossen-Providern-4485227.html). Telekomanbieter speichern, trotz Verstoßes gegen Europarecht, Telefon- und Internetverkehrsdaten mit einer maximalen Speicherfrist von 80 Tagen. Diese gespeicherten Verkehrsdaten können an Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und weitere berechtigte Stellen weitergeleitet werden, sofern ein gesetzlich definierter Grund vorliegt (siehe www.netzwelt.de/datenschutz/95572_2-vorrats datenspeicherung-so-lange-daten-deutschland-gespeichert.html). Auch der Bundesregierung ist das Problem bekannt und wird intensiv diskutiert , wie exemplarisch folgenden Medienberichten zu entnehmen ist: www.welt.de/politik/deutschland/article126633974/Bundesregierung-will- Mrd.-Daten-sammeln.html, https://netzpolitik.org/2018/luegen-fuer-dievorratsdatenspeicherung -das-bka-praesentiert-neue-propaganda-wir-kontern/ #spendenleiste. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Speicherung von Telekommunikationsdaten durch Dienstanbieter sowie die Weitergabe an staatliche Stellen unterliegen klaren gesetzlichen Vorgaben. Diese gesetzlichen Vorgaben werden nach Kenntnis der Bundesregierung von den Deutscher Bundestag Drucksache 19/13697 19. Wahlperiode 01.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 27. September 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Dienstanbietern eingehalten, weshalb von einer willkürlichen „Datensammelwut “ nicht gesprochen werden kann. Bei den in Bezug genommenen vernetzten Geräten wie den intelligenten Sprachassistenten (z. B. Alexa) oder auch smarten Haushaltsgeräten handelt es sich nicht um eine Geräteklasse, die von der bisherigen Gesetzgebung nicht umfasst ist. Diese Geräte stellen vielmehr eine Form des informationstechnischen Systems dar, so dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen bzw. Ermächtigungsnormen einschlägig sind. 1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von den in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnten Aussagen des Leiters der Abteilung für Forensische Informations- und Kommunikationstechnik beim Landeskriminalamt Berlin ? Die Bundesregierung hat von diesen Äußerungen erst durch den Eingang der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/13204 Kenntnis erlangt. 2. Teilt die Bundesregierung die Meinung der Fragesteller und des in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähnten Forensikers, dass durch die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung keine drastischen Ermittlungsdefizite bei Ermittlungsbehörden, Strafverfolgungsbehörden, Gerichten und weiteren berechtigten Stellen entstanden sind? Nein. 3. Teilt die Bundesregierung die Meinung der Fragesteller, dass große Provider in der Bundesrepublik Deutschland auch ohne das Instrument der Vorratsdatenspeicherung jahrelang eine gewisse „Datensammelwut“ (Zitat siehe www.heise.de/newsticker/meldung/Digitale-Strafverfolgung-Kripo- Leiter-ruegt-Datensammelwut-bei-grossen-Providern-4485227.html) pflegten, und hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob dies gegenwärtig von den Providern weiterhin betrieben wird? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Dienstanbieter in Deutschland über das nach den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zulässige Maß hinaus in der Vergangenheit Verkehrsdaten erhoben , gespeichert oder verarbeitet hätten oder dies gegenwärtig tun. 4. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Provider (Telekomanbieter) Verkehrsdaten von Kunden bis zu 80 Tage speichern und gemäß Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) an Ermittlungsbehörden, Strafverfolgungsbehörden , Gerichte und weitere berechtigte Stellen und Behörden weitergeleitet werden (Quelle siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? a) Falls ja, an welche Bundesbehörden werden regelmäßig Daten von welchen Providern weitergeleitet, und welche Daten und Informationen werden weitergeleitet? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 4, 4a und 4b werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung ist bekannt, dass Dienstanbieter Verkehrsdaten von Kunden zu betrieblichen Zwecken nach Maßgabe der §§ 96 ff. des TKG speichern. Dabei kann es zulässigerweise zu einer Speicherung von bis zu 80 Tagen und Drucksache 19/13697 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. länger kommen. Welche Verkehrsdaten auf welcher rechtlichen Grundlage wie lange gespeichert werden dürfen, ist zusammengefasst im gemeinsamen Leitfaden des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und der Bundesnetzagentur zur datenschutzgerechten Speicherung von Verkehrsdaten, abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekom munikation/Unternehmen_Institutionen/Anbieterpflichten/Datenschutz/ LeitfadenVerkehrsdatenspeicherung.pdf. Wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, können diese zu betrieblichen Zwecken gespeicherten Daten an berechtigte Stellen beauskunftet werden. 5. Sieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang gesetzgeberischen Handlungsbedarf, vor allem vor dem Hintergrund, dass in Erwägungsgrund 50 der DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten für andere Zwecke als die, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, nur zulässig sein sollte, wenn die Verarbeitung mit den Zwecken, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, vereinbar ist? Die Bundesregierung sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Die seit Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltende Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) regelt den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung umfassend und grundsätzlich auch abschließend. Im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, wird auf die Regelung in Artikel 6 Abs. 4 DSGVO hingewiesen. 6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Provider welche konkreten Informationen und Daten wie lange auf Vorrat speichern? Eine Aufstellung über die Praxis der Speicherung von Verkehrsdaten zu betrieblichen Zwecken nach Maßgabe der §§ 96 ff. des TKG sämtlicher Anbieter liegt der Bundesregierung nicht vor. Welche Verkehrsdaten auf welcher rechtlichen Grundlage wie lange gespeichert werden dürfen, ergibt sich aus dem gemeinsamen Leitfaden des BfDI und der Bundesnetzagentur, der abrufbar ist unter : www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekom munikation/Unternehmen_Institutionen/Anbieterpflichten/Datenschutz/ LeitfadenVerkehrsdatenspeicherung.pdf. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Strafverfolgungsbehörden digitale Beweise von Smart-Home-Geräten, intelligenter Lautsprechertechnik (z. B. Alexa von Amazon), Spielkonsolen und Speicherkarten erheben? Falls ja, unter welcher Rechtsgrundlage werden digitale Beweise von Smart-Home-Geräten, intelligenter Lautsprechertechnik, Spielkonsolen und Speicherkarten von wem erhoben? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 15 bis 18 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae u. a. und der Fraktion der FDP (Bundestagsdrucksache 19/11133) verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13697 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Zulässigkeit der Transkribierung und Auswertung von Mitschnitten von Sprachsoftware, wie zum Beispiel Alexa von Amazon, und wie bewertet die Bundesregierung das potenzielle Risiko der Weitergabe der verarbeiteten Daten an staatliche Stellen, insbesondere an Geheimdienste? Bei der Transkription und Auswertung von Sprachsoftware sowie bei der Weitergabe an öffentliche Stellen kann es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Artikel 4 DSGVO handeln. Ist dies der Fall, so müssen diese Vorgänge den datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung entsprechen. Insbesondere bedarf es gemäß Artikel 6 DSGVO einer Rechtsgrundlage und es müssen die Grundsätze des Artikel 5 DSGVO und die Betroffenenrechte gemäß Artikel 12 ff. DSGVO eingehalten werden. Ob eine Transkription und Auswertung von Sprachsoftware sowie eine Weitergabe an öffentliche Stellen im Einzelfall mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung im Einklang stehen, obliegt der Prüfung und Entscheidung der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder. Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine mögliche Weitergabe an staatliche Stellen nur auf der Grundlage entsprechender gesetzlicher Befugnisse erfolgt . 9. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob Daten von Sprachsoftware von staatlichen Stellen, insbesondere von Geheimdiensten, eigenständig erhoben beziehungsweise von Softwareanbietern intelligenter Lautsprechertechnik angefordert oder bezogen wurden? Es wird auf die Antwort auf die Schriftliche Fragen 42 des Abgeordneten Stephan Thomae auf Bundestagsdrucksache 19/11515 und die Schriftliche Frage 53 der Abgeordneten Martina Renner auf Bundestagsdrucksache 19/9692 verwiesen . Drucksache 19/13697 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. 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