Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13362 – Rechtliche, politische und praktische Fragen zu den Zurückweisungsvereinbarungen mit Griechenland und Spanien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im August 2018 schloss das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) mit dem griechischen Migrations- und dem spanischen Innenministerium Verwaltungsvereinbarungen zur direkten Zurückweisung von an der deutsch-österreichischen EU-Binnengrenze aufgegriffenen Schutzsuchenden ohne die Durchführung eines Dublin-Verfahrens (vgl. Bellinda Bartolucci: „Rechtswidrige Symbolpolitik?“, in: Asylmagazin 5/2019, S. 153ff.). Diese Vereinbarungen treffen zwar nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Menschen , bis 5. August 2019 waren es 31 Schutzsuchende (zwei von ihnen waren über Spanien eingereist, dpa vom 7. August 2019). Doch es bestehen aus Sicht der Fragesteller erhebliche Zweifel an der rechtlichen Vereinbarkeit dieser Vereinbarungen mit EU-Recht (vgl. bereits Bundestagsdrucksache 19/3592, Antwort zu Frage 16 und Bundestagsdrucksache 19/4152, Antworten zu Fragen 10 und 11; vgl. beispielhaft www.institut-fuer-menschenrechte.de/publika tionen/show/zurueckweisungen-von-fluechtlingen-an-der-grenze-1/ und www.ulla-jelpke.de/2018/09/deutsch-italienisches-zurueckweisungsabkom men-ist-klarer-bruch-von-eu-recht/). Auch Prof. Dr. Daniel Thym, der als Berater für die Bundesregierung tätig war (vgl. seine gutachterliche Stellungnahme für das Bundesministerium des Innern (BMI) vom 19. Januar 2017 zu „Mindestanforderungen des EU-Primarrechts und des Flüchtlingsvölkerrechts an sekundärrechtliche Regelungen…“), hält das praktische Umgehen der Dublin-Verordnung und die diesbezügliche rechtliche Begründung des BMI für problematisch. In einem TV-Bericht von „Report Mainz“ vom 30. Juli 2019 erklärt er zu der juristischen Begründung des BMI eines sogenannten „Pre-Dublin-Verfahrens“, für das keine besonderen Verfahrensreglungen gelten würden: Das überzeuge ihn nicht, dass die Dublin-Verordnung auf deutschem Boden nicht zur Anwendung gebracht werden solle, und das dürfe nur sehr schwer zu argumentieren sein, „und wenn jemand das sich so vorgestellt haben sollte, dann hat er juristisch geirrt“ (vgl. www.swr.de/report/zuru eck-in-den-griechen-knast-ist-seehofers-fluechtlingsdeal-gescheitert/-/ id=233454/did=24273292/nid=233454/1qpf1vl/index.html, ab Minute 6:16). Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte dementgegen im Innenausschuss des Deutschen Bundestages im Juni 2018 erklärt, Juristen seines Bundesmi- Deutscher Bundestag Drucksache 19/13857 19. Wahlperiode 09.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 2. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. nisteriums hätten ihn dahingehend beraten, dass die direkte Zurückweisung von Schutzsuchenden mit einem EURODAC 1-Treffer eindeutig mit EU- Recht vereinbar sei, und das sei dann in den vom Bundesminister später vorgestellten „Masterplan Migration“ mit eingeflossen (vgl. Bundestagsdrucksache 19/3592, Antwort zu Frage 16). Dabei hatte Horst Seehofer noch im Oktober 2017 bei einer Pressekonferenz zur Einigung von CDU und CSU auf ein „Regelwerk zur Migration“ erklärt, dass Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen eine komplizierte Sache seien und überdies Änderungen der Dublin-Verordnung voraussetzten (vgl. Plenarprotokoll 19/38, S. 3722, Frage 13) – hier ging er aus Sicht der Fragesteller also noch davon aus, dass Zurückweisungen Schutzsuchender an den EU-Binnengrenzen ohne Durchführung eines Dublin-Verfahrens rechtlich nicht möglich seien. Damit erscheint es für die Fragesteller denkbar, dass die aus ihrer Sicht fehlerhafte rechtliche Beratung des Bundesministers durch Beamte seines Bundesministeriums , direkte Zurückweisungen von Schutzsuchenden mit EURODAC 1-Treffer ohne vorheriges Dublin-Verfahren seien ohne jeden Zweifel EUrechtlich zulässig, dafür verantwortlich war, dass es im Sommer 2018 zum Thema Grenzzurückweisungen zu einer schweren Regierungskrise und beinahe zum Rücktritt des Bundesministers bzw. fast zu einem Bruch der Koalition kam (vgl. hierzu nur: www.sueddeutsche.de/politik/grosse-koalition-seehoferdroht -merkel-mit-alleingang-1.4015589 und: www.sueddeutsche.de/politik/ asylstreit-horst-seehofer-ruecktritt-1.4036806). Genauere Angaben zu diesen Vorgängen und zur rechtlichen Einschätzung und Begründung direkter Zurückweisungen Schutzsuchender machte die Bundesregierung auf parlamentarische Nachfragen hierzu nicht und teilte lediglich mit, dass das parlamentarische Fragerecht keinen „Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen“ vermittle und keine „juristische Debatte zwischen Parlament und Regierung“ erzwungen werden könne (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 19/7044, Antwort zu Frage 12). Nach Ansicht der Fragestellenden gehört es allerdings zu den Kernaufgaben der Legislative und insbesondere der Opposition, die Rechtmäßigkeit exekutiven Regierungs- und Behördenhandelns zu überprüfen und die Bundesregierung zu einer auch rechtlichen Begründung für ihr Handeln aufzufordern, insbesondere wenn Zweifel an dessen Rechtskonformität bestehen. Insofern ist die Bundesregierung nach Auffassung der Fragestellenden im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts auch auskunftspflichtig, zumal es hier um ein abgeschlossenes Regierungshandeln geht, das in den genannten Zurückweisungsvereinbarungen zu einem konkreten Ergebnis gekommen ist, das für aktuelles praktisches Behördenhandeln maßgeblich ist. Schließlich gibt es nach Auffassung der Fragesteller auch ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, Einzelheiten zu den Vorgängen zu erfahren, die zu einer der, „schwersten Krisen der Nachkriegszeit“ geführt haben, wie es manche Kommentatoren ausdrückten (z. B. www.cice ro.de/innenpolitik/unionsstreit-fluechtlingsdebatte-merkel-seehofer-grenzoeff nung-migration). Das für Rechtsstreitigkeiten mit der Bundespolizei zuständige Verwaltungsgericht München hat mit Beschluss vom 8. August 2019 (M 18 E 19.322238) ( w w w . p r o a s y l . d e / w p - c o n t e n t / u p l o a d s / E i l b e s c h l u s s - V G - M %C3%BCnchen_8.8.2019.pdf) entschieden, dass mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass die direkte Zurückweisung eines afghanischen Asylsuchenden nach Griechenland entsprechend der deutsch-griechischen Verwaltungsvereinbarung mit Unionsrecht unvereinbar ist – die Zurückholung des in Griechenland seit seiner Zurückweisung Inhaftierten und von einer Abschiebung nach Afghanistan Bedrohten wurde auf Kosten der Bundespolizei gerichtlich angeordnet. Es ist nach Auffassung der Fragestellenden nicht ohne Ironie, dass die vermutlich rechtswidrige Zurückweisung in diesem Fall im Ergebnis dazu geführt hat, dass Deutschland für die Asylprüfung zuständig geworden ist, denn die nach der Dublin-Verordnung vorgegebene Frist für ein Wiederaufnahmegesuch ist nach der Feststellung des Gerichts inzwischen abgelaufen (a. a. O., Seite 26). Drucksache 19/13857 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  1. Wie viele Zurückweisungen nach Griechenland bzw. Spanien (bitte differenzieren ) bezüglich der deutsch-österreichischen Grenze auf der Grundlage der entsprechenden Verwaltungsvereinbarungen gab es bislang (bitte genauere Angaben zu genutzten Flughäfen, zum Datum und zu den Einzelfallumständen machen, bei Fällen mit Griechenland-Bezug ab dem 25. April 2019), welche Zeiträume vergingen dabei jeweils bis zum Vollzug der Zurückweisung der Betroffenen per Flugzeug, wo waren sie in der Zwischenzeit untergebracht, konnten sie diese Einrichtung verlassen und wenn nicht, inwieweit wurden Haftrichter eingeschaltet (wenn nicht, bitte begründen), wie viele Betroffene legten bis zur Zurückweisung (d. h. noch in Deutschland) bzw. nach der Zurückweisung (d. h. vom Ausland aus, bitte differenzieren) Rechtsmittel ein, und welche gerichtlichen Entscheidungen liegen hierzu bislang vor, und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus gezogen (bitte ausführlich darstellen )? Auf Grundlage der Verwaltungsabsprache des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit dem griechischen Migrationsministerium über die Zurückweisung von Schutzsuchenden, die die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Griechenland aufweisen , sind im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze ab dem 25. April 2019 19 Zurückweisungen nach Griechenland vollzogen worden. Die genaueren Angaben zu den Einzelfallumständen sind nachfolgender Tabelle zu entnehmen: Datum/ Uhrzeit der Feststellung Nationalität Zuständige Bundespolizeiinspek - tion (BPOLI) Zurückweisungsgrund/ Einzelfallumstände Verbleib bis zum Vollzug der Zurückweisung Datum/ Uhrzeit Rückflug München- Athen 28.05.19, 15:00 Uhr 1 afghanischer Staatsangehöriger Kempten • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Kempten 29.05.19, 19:07 Uhr 10.06.19, 21:35 Uhr 1 kamerunischer Staatsangehöriger Rosenheim • Verdacht Ausweismissbrauch • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland JVA Bernau 13.06.19, 11:15 Uhr 13.06.19, 21:45 Uhr 3 afghanische Staatsangehörige Rosenheim • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Rosenheim 14.06.19, 19:15 Uhr 27.06.19, 02:30 Uhr 1 syrischer Staatsangehöriger Rosenheim • Verdacht Ausweismissbrauch • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Rosenheim 28.06.19, 08:55 Uhr Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Datum/ Uhrzeit der Feststellung Nationalität Zuständige Bundespolizeiinspek - tion (BPOLI) Zurückweisungsgrund/ Einzelfallumstände Verbleib bis zum Vollzug der Zurückweisung Datum/ Uhrzeit Rückflug München- Athen 28.06.19, 19:21 Uhr 1 afghanischer Staatsangehöriger Freilassing • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland JVA Eichstätt 29.06.19, 19:23 Uhr 05.07.19, 13:07 Uhr 1 kamerunischer Staatsangehöriger Kempten • Verdacht Ausweismissbrauch • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Kempten 06.07.19, 11:15 Uhr 09.07.19, 04:30 Uhr 1 irakischer Staatsangehöriger Passau • Verdacht Urkundenfälschung /Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen München 10.07.19, 15:50 Uhr 14.07.19, 19:45 Uhr 2 syrische Staatsangehörige Rosenheim • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen München 15.07.19, 11:15 Uhr 14.07.19, 19:45 Uhr 2 syrische Staatsangehörige Rosenheim • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen München 15.07.19, 15:51 Uhr 29.07.19, 00:45 Uhr 1 iranischer Staatsangehöriger Rosenheim • Verdacht Urkundenfälschung /Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Rosenheim 30.07.19, 19:25 Uhr Drucksache 19/13857 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Datum/ Uhrzeit der Feststellung Nationalität Zuständige Bundespolizeiinspek - tion (BPOLI) Zurückweisungsgrund/ Einzelfallumstände Verbleib bis zum Vollzug der Zurückweisung Datum/ Uhrzeit Rückflug München- Athen 01.08.19, 19:14 Uhr 2 afghanische Staatsangehörige Passau • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Passau 02.08.19, 19:05 Uhr 23.09.19, 23:30 Uhr 3 afghanische Staatsange hörige Rosenheim • Verdacht Urkundenfälschung /Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Griechenland BPOLI Rosenheim 24.09.19, 15:15 Uhr Auf Grundlage der Verwaltungsabsprache des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit dem spanischen Innenministerium über die Zurückweisung von Schutzsuchenden, die die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Spanien aufweisen, sind im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze zwei Zurückweisungen nach Spanien vollzogen worden. Die genaueren Angaben zu den Einzelfallumständen sind nachfolgender Tabelle zu entnehmen: Datum/ Uhrzeit der Feststellung Nationalität Zuständige Bundespolizeiinspekti - on (BPOLI) Zurückweisungsgrund Verbleib bis zum Vollzug der Zurückweisung Datum/ Uhrzeit Rückflug München- Barcelona 17.02.19, 16:45 Uhr 2 türkische Staatsangehörige Kempten • Nichterfüllen der Einreisevoraussetzungen • Schutzersuchen ggü. der Bundespolizei • EURODAC-Treffer Kat. 1 von Spanien BPOLI Kempten 18.02.19, 15:45 Uhr Die Bundespolizei wendet die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen an. Sie kann insbesondere, sofern die Zurückweisung nicht unmittelbar vollzogen werden kann, Haft zur Sicherung der Zurückweisung (Zurückweisungshaft) nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 15 Absatz 5 AufenthG bei dem zuständigen Amtsgericht beantragen. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München sind im Zusammenhang mit der Verwaltungsabsprache des BMI mit dem griechischen Migrationsministerium drei Klagen gegen die Bundespolizeidirektion München in der Hauptsache anhängig, die jeweils nach der Zurückweisung nach Griechenland eingereicht wurden. In zwei dieser Fälle gab es Anträge auf vorläufigen Rechtschutz. In einem Fall wurde der Antrag abgelehnt; im zweiten Fall wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, auf ihre Kosten umgehend darauf hinzuwirken, den An- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. tragsteller wieder nach Deutschland zurückzuführen und ihm die vorläufige Einreise nach Deutschland zu gewähren. Alle drei Hauptsacheentscheidungen stehen noch aus. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 verwiesen.  2. Wie bewertet die Bundesregierung diese Zahlen, die noch deutlich unterhalb der ohnehin geringen Erwartungen politischer Beobachter liegen („Innenexperten“ hatten diesem Bericht zufolge eine monatlich sehr kleine dreistellige Zahl zusätzlicher Zurückweisungen erwartet, (https://rponline .de/politik/deutschland/cdu-und-csu-streiten-ueber-asyl-woruebermerkel -und-seehofer-eigentlich-streiten_aid-23416993; bitte ausführlich begründen), und mit welchen Zahlen hatte insbesondere das BMI gerechnet (bitte ausführen)? Die Verwaltungsabsprachen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit dem griechischen Migrationsministerium sowie mit dem Innenministerium des Königreichs Spanien setzen nach Ansicht des BMI ein klares Signal gegen die Akzeptanz von ungesteuerter illegaler Sekundärmigration. Im Übrigen hat sich die Bundesregierung die in der Frage zitierten Zahlen bzw. Erwartungen zu keinem Zeitpunkt zu eigen gemacht.  3. Wann hat es bislang welche Evaluation des deutsch-griechischen Verwaltungsabkommens durch wen mit welchen Ergebnissen gegeben, die nach dem Abkommen (Part III, No. 14) dreimonatlich stattfinden sollten (bitte so genau wie möglich darlegen)? Bei der Verwaltungsabsprache des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit dem griechischen Migrationsministerium handelt es sich rechtlich nicht um ein Verwaltungsabkommen oder einen sonstigen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag, sondern um eine gemeinsame Absichtserklärung. Die Umsetzung dieser Absprache, insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden, verläuft nach Einschätzung des BMI reibungslos. Aus diesem Grund wurde weder vom BMI noch vom griechischen Migrationsministerium bislang die Notwendigkeit für eine Evaluation gesehen.  4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass entgegen der Aussage von Bundesinnenminister Horst Seehofer im Deutschen Bundestag im September 2018, das Abkommen zwischen Deutschland und Italien zur Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschösterreichischen Grenze sei „abgeschlossen“, es fehlten nur noch „zwei Unterschriften, die von dem italienischen Kollegen und von mir. Um Reisekosten zu sparen, tauschen wir die Papiere aus – also wird es vielleicht noch ein paar Tage dauern … Auch das ist ein Erfolg.“ (Plenarprotokoll 19/49, S. 5148), das besagte Abkommen mit Italien mangels Unterschrift des italienischen Innenministers bis heute nicht in Kraft getreten ist? Auf welche Gründe führt die Bundesregierung dies zurück, und wie wird dies vom Bundesinnenministerium bewertet (bitte darlegen)? Die bilaterale Rahmenabsprache des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit dem italienischen Innenministerium über ein gemeinsames Handeln zur Migrationssteuerung auf See und Eindämmung der Sekundärmigration war im September 2018 auf Arbeitsebene finalisiert. Zutreffend wurde darauf hingewiesen, dass die abschließende politische Billigung und Zeichnung durch den damaligen italienischen Innenminister noch ausstand. Bei den Gründen für die weitere Verzögerung handelt es sich um interne Prozesse des italie- Drucksache 19/13857 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. nischen Innenministeriums, zu denen seitens der Bundesregierung keine Aussage getroffen werden kann.  5. Welche Konsequenzen zieht der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer daraus, dass ihn Beamte seines Bundesministeriums nach Auffassung der Fragestellenden falsch über die Rechtslage informiert haben und es infolgedessen im Streit mit der Bundeskanzlerin um direkte Zurückweisungen von Schutzsuchenden zu einer handfesten Regierungskrise und beinahe zu seinem Rücktritt kam (siehe Vorbemerkung der Fragesteller), als sie ihm nach eigener Auskunft gesagt haben, mit direkten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen EU- Binnengrenzen ohne Durchführung eines Dublin-Verfahrens befinde man sich bei einem EURODAC 1-Treffer rechtlich auf sicherem Terrain, da seien sich die Juristen total sicher (so der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat im Innenausschuss des Deutschen Bundestages am 17. Juni 2018 zu Tagesordnungspunkt 17; vgl. zuletzt die aus Sicht der Fragestellenden unzureichende Antwort zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 19/7044), vor dem Hintergrund, dass jüngst auch der für die Bundesregierung häufig als Sachverständiger tätig gewordene Prof. Dr. Daniel Thym (siehe Vorbemerkung der Fragesteller) in der TV- Sendung „Report“ vom 30. Juli 2019 zu der entsprechenden juristischen Begründung des BMI eines sogenannten „Pre-Dublin-Verfahrens“, für das keine besonderen Verfahrensreglungen gelten würden, erklärte: das überzeuge ihn nicht, dass die Dublin-Verordnung auf deutschem Boden nicht zur Anwendung gebracht werden solle, und das dürfe nur sehr schwer zu argumentieren sein, „und wenn jemand das sich so vorgestellt haben sollte, dann hat er juristisch geirrt“ (vgl. www.swr.de/report/zuru eck-in-den-griechen-knast-ist-seehofers-fluechtlingsdeal-gescheitert/-/ id=233454/did=24273292/nid=233454/1qpf1vl/index.html, ab Min. 6:16; ähnlich Thym in: „‘Zurückweisungen‘ von Asylbewerbern nach der Dublin III-Verordnung, NJW 2018, 2353: „Die politisch bisweilen geäußerte Vorstellung, dass man Zurückweisungen einer Dublin-Prüfung gleichsam vorschalten könnte und so die Anwendung des Europarechts verhinderte, findet in der Dublin III-Verordnung keine Grundlage“; bitte ausführen)?  6. Sind sich die Juristen im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) weiterhin sicher, dass man sich bei direkten Zurückweisungen von Asylsuchenden ohne Durchführung eines Dublin-Verfahrens an den deutschen EU-Binnengrenzen bei Vorliegen eines EURODAC 1- Treffers rechtlich auf sicherem Terrain befinde (bitte begründen), und wenn ja, aus welchem Grund, wenn z. B. selbst ein für die Bundesregierung tätiger Sachverständiger eine gegenteilige Auffassung vertritt (siehe Frage 5) und wenn der renommierte Asylrechtsexperte vom Max-Planck- Institut für Sozialrecht in München, Constantin Hruschka, erklärt, diese Zurückweisungspraxis sei „eklatant europarechtswidrig“, und einen „so offensichtlichen Rechtsbruch in der Ära des Asylrechts“ habe es noch nicht gegeben (a. a. O., ab Min. 4:50; von „evident europarechtswidrigen “ Verwaltungsvereinbarungen spricht er auch in: „Keine Migrationssteuerung durch Binnengrenzkontrollen“, in: Asylmagazin 5/2019, Seiten 147 ff., bitte begründen), wenn nein, welche Konsequenzen wurden oder werden hieraus gezogen (bitte darstellen)? Zu 5 und 6: Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bleibt bei der von ihm vertretenen Rechtsauffassung, wonach das Instrument der absprachekonformen Direktzurückweisung von Personen, bei denen im Rahmen der vorübergehend wieder eingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze festgestellt wird, dass sie die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. und sie bereits einen Asylantrag in dem anderen Mitgliedstaat gestellt haben (EURODAC Treffer der Kategorie 1), mit nationalem und europäischem Recht vereinbar ist. Die in der Frage zitierten, teilweise abweichenden Rechtsauffassungen hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zur Kenntnis genommen.  7. Steht nicht spätestens mit dem Beschluss des für diese Frage zuständigen Verwaltungsgerichts (VG) München vom 8. August 2019 (M 18 E19.32238, siehe Vorbemerkung) fest, dass die Juristen im BMI den Bundesinnenminister unzutreffend beraten haben, als sie ihm nach eigener Auskunft versicherten, direkte Grenzabweisungen Asylsuchender ohne Dublin-Verfahren seien bei einem EUODAC 1-Treffer ganz sicher mit EU-Recht vereinbar, und welche Konsequenzen werden hieraus vom Bundesinnenminister gezogen (bitte ausführlich darstellen, inwieweit an den Verwaltungsvereinbarungen mit Griechenland und Spanien trotz des genannten VG-Beschlusses gegebenenfalls weiter festgehalten werden soll)? Es sind bislang zwei unterschiedliche Entscheidungen des VG München im Eilverfahren im Zusammenhang mit der Verwaltungsabsprache des BMI mit dem griechischen Migrationsministerium getroffen worden. In beiden Verfahren steht eine Entscheidung in der Hauptsache aus. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.  8. Inwieweit fühlt sich die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel angesichts des genannten Beschlusses des VG München vom 8. August 2019 in ihrer (ursprünglichen) Rechtsauffassung bestätigt, wonach EU-Recht vorrangig sei und vor einer Zurückweisung Asylsuchender in einem Verfahren geprüft werden müsse, welches Land für die Asylprüfung zuständig sei (Bundeskanzlerin Merkel am 10. Juni 2018 im Interview bei „Anne Will“: „Ich möchte, dass EU-Recht Vorrang hat vor nationalem Recht.“, www.lto.de/recht/hintergruende/h/unionsrecht-vorrang-nationales-rechtmigrationsrecht /, siehe auch www.focus.de/politik/deutschland/fragenund -antworten-zum-asylstreit-seehofer-und-merkel-streiten-darf-deutsch land-fluechtlinge-an-grenze-abweisen_id_9089337.html bitte ausführen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen.  9. Hat Bundesinnenminister Horst Seehofer die Auseinandersetzung mit der Bundeskanzlerin um direkte Zurückweisungen Asylsuchender an der deutsch-österreichischen Grenze im Sommer 2018 (auch) deshalb mit einer aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller erheblichen Vehemenz geführt, weil er infolge der genannten Einschätzung von Beamten seines Bundesministeriums der Auffassung war (oder ist), dass er sich mit seiner Forderung rechtlich auf sicherem Terrain befunden habe, bzw. inwieweit hat er sich mit der Frage befasst, ob seine Forderung nach direkten Zurückweisungen Asylsuchender mit EU-Recht vereinbar ist (bitte darlegen)? 10. Wie ist zu erklären, dass Bundesminister Horst Seehofer im Streit um direkte Grenzzurückweisungen fast zurückgetreten wäre und die Koalition deshalb auf dem Spiel stand, obwohl er kurz zuvor, im Oktober 2017 im Rahmen einer Pressekonferenz zur Einigung von CDU und CSU auf ein „Regelwerk zur Migration“, erklärt hatte, dass Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen eine komplizierte Sache seien und überdies Änderungen der Dublin-Verordnung voraussetzten (vgl. Plenarprotokoll 19/38, S. 3722, Mündliche Frage 13) – was nach Auffassung Drucksache 19/13857 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. der Fragesteller den später getroffenen Verwaltungsvereinbarungen mit Griechenland und Spanien und der diesbezüglichen Praxis widerspricht, weil es keine diesbezüglichen Änderungen der Dublin-Verordnung gab (bitte nachvollziehbar begründen)? Zu 9 und 10: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. 11. Ist der Bundesinnenminister angesichts der bisherigen Bilanz der Zurückweisungs-Verwaltungsvereinbarungen mit Griechenland und Spanien und dem bislang gescheiterten Versuch, ein entsprechendes Abkommen mit Italien zu schließen, und angesichts der nach Ansicht der Fragestellenden erheblichen Zweifel, ob dieses Vorgehen überhaupt mit EU- Recht vereinbar ist, auch im Nachhinein noch der Auffassung, diese wenigen direkten Zurückweisungen seien derart bedeutungsvoll, dass er wegen dieser Frage beinahe zurückgetreten oder sogar die Regierungskoalition hieran fast gescheitert wäre (vgl. hierzu: www.sueddeutsche.de/poli tik/grosse-koalition-seehofer-droht-merkel-mit-alleingang-1.4015589; bitte nachvollziehbar darlegen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 12. Wie ist die durch die genannte „Report“-Sendung ersichtlich gewordene Argumentation des BMI, nach Artikel 20 Absatz 1 Dublin III-VO sei für das Dublin-Verfahren grundsätzlich der Mitgliedstaat zuständig, in dem erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, und bei einem EURODAC 1-Treffer sei ein solcher Nachweis erbracht, sodass ein Dublin-Verfahren bereits in dem betreffenden Mitgliedstaat geführt würde und deshalb kein (weiteres) Dublin-Verfahren (in Deutschland) eingeleitet werden müsse oder dürfe, damit vereinbar, dass in den allgemeinen Grundsätzen der Dublin-Verordnung (Artikel 3) geregelt wird, dass die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag prüfen müssen, „einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen“, und dass der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird, „der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird“, sodass bei Asylsuchenden zunächst eine Bestimmung des zuständigen Staates nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-VO erfolgen muss (der bei Minderjährigen, Familienangehörigen usw. auch Deutschland sein kann, selbst wenn ein EURODAC- Treffer eines anderen Mitgliedstaates vorliegen sollte), und dass auch bei Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates ein entsprechendes Wiederaufnahmeverfahren nach der Dublin-VO vorgenommen werden muss, was der Konstruktion des BMI eines dem vorausgehenden „Pre-Dublin- Verfahrens“, das in der Dublin-Verordnung nach Auffassung der Fragesteller keine Grundlage findet, entgegensteht (vgl. VG München, Beschluss vom 8. August 2019, M 18 E 19.32238, Seite 7f.; bitte begründen )? Nach Ansicht des BMI ist seine Argumentation mit den von den Fragestellern angeführten Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III- Verordnung), vereinbar. Die in Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung festgelegte Pflicht zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz ist nach Ansicht des BMI zu unterscheiden von der Durchführung des sog. Dublin-Verfahrens. Das sog. Dublin-Verfahren dient der Bestimmung des Mitgliedstaates, der für Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. die Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist, und ist damit der inhaltlichen Prüfung des Asylantrages vorgelagert. 13. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die EU-Dublin-Verordnung die Frage, welcher Staat für die Durchführung eines Asylverfahrens bei Asylsuchenden zuständig ist, nicht abschließend regelt, sodass rechtlich Raum für nationale Regelungen jenseits des EU-Rechts bliebe, etwa für ein „Pre-Dublin-Verfahren“ (bitte begründen)? Die Verfahrensvorschriften der Dublin-III-Verordnung regeln das Verfahren zur Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaates . Für dieses Verfahren ist nach Artikel 20 Absatz 1 Dublin-III-VO der Mitgliedstaat zuständig, in dem erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Direktzurückweisungen erfolgen gemäß der jeweils getroffenen Absprache in diesen Mitgliedstaat. Nach Ansicht des BMI laufen diese Direktzurückweisungen damit der Dublin-Verordnung nicht zuwider, sondern helfen zu vermeiden, dass sich der Antragsteller dem in der Dublin- Verordnung geregelten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entzieht. 14. Hält das BMI an seiner Argumentation eines „Pre-Dublin-Verfahrens“ (siehe hierzu auch: VG München, Beschluss vom 8. August 2019, M 18 E 19.32238, Seite 7f.) fest, nachdem das VG München diese Argumentation als in jeder möglichen Hinsicht und mit hoher Wahrscheinlichkeit für rechtswidrig erklärt hat (a. a. O., Seiten 16ff.), und wenn ja, wie wird dies in Auseinandersetzung mit den Argumenten des Gerichts begründet (bitte darlegen)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 verwiesen. 15. Wie ist die Auffassung der Bundesregierung, bei Vorliegen eines EURO- DAC 1-Treffers könne auf ein Verfahren nach der Dublin-Verordnung verzichtet werden, damit vereinbar, dass die Regelungen für ein Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeverfahren nach Artikel 21 bzw. 23 der Dublin-VO jeweils besondere Regelungen für den Fall, dass eine EURODAC-Treffermeldung vorliegt, ausdrücklich vorsehen (Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 23 Absatz 2 Dublin-VO, wobei die Verwaltungsabkommen mit Griechenland und Spanien auf EURODAC 1-Treffer abstellen, sodass nach Auffassung der Fragestellenden ein Wiederaufnahmeverfahren nach Artikel 23 Dublin-VO anzuwenden wäre; bitte begründen )? Durch einen im Rahmen von vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen festgestellten EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Griechenland oder Spanien ist festgestellt, dass ein Antrag auf internationalen Schutz bereits in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wurde. Nach der Rechtsauffassung des BMI stünde in diesen Fällen die Einleitung eines (weiteren) Dublin-Verfahrens in einem anderen Mitgliedstaat im Widerspruch zu der eindeutigen gesetzgeberischen Zielsetzung der Dublin III-Verordnung. Die Dublin-III-Verordnung sieht nach der Auffassung des BMI nicht vor, dass zu ein- und demselben Schutzsuchenden z. B. in Griechenland, Spanien und Deutschland drei Dublin- Verfahren betrieben werden. Denn dann hätte ein Antragsteller es faktisch in der Hand, sich den für das Dublin-Verfahren zuständigen Staat frei zu wählen, und könnte damit das Dublin-System durch eine Vielzahl paralleler Verfahren unterminieren. Drucksache 19/13857 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die in der Frage angeführten Regelungen des Artikel 21 bzw. 23 Dublin-III- Verordnung sind nach der Rechtsauffassung des BMI in den in Frage stehenden Fallkonstellationen nicht einschlägig. In den in Frage stehenden Sachverhaltskonstellationen (EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Griechenland oder Spanien ) muss gerade kein Dublin-Verfahren in Deutschland eingeleitet werden. Es bedarf für die Überstellung des Schutzsuchenden konsequenterweise auch keines Aufnahmeverfahrens nach Artikel 21 ff. Dublin III-Verordnung. Vielmehr kann nach der Rechtsauffassung des BMI die Wiederaufnahme des Asylantragstellers durch den für die Durchführung des Dublin-Verfahrens zuständigen Mitgliedstaats (hier Griechenland oder Spanien) auch durch eine unmittelbare Zurückweisung in diesen Mitgliedstaat erfolgen. § 18 Absatz 2 Nummer 2 AsylG enthält insoweit auch keine einschränkende Regelung dahingehend, dass es sich um ein Wiederaufnahmeverfahren i. S. d. Artikel 23ff. Dublin III- Verordnung handeln muss. 16. Wie ist es zu begründen, dass das BMI gegenüber dem „Report-Magazin“ ausweislich dessen Beitrags (a. a. O.) offenkundig eine genaue juristische Begründung für ihre Rechtsauffassung und die praktizierten Zurückweisungen abgegeben hat, während sie auf diesbezügliche parlamentarische Anfragen eine genauere rechtliche Begründung mit dem Argument verweigert hat, das parlamentarische Fragerecht vermittle keinen Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen – werden anfragende Journalistinnen und Journalisten diesbezüglich also bessergestellt als gewählte Abgeordnete des Bundestages, und wie wäre dies gegebenenfalls zu begründen (vgl. z. B. Bundestagdrucksache 19/7044, Antwort zu Frage 12)? Die Bundesregierung hat zu dem in Frage stehenden Themenkomplex wiederholt im Rahmen von Mündlichen und Schriftlichen Fragen sowie Kleinen Anfragen gegenüber dem Parlament Stellung genommen (vgl. u. a. die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion Die LIN- KE. auf Bundestagsdrucksache 19/7044, die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion Die LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/10737, die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 33 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 19/4317, die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 8 der Abgeordneten Gökay Akbulut auf Bundestagsdrucksache 19/4634 sowie zuletzt die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 28 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 19/12640). Auch der Text der Absprachen wurde dem Parlament auf sein Ersuchen hin zur Verfügung gestellt. Im Übrigen wird in der Sache auf die Antwort zu den Fragen 12 und 13 verwiesen. 17. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass auch das Verwaltungsgericht München in dem Verfahren M 5 E 19.50027 mit Beschluss vom 9. Mai 2019 (in: Asylmagazin 5/2019, Seite 200, vgl. hierzu Bellinda Bartolucci: „Rechtswidrige Symbolpolitik?“, in: Asylmagazin 5/2019, Seiten 153ff.) davon ausgegangen ist, dass, entgegen des anders lautenden Vorbringens der Bundespolizei, in einem Fall der direkten Zurückweisung nach der Vereinbarung mit Griechenland ein Dublin- Verfahren durchgeführt worden sei, auch wenn diese Annahme des Gerichts aus Sicht der Fragesteller nach den Ausführungen Bartoluccis fragwürdig erscheint, unter anderem weil nach ihren Angaben die für Dublin- Verfahren zuständige Behörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), nicht beteiligt wurde, vorgesehene Formulare nicht verwandt und Bestimmungen der Dublin-VO nicht eingehalten wurden, keine Überstellungsentscheidung mit entsprechender Rechtsbehelfsbelehrung (die nach Artikel 26 Absatz 2 Dublin-VO einen Verweis auf den Eilrechtsschutz beinhalten muss) erlassen wurde und die Annahme eines Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Dublin-Verfahrens durch das Gericht sich allein darauf stützte, dass es eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Bundespolizei und griechischer Behörde gegeben habe (ebd., S. 157ff.) – und hat in diesem konkreten Verfahren nach Auffassung des BMI ein Dublin-Verfahren stattgefunden oder nicht (bitte so konkret wie möglich darlegen und begründen)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 verwiesen. 18. Welche Schlussfolgerungen werden aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juli 2019 gezogen (vgl.: www.migrations recht.net/nachrichten-rechtsprechung/systemische-maengel-in-griechen land-wegen-drohender-rueckfuehrung-eines-syrers-in-die-tuerkei.html), soweit das Gericht darin Zweifel äußert, ob Einreiseverweigerungen nach § 18 Absatz 2 Nr. 2 AsylG auf der Grundlage von „Anhaltspunkten“ für Zuständigkeiten eines anderen Mitgliedstaates mit der Dublin- Verordnung vereinbar seien und zudem anmerkt, dass die Aufgabenverteilung zwischen BAMF und der Bundespolizei im konkreten Verfahren nicht klar sei (bitte ausführen), wie und wo ist diese konkrete Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeit der Behörden in solchen Verfahren nach § 18 Absatz 2 Nr. 2 AsylG geregelt, und auf welcher juristischen Grundlage fußt dies (bitte so genau wie möglich in rechtlicher und empirischer Hinsicht darstellen)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. Die Bundespolizei und die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind nach § 71 Absatz 3 Nummer 1 AufenthG i. V. m. § 18 AsylG u. a. zuständig für die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze. 19. Auf welche genaue Rechtsgrundlage werden Inhaftierungen im Zusammenhang der direkten Zurückweisungen nach den Zurückweisungsabkommen gestützt (bitte so konkret wie möglich darlegen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 20. Inwieweit ist es zutreffend, dass einem Asylsuchenden (siehe VG München , Beschluss vom 8. August 2019, M 18 E 19.32238, Seite 4) in Deutschland vor seiner Zurückweisung trotz mehrmaliger Nachfrage durch die Bundespolizei kein Zugang zu anwaltlicher Vertretung gewährt worden ist (bitte genau darstellen), ist dies generelle Praxis, und wenn ja, wie wird dieses Vorgehen generell bzw. im konkreten Fall gerechtfertigt und begründet? Dies ist nach Kenntnis des BMI unzutreffend. 21. Inwieweit ist es zutreffend, dass die Bundespolizei auch bereits versucht hat, eine Flüchtlingsfamilie mit drei minderjährigen Kindern direkt nach Griechenland zurückzuweisen (siehe hierzu: www.presseportal.de/blau licht/pm/64017/4332597), wie wird ein solches Vorgehen begründet, und was kann die Bundesregierung bzw. die Bundespolizei über das weitere Schicksal dieser Familie sagen (bitte ausführen)? Vor dem Vollzug einer Zurückweisung prüft die Bundespolizei individuell, ob Zurückweisungsverbote und/oder -hindernisse vorliegen. Drucksache 19/13857 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Es ist zutreffend, dass die Bundespolizei eine Zurückweisung im Rahmen der Verwaltungsabsprache des BMI mit dem griechischen Migrationsministerium über die Zurückweisung von Schutzsuchenden, die die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Griechenland aufweisen, zunächst geprüft hat. Im Ergebnis wurde die Familie an die in der Bundesrepublik Deutschland zuständige Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet . 22. Muss nicht unabhängig von der Frage, ob direkte Zurückweisungen von Asylsuchenden an EU-Binnengrenzen jenseits der Regelungen der Dublin-Verordnung überhaupt zulässig sind, in jedem Einzelfall vor einer Zurückweisung beispielsweise nach Griechenland geprüft werden, ob dadurch Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention drohen, die in Bezug auf Griechenland in der Vergangenheit mehrfach durch europäische und deutsche Gerichte festgestellt wurden (etwa wegen unmenschlicher Unterbringungs- oder Haftbedingungen oder systemischer Mängel bei der Asylprüfung; auch aktuell verhindern Verwaltungsgerichte immer wieder geplante Überstellungen nach Griechenland, vgl. Bundestagsdrucksache 19/3148, Antwort zu Frage 15; Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 157/17, Beschluss vom 8. Mai 2017; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil v. 21. Januar 2011 – 30696/09; EuGH, Urteil v. 14. November 2013, Rechtssache C-4/11 („Kaveh Puid“))? Und wie können Betroffene solche drohenden Gefahren geltend machen und dies durch Gerichte in Deutschland effektiv überprüfen lassen, wenn sie nach einem Aufgriff an der deutsch-österreichischen Grenze unmittelbar (möglichst innerhalb von 48 Stunden) nach Griechenland zurückgeflogen werden sollen, wie dies auch in dem im genannten „Report“- Bericht geschilderten Einzelfall geschehen ist, offenbar ohne dass der Betroffene die Möglichkeit gehabt hätte, die Zurückweisung gerichtlich überprüfen zu lassen (bitte mit genauen Hinweisen zur praktischen Umsetzung darlegen und begründen, insbesondere hinsichtlich eines effektiven Zugangs zu fachkundigen Rechtsanwälten (z. B. Telefonnummern von Asylrechtsanwälten/anwältinnen) und zur Gewährung entsprechender Zeitfenster vor Vollzug der behördlichen Zurückweisung, vergleichbar etwa dem Flughafen-Asylverfahren – das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich entschieden, dass Vorkehrungen getroffen werden müssen, „dass die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes nicht durch die obwaltenden Umstände (insbesondere Abgeschlossensein des asylsuchenden Ausländers im Transitbereich, besonders kurze Fristen, Sprachunkundigkeit ) unzumutbar erschwert oder gar vereitelt wird“, BVerfGE 94, 166 (206))? Vor dem Vollzug einer Zurückweisung prüft die Bundespolizei individuell, ob Zurückweisungsverbote und/oder -hindernisse vorliegen. Im Übrigen wird zum Rechtsschutz auf die Antwort zu den Fragen 1 und 26 verwiesen. 23. Gibt es bei direkten Zurückweisungen Schutzsuchender nach Griechenland individuelle Zusicherungen der griechischen Behörden (bzw. auch entsprechende Ersuchen der deutschen Behörden), die Betroffenen menschenwürdig aufzunehmen, unterzubringen und zu versorgen und ihnen ein EU-rechtskonformes Asylverfahren zu bieten, wie es bei Überstellungen nach Griechenland von der EU-Kommission empfohlen (www.euro parl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/LI BE/DV/2017/01-12/COM_C(2016)8525_DE.pdf) und von Deutschland in Überstellungsfällen auch umgesetzt wird (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 19/4152), und wenn nein, warum werden solche individuellen Zusicherungen trotz vergleichbarer Gefahren drohender Menschenrechtsverletzungen bzw. mangelhafter Asylprüfungsverfahren in Griechenland Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. (vgl. Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 157/17, Beschluss vom 8. Mai 2017; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, U. v. 21. Januar 2011 – 30696/09; Europäischer Gerichtshof, U. v. 14. November 2013, Rechtssache C-4/11 („Kaveh Puid“) bei Zurückweisungen nicht zur Voraussetzung gemacht (bitte begründen)? Einzelfallzusicherungen durch die griechischen Behörden erfolgen in diesen Fällen nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 24. Inwieweit werden vulnerable Personen von direkten Zurückweisungen Schutzsuchender nach Griechenland ausgenommen, wie es bei Überstellungen (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 18/13428, Antwort zu Frage 7) der Fall ist (wenn nicht, wie wird diese Ungleichbehandlung begründet), und wie kann die Bundespolizei erkennen, und welche Verfahren gibt es hierzu, ob Betroffene zu besonders schutzbedürftigen Personengruppen zählen (bitte darlegen)? Vor dem Vollzug einer Zurückweisung prüft die Bundespolizei individuell, ob Zurückweisungsverbote und/oder -hindernisse vorliegen. Die einzelfallbezogene Prüfung umfasst ebenfalls einen möglichen Status des Betroffenen als vulnerable Person. Alleinreisende Minderjährige sind ausdrücklich von der Verwaltungsabsprache ausgenommen. 25. Welche belastbaren Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass die bislang nach Griechenland direkt zurückgewiesenen Asylsuchenden dort tatsächlich ihr Asylverfahren weiter betreiben konnten bzw. welche Bedingungen und Anforderungen sie rechtlich und in der Praxis hierfür erfüllen müssen (bitte darlegen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine über Einzelfälle hinausgehenden belastbaren Erkenntnisse vor. 26. Was genau enthalten mündliche oder schriftliche Hinweise, Merkblätter oder Formulare der Bundespolizei für die von direkten Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze betroffenen Asylsuchenden zur Rechtsgrundlage der Zurückweisung (bitte genau mit Paragrafen benennen und ggf. zitieren) und zu rechtlichen Möglichkeiten, sich gegen diese Zurückweisung zur Wehr zu setzen (bitte so genau wie möglich darstellen und die entscheidenden Passagen im Wortlaut zitieren)? Inwieweit wird sichergestellt, dass diese Hinweise auch in einer Sprache erfolgen, die die Betroffenen verstehen (bitte den Verfahrensablauf genau darstellen und die Sprachen nennen, in die entsprechende Hinweisblätter oder ähnliches übersetzt wurden – was geschieht bei anderen Sprachen), wie viele Rechtsmittel gegen drohende direkte Zurückweisungen Asylsuchender wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang in Deutschland eingelegt, und falls dies nur selten vorgekommen sein sollte, wie erklärt sich die Bundesregierung das, obwohl die aufgegriffenen und zurückgewiesenen Asylsuchenden in Deutschland um Asyl nachsuchten? Die Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Landgrenze im Rahmen der Verwaltungsabsprachen des BMI mit dem griechischen Migrationsministerium bzw. dem spanischen Innenministerium vollzieht die Bundespolizei in Bezug auf das Asylgesetz auf der Grundlage von § 18 Absatz 2 Satz 2 des Asylgesetzes . Drucksache 19/13857 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Bekanntgabe des Inhaltes der Zurückweisungsverfügung der Bundespolizei einschließlich einer Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt in einer für den Betroffenen verständlichen Sprache mit Hilfe eines Sprachmittlers. Die Zurückweisungsverfügung beinhaltet insbesondere • den Zielstaat, in den die Zurückweisung erfolgt, • die Begründung einschließlich der Benennung der gesetzlichen Norm, auf deren Grundlage die Zurückweisung vollzogen wird und • die Rechtsbehelfsbelehrung. Eine Mehrausfertigung der Zurückweisungsverfügung wird dem Betroffenen ausgehändigt. Statistische Daten zu Rechtsmitteln liegen keine vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 27. Welche Schlussforderungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorwurf eines nach Griechenland zurückgewiesenen syrischen Flüchtlings, der zu seinem Bruder und in Deutschland ein Asylverfahren betreiben wollte (siehe: www.swr.de/report/zurueck-in-den-griechen-knast-ist-seehofersf l u e c h t l i n g s d e a l - g e s c h e i t e r t / - / i d = 2 3 3 4 5 4 / d i d = 2 4 2 7 3 2 9 2 / nid=233454/1qpf1vl/index.html), dass die deutschen Polizisten sehr aggressiv gewesen seien, ihn nicht wie einen Flüchtling, sondern wie einen Verbrecher behandelt, geschrien und auf den Tisch gehauen und ihn dann noch am gleichen Tag nach Griechenland zurückflogen hätten – und inwieweit wurde dem Betroffenen dabei effektiv die Gelegenheit gegeben, rechtsanwaltliche oder gerichtliche Hilfe gegen die geplante Zurückweisung in Anspruch zu nehmen? Die zitierte Berichterstattung ist nach Kenntnis des BMI in Bezug auf das Verhalten der eingesetzten Beamten der Bundespolizei gegenüber dem Betroffenen unzutreffend. Vielmehr teilte der Betroffene mit, dass er sich der geplanten Rückführung nach Griechenland stellen wolle. Auch wurde ihm Gelegenheit gegeben, mit seinem Bruder zu telefonieren. Diesem teilte der Betroffene mit, dass er nach Griechenland zurückgewiesen werde. Eine anwaltliche Vertretung wurde zu keinem Zeitpunkt erbeten. Der Vollzug der Zurückweisung nach Athen erfolgte abweichend von der Berichterstattung erst am Folgetag. 28. Welche Konsequenzen werden aus dem genannten „Report“-Bericht gezogen , wonach einer der nach der deutsch-griechischen Vereinbarung direkt Zurückgewiesenen nach seinen Angaben in Griechenland für drei Monate unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert wurde (er habe in einem Gefängnis in einem dunklen, feuchten Raum auf dem Boden schlafen müssen und diesen Raum nur zu Toilettengängen verlassen dürfen, er habe auch nicht telefonieren dürfen, auch andere Rechtsanwälte hätten dem „Report“-Team bestätigt, dass noch weitere Abgeschobene aus Deutschland unter ähnlichen Bedingungen in Griechenland inhaftiert worden seien, siehe auch: www.aitima.gr/images/pdf/pressreleasearrange ment.pdf), nachdem die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Schriftliche Frage 12 der Abgeordneten Gökay Akbulut auf Bundestagsdrucksache 19/11950 erklärt hatte, sie habe keine „eigenen Erkenntnisse über die Art der Unterbringung und der humanitären Situation dieser Personen “, und hält die Bundesregierung Zurückweisungen unter diesen Bedingungen für zumutbar und rechtens (bitte ausführen)? 29. Welche Konsequenzen werden daraus gezogen, dass laut Ausführungen in dem Beschluss des VG München vom 8. August 2019 (M 18 E 19.32238, Seite 4) die Wiederaufnahme eines Asylverfahrens in Grie- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. chenland nach einer Zurückweisung im konkreten Fall – und im Jahr 2017 generell zu 98,2 Prozent – abgelehnt worden ist, was nach Auffassung des Gerichts mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Abschiebung ohne vorherige Prüfung der Asylgründe und damit irreversibler erheblicher Nachteile beinhaltet (a. a. O., Seite 13f., bitte darlegen )? Die Fragen 28 und 29 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 30. Ist die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 19/7044, das BMI bleibe „bei seiner bekannten Rechtsauffassung, dass die Zurückweisung von schutzsuchenden Drittstaatsangehörigen bei Binnengrenzkontrollen rechtmäßig ist, soweit gegen sie ein Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht oder sie bereits in einem anderen Staat, für den die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 („Eurodac-Verordnung“) gilt, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben“, so zu verstehen, dass sie Zurückweisungen von Schutzsuchenden, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, bei Binnengrenzkontrollen grundsätzlich jenseits der Regelungen der Dublin-Verordnung für zulässig hält (bitte ausführen), und wie ist diese Rechtsauffassung damit vereinbar , dass die Dublin-Verordnung Verfahrensvorgaben für solche Fälle beinhaltet, in denen ein anderer Mitgliedstaat für zuständig gehalten wird (vgl. z. B. Artikel 21ff. Dublin-Verordnung, bitte ausführen)? Nach den Verwaltungsabsprachen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat mit den entsprechenden griechischen und spanischen Ministerien ist jeder festgestellte Einzelfall in Form einer Notifizierung innerhalb von 48 Stunden an Griechenland bzw. Spanien zu übermitteln. Die zuständigen Behörden dieser Staaten können im Rahmen einer 6-Stunden Frist den Eingang bestätigen bzw. etwaige Gründe darlegen, die einer Aufnahme entgegenstehen. In den in Frage stehenden Fallkonstellationen ist nach Auffassung des BMI der Anwendungsbereich der Dublin-III-Verordnung nicht eröffnet, da – solange die Grenzkontrolle noch nicht abgeschlossen ist – keine Einreise erfolgt und somit die Möglichkeit einer Zurückweisung – bei Nichterfüllung der Einreisevoraussetzungen – vor der Einreise eröffnet ist. 31. Mit welcher Begründung ist die Bundesregierung der Auffassung, dass trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. März 2019 in der Sache „Arib“ (C-444/17), wonach auch nach Wiedereinführung zeitlich begrenzter EU-Binnengrenzkontrollen das EU-Recht unverändert gilt und insbesondere keine Sonderregelungen wie an den EU- Außengrenzen Anwendung finden dürfen, bei Asylsuchenden mit einem EURODAC 1-Treffer an der deutsch-österreichischen Grenze eine „Fiktion der Nichtreinreise“ nach § 13 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz angenommen werden könne, obwohl die Dublin-Verordnung ausdrücklich auch „an der Grenze oder in den Transitzonen“ gilt (Artikel 3 Absatz 1 Dublin- VO)? 32. Inwieweit ist die vom BMI verwandte Argumentation einer „Fiktion der Nichteinreise“ damit vereinbar, dass der EuGH in dem genannten Urteil „Arib“ vom 19. März 2019 in Randnummer 38 ausgeführt hat, dass ein Drittstaatsangehöriger, der „nach seiner illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, ohne die Voraussetzungen für die Einreise oder den dortigen Aufenthalt zu erfüllen, dort in unmittelbarer Nähe einer der Binnengrenzen dieses Mitgliedstaats abgefangen wird, (…) daher als im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats illegal aufhältig angesehen werden (muss)“, was der nach Auffassung der Fragesteller im EU-Recht nicht Drucksache 19/13857 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. vorgesehenen fiktiven Annahme, diese Person sei nicht eingereist und nicht aufhältig, widerspricht (bitte ausführen)? Die Fragen 31 und 32 werden zusammen beantwortet. Nach Rechtsauffassung des BMI beziehen sich die zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem griechischen Migrationsministerium bzw. dem spanischen Innenministerium abgeschlossenen Verwaltungsabsprachen über die Zurückweisung von Schutzsuchenden, die die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 in Spanien bzw. Griechenland aufweisen, auf Fallgestaltungen vor der Einreise. Die Annahme, das Urteil des EuGH sei in dem Sinne zu verstehen, dass die „Fiktion der Nichteinreise“ nach § 13 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes in Verbindung mit den Ziffern 13.2 ff. (Beendigung der Einreise) der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 im Zusammenhang mit der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen europarechtlich nicht zu rechtfertigen sei, weil die betreffende Person das jeweilige Staatsgebiet bereits betreten habe, wird vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nicht geteilt. Daher ist nach Ansicht des BMI die gegenwärtige Praxis mit dem genannten EuGH-Urteil vereinbar. 33. Inwieweit bezieht sich die Bundesregierung auf die „Fiktion der Nichteinreise “ nach § 13 Absatz 2 AufenthG bei Zurückweisungen von Asylsuchenden mit EURODAC 1-Treffer an der deutsch-österreichischen Grenze, obwohl diese Fiktionsregelung nur an zugelassenen Grenzübergangsstellen gilt, und welche zugelassenen Grenzübergangsstellen an der deutsch-österreichischen Grenze wurden im Bundesanzeiger veröffentlicht , wie es § 61 Absatz 1 Bundespolizeigesetz verlangt (bitte darstellen; vgl. Bundestagsdrucksache 19/10737, Antwort zu Frage 13)? In Bezug auf Grenzübergangsstellen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 26 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 verwiesen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 31 und 32 verwiesen. 34. Wie ist die Praxis der direkten Zurückweisungen von Schutzsuchenden jenseits der Dublin-Regelungen nach Auffassung der Bundesregierung mit Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vereinbar, der unter anderem befand, dass auf ein Dublin-Verfahren auch bei vermeintlich klarer Zuständigkeit nicht verzichtet werden darf und in diesem Verfahren alle Rechte der Betroffenen gewahrt werden müssen (EuGH, Urteil vom 31. Mai 2018 – C-647/16, Hassan gegen Frankreich), und dass dies auch im Wiederaufnahmeverfahren gilt, unabhängig davon, ob der zuständige Staat die Dublin-Prüfung schon abgeschlossen hat oder noch nicht (EuGH, Urteil vom 2. April 2019 – C-582/17; bitte ausführlich und in Auseinandersetzung mit den genannten EuGH-Urteilen begründen )? Es wird auf die Antwort zu Frage 30 verwiesen. 35. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, das Aufenthalts- und Asylgesetz den unionsrechtlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen anzupassen und entsprechende Klarstellungen vorzunehmen, soweit nationale Bestimmung wegen vorrangigem EU-Recht nicht anwendbar sind, um einer Mythenbildung wie bei der Diskussion um einen angeblichen „Rechtsbruch“ bei der angeblichen „Grenzöffnung“ im Jahr 2015 besser entgegentreten zu können (vgl. Constantin Hruschka: „Keine Mi- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. grationssteuerung durch Binnengrenzkontrollen“, in: Asylmagazin 5/2019, insb. Seite 150, bitte begründen), und welche Vorschriften beträfe dies nach Auffassung der Bundesregierung (laut Hruschka z. B. § 15 Aufenth G, § 18 AsylG, a. a. O.)? Nationale Bestimmungen sind stets im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben auszulegen bzw. anzuwenden (vgl. Artikel 288 Absatz 3 AEUV; Artikel 23 Absatz 1 Satz 2 GG). Alleine hieraus ergibt sich keine Notwendigkeit der Änderung des Aufenthaltsoder Asylgesetzes. Die Bundesregierung prüft fortlaufend möglichen Änderungsbedarf aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben. 36. Wie ist die andauernde Aufrechterhaltung von nur ausnahmsweise erlaubten EU-Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze damit vereinbar, dass der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 in der Sache „Arib“ (C-444/17) in Randnummer 49 noch einmal betonte, dass eine solche Maßnahme nach Artikel 25 des Schengener Grenzkodex nur „bei einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit dieses Mitgliedstaats unter außergewöhnlichen Umständen “ und nur „für einen begrenzten Zeitraum“ zulässig ist? Was ist nach Ansicht der Bundesregierung ein „begrenzter Zeitraum“ in diesem Sinne (bitte ausführen), und ist die Bundesregierung der Auffassung , dass die (rückläufige) Zahl von Feststellungen unerlaubter Einreisen und Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze, die (rückläufige) Zahl von Asylanträgen im Bundesgebiet und ein unbestimmtes „Migrationspotential“ eine solche außergewöhnliche ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit der Bundesrepublik darstellt, wie es ihre Antwort zu Frage 14 auf Bundestagsdrucksache 19/10737 nach Ansicht der Fragesteller nahelegt (bitte ausführlich begründen) – und welche Belege hat das BMI dafür, dass mit der aktuellen Zahl Asylsuchender, die weit unterhalb des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Richtwerts liegt, so erhebliche und ernsthafte Bedrohungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verbunden sind, dass nur ausnahmsweise und zeitlich eng befristet zulässige EU-Binnengrenzkontrollen erlaubt wären (bitte darstellen)? Und wenn die mit der Asylsuche einer begrenzten Zahl von Menschen verbundenen Gefahren nach Auffassung des BMI derart außergewöhnlich sein sollten, warum wurden dann nicht an allen deutschen Grenzen entsprechende Binnengrenzkontrollen wieder eingeführt? Das grenzkontrollfreie Reisen innerhalb des Schengenraums ist für die Bundesregierung von großer Bedeutung. Das BMI ist daher weiterhin bestrebt, zu grenzkontrollfreien Schengen-Binnengrenzen zurückzukehren, sofern dies migrations- und sicherheitspolitisch vertretbar ist. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 verwiesen. Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat zuletzt mit Wirkung vom 12. Mai 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten (bis zum 11. November 2019) aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen auf Grundlage von Artikeln 25 bis 27 des Schengener Grenzkodexes (SGK) neu angeordnet. Insbesondere angesichts der weiterhin hohen Anzahl an Feststellungen unerlaubter Einreisen an der deutsch-österreichischen Landgrenze, der derzeitigen fragilen Lage an der türkisch-griechischen Grenze und des nicht unerheblichen Migrationspotentials entlang der Balkan-Route ist nun durch den Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat eine Neuanordnung ab dem 12. November 2019 Drucksache 19/13857 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. für einen Zeitraum von sechs Monaten aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen ebenfalls auf Grundlage von Artikel 25 bis 27 des SGK erfolgt. Die deutsch-österreichische Landgrenze ist – auch wenn die Feststellungen unerlaubter Einreisen im Vergleich zu den Jahren 2015 bis 2017 rückläufig sind – weiterhin der Schwerpunkt der Feststellungen und daher auch Schwerpunkt der grenzpolizeilichen Maßnahmen. Nach Auffassung des BMI steht auch die Neuanordnung von temporären Binnengrenzkontrollen aufgrund ihres lediglich vorübergehenden Charakters im Einklang mit den genannten schengenrechtlichen Bestimmungen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/13857 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.