Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten, Roman Müller-Böhm, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/13672 – Modernisierung der außergerichtlichen Streitbeilegung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Mediation als Instrument der außergerichtlichen Streitbeilegung hat das Ziel, Streitigkeiten durch eine eigenverantwortliche und freiwillige Problemlösung im Interesse aller beteiligten Parteien zu beenden. Sie wurde in Deutschland zunächst durch das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung in Deutschland (MediationsG) vom 21. Juli 2012 zusammenhängend geregelt. Mit diesem Gesetz sollten nicht nur die Vorgaben der Richtlinie 2008/52/EG (Mediationsrichtlinie ) erfüllt, sondern darüber hinaus die Mediation und andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung auch gefördert werden. Durch die darauffolgende Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 21. August 2016 sind zahlreiche ergänzende Regelungen betreffend die Aus- und Fortbildung eines zertifizierten Mediators getroffen worden. Seit dem 1. September 2017 dürfen sich demnach Mediatoren nur dann als zertifiziert bezeichnen, wenn sie die Voraussetzungen der Verordnung erfüllen. Ein Ziel der Verordnung war es, Transparenz zu schaffen und darüber hinaus eine dauerhafte Qualitätssicherung der Mediation und der Mediatoren zu erreichen . Inwieweit die getroffenen Regelungen eine tatsächliche qualitative Sicherung oder Verbesserung in der Mediationslandschaft geschaffen haben, ist nach Ansicht der Fragesteller jedoch fraglich. Vor diesem Hintergrund ist auch zu überprüfen, inwiefern bei der Ausgestaltung der ZMediatAusbV die Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen berücksichtigt wurden. Es erscheint nach Ansicht der Fragesteller zweifelhaft, ob die Regelungen der Verordnung den Ansprüchen einer Digitalisierung im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegung genügen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14014 19. Wahlperiode 15.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 14. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 1. Welche Veränderungen sind der Bundesregierung aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in der Mediationslandschaft (wie z. B. Online-Mediationen ) bekannt? Bei der Mediation handelt es sich um ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren , bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatorinnen und Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben, vgl. § 1 des Mediationsgesetzes. In Übereinstimmung mit Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, 3. Auflage 2016 zu § 23 Rz. 1 ist davon auszugehen, dass die zunehmende Gewöhnung an Online-Kommunikation und Entwicklungen wie die Online-Streitschlichtung nach der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten ; im Folgenden: ODR-Verordnung) für eine zunehmende Akzeptanz und Nutzung auch von Online-Mediation sorgen werden. Allerdings dürfte es sich hier um eine langfristige Entwicklung handeln. So ist für den Bereich der Mediation derzeit noch zu konstatieren, dass in den meisten Fällen nur Teile des Mediationsverfahrens online durchgeführt werden, während insbesondere die zentrale Phase der Mediation im Regelfall bei persönlicher Anwesenheit der Beteiligten erfolgt, vgl. Haft/Schlieffen, a. a. O. 2. Inwiefern, und in welcher Form wurden die Vorzüge und Anforderungen der Digitalisierung bei der Verordnungsgebung betreffend die Regelungen zur Aus- und Fortbildung des zertifizierten Mediators nach der ZMediatAusbV von der Bundesregierung berücksichtigt? Die Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) legt lediglich Mindeststandards für die Aus- und Fortbildung sowie für Aus- und Fortbildungseinrichtungen fest. Was die Kommunikation zwischen Ausbilderinnen und Ausbildern mit auszubildenden Mediatorinnen und Mediatoren anbelangt, sieht § 2 Absatz 4 der ZMediatAusbV das Absolvieren von „120 Präsenzzeitstunden“ vor. Ziel dieser Regelung ist die Sicherstellung der persönlichen Interaktion der Ausbilderin oder des Ausbilders mit den Teilnehmenden des Ausbildungslehrgangs. Diese Regelung schließt es jedoch nicht aus, die Ausbildung im Rahmen eines Fernstudiums zu absolvieren, vgl. insoweit auch Eicher, ZKM 2016, S. 160, 161. Dem entsprechend bietet etwa die Fernuniversität Hagen die Studiengänge „Master of Mediation“ und „Studium Mediation“ an, die ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes und berufsbegleitendes Lernen durch „Virtual Classrooms“, Chat-Foren und Online-Seminare auf der Basis der ZMediatAusbV ermöglichen. 3. Ist die Mediationslandschaft in Deutschland, insbesondere durch die ZMediatAusbV, nach Ansicht der Bundesregierung durch die darin genannten Regelungen ausreichend auf die Digitalisierung und den damit einhergehenden Wandel vorbereitet? a) Wenn ja, inwiefern? b) Wenn ja, welcher Wandel ist im Rahmen der Digitalisierung betreffend die Mediationslandschaft aus Sicht der Bundesregierung weiterhin zu beobachten? c) Wenn ja, welche Regelungen der ZMediatAusbV garantieren aus Sicht der Bundesregierung eine erfolgreiche Digitalisierung auch im Bereich der Mediationslandschaft? Drucksache 19/14014 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. d) Wenn ja, welche Anforderungen der ZMediatAusbV an die Kompetenzen zertifizierter Mediatoren garantieren nach Ansicht der Bundesregierung die Qualität von digitalen Mediationsangeboten durch zertifizierte Mediatoren, und wo besteht aus Sicht der Bundesregierung Nachbesserungsbedarf ? e) Wenn nein, welche Maßnahmen sollten nach Ansicht der Bundesregierung zu diesem Zweck noch geändert oder getroffen werden? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz plant – nicht zuletzt aus Anlass des Evaluationsberichts zum Mediationsgesetz – für das Jahr 2020 einen Kongress mit allen Interessierten, um sich darüber auszutauschen, wie die Mediation in Deutschland nachhaltig gefördert werden kann. In diesem Rahmen wird auch die Frage erörtert werden, ob die Mediationslandschaft in Deutschland, insbesondere durch die ZMediatAusbV, ausreichend auf die Digitalisierung und dem damit einhergehenden Wandel vorbereitet ist 4. Inwiefern spielt aus Sicht der Bundesregierung die Digitalkompetenz eine Rolle für zertifizierte Mediatoren? a) Plant die Bundesregierung, Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in die Anlage „Inhalte des Ausbildungslehrgangs“ der ZmediatAusbV aufzunehmen? b) Plant die Bundesregierung, Kompetenzen bezüglich der Besonderheiten der Gesprächsführung und Rahmenbedingungen beim Umgang mit digitalen Medien in die Anlage „Inhalte des Ausbildungslehrgangs“ der ZMediatAusbV aufzunehmen? c) Wie viele Stunden der 120 Präsenzstunden Mindestausbildungszeit plant die Bundesregierung, der Vermittlung von Digitalkompetenz zuzuweisen ? Vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Online-Mediation innerhalb der alternativen Streitbeilegungskultur dürfte Digitalkompetenz auch für zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren von Relevanz sein. Gemäß § 3 Absatz 1 ZMediatAusbV haben zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren die Vorgabe, sich innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren mindestens 40 Zeitstunden fortzubilden . Die Inhalte der Fortbildungsveranstaltungen können zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren frei wählen. In der ZMediatAusbV wurde bewusst davon abgesehen, konkrete Themen vorzuschlagen oder auszuschließen, auf die sich die Fortbildungsinhalte beziehen sollen. Denn auch dem Gesetzgeber war bewusst, dass sich der Anwendungsbereich der Mediation ausweitet – diesem Prozess soll durch die ZMediatAusbV keine Grenze gesetzt werden, vgl. insoweit auch Eicher, a. a. O. Überdies sollen zertifizierte Mediatorinnen und Mediatoren selbst entscheiden dürfen, in welchen Gebieten sie eine Vertiefung oder Erweiterung ihrer Kenntnisse für erforderlich oder gewinnbringend erachten. Mithin steht zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren schon jetzt die Möglichkeit offen, Fortbildungen zum Umgang mit digitalen Medien bzw. zu den Besonderheiten der Gesprächsführung und den Rahmenbedingungen beim Umgang mit digitalen Medien im Rahmen der Mediation zu absolvieren. Vor diesem Hintergrund erkennt die Bundesregierung keine Notwendigkeit für eine Änderung der ZMediatAusbV. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14014 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 5. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die nach der ZMediatAusbV erforderlichen 120 Ausbildungsstunden zum zertifizierten Mediator in Form von Präsenzstunden in Bezug auf die Digitalisierung und die damit einhergehenden Möglichkeiten, wie etwa Online-Seminare, zeitgemäß sind? a) Inwiefern sollte eine Absolvierung der Präsenzstunden nach Ansicht der Bundesregierung auch vollständig durch die Teilnahme an Online- Seminaren möglich sein? b) Welche Anforderungen sollten nach Ansicht der Bundesregierung für eine vollständige Absolvierung der Präsenzstunden durch die Teilnahme an Online-Seminaren erfüllt werden? Es wird zunächst auf die Antworten zu den Fragen 2 und 4 verwiesen. Überdies ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine Absolvierung der Präsenzstunden im Rahmen der Ausbildung nicht vollständig durch die Teilnahme an Online-Seminaren ersetzt werden sollte. Reine Online-Seminare bereiten die Ausbildungsteilnehmenden nicht angemessen auf die Anforderungen der späteren beruflichen Praxis vor, da diese ganz überwiegend durch spannungsreiche zwischenmenschliche Beziehungen im persönlichen Aufeinandertreffen gekennzeichnet ist. Um sich im Umgang mit solchen Situationen zu schulen, ist die persönliche Interaktion mit den Ausbilderinnen und Ausbildern sowie mit anderen Teilnehmenden des Ausbildungslehrgangs erforderlich. 6. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die nach der ZMediatAusbV erforderlichen 40 Zeitstunden der Fortbildungsveranstaltungen in Form von Präsenzstunden abgeleistet werden müssen? a) Wenn ja, ist die Bundesregierung der Auffassung, dass diese Präsenzpflicht in Bezug auf die Digitalisierung und die damit einhergehenden Möglichkeiten, wie etwa Online-Seminare, zeitgemäß ist? b) Wenn ja, inwiefern sollte eine Absolvierung der Präsenzstunden nach Ansicht der Bundesregierung auch vollständig durch die Teilnahme an Online-Seminaren möglich sein? c) Welche Anforderungen sollten nach Ansicht der Bundesregierung für eine vollständige Absolvierung der Präsenzstunden durch die Teilnahme an Online-Seminaren erfüllt werden? Anders als § 2 Absatz 4 Satz 1 ZMediatAusbV, der für die Ausbildung von zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren das Absolvieren von „120 Präsenzzeitstunden “ erfordert, legt § 3 Absatz 1 Satz 2 ZMediatAusbV für den Bereich der Fortbildung lediglich „40 Zeitstunden“ fest. Zertifizierten Mediatorinnen und Mediatoren steht es damit frei, ihre Fortbildungspflicht vollständig durch Teilnahme an Online-Seminaren zu erfüllen, soweit diese den inhaltlichen Anforderungen des § 3 Absatz 2 ZMediatAusbV gerecht werden. 7. Inwiefern plant die Bundesregierung, die Digitalisierung bei zukünftigen gesetzgeberischen Änderungen im Bereich der Mediation stärker zu berücksichtigen ? Siehe Antwort zu Frage 3. Drucksache 19/14014 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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