Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 23. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1415 19. Wahlperiode 27.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Bettina Hoffmann, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1128 – Biodiversität in und an Flüssen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2007 beschrieb die Bundesregierung in der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt ihre Vision für Flüsse und Auen folgendermaßen: „Fließgewässer und ihre Auen bilden wieder eine Einheit und sind die Lebensadern unserer Landschaft. Ihre natürliche Vielfalt und Dynamik macht sie zu Zentren der Biodiversität. Die für die jeweiligen Flüsse typischen Lebensräume und Arten befinden sich in einem günstigen Erhaltungszustand“ (S. 35, http://biologischevielfalt. bfn.de/fileadmin/NBS/documents/broschuere_biolog_vielfalt_2015_strategie_ bf.pdf). Von dieser Vision ist die derzeitige Situation von Flüssen, Seen und Gewässern weit entfernt. Flusslandschaften sind bestimmt von vielfältigen menschlichen Nutzungen. Flüsse wurden begradigt, verengt und vertieft – u. a. für die Schifffahrt und Siedlungsbau. Auf diese Weise wurden großflächig Auen, biodiversitätsreiche Flächen, zerstört. Weiterhin unterbrechen zahlreiche Wehre die Durchgängigkeit der Flüsse und behindern damit Wanderungen insbesondere von Fischen zu Nahrungs-, Laich- und Aufwuchsgebieten. So geht das Umweltbundesamt davon aus, dass ca. 200 000 Wehre durchschnittlich alle 2 Kilometer Deutschlands Flüsse und Bäche zerschneiden (www.umweltbundesamt.de/dasuba /was-wir-tun/forschen/umwelt-beobachten/biodiversitaet#textpart-5). Die Auswirkungen für die Biodiversität und das wertvolle Ökosystem Fluss sind beträchtlich . Zum Schutz der Flüsse und der Biodiversität an und in Flüssen hat sich Deutschland u. a. mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verpflichtet, bis 2021 Maßnahmen zu ergreifen, um u. a. einen guten ökologischen Zustand von Flüssen herzustellen. 1. Wie bewertet die Bundesregierung den Lebensraum Fluss und Aue für die Biodiversität? Naturnahe Flüsse, ihre Uferzonen und Auen gehören in Deutschland und Europa zu den Ökosystemen mit der größten biologischen Vielfalt. Die sehr hohe Anzahl an Tier- und Pflanzenarten an dynamischen Fließgewässern ist gebunden an vielfältige Gewässer- und Auenlebensräume und teils extreme Standorte auf engstem Raum. Beispielsweise wurden für den Naturraum Mittelelbe in Sachsen-Anhalt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bisher fast 8 500 Tier- und Pflanzenarten aus 50 Artengruppen nachgewiesen, darunter rund 50 Säugetier-, 150 Brutvogel-, 700 Schmetterlings- und 1 000 Pflanzenarten . Ziel ist es deshalb, Auen als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten sowie für artenreiche Auwälder, die nur hier existieren können, zurückzugewinnen . 2. Wie bewertet die Bundesregierung den Zustand der Biodiversität an und in Flüssen? Welche Entwicklung gibt es mit Blick auf Artenzahl und Biomasse in den letzten fünf Jahren bei Wasserpflanzen, Insekten und Muscheln, Fischen und Krebsen (bitte auch beispielhaft nach Tierarten und Erhaltungszuständen aufschlüsseln)? Trotz erheblicher Erfolge bei der Verbesserung der Wasserqualität und der Rückkehr einiger prominenter Säugetiere (z. B. Biber) und Fischarten (z. B. Lachs) gehören Gewässer und Auen weiterhin zu den bedrohten Lebensräumen in Deutschland. 3. Wie haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Gewässerökologie und der Lebensraum in Flüssen verändert – auch mit Blick auf Anzahl der Tier- und Pflanzenarten? Die Gewässergüte hat sich seit dem Höhepunkt der Gewässerverschmutzung in den 1970er Jahren in den letzten Jahrzehnten durch den Ausbau der öffentlichen Kanalisation und von Kläranlagen wesentlich verbessert. Mit dem Rückgang der organischen Belastung sind die Voraussetzungen für die Wiederbesiedlung vieler Fließgewässer mit sauerstoffliebenden Tierarten grundsätzlich geschaffen worden . Allerdings sind die Gewässerstruktur und die Nährstoffsituation weiterhin unbefriedigend . 79 Prozent der Fließgewässer sind durch Gewässerausbau in ihrer Struktur deutlich bis vollständig verändert (Gewässerstrukturkarte 2002). Aktuell erreichen nur 6,7 Prozent der bewerteten Fließgewässerabschnitte den guten ökologischen Zustand gemäß den Kriterien der EU-Wasserrahmenrichtlinie; das heißt mehr als 93 Prozent der Fließgewässer weisen keine gewässertypspezifischen aquatischen Lebensgemeinschaften (Fische, Makrozoobenthos, Wasserpflanzen ) auf. Besondere Beachtung finden zunehmend auch Funde von gebietsfremden Arten, die unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in ein Gebiet außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets gelangt sind. Auch wenn das Phänomen schon seit mehreren hundert Jahren bekannt ist, ist erst ab dem Jahr 1980 eine exponentielle Zunahme von Erstnachweisen zu verzeichnen. Aktuell gelten 189 gebietsfremde Arten in den deutschen Gewässern als etabliert. Die meisten dieser Arten kommen in den Flüssen vor und haben sich bis heute schon über eine größere Region ausgebreitet. Im Gegensatz zu den gebietsfremden aquatischen Gefäßpflanzen und Wirbeltieren , die vor allem absichtlich durch Ansalbung oder Besatz in die Gewässer gelangen , dominiert bei den gebietsfremden aquatischen Pilzen, niederen Pflanzen und wirbellosen Tieren eine unabsichtliche Einbringung. Pfade sind die Seeschifffahrt (speziell Ballastwasser) und die Binnenschifffahrt (speziell Kanäle) sowie nutzungsorientierte Sektoren wie Tier- und Pflanzenhandel. Durch immer stärkere Regulierungen zum Umgang mit gebietsfremden Arten, von denen viele Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1415 direkte Bezüge zu Gewässern haben (u. a. Wasserrahmenrichtlinie, Ballastwasserkonvention , Unionsliste), ist zu erwarten, dass zukünftig deutlich weniger neue Arten eingebracht werden. Bei den schon vorhandenen gebietsfremden Arten werden die festgeschriebenen Maßnahmen die Bestände zumindest teilweise verkleinern und eine weitere Ausbreitung minimieren. 4. Wie bewertet die Bundesregierung den ökologischen Zustand von Flüssen und Bächen? Wie bewertet die Bundesregierung den ökologischen Zustand von Ästuaren und Küstengewässern? Wie viele Wasserkörper erreichen einen guten ökologischen Zustand (bitte absolut und in Prozent, beispielhaft bitte Wasserkörper jeder Kategorie nennen )? Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang (Flüsse, Auen) den Stand der Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie? Den guten ökologischen Zustand erreichen unter den 8 995 Fluss-Wasserkörpern 6,6 Prozent; weitere 0,1 Prozent werden mit „sehr gut“ bewertet (Stand: Oktober 2017). 36,2 Prozent sind im mäßigen, 34,4 Prozent im unbefriedigenden und 19,9 Prozent im schlechten ökologischen Zustand. Als Ästuare (Übergangsgewässer ) wurden fünf Wasserkörper ausgewiesen. Vier sind im mäßigen, einer im unbefriedigenden ökologischen Zustand. Unter den 75 Küstenwasserkörpern erreicht ebenfalls keiner den guten oder sehr guten ökologischen Zustand. 36 Prozent wurden ökologisch als mäßig, 32 Prozent als unbefriedigend und 22,7 Prozent als schlecht bewertet. Für den Rest zu 100 Prozent (2,8 Prozent der Flussund 9,8 Prozent der Küstenwasserkörper) reichten die Informationen nicht aus, um den ökologischen Zustand zu bewerten. Diese und weitere Informationen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie enthält die Broschüre „Die Wasserrahmenrichtlinie – Deutschlands Gewässer 2015“ (www.umweltbundesamt.de/publikationen/die-wasserrahmenrichtliniedeutschlands -gewaesser). Der Zustand der Flüsse ist demnach weit vom Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie entfernt (siehe Indikatorenbericht, abrufbar unter: www.bmub.bund. de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/indikatorenbericht_biologische_ vielfalt_2014_bf.pdf ). 5. Welche Auswirkungen haben die Belastungen in Flüssen und Bächen (u. a. mit Pestiziden, mit Medikamentenrückständen und multiresistenten Keimen, mit Nitrat und Sulfat, weiteren unregulierten Stoffen, Müll und Mikroplastik ) nach Kenntnis der Bundesregierung für die Biodiversität (bitte nach Belastung und ihren Auswirkungen aufschlüsseln)? Rückschlüsse auf die Biodiversität können sich aus dem ökologischen Zustand der Gewässer ableiten lassen, für dessen Bewertung jedoch nicht alle in der Frage genannten Belastungen Bedeutung haben. Auf die Antworten zu den Fragen 3 und 4 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie schätzt die Bundesregierung die Pestizidbelastung von deutschen Flüssen vor dem Hintergrund einer britischen Untersuchung, die die Hälfte der untersuchten Flüsse belastet sah (www.theguardian.com/environment/ 2017/dec/13/english-rivers-polluted-by-powerful-insecticides-first-testsreveal ), und ihren Auswirkungen für die Gewässerökologie und Biodiversität ein (bitte nach Flüssen/Arten aufschlüsseln)? Wie in der Antwort zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 19/678 bereits ausgeführt , sind für das Monitoring in Flüssen in Deutschland die Länder zuständig. Die Analyseergebnisse der an ausgewählten Messstellen gemäß Oberflächengewässerverordnung erhobenen Daten werden an das Bundesministerium für Umwelt , Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) übermittelt. Der Vergleich der Umweltqualitätsnormvorschläge (UQN-V) bzw. Normen (UQN) mit den Mittelwerten dieser Messungen aus dem Jahr 2016 ergibt zum Beispiel für Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonikotinoide, dass die Umweltqualitätsnormvorschläge für Thiacloprid, Thiamethoxam, Clothianidin und Acetamiprid mit Ausnahme von Imidacloprid eingehalten werden. Für Thiacloprid und Imidacloprid liegt die Bestimmungsgrenze an einigen Messstellen oberhalb des Umweltqualitätsnormvorschlags und alle Messwerte liegen unterhalb der Bestimmungsgrenze , daher kann die Belastung mit beiden Stoffen und die mögliche Wirkung auf die Gewässerökologie nicht eingeschätzt werden. Aus diversen Untersuchungen zur Belastung kleiner deutscher Fließgewässer in landwirtschaftlichen Einzugsgebieten schlussfolgert das Umweltforschungszentrum Leipzig (Department System-Ökotoxikologie), dass eine hohe Belastung mit Insektiziden starke Veränderungen der Gewässerlebensgemeinschaften, insbesondere bei Insekten, mit sich bringt. Andere Gruppen wie Schnecken, Muscheln und Egel seien nicht beeinträchtigt. Die Veröffentlichung Liess & v.d.Ohe (2005) enthält eine Liste von Arten, die nach dortiger Einschätzung besonders beeinträchtigt sind. In den Studien von Liess M, Beketov M (2011) wurden die Befunde in Mesokosmen (künstlichen Fließgewässern) mit dem Neonikotinoid Thiacloprid reproduziert . Becker J, Liess M. (2017) beobachteten in ihren Studien, dass sich einige Arten im geringen Maße an Insektizide im Wasser anpassen, ohne eine Schädigung abwenden zu können. Aufgrund ihrer Ergebnisse sprechen sie den Neonikotinoiden eine hohe Bedeutung als relevante Stressoren zu. Zu den Befunden gibt es weitere Veröffentlichungen: Shahid et al. (2018), Russo et al. (2018). Als Konsequenz aus den dargelegten Erkenntnissen erarbeiten das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das BMU und die Länder im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ein Monitoring-Konzept, dessen Ziel die Ermittlung des Belastungszustands der Kleingewässer der Agrarlandschaft mit Pflanzenschutzmitteln mittels repräsentativen Monitorings und Bewertung der Ergebnisse auf Grundlage einheitlicher Kriterien ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1415 7. Wie bewertet die Bundesregierung Messungen verschiedener Kontaminanten in Fischen (beispielsweise www.ml.niedersachsen.de/service/archivierte_ beitraege/amstperiode_lindemann/verzehrsempfehlung-fuer-fisch-ausfluessen -in-niedersachsen-95889.html) mit u. a. Pestiziden und Industriechemikalien , die zulässigen Höchstmengen überschreiten und so zu differenzierten Verzehrsempfehlungen für Menschen führten? Wie bewertet die Bundesregierung die Kontamination von Fischen derzeit? Bestehen Empfehlungen zum Verzehrverzicht bei Fischen aus deutschen Flüssen? In dem angesprochenen Fisch-Monitoring in Niedersachsen wurden Rückstände der chlororganischen Pflanzenschutzmittel DDT, Hexachlorbenzol und Hexachlorcyclohexan insbesondere in Aalen der Elbe gefunden. Das sind Chlorpestizide , die seit den frühen 1970er-Jahren in Deutschland verboten sind, die aber aufgrund ihrer Persistenz und Bioakkumulierbarkeit weiterhin in der Umwelt vorkommen . Es ist bekannt, dass sie sich in fettreichen Fischen wie Aalen aus entsprechend belasteten Flüssen anreichern können. Im deutschen Recht sind daher Rückstandshöchstgehalte für DDT in Fisch festgelegt. Fische, die die festgelegten Rückstandshöchstgehalte überschreiten, sind nicht verkehrsfähig. Regional auszusprechende Verzehrempfehlungen, die die Belastungssituation der lokalen Gewässer berücksichtigen, wie z. B. die von Niedersachsen ausgesprochene Empfehlung des grundsätzlichen Nichtverzehrs von selbstgeangelten Aalen aus den untersuchten Flussabschnitten, schützen darüber hinaus Angler und ihre Familien . Verzehrsempfehlungen sind auch Gegenstand der Stellungnahmen des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) und der Verbrauchertipps des BMU. Zu finden sind diese unter den folgenden Links: www.bmu.bund.de/ themen/gesundheit-chemikalien/gesundheit-und-umwelt/lebensmittelsicherheit/ verbrauchertipps/ und www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2011/15/ verzehrsempfehlungen_dienen_dem_schutz_von_verbrauchern_vor_ehec-70880. html. Darüber hinaus entscheiden verbindliche Höchstgehaltsregelungen für verschiedene Kontaminanten, ob ein Lebensmittel, u. a. Fisch, verkehrsfähig ist. 8. Wie bewertet die Bundesregierung das Problem der Mischwasserkanalisation in Deutschland, und welche Folgen sieht sie für die Gewässerökologie im Falle von Starkregen? Wie bewertet die Bundesregierung die ökologischen Folgen? Bei der Mischwasserkanalisation wird im Unterschied zur Trennkanalisation zusammen mit dem häuslichen und gewerblichen Abwasser auch Regenwasser zur Abwasserbehandlungsanlage abgeleitet und behandelt. Der Regenwasserabfluss kann dabei auch Anteile von Abläufen der Straßen, Dächer und Fassaden enthalten . Bei Starkregenereignissen, bei denen die Kapazität des Kanalsystems überschritten wird, wird stark mit Regenwasser verdünntes Abwasser in die Gewässer abgeschlagen. Damit können auch verschiedene Bestandteile, wie zum Beispiel abbaubare Stoffe, Nährstoffe, Schwermetalle, Reifenabrieb und Verunreinigungen aus häuslichem und gewerblichem Abwasser in die Gewässer gelangen. Dies kann unter Umständen zu Sauerstoffmangel im Gewässer führen und Auswirkungen auf das Ökosystem mit sich bringen. Aufgrund der Vielzahl an Stoffen und Wirkungen ist eine eindeutige Einschätzung der ökologischen Folgen kaum möglich . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aus Gründen des Gewässerschutzes werden daher Abschläge aus der Kanalisation , sowohl aus dem Trenn- als auch aus dem Mischsystem, in die Gewässer vermieden oder vermindert. Dies kann zum Beispiel durch größere Rückhaltekapazitäten und Regenwasserbehandlung erreicht werden. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Situation von Mikroverunreinigungen /Mikroschadstoffen von deutschen Flüssen und Bächen, und von welchen Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere die Gewässerökologie und Biodiversität, geht sie aus? Zur Situation von Mikroverunreinigungen/ Mikroschadstoffen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 10. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen im Bereich von Kläranlagen antibiotikaresistente Bakterien gefunden wurden, und von welchen Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere die Gewässerökologie und Biodiversität, geht sie aus? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/815 wird verwiesen. Informationen über Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere die Gewässerökologie und Biodiversität, sind der Bundesregierung nicht bekannt. 11. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Durchgängigkeit von Flüssen für die Biodiversität bei? Die Durchgängigkeit von Flüssen hat insbesondere für die Erhaltung und Wiederherstellung von Wanderfischarten, speziell für die sogenannten diadromen Arten (Arten, die obligat auf die Wanderung zwischen Flüssen und dem Meer angewiesen sind), aber auch für potamodrome Wanderfischarten (Arten, die innerhalb der Flüsse wechseln) eine große Bedeutung. Sind Flussabschnitte für diese Arten wieder erreichbar und werden von diesen besiedelt, steigt die Biodiversität der Fische an. Wanderfischarten werden in ihrem Bestand aber auch durch weitere Faktoren zum Teil wesentlich beeinflusst: Zustand und Verfügbarkeit von Laichund Aufwuchshabitaten, Wasserkraftnutzung, Fischerei, Neozoen, Auswirkungen des Klimawandels. 12. Welchen Beitrag soll das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ zur Förderung der Biodiversität von Flüssen und Auen leisten? Das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, der europäischen Biodiversitätsstrategie sowie der nationalen Anstrengungen zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels. Zentrales Ziel ist der Aufbau eines Biotopverbunds von nationaler Bedeutung, da Fließgewässer mit ihren Auen sich wegen ihrer linienhaften Struktur besonders für biotopverbindende Maßnahmen eignen. Fluss, Ufer und Auen werden wieder ganzheitlich betrachtet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1415 13. Welche nächsten Schritte plant die Bundesregierung zur Umsetzung des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“? Welche Haushaltsmittel werden für das geplante Auenförderprogramm und für die angedachten eigenen Aufgaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bereitgestellt? 14. Wie wird die Bundesregierung das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ in dieser Legislaturperiode umsetzen, insbesondere in Bezug auf das a) Auenförderungsprogramm, b) die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern an den Bundeswasserstraßen und c) die Umstrukturierung der WSV? Die Fragen 13 und 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet : Zur Umsetzung des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“ hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, Vorschläge für einen belastbaren Rechtsrahmen zu machen, um die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in die Lage zu versetzen, an Bundeswasserstraßen zukünftig auch Maßnahmen des wasserwirtschaftlichen Gewässerausbaues und damit Renaturierungsprojekte durchführen zu können (Bundestagsdrucksache 18/12204). Derzeit finden Abstimmungen zwischen Bund und Ländern über die Ausgestaltung der rechtlichen Anpassung statt. Es laufen fachliche Vorbereitungen, um beim BMU ein Auenförderprogramm zu etablieren. Unter anderem wird derzeit ein Fachkonzept „Biotopverbund Gewässer und Auen“ erarbeitet, auf dessen Grundlage Verbundprojekte im Gewässer, am Ufer und seiner Aue umgesetzt werden sollen. Der Entwurf einer Förderrichtlinie ist in Vorbereitung. Das Abstimmungsverfahren auf Bundesebene und mit den Ländern wird demnächst eingeleitet. Die Verabschiedung der Förderrichtlinie ist für den Herbst des Jahres 2018 geplant. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat in einer ersten Abschätzung einen Investitionsbedarf von ca. 50 Mio. Euro jährlich für einen Zeitraum von 30 Jahren angesetzt. 15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Gefährdung und den Verlust von Auen- und Gewässerbiotoptypen (bitte jeweils nach verlorener Fläche in Hektar und in Prozent aufschlüsseln)? Inwieweit haben sich diese Zahlen seit dem letzten Auenzustandsbericht 2009 verändert? Nach der aktuellen dritten Fassung der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands, die vom Bundesamt für Naturschutz im Jahr 2017 veröffentlicht wurde, sind 80 Prozent aller Gewässer- und Auenbiotoptypen von einem unterschiedlich hohen Verlustrisiko betroffen. Der Status der Biotoptypen der Gewässer und Auen stellt sich wie folgt dar: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der Anteil der Gesamtgefährdung der Gewässer- und Auenbiotoptypen bleibt im Vergleich zu der zweiten Fassung der Roten Liste von 2006 (78 Prozent) in etwa gleich hoch und liegt weiterhin deutlich über dem Durchschnitt für alle Biotoptypen (65,1 Prozent). Der Anteil an Biotoptypen mit sehr hohen Gefährdungseinstufungen ist im Vergleich zu der zweiten Fassung von 2006 leicht gestiegen. Dies betrifft vor allem natürliche oder naturnahe, nährstoffarme (oligo- und mesotrophe ) dauerhafte und temporäre stehende Gewässer. Die der Roten Liste zugrunde liegenden Daten lassen keine Angabe nach verlorener Fläche in Hektar und Prozent zu. Der Auenzustandsbericht 2009 trifft keine Aussagen über die Gefährdung und den Verlust von Auen- und Gewässerbiotoptypen und kann daher zum Vergleich nicht herangezogen werden. Zudem wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den ökologischen Zustand von Flussauen? In welchen Gebieten Deutschlands sind diese besonders stark gefährdet? Die erstmals im Jahr 2009 bundesweit einheitlich durchgeführte Untersuchung des Auenzustandes bewertet das Ausmaß der Veränderung der überflutbaren (rezenten ) Auenflächen auf Grundlage der standörtlichen Qualität und der Intensität der Nutzung an 79 Flüssen auf einer Länge von 10 276 Flusskilometern mit einer Gesamtfläche von 15 533 Quadratkilometern. Die Bewertung des Auenzustandes erfolgt in fünf Klassen, die den Grad der Veränderung gegenüber dem potenziell natürlichen Zustand angeben – von „sehr gering verändert“ bis „sehr stark verändert “. Die rezenten Flussauen sind gegenüber dem natürlichen Zustand zu 54 Prozent stark bis sehr stark verändert und weisen keinen Auencharakter mehr auf. Das Vorherrschen stark und sehr stark veränderter Bereiche erklärt sich aus der historisch gewachsenen Situation der Auen als Schwerpunkträume der Siedlungsund Wirtschaftsentwicklung sowie als Folge umfassender wasserwirtschaftlicher und kulturbaulicher Maßnahmen. 36 Prozent der rezenten Flussauen waren nach Auenzustandsbericht 2009 deutlich verändert, besitzen aber noch „Auencharakter “ und verfügen vielfach noch über ein hohes ökologisches Entwicklungspotenzial . Ökologisch weitgehend funktionsfähig sind aktuell nur noch 10 Prozent der untersuchten Auen. Davon werden 9 Prozent als gering verändert und weniger als Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1415 1 Prozent als sehr gering verändert eingestuft. Die regionale Verteilung der Auenzustandsklassen ist der Karte „Zustand der rezenten Flussauen“ des Auenzustandsberichts zu entnehmen. Für das Jahr 2020 ist eine Fortschreibung der Ergebnisse zum Auenzustand geplant. 17. Wie bewertet die Bundesregierung den Erhaltungszustand der Auen-Fauna- Flora-Habitat-Lebensraumtypen und Arten? Welche Trends zeigen sich hier? Welche Tiere und Pflanzen sind besonders betroffen (positiv und negativ)? Zu den Auen-Lebensraumtypen (LRT) gehören insbesondere die FFH-LRT der Fließgewässer 3220, 3230, 3240, 3260 und 3270, sowie Teile des Grünlandes, wie z. B. LRT 6440 und die Auwälder 91E0 und 91F0. Daneben können weitere LRT in Auen vorkommen sowie eine Reihe von Arten insbesondere Fischarten, Amphibien und Libellen. Die vollständigen Berichtsdaten des nationalen Berichts nach Artikel 17 FFH-Richtlinie aus dem Jahr 2013 stehen mit allen Bewertungen unter: www.bfn.de/themen/natura-2000/berichte-monitoring/nationaler-ffh-bericht/ berichtsdaten.html zur Verfügung. In der atlantischen biogeografischen Region sind alle Fließgewässertypen und die Auwälder mit „ungünstig schlecht“ (U2) bewertet. In der kontinentalen Region sind die Fließgewässertypen mit „ungünstig unzureichend“ (U1) oder „ungünstig schlecht“ (U2) bewertet, die beiden Auwaldtypen mit „ungünstig schlecht“ (U2). Aktuelle neue Berichtsdaten werden im Jahr 2019 für den nächsten nationalen FFH-Bericht erwartet. 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung von natürlichen Überschwemmungsflächen in Deutschland? Wie bewertet die Bundesregierung diese? Die „Rückgewinnung natürlicher Überflutungsflächen“ ist ein Indikator der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Im Monitoringbericht 2015 ist dargelegt, dass in den Jahren 1983 bis 2013 an bundesweit 79 Flüssen 3 887 Hektar ehemalige Auenflächen wieder an die natürliche Überflutungsdynamik der Fließgewässer angeschlossen wurden. Die Rückgewinnung natürlich überflutbarer Auenflächen hat in den vergangenen 15 Jahren nur sehr langsam, aber stetig zugenommen. Bezieht man über die o. g. 79 Flüsse hinaus weitere Flüsse in die Auswertung ein, wurden bis zum Jahr 2017 in 60 Projekten ca. 5 500 Hektar Überschwemmungsaue zurückgewonnen. Die Ergebnisse sind als Karte „Auenrenaturierungsprojekte an Flüssen in Deutschland“ auf der BfN-Homepage dokumentiert. Die deutschlandweit größten Projekte wurden von der Bundesregierung im Rahmen des Förderprogramms „chance.natur – Bundesförderung Naturschutz“ gefördert. Die Umsetzung von Projekten aus dem Nationalen Hochwasserschutzprogramm und dem Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ wird künftig zu einer weiteren Rückgewinnung von natürlichen Überflutungsräumen an Flüssen beitragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 19. Wie bewertet die Bundesregierung den Zusammenhang zwischen dem guten ökologischen Erhaltungszustand von Auen und wirksamem Hochwasserschutz ? Wie hat sich die Überschwemmungsfläche von Flüssen entwickelt? Welcher Anteil an Flussauen steht bei Hochwasser als Retentionsraum zur Verfügung? Bei der Bewertung des Auenzustandes werden solche Auen als „gering verändert “ eingestuft, bei denen größere Teile der Aue bei Hochwasser überflutet werden können und eine extensive Flächennutzung vorherrscht. Die Hochwasserschutzwirkung ist unter anderem von der Größe der bei Hochwasser überflutbaren Auen abhängig. Laut Auenzustandsbericht aus dem Jahr 2009 können noch rund ein Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen von Flüssen bei großen Hochwasserereignissen überflutet werden. Im Zeitraum der Jahre 1996 bis 2017 wurden ca. 5 500 Hektar Überschwemmungsfläche durch Deichrückverlegungen zurückgewonnen. Das entspricht einem Zugewinn der überflutbaren Auen von ca. einem Prozent. 20. Wie bewertet die Bundesregierung die Bedeutung von Auen für die Wasserreinigung , beispielsweise für den Phosphorrückhalt? Welcher Anteil an Flussauen kann diese Funktion tatsächlich erfüllen? Auen können durch den Rückhalt überschüssiger Nährstoffe wie Nitrate und Phosphate einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wasserqualität von Flüssen und zum Schutz von Nord- und Ostsee leisten. In der Aue werden mitgeführte Sedimente abgelagert und damit auch das Phosphor, das an die Partikel gebunden ist (Nährstoffsenke). Gemäß einer bundesweiten Abschätzung (Scholz, M. et. al., 2012) zum Phosphorrückhalt werden rund 1 200 Tonnen Phosphor pro Jahr auf den vorhandenen Flussauenflächen zurückgehalten. Das entspricht einem mittleren Anteil von elf Prozent an der jährlichen Phosphor-Fracht in deutschen Flüssen. Diese natürliche Filterwirkung von Auen entspricht einem Wert von 89 Mio. Euro im Jahr. Für den Stickstoffrückhalt beziffert die Studie den Nutzen auf jährlich bis zu 451 Mio. Euro. Die Filterwirkung der Aue funktioniert umso besser, je häufiger die Auen überschwemmt werden. Ökologisch funktionsfähig sind aktuell nur noch zehn Prozent der untersuchten Auen. Durch Renaturierung der Flüsse und Auen können die Ökosystemleistungen der Flüsse und Auen wieder verbessert werden. 21. Wie bewertet die Bundesregierung den Zustand der überflutbaren Auen, und welcher Anteil gilt als naturnah/verändert/stark verändert? Wie wirkt sich dies auf deren Ökosystemdienstleistungen aus? Bezüglich der Bewertung des Auenzustandes wird auf die Antwort auf Frage 16 verwiesen. Naturnahe Auen erbringen eine Vielzahl von Ökosystemleistungen mit einem enormen Gewinn für die Gesellschaft. Sie bieten natürlichen Hochwasserrückhalt , halten Nährstoffe zurück, verbessern die Wasserqualität des Oberflächenund Grundwassers und sie tragen zum Wohlbefinden und zur Erholung des Menschen bei. Moorreiche und nasse Niederungen leisten zudem einen Beitrag zum Klimaschutz indem sie Treibhausgase zurückhalten. Auen, die sich in einem deutlich bis stark veränderten Zustand befinden, können diese Leistungen nur eingeschränkt erbringen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/1415 In Bezug auf den Hochwasserrückhalt wird auf das Naturschutzgroßprojekt „Lenzener Elbtalaue“ (chance.natur) verwiesen. Im Rahmen des Projekts wurde durch Deichrückverlegung eine Überflutungsfläche von 420 Hektar an einer vorhandenen hydraulischen Engstelle der Elbe zurückgewonnen. So wurden nicht nur neue Biotopkomplexe u. a. für Arten wie Biber, Rotbauchunke, Laubfrosch, Seeadler und zahlreiche Wasservogelarten geschaffen. Es konnten auch deutliche Verbesserungen für den Hochwasserrückhalt nachgewiesen werden. Untersuchungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) zeigen, dass der Scheitelwasserstand am stromauf gelegenen Rand der Maßnahme beim Hochwasser im Juni des Jahres 2013 um 49 Zentimeter gesenkt wurde und sich die wasserspiegelabsenkende Wirkung stromauf über mehr als 30 Kilometer fortgesetzt hat. In Bezug auf die Reinigungsleistung wird auf die Antwort auf Frage 20 verwiesen . 22. Wie bewertet die Bundesregierung den Zustand der Gewässer- und Auenbiotoptypen , und welche Trends sieht sie für die Zukunft? Nach der aktuellen Roten Liste 2017 der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands sind 38 Prozent der Gewässer- und Auenbiotoptypen weiterhin in ihrem Bestand rückgängig (Trend +/- 10 Jahre). Im Vergleich zu den Auswertungen der 2. Fassung der Roten Liste von 2006 ist der Anteil an Gewässer/Auen-Biotoptypen mit negativer Tendenz etwas gesunken (Jahr 2006: 44 Prozent). Negative Tendenzen weisen u. a. weiterhin naturnahe, nährstoffarme (oligo- und mesotrophe) stehende Gewässer oder Brenndolden-Auenwiesen auf. 45 Prozent der Gewässer- und Auenbiotoptypen können in ihrem Bestand als stabil bewertet werden, der Anteil liegt in etwa gleich hoch wie im Jahr 2006 (hier: 44 Prozent). Drei Prozent der Typen nehmen aktuell zu. Betrachtet man die Veränderung der Entwicklungstendenz lediglich für die langfristig gefährdeten Gewässertypen (Gruppen 21. – 24.) im Vergleich zur Roten Liste von 2006, so zeigt sich, dass insgesamt der Anteil an Gewässer-Biotoptypen mit einer negativen Entwicklungstendenz von 57,3 Prozent auf 47,4 Prozent gesunken ist. Hier machen sich die Anstrengungen der letzten Jahre zur Renaturierung von Gewässern bemerkbar. Abb. 1: Aktuelle Entwicklungstendenz von Biotoptypen der Gewässer und Auen 2017. [n= 167 aus den Gruppen 21. – 24., 35, 37., 38., 39., 41., 43., 60., 43., 46., 69] Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Inwieweit wird das Nationale Hochwasserschutzprogramm für Deichrückverlegungen genutzt (bitte nach Maßnahmen und Ausgaben aufschlüsseln)? Das Nationale Hochwasserschutzprogramm (NHWSP) wird jährlich fortgeschrieben . Es umfasst inzwischen über 30 überregional wirkende Projekte zur Deichrückverlegung und über 60 Projekte zur gesteuerten Hochwasserrückhaltung – also im Wesentlichen Flutpolder – sowie 16 Projekte zur Beseitigung von Schwachstellen. Insgesamt sind dies mehr als 220 Einzel- und Teilmaßnahmen. Das NHWSP (Stand: 2017) umfasst ein Kostenvolumen von rund 5,5 Mrd. Euro für die kommenden 20 Jahre. Davon entfallen rund 1,67 Mrd. Euro auf die Kategorie der Deichrückverlegung, rund 2,82 Mrd. Euro auf gesteuerte Hochwasserrückhaltung und rund 1,05 Mrd. Euro auf Schwachstellungbeseitigung. Durch die Umsetzung der Maßnahmen des NHWSP werden renaturierte Auen mit einer Fläche von mehr als 20 000 Hektar sowie mehr als 1 200 Millionen Kubikmeter zusätzliches Rückhaltevolumen durch steuerbare Polder geschaffen. 24. Wie bewertet die Bundesregierung die ökologische Durchgängigkeit von Flüssen, auch der Bundeswasserstraßen (bitte Zahlen nach Fischaufstieg , -abstieg und Korridoren für Säugetiere aufschlüsseln)? a) Welche Auswirkung hat diese Situation auf Laich- und Jungfischhabitate? b) Wie wirkt sich dies auf die Anzahl der Arten und Populationsbestände aus? Wie wirkt sich dies insbesondere auf das Ziel, selbst reproduzierende Bestände von Langdistanzwanderfischen zu erreichen, aus? Für den Erhalt und die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit von Flüssen sind – mit Ausnahme der Bundeswasserstraßen – die Länder zuständig. Daher liegen der Bundesregierung keine Zahlen vor. Auf die nach Flussgebieten geordneten Bewirtschaftungspläne der Länder wird hingewiesen (www.wasserblick.net). Vor allem die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bzw. das Wasserhaushaltsgesetz setzen für die ökologische Durchgängigkeit von Flüssen den rechtlichen Rahmen, wobei Säugetiere von der WRRL bzw. vom Wasserhaushaltsgesetz in diesem Zusammenhang nicht erfasst werden. Die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit erfolgt Schritt für Schritt. Die Länder haben insoweit Vorranggewässer ausgewiesen, bei denen die Durchgängigkeit von besonderer Bedeutung ist. Es werden, wie an den Zuflüssen des Rheins, z. B. Murg oder Kinzig, frühere Laich- und Aufzuchthabitate erschlossen und bspw. laichen Lachsrückkehrer dort bereits wieder. Das sind wichtige Schritte in Bezug auf sich selbst reproduzierende Bestände an Langdistanzwanderfischen . Zu den Bundeswasserstraßen wird auf die Antwort zu den Fragen 27 und 28 verwiesen . 25. Von wie vielen Wehren in deutschen Flüssen geht die Bundesregierung aus? Wie viele Wehre wurden in den letzten zehn Jahren rückgebaut? Die Bundesregierung geht von ca. 200 000 Querbauwerken in Deutschland aus, einschließlich Wehren. Aufgrund der Zuständigkeit der Länder für den wasserwirtschaftlichen Vollzug liegen der Bundesregierung keine Daten vor, auch nicht zum Rückbau. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/1415 26. Welche Verbesserung/Veränderungen hat es seit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) 2009 mit Blick auf die Durchwanderbarkeit für Gewässerbewohner und Durchlässigkeit im Hinblick auf Geschiebe von Flüssen laut Bundesregierung ergeben (bitte nach Fluss/Flussgebiet aufschlüsseln )? Aufgrund der Zuständigkeit der Länder für den wasserwirtschaftlichen Vollzug liegen der Bundesregierung keine Daten vor. 27. Wie viele Stauanlagen an Bundeswasserstraßen sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Einführung des § 34 Absatz 3 WHG im Jahr 2009 durchgängig gestaltet worden? Seit der Novellierung der WHG im Jahr 2009 wurden 10 Stauanlagen an Bundeswasserstraßen mit Fischaufstiegsanlagen (FAA) ausgestattet. 28. Wie weit ist die Umsetzung des Priorisierungskonzepts der WSV für den Bau von Fischtreppen an den Bundeswasserstraßen und der Pläne für den Bau von Fischpässen an Pilotanlagen (bitte nach Projekten und Flüssen aufschlüsseln )? Bislang wurden zehn Stauanlagen mit Fischaufstiegsanlagen ausgestattet. Eine Fischaufstiegsanlage befindet sich derzeit im Bau, 39 Stauanlagen befinden sich in der Planung. Die Pilotanlagen werden dabei mit der höchsten Priorität bedacht. Eine regionale Übersicht ist folgender Auflistung zu entnehmen. 10 Fischaufstiegsanlagen (FAAn) Bau abgeschlossen Fluss Projekt Kostenträger Elde Lewitz WSV/Land MV Elbe Geesthacht Wasserkraftanlagenbetreiber Saale Meuschau Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Nassau Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Kirschhofen Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Wetzlar unten Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Wetzlar oben Stadt Wetzlar Lahn Gießen Unteres Stadt Gießen Mosel Koblenz WSV/Land RP Weser Hemelingen Wasserkraftanlagenbetreiber 1 FAA im Bau Fluss Projekt Kostenträger Elde Malliß WSV Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14 FAAn in der Planung von Wasserkraftanlagenbetreibern (teilweise Stauanlage mit 2 FAAn) Fluss Projekt Kostenträger Main Kostheim Wasserkraftanlagenbetreiber Main Rothenfels Wasserkraftanlagenbetreiber Saale Böllberg Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Fürfurt Kraftwerk Wasserkraftanlagenbetreiber Saale Trotha Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Weilburg unten Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Weilburg oben Wasserkraftanlagenbetreiber Saale Halle/Gimritz Wasserkraftanlagenbetreiber Lahn Oberbiel/Niederbiel Wasserkraftanlagenbetreiber Saale Rischmühle Wasserkraftanlagenbetreiber Neckar Heilbronn Wasserkraftanlagenbetreiber Main Krotzenburg Wasserkraftanlagenbetreiber Regnitz Neuses/Hirschaid Wasserkraftanlagenbetreiber 39 FAAn in Planung WSV/Land Fluss Projekt Mosel Lehmen Pilotprojekt Weser Dörverden Pilotprojekt Neckar Lauffen Pilotprojekt Neckar Kochendorf Pilotprojekt Main Eddersheim Pilotprojekt Main Wallstadt Pilotprojekt Havel Rathenow Spree Berlin Mühlendamm Havel Großes Wehr Sachsenhausen Havel Festes Wehr Sachsenhausen Dahme Neue Mühle Neckar Beihingen Havel Quitzöbel Neckar Neckarsulm Donau Kachlet Ems Geeste Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/1415 Fluss Projekt Ems Varloh Havel Steinhavel Lychener Gewässer Himmelpfort Main Obernau Elde Parchim Ilmenau Fahrenholz Ilmenau Wittorf Ilmenau Bardowick Störkanal Banzkow Elde Neustadt-Glewe Ems Rheine Ruhr Ruhrwehr Duisburg Lahn Altenberg Main Mühlheim Main Offenbach Lahn Lahnstein Neckar Gundelsheim Neckar Horkheim Neckar Wieblingen Regnitz Hausen Regnitz Forchheim Havel Regow Havel Zaaren 29. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zum Umsetzungsstand der WHG- Novelle im Jahr 2009 im Besonderen zum Personal in der WSV, welches für die Aufgaben benötigt wird? 30. Wie viele Personen arbeiten in der WSV an der Umsetzung des Prioritätenkonzepts zur Herstellung der Durchgängigkeit der über 250 bundeseigenen Stauanlagen? Sind die derzeitigen Personalkapazitäten nach Meinung der Bundesregierung ausreichend, um die gesteckten Ziele zu erreichen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 29 und 30 gemeinsam beantwortet . Das für das Gesamtprojekt im Jahr 2018 zur Verfügung stehende Personal beläuft sich auf ca. 20 Stellen (Vollzeitäquivalente), die auf ca. 50 Mitarbeiter in den WSV-Dienststellen verteilt sind. Die Stellenanteile in der GDWS wurden hierbei nicht berücksichtigt, eine aktuelle Auflistung ist hier kurzfristig nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1415 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Für eine den Vorgaben der WRRL entsprechende Umsetzung wurde in den Jahren 2014 und 2015 ein Bedarf von 150 Stellen für die WSV (GDWS und WSÄ) ermittelt. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, ist eine Auf-stockung der Personalressourcen erforderlich. 31. Wie beurteilt die Bundesregierung den Beschluss der 87. Umweltministerkonferenz (UMK) am 2. Dezember 2016 unter Tagesordnungspunkt 27, wonach die „Umweltministerkonferenz […] nachdrücklich auf die zentrale Bedeutung der fristgerechten Umsetzung des Priorisierungskonzeptes für die ökologische Durchgängigkeit an Bundeswasserstraßen hin[weist]. […] Die Umweltministerinnen, -minister und -senatoren der Länder bitten den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur um die Bereitstellung der erforderlichen Bearbeitungskapazitäten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung .“ fordert? a) Inwiefern wurde diesen Forderungen entsprochen? b) Wie sind die Planungen zur vollständigen Umsetzung des UMK-Beschlusses ? Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist nach § 34 Absatz 3 WHG verpflichtet, an den von ihr errichteten oder betriebenen Stauanlagen Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit durchzuführen (soweit es die Ziele der WRRL erfordern) und stellt, unter Berücksichtigung der vorhandenen Randbedingungen und Aufgaben, entsprechende Ressourcen bereit. Die Priorisierung der Maßnahmen wird mit den Ländern abgestimmt. Dabei fließen auch aktuelle Erkenntnisse zu technischen Anforderungen sowie Erfahrungen mit den Planungs- und Genehmigungsverfahren ein. 32. Zu welchem Ergebnis kommt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in seinem Fortschrittsbericht zur „Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Bundeswasserstraßen“? Der Fortschrittsbericht legt dar, welche Maßnahmen getroffen wurden, um unter den gegebenen Randbedingungen den Zielvorstellungen der WRRL gerecht zu werden. 33. Schöpft die WSV ihre Haushaltstitel mit dem Ziel der Durchgängigkeit von Flüssen in den letzten zehn Jahren aus (bitte nach Jahren und Verhältnis von – nicht – ausgegebenen Mitteln aufschlüsseln)? Haushaltsmittel stehen in ausreichendem Maß zur Verfügung. 34. Erwartet die Bundesregierung im Bereich der Durchgängigkeit und WRRL ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333