Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia Zimmermann, Nicole Gohlke, Susanne Ferschl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13718 – Situation und möglicher Unterstützungsbedarf pflegender Studierender V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r „Immer mehr Studenten pflegen kranke Angehörige bis zur Erschöpfung“, stellte die Hannoversche Allgemeine Zeitung unter dem Titel „Schwer vereinbar : Klausuren und Krankenpflege“ am 26. August 2019 fest. Geschildert werden darin u. a. die Fälle einer Studierenden, die ihren an Parkinson erkrankten Vater betreut sowie eines Studierenden, der seine an Multipler Sklerose erkrankte Freundin unterstützt. Zunächst leide vor allem das Privatleben der Pflegenden. Darüber hinaus wird es schwierig, „Hausarbeiten rechtzeitig abzugeben und für Klausuren zu lernen“; Prüfungen müssen verschoben werden, „das Studium verlängerte sich, die Noten wurden schlechter“. Die Betroffenen berichten von „Panikattacken beim Zusammenstellen“ des Stundenplans. „‚Ich wusste ja nie, ob ich das hinkriege. Und wie schlecht es meiner Freundin gerade geht‘„ (ebd.). Es sei „nicht nur die konkrete Pflege, sondern auch die psychische Belastung, die Studenten das Uni-Leben manchmal unmöglich macht“. Am 24. August 2019 erklärte der Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn: „Die Pflege bleibt aber eine familiäre Aufgabe, bei der die Gesellschaft unterstützt “ (Neuss-Grevenbroicher Zeitung, „Das stimmt nicht, mein Lieber“). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren generell die Verbesserung der Situation für pflegende Angehörige zum Ziel gehabt. Somit profitieren auch Studierende, die Pflegetätigkeiten in der Familie übernehmen, von den Leistungsverbesserungen der Pflegeversicherung. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14253 19. Wahlperiode 18.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 16. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 1. Welche Aktivitäten haben die Bundesregierung und speziell das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Bildung und Forschung in den letzten fünf Jahren zur Unterstützung pflegender Studierender ergriffen? Welche Maßnahmen sind derzeit in Planung? Insbesondere mit den Pflegestärkungsgesetzen (PSG I bis III) wurden zahlreiche Verbesserungen für pflegende Angehörige geschaffen. Als pflegende Angehörige können auch pflegende Studierende hiervon profitieren. So wurde mit dem seit dem 1. Januar 2017 geltenden Pflegebedürftigkeitsbegriff und Begutachtungsinstrument demenzkranken Personen, aber auch anderen psychisch Kranken und Pflegebedürftigen mit geistiger Behinderung der gleichberechtigte Zugang zu allen Leistungen der Pflegeversicherung eröffnet. Die häusliche Pflege und Betreuung von Angehörigen oder Nahestehenden ist eine große Herausforderung. Es bleibt daneben oft weniger Zeit für eigene Wünsche und Bedürfnisse, eine eigene Erwerbstätigkeit oder das Studium. Deshalb ist insbesondere das Angebot an Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege in den letzten Jahren kontinuierlich ausgeweitet worden. Die Pflegeversicherung stellt somit eine wichtige Hilfe und Unterstützung für Familien und auch Studierende mit pflegebedürftigen Angehörigen dar. Neben den Kernleistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege, dem Pflegegeld und der Pflegesachleistung bzw. der Kombination von beidem, ist besonders auf die Leistungen der Pflegeversicherung hinzuweisen, die primär der Entlastung pflegender Angehöriger dienen und die durch das Erste und das Zweite Pflegestärkungsgesetz aus der letzten Wahlperiode erheblich ausgeweitet worden sind. Maßgebliche Bedeutung kommt insoweit den Leistungen der Tages- und Nachtpflege (§ 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI) zu, die seit dem 1. Januar 2015 in voller Höhe neben dem Pflegegeld, der Pflegesachleistung oder der Kombination von beidem in Anspruch genommen werden können . Sie können für teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege einschließlich der notwendigen Beförderung in Anspruch genommen werden. Daneben steht jedem Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege der sog. Entlastungsbetrag von bis zu 125 Euro monatlich zu (§ 45b Absatz 1 Satz 1 SGB XI). Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen und dient vor allem der Entlastung pflegender Angehöriger sowie der Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Vor diesem Hintergrund kann der Entlastungsbetrag eingesetzt werden für die Erstattung von Aufwendungen für 1. Leistungen der Tages- und Nachtpflege, 2. Leistungen der Kurzzeitpflege, 3. Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36 SGB XI, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht für Leistungen im Bereich der Selbstversorgung , sowie 4. Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI (vgl. § 45b Absatz 1 Satz 3 SGB XI). Auch die Verhinderungs- (§ 39 SGB XI) und die Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) sind Leistungen der Pflegeversicherung, die speziell die Unterstützung und Stärkung der häuslichen Pflege im Blick haben. Denn die Verhinderungspflege kommt dann zur Anwendung, wenn die Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist. Die Kurzzeit- Drucksache 19/14253 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. pflege als vollstationäre Pflege springt ganz allgemein in Krisensituationen ein, in denen vorübergehend häusliche Pflege nicht möglich ist. Verhinderungs- und Kurzzeitpflege stehen in Höhe von jeweils 1.612 Euro im Kalenderjahr zur Verfügung . Die Leistungsbeträge sind in bestimmtem Umfang kombinierbar. Angehörige haben – das Einverständnis des zu pflegenden Menschen vorausgesetzt – ein Recht auf kostenlose und individuelle Pflegeberatung durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen, das für die pflegebedürftige Person die private Pflege-Pflichtversicherung übernommen hat. Die Pflegekassen benennen eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater, die beziehungsweise der hilft, aus den verschiedenen Angeboten die für die jeweilige Situation passenden Leistungen und Angebote zusammenzustellen. Die Beratung hat dabei frühzeitig, umfassend und kostenlos zu erfolgen. Eine Maßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist die Förderung und Unterstützung des Aufbaus der Servicestelle familienfreundliches Studium beim Deutschen Studentenwerk. Seit dem 1. Januar 2018 führt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe. Das Angebot für Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Familie kümmern“, durch. Es soll junge Pflegende bundesweit durch ein niedrigschwelliges Beratungsangebot unterstützen. Auch Studierende , die Pflegeverantwortung übernehmen, sind eine Zielgruppe des Projektes. Zu den spezifischen Bedürfnissen der Studierenden steht das BMFSFJ in Austausch mit den Familienbüros der Universitäten. Die Bundesregierung weist ergänzend darauf hin, dass im Juni 2019 der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf dem BMFSFJ seinen ersten Bericht vorgelegt hat und darin verdeutlicht, dass er sich in der nächsten Arbeitsperiode schwerpunktmäßig mit der Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ausbildung, die ihre Angehörigen pflegen, befassen wird.  2. In welcher Weise und durch welche Institutionen werden nach Kenntnis der Bundesregierung generell Daten zur Anzahl und Situation pflegender Studierender erfasst, ausgewertet und auf möglichen Handlungsbedarf hin abgeklopft? Wo und durch welche Beratungs- und Hilfeangebote für Studierende wird erfasst, wie hoch die Anzahl und der Anteil Studierender ist, die besonderen Beratungs- und ggf. Unterstützungsbedarf aufgrund der Pflege Verwandter oder nahestehender Personen wie beispielsweise Freundin oder Freund haben? Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung bzw. welche anderen Behörden haben die Möglichkeit, eine solche generelle wie besondere Erfassung bzw. Erhebung zu veranlassen, sofern dies noch nicht geschieht?  3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil der Studierenden, die vor Aufnahme eines Studiums Verwandte oder nahestehende Personen wie beispielsweise Freundin oder Freund pflegen bzw. gepflegt haben (bitte nach Bundesländern sowie nach Geschlecht und Alter aufschlüsseln)?  4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil der Studierenden, die erst während ihres Studiums damit beginnen, Verwandte oder nahestehende Personen wie beispielsweise Freundin oder Freund zu pflegen (bitte nach Bundesländern sowie nach Geschlecht und Alter aufschlüsseln)? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14253 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  5. Wie viele Studierende, die Angehörige oder Nahestehende pflegen, sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der sozialen Pflegeversicherung als Pflegeperson nach § 19 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) erfasst? Die Fragen 2 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die mit Mitteln des BMBF geförderte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) unter Federführung des Deutschen Zentrums für Hochschulund Wissenschaftsforschung (DZHW) wird ca. alle drei Jahre durchgeführt und liefert wichtige Informationen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden . Das vom Leibniz Institut für Bildungsverläufe e. V. verantwortete Nationale Bildungspanel (National Educational Panel Study, NEPS), bekannt auch unter dem Titel NEPS-Studie „Bildungsverläufe in Deutschland“, ermöglicht längsschnittliche Analysen. Die vom DZHW verantwortete Studierendenkohorte des NEPS ist eine Stichprobe von Studierenden. Diese Personen wurden zu fünf Befragungszeitpunkten auch zu möglichen Pflegetätigkeiten befragt. Daten zur Anzahl und Situation von Pflegepersonen werden seitens der Pflegeversicherung nicht statistisch erfasst. Allgemeine sozio-ökonomische Informationen über Pflegepersonen sind in der Evaluierung „Studie zur Wirkung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG) und des ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I)“ enthalten www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/ Dateien/5_Publikationen/Pflege/Berichte/Abschlussbericht_Evaluati on_PNG_PSG_I.pdf).  6. Wie viele Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren gab es nach Kenntnis der Bundesregierung im letzten statistisch erfassten Jahr in Deutschland ? Der Bundesregierung liegen die Daten des Statistischen Bundesamtes von 2017 vor. Hierbei werden die Altersgruppen 6 bis 15 mit 6,593 Mio. sowie 15 bis 25 mit 8,683 Mio. ausgewiesen.  7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den durchschnittlichen wöchentlichen Zeitaufwand der Pflege durch Studierende? Rund 10 Prozent der befragten Studierendenkohorte des NEPS geben 2013 an, dass sie in den letzten zwölf Monaten vor dem Interview einer Pflegetätigkeit (privat oder ehrenamtlich) nachgegangen sind. Diese Personen geben dafür folgende Häufigkeiten an: 1. täglich oder mehrmals die Woche: 35,6 Prozent, 2. einmal wöchentlich oder mehrmals im Monat 43,7 Prozent,: 3. einmal monatlich oder fast jeden Monat: 13,3 Prozent, 4. seltener: 7,1 Prozent. Gewichtet und differenziert nach den unterschiedlichen Bezugszeiträumen ergibt sich folgende Verteilung: Häufigkeit der Hilfeleistung typische Anzahl Stunden pro Bezugszeitraum täglich oder mehrmals die Woche einmal wöchentlich oder mehrmals im Monat einmal monatlich oder fast jeden Monat seltener 1 29 % 15 % 3 % 17 % 2 36 % 31 % 15 % 29 % 3 14 % 22 % 20 % 18 % 4 8 % 11 % 9 % 9 % Drucksache 19/14253 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Häufigkeit der Hilfeleistung typische Anzahl Stunden pro Bezugszeitraum täglich oder mehrmals die Woche einmal wöchentlich oder mehrmals im Monat einmal monatlich oder fast jeden Monat seltener 5 4 % 10 % 15 % 9 % 6 2 % 4 % 5 % 3 % 7 0 % 1 % 1 % 1 % 8 2 % 2 % 9 % 4 % 9 1 % 0 % 0 % 0 % 10 2 % 1 % 9 % 3 % 11 und mehr 2 % 4 % 15 % 7 % 100 % 100 % 100 % 100 % Quelle: DZHW; NEPS Startkohorte 5, Welle 5, doi:10.5157/NEPS:SC5:12.0.0, Analyse des DHZW, gewichtet  8. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, a) wie viele Studierende ihr Studium trotz ihrer Pflegetätigkeiten erfolgreich bzw. mit Abschluss beenden; b) wie viele Studierende ihr Studium wegen ihrer Pflegetätigkeiten abbrechen ; c) um wie viele Monate bzw. Jahre sich das Studium von Pflegenden durchschnittlich verlängert (gemessen an der vorgegebenen Regelstudiendauer ); d) um wie viele Monate sich das Studium von Pflegenden verlängert (gemessen an der realen durchschnittlichen Dauer des Studiums), und e) wie stark sich die Pflege auf die Studienergebnisse auswirkt (beispielsweise in Relation zum Notendurchschnitt nicht pflegender Studierender in den gleichen Studienrichtungen)? Der Bundesregierung liegen hierzu die Ergebnisse der 21. DSW- Sozialerhebung (2016) vor. Danach geben knapp 18,5 Prozent der befragten Studierenden an, ihr Studium für mindestens ein Semester (offiziell oder inoffiziell ) unterbrochen zu haben; je 5 Prozent der männlichen und weiblichen Studierenden , die ihr Studium unterbrachen, gaben an, dies wegen der Pflege von Angehörigen getan zu haben.  9. Welche Angebote speziell für pflegende Studierende gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, um die Anforderungen des Studiums mit den Erfordernissen der Pflege zu vereinbaren (bitte nach Bundesländern und Hochschulen aufschlüsseln)? Es liegt in der Zuständigkeit der Länder, entsprechende Möglichkeiten der Gestaltung des Studiums zu regeln. Inwieweit die Hochschulgesetze der Länder oder die Hochschul- und Fachschaftsordnungen spezielle Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Studium vorsehen ist nicht bekannt. Es wird auf das BMFSFJ-Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe“ verwiesen (vgl. Antwort zu Frage 1). Hinsichtlich der Studierenden, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beziehen, wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14253 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 10. Welche Erleichterungen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für studierende Pflegende, ihren Studienort zu wechseln, um zusätzliche Belastungen durch Pendelzeiten zu vermindern? Regelungen zum Wechsel des Studienorts liegen in der Zuständigkeit der Länder . 11. Welche Sonderregelungen für einen leichteren Zugang oder für Reduzierungen bei der Rückzahlung von Leistungen nach Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für Menschen, die während ihres Studiums Angehörige oder andere nahestehende Personen gepflegt haben? Wie viele Studierende haben in den letzten drei Jahren in welchem Umgang erleichterte BAföG-Bedingungen genutzt bzw. eine Verlängerung der Bezugsdauer in Anspruch genommen (bitte nach Bundesländern und Geschlecht aufschlüsseln)? Durch das 26. BAföG-Änderungsgesetz ist § 15 Absatz 3 Nummer 2 neu in das BAföG eingefügt worden, der seit dem 1. August 2019 anzuwenden ist. Die Vorschrift erweitert die Fallgruppen, in denen Auszubildenden auch nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer ausnahmsweise für eine angemessene Dauer weiter Leistungen nach dem BAföG zustehen, um die Fallgruppe derer, die nahe Angehörige mit Pflegegrad 3 oder höher pflegen. Wer parallel studiert und nahe Angehörige pflegt, kann in diesem Rahmen Ausbildungsrückstände aufholen, ohne mit Ablauf der regulären Förderungshöchstdauer die BAföG- Förderung zu verlieren. Der Bundesregierung liegen hierzu in Anbetracht der kurzen Geltungsdauer der Vorschrift keine auswertbaren Daten vor, sie wird die künftige Entwicklung jedoch aufmerksam verfolgen. Wer während des Studiums nahe Angehörige gepflegt hat, profitiert bei der Rückzahlung des bei Studierenden grundsätzlich hälftigen Darlehensanteils der BAföG-Förderung von den auch ohne spezifische Berücksichtigung einer vorherigen Pflegetätigkeit bereits sozial gerecht ausgestalteten Rückzahlungsbedingungen , die zuletzt durch das 26. BAföG-Änderungsgesetz noch deutlich verbessert worden sind. 12. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Art und Intensität der Folgen der Belastungen der Studierenden durch Pflege (psychische Erkrankungen wie beispielsweise Panikattacken oder depressive Verstimmungen und deren Stärke und Häufigkeit)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 13. Welche Institutionen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den Bundesländern jeweils für spezielle Bedarfe studierender pflegender Angehöriger zuständig, und in welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung spezielle Beratungs und Betreuungsangebote für diese Personengruppe an Hochschulen (bitte nach Bundesländern und Hochschulen aufschlüsseln)? Wichtige Ansprechpartner im Hochschulkontext sind die Familienbüros der Hochschulen und die verschiedenen Beratungsstellen der Studenten- und Studierendenwerke (Sozialberatung, Beratung für Studierende mit Kind, Studienfinanzierungsberatung , Psychologische Beratung). Drucksache 19/14253 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Für die Entscheidung über die wegen der Pflege naher Angehöriger erforderliche Verlängerung der BAföG-Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus –einschließlich der Beratung hierzu – sind die Ämter für Ausbildungsförderung zuständig, die auch allgemein für die Entscheidung über die Ausbildungsförderung zuständig sind. 14. Wie viele Gruppen zur Selbsthilfe pflegender Studierender gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Ergänzend wird auf das BMG-geführte Projekt „Online Selbsthilfe Initiativen für pflegende Angehörige“ (OSHI-PA) hingewiesen. Zur Prävention von psychischer Überlastung bei der Pflege von Angehörigen können Online- Selbsthilfegruppen oder eine telefonische Unterstützung hilfreich sein. Dabei geht es um die Entwicklung eines Selbsthilfeportals für virtuelle Selbsthilfegruppen . So wird ermöglicht, dass sich Betroffene thematisch oder zielgruppenspezifisch , bundesweit oder auch regional begrenzt, austauschen, informieren und unterstützen können. 15. Wie schätzt die Bundesregierung die Datenlage und den Informationsstand zur Anzahl, zur Situation, zu den Unterstützungsbedarfen sowie zu den Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Studierende ein? Die im Rahmen der NEPS-Studierendenkohorte erhobenen Daten ermöglichen gegebenenfalls weitere Analysen. Zur Anzahl, zur Situation, zu den Unterstützungsbedarfen sowie zu den Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Studierende liegen der Bundesregierung darüber hinaus wenige Informationen vor; siehe hierzu die Antworten zu den Fragen 2 bis 5, 7, 8 und 11. Die leistungsrechtlich seitens der Pflegeversicherung vorgesehenen Unterstützungsleistungen gelten auch für pflegende Studierende, soweit sie die leistungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. 16. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Verbesserung der Daten- und Informationslage? Ab Sommersemester 2020 wird in Deutschland alle vier Jahre die ‚Studierendenbefragung in Deutschland‘ von DZHW, DSW und der Universität Konstanz durchgeführt, die verschiedene, bisher separat durchgeführte Studierendenbefragungen bündelt (Sozialerhebung, Studierendensurvey, BEST, EUROSTU- DENT, NRW-Studierendenbefragung). Diese bundesweit repräsentative Studierendenbefragung umfasst ein breites Themenspektrum von der sozialen und wirtschaftlichen Lage über gesundheitliche Beeinträchtigungen der Studierenden , die Herausforderungen und Rahmenbedingungen im Studienverlauf bis hin zu Karriereaussichten und gesellschaftlichen Wertvorstellungen. Im Rahmen dieser Studie wird jede/r dritte Studierende in Deutschland befragt. Eine Studie in dieser Größenordnung erlaubt differenzierte Analysen für kleinere Studierendengruppen. So werden gegebenenfalls ausreichend Fälle zur Verfügung stehen, um in Zukunft systematisch Daten zur Situation pflegender Studierender auszuwerten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/14253 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 17. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung zur Verbesserung der Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Studierende? Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf beim BMFSFJ will sich in der nächsten Arbeitsperiode schwerpunktmäßig mit der Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ausbildung, die ihre Angehörigen pflegen, befassen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Auf der Grundlage weiterer Erkenntnisse wird die Bundesregierung prüfen, ob und welcher Handlungsbedarf für die beschriebene Zielgruppe besteht. Drucksache 19/14253 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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