Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13719 – Einhaltung der Förderungszwecke von Wohnungsgenossenschaften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r 1. Plant die Bundesregierung eine Überarbeitung des § 58 Absatz 1 Satz 3 des Genossenschaftsgesetzes, auch um sicherzustellen, dass der Vorstand der Genossenschaft die Durchsetzung der Förderzwecke nicht verweigert? Wenn ja, welche Änderungen sind vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? 2. Plant die Bundesregierung die Überarbeitung des Genossenschaftsgesetzes zur Verpflichtung von Genossenschaftsvorständen zur Einhaltung des Förderzweckes ? Wenn ja, welche Änderungen sind vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? Frage 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bereits nach geltender Rechtslage ist der Vorstand der Genossenschaft verpflichtet , den genossenschaftlichen Förderzweck einzuhalten. So wird etwa durch die Formulierung in § 34 Absatz 1 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG), dass die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft anzuwenden“ haben, zum Ausdruck gebracht, dass die Vorstandsmitglieder nicht nur Unternehmensleiter sind, sondern auch den ihnen von den Genossenschaftsmitgliedern erteilten Förderungsauftrag zu beachten haben (so die Regierungsbegründung zu § 34 GenG, Bundestagsdrucksache 7/97. S. 23). Ob und inwieweit der Vorstand der Genossenschaft den genossenschaftlichen Förderzweck einhält, ist auch seit jeher Teil der Geschäftsführungsprüfung im Rahmen der regelmäßigen Pflichtprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband nach § 53 GenG. Durch das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. Juli 2017 (BGBl. I, S. 2434) wurde § 58 Absatz 1 GenG um die ausdrückliche Verpflichtung des Deutscher Bundestag Drucksache 19/14254 19. Wahlperiode 18.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 16. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Prüfungsverbands ergänzt, im Prüfungsbericht zur Einhaltung des Förderzwecks Stellung zu nehmen. Wenn der Vorstand der Genossenschaft die Durchsetzung der Förderzwecke verweigert, muss der Prüfungsverband dies beanstanden und im Rahmen der sogenannten Prüfungsverfolgung dafür sorgen, dass die Genossenschaft die gesetzlichen Vorschriften befolgt. Der Verband kann dazu an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft über das Prüfungsergebnis teilnehmen (§ 58 Absatz 4 GenG); er kann an der Generalversammlung teilnehmen und dort den Antrag stellen, den Prüfungsbericht ganz oder teilweise zu verlesen (§ 59 Absatz 3 GenG); hat der Verband die Überzeugung, dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht ungebührlich verzögert wird oder dass die Generalversammlung nicht ausreichend über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet wurde, ist er berechtigt eine außerordentliche Generalversammlung der Genossenschaft einzuberufen und dort den Vorsitz zu bestimmen (§ 60 GenG). So kann der Verband z. B. darauf hinwirken , dass der Vorstand der Genossenschaft von der Generalversammlung gemäß § 24 GenG abberufen wird. Nach Inkrafttreten des o. g. Gesetzes zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften vom 17. Juli 2017 (BGBl. I, S. 2434) ist zudem der Verband gemäß § 62 Absatz 3 Satz 2 GenG berechtigt, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Abschrift eines Prüfungsberichts ganz oder auszugsweise zur Verfügung zu stellen, wenn sich aus diesem Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die geprüfte Genossenschaft keinen zulässigen Förderzweck verfolgt, sondern ihr Vermögen gemäß einer festgelegten Anlagestrategie investiert, so dass ein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs vorliegen könnte. Derzeit werden aufgrund einiger auch durch die Medien bekannt gewordenen Fälle von Genossenschaften, die womöglich keinen zulässigen Förderzweck verfolgen, weitere Gesetzesänderungen geprüft. Der Bundesrat hat hierzu einen Gesetzentwurf eingebracht (BR-Bundestagsdrucksache 244/19), mit dem u.a. die Information der BaFin über mögliche Verstöße von Genossenschaften gegen das Kapitalanlagegesetzbuch oder gegen das Vermögensanlagengesetz verbessert werden soll. In der Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates (Bundestagsdrucksache 19/11467) wird ausgeführt, dass die Bundesregierung das Ziel des Gesetzentwurfs des Bundesrates für sinnvoll hält und gegenüber den einzelnen Änderungsvorschlägen keine Bedenken erhebt . Die Bundesregierung hat allerdings auch die Ansicht geäußert, dass die Vorschläge des Bundesrates allein nicht ausreichen, um unseriöse Kapitalanlage-Genossenschaften wirksam zu verhindern, und darauf hingewiesen , dass sie bereits eigene weitergehende Vorschläge prüft. Diese Prüfung ist derzeit innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. 3. Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Stärkung der Aufsichtsräte und Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften, insbesondere im Hinblick auf die Verweigerung von Unterlageneinsicht durch den Vorstand sowie die Kontrolle 100-prozentiger Tochterunternehmen der Genossenschaft? Wenn ja, welche Änderungen sind vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? Drucksache 19/14254 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 4. Plant die Bundesregierung eine Überarbeitung des Genossenschaftsgesetzes in Hinblick auf die Aufsichtspflicht von Aufsichtsräten gegenüber 100-prozentigen Tochterunternehmen und in dem Zuge auch die Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten? Wenn ja, welche Änderungen sind geplant? Wenn nein, warum nicht? Plant die Bundesregierung eine Ausweitung des Mitspracherechts von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung wie der Festlegung von Miethöhen, von Modernisierungen, Abriss oder Neubau im Sinne des Genossenschaftsprinzips? Wenn ja, welche Änderungen sind geplant? Wenn nein, warum nicht? Frage 3 und der erste Teil von Frage 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach geltender Rechtslage ist aus Sicht der Bundesregierung ein Defizit der Kontrollmöglichkeiten des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand einer Genossenschaft nicht erkennbar, aber nicht in Bezug auf hundertprozentige Tochtergesellschaften . Die Kontrolle bei hundertprozentigen Tochtergesellschaften reicht ebenso weit, wie die Kontrollmöglichkeit des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand der Mutter-Genossenschaft. Daraus, dass der Vorstand die Interessen der Genossenschaftsmitglieder in den beteiligten Unternehmen vertritt und die Beteiligungsverwaltung zudem Geschäftsführung im Sinne des § 38 Satz 1 GenG darstellt, folgt, dass sich die Kontrolle durch den Aufsichtsrat auch auf die Tätigkeit des Vorstands in den beteiligten Unternehmen ausdehnen muss. Da bei einem hundertprozentigen Tochterunternehmen das gesamte wirtschaftliche Risiko auf die herrschende Genossenschaft durchschlägt, ist der Aufsichtsrat zur Überwachung mit der gleichen Intensität verpflichtet, wie wenn es sich um eine unselbständige Betriebsabteilung der Genossenschaft handeln würde. Der Aufsichtsrat hat gegenüber dem Vorstand nach § 38 Absatz 1 Satz 2 GenG einen Anspruch auf Berichterstattung. Jede Berichterstattung des Vorstands muss inhaltlich richtig und vollständig sein. Der Vorstand kann nur bei missbräuchlichem Auskunftsverlangen den Bericht verweigern. Ein falscher oder verweigerter Bericht kann letztlich zur Abberufung der Vorstandsmitglieder gemäß § 24 GenG und zur fristlosen Kündigung der Anstellungsverträge führen. Das Auskunftsrecht des Aufsichtsrats erschöpft sich nicht in der korrespondierenden Berichtspflicht des Vorstands. Der Aufsichtsrat hat etwa auch das Recht, selbständig Unterlagen einzusehen. Die Folgen, die sich für den Vorstand aus einer ungerechtfertigten Verweigerung der Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen ergeben können, sind die gleichen wie bei einer unterlassenen oder unrichtigen Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat. Bei den auch durch die Medien bekannt gewordenen Fällen von Genossenschaften , bei denen Genossenschaftsmitglieder sogar womöglich gar geschädigt wurden oder bei denen solche Schädigungen zu befürchten sind, dürfte allerdings nach derzeitiger Einschätzung das Problem nicht in mangelnden Kontrollmöglichkeiten liegen. Erfahrungsgemäß wurden Kontrollmöglichkeiten in der Praxis nicht immer sachgerecht genutzt, weil z. B. die Mitglieder von Aufsichtsrat und Vorstand familiär verbunden sind oder aus sonstigen Gründen zusammenwirken . Auch die Kontrolle des Vorstands durch die Generalversammlung kann in solchen Fällen scheitern, z. B. weil die Genossenschaftsmitglieder verstreut in ganz Deutschland wohnen und nicht zur Generalversammlung anreisen oder weil sie die Mitgliedschaft als reine Kapitalanlage ansehen und sich gar nicht in der Generalversammlung engagieren wollen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14254 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Ein Diskussionspapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz über mögliche gesetzgeberische Maßnahmen im Hinblick auf unzulässige Kapitalanlage-Genossenschaften vom Mai 2019 enthält Vorschläge, die auf diese Aspekte eingehen. (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 34 der Kleinen Anfrage Bundestagsdrucksache 19/13174). Plant die Bundesregierung eine Ausweitung des Mitspracherechts von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung wie der Festlegung von Miethöhen, von Modernisierungen, Abriss oder Neubau im Sinne des Genossenschaftsprinzips? Wenn ja, welche Änderungen sind geplant? Wenn nein, warum nicht? Bereits nach geltender Rechtslage muss der Vorstand einer Genossenschaft bei seiner Tätigkeit die wechselseitige Treuepflicht zwischen der Genossenschaft und den Mitgliedern beachten, die nach allgemeiner Ansicht aus der genossenschaftlichen Förderbeziehung folgt. Die genossenschaftsrechtliche Literatur legt dazu z. B. dar, dass die Treuepflicht dazu verpflichte, bei allen Maßnahmen auf die Belange der Mitglieder Rücksicht zu nehmen, soweit dies im Rahmen der Aufgabe des genossenschaftlichen Unternehmens zumutbar ist. Gemäß § 27 Absatz 1 Satz 2 des Genossenschaftsgesetzes ist es darüber hinaus möglich, durch Regelungen in der Satzung den Vorstand weitere Beschränkungen zu unterwerfen. Hierzu gehört z. B. die Möglichkeit, den Vorstand bei der Festlegung der Richtlinien für die allgemeine Geschäftspolitik oder bei bestimmten Maßnahmen der Geschäftsführung an die Zustimmung der Generalbzw . Vertreterversammlung zu binden. Schon von daher ist die Frage nach der Erforderlichkeit einer nicht eindeutig in eine Richtung zu beantworten. 5. Inwieweit hält die Bundesregierung eine Anpassung von § 27 des Genossenschaftsgesetzes mit dem Ziel, General- oder Vertreterversammlungen der Mitgliedschaft Weisungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand einzuräumen , im Sinne der innergenossenschaftlichen Demokratie für sinnvoll (bitte begründen)? Im Referentenentwurf zu der als „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ im Juli 2017 in Kraft getretenen GenG-Novelle war eine Ergänzung des § 27 Absatz 1 GenG enthalten, wonach die Satzung einer Genossenschaft vorsehen kann, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung gebunden ist. In der Begründung dazu wurde ausgeführt, dass sich eine solche Satzungsregelung insbesondere für Genossenschaften mit geringer Mitgliederzahl anbieten kann, bei denen die Mitglieder gleichberechtigt agieren wollen und sich der Vorstand im Wesentlichen nur als Vertreter nach außen versteht. In vielen Stellungnahmen wurde dieser Regelungsvorschlag kritisiert. Es wurde befürchtet, dass dann betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle Beschlüsse gefasst werden könnten, und darauf hingewiesen, dass die Beschlussfassung in der Generalversammlung zeitaufwändig sei, so dass die schnelle Handlungsfähigkeit der Genossenschaft eingeschränkt würde. In Reaktion auf diese Kritik wurde im Regierungsentwurf und in der Folge im 2017 geänderten § 27 vorgesehen, dass nur bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern die Satzung vorsehen kann, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung gebunden ist. Wenn nun diese Regelung auf alle Genossenschaften ausgedehnt werden sollte, müsste die o. g. Kritik entkräftet werden. Drucksache 19/14254 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 6. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Wohnungsgenossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger als wesentliche Garanten für die Schaffung und den Erhalt bezahlbaren Wohnraums zu fördern ? Die Bundesregierung sieht die Wohnungsgenossenschaften heben den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und anderen gemeinwohlorientierten Trägern als starke Partnerinnen und Partner, die einen unverzichtbaren Beitrag für eine gute und bezahlbare Wohnraumversorgung leisten. Hinsichtlich der Ausweitung des Angebots an erschwinglichem Wohnraum befinde sich derzeit verschiedene Maßnahmen in der konzeptionellen Prüfung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14254 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.