Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietmar Friedhoff und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/13647 – Umsetzbarkeit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung – SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, auf Englisch: „Sustainable Development Goals“, kurz SDGs genannt, sind politische Zielsetzungen der Vereinten Nationen (nachfolgend VN genannt), die der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, ökologischer und sozialer Ebene dienen sollen. Wer sich mit Nachhaltigkeit befasst, kommt nach Ansicht der Fragesteller kaum mehr an ihnen vorbei. Bis 2030 laufen die SDGs und gelten für alle Staaten (www.bmz.de/de/ministerium/ziele/2030_agenda/ index.html). Nach Ansicht der Fragesteller ist die Bandbreite groß und die Messlatte bezüglich der Erreichung ambitioniert. Es geht schließlich gerade nicht um simple Herausforderungen: Die SDGs wollen Armut beenden, sie fordern nachhaltige Energie und Bildung für alle, die Bekämpfung des Klimawandels , aber auch Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle sowie die Gleichstellung von Mann und Frau. Auch menschenwürdiges Wirtschaftswachstum , der Schutz des Lebens unter Wasser sowie das Ende des Hungers stehen auf dem Plan (www.bmz.de/de/ministerium/ziele/2030_agenda/in dex.html). Wohlgemerkt in den nächsten elf Jahren. Die Bundesregierung hat die Verhandlungen intensiv begleitet. Als die Agenda von den VN beschlossen wurde, sagte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in einer Regierungserklärung im September 2015: „Die Weltgemeinschaft hat sich mit der Agenda 2030 für die kommenden 15 Jahre viel vorgenommen “. Die Bundesregierung verpflichte sich zu einer ehrgeizigen Umsetzung dieser Agenda. Für die Bundesregierung stehen alle in der Verantwortung , nachhaltige Entwicklung durch den grundlegenden Umbau von Strukturen , Prozessen sowie Denk- und Verhaltensweisen in den nächsten Jahren entscheidend voranzubringen (www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhal tigkeitspolitik/ziele-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung-weltweit-355966). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt seine Partnerländer dabei, Verantwortung für die nationale Umsetzung der Agenda 2030 zu übernehmen und hat dafür das Initiativprogramm Agenda 2030 ins Leben gerufen. Durch das Initiativprogramm hat das BMZ Mittel bereitgestellt, um die nachhaltige Entwicklung der Partnerländer im Sinne der Agenda 2030 zu fördern. 43,3 Mio. Euro wurden allein 2016 und Deutscher Bundestag Drucksache 19/14317 19. Wahlperiode 22.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 18. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 2017 für das Initiativprogramm bereitgestellt. Damit wurden 21 Maßnahmen in 18 Ländern und bei drei Regionalorganisationen durchgeführt. Bislang konzentriert sich das Programm auf Bangladesch, Benin, Bolivien, Brasilien, Georgien, Ghana, Guatemala, Honduras, Indonesien, Kenia, Kirgisistan, Mexiko, Moldau, Myanmar, Namibia, Pakistan, Serbien und Vietnam (www.bmz.de/de/ministerium/ziele/2030_agenda/deutscher_beitrag/partnerla ender/index.html). Nach Ansicht der Fragesteller gibt es keine Indikatoren für erzielte bzw. verfehlte Fortschritte. Ebenso ist die Agenda 2030 nach Ansicht der Fragesteller voll von unbestimmten Absichtserklärungen. Kosten und Finanzierungsangaben existieren nicht, und die Agenda 2030 ist nach Ansicht der Fragesteller völkerrechtlich nicht bindend.  1. Nach welchen wissenschaftlichen Kriterien definiert die Bundesregierung den Begriff „Armut“ a) auf nationaler Ebene, b) auf internationaler Ebene?  2. Wann ist nach Ansicht der Bundesregierung der in Frage 1 definierte Begriff „Armut“ sowie dessen Bekämpfung: a) auf nationaler Ebene, b) und internationaler Ebene erreicht im Sinne der Zielsetzung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden? Die Fragen 1a und 1b sowie 2a und 2b werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf den Fünften Armuts- und Reichtumsbericht (Abschnitt A., IV.1.1 – Verständnis von Armut und Reichtum) der Bundesregierung verwiesen. Im Übrigen korrespondieren die Ziele der Bundesregierung mit den internationalen Zielvorgaben der Agenda 2030. Der Agenda 2030 liegt ein multidimensionales Verständnis von Armut zugrunde, das nicht nur die Einkommensarmut umfasst, sondern auch die fehlenden Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben, wie sie in SDG 1 und einer Vielzahl von weiteren SDGs angesprochen werden. Nur wenn in allen relevanten Bereichen Fortschritte erzielt werden, kann Armut überwunden werden. Das ehrgeizige Ziel ist sowohl auf die Bekämpfung extremer Armut ausgerichtet als auch auf die Verringerung relativer Armut. Extreme Armut wurde im Zielkatalog der Agenda 2030 definiert als „Anteil der Menschen, die mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag auskommen müssen“ (Unterziel 1.1); mittlerweile setzt die Weltbank einen Betrag von 1,90 US-Dollar pro Kopf und Tag als Untergrenze (gemessen in Kaufkraftparitäten). Dem Unterziel 1.1 fällt bei der internationalen Fortschrittsbetrachtung zu SDG 1 entscheidende Bedeutung zu. In Deutschland kann es extreme Armut vor dem Hintergrund bestehender Mindestsicherungssysteme (Sozialgesetzbuch II und Sozialgesetzbuch XII und Asylbewerberleistungsgesetz) nur dann geben, wenn Ansprüche freiwillig, aus Unwissenheit oder durch hohe Zugangshindernisse nicht geltend gemacht werden . Relative Armut wird anhand der Verteilung von Einkommen und Vermögen, aber auch der Standards in den Lebenslagen Wohnen, Bildung, Gesundheit, etc. gemessen. Sie äußert sich durch eingeschränkte Möglichkeiten der materiellen, gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe, gemessen am durchschnittlichen Wohlfahrtsniveau einer Gesellschaft. Bezogen auf das Einkommen ist in Drucksache 19/14317 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutschland „armutsgefährdet“, wer über ein (bedarfsgewichtetes) Einkommen unterhalb von 60 Prozent des Median-Einkommens verfügt. Insoweit ist Armut auch für eine reiche Nation wie Deutschland eine Herausforderung. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird die Zielerreichung des SDG 1 zudem anhand des Indikators „Materielle und erhebliche materielle Deprivation“ gemessen .  3. Wie hoch belaufen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden – bis zum Jahr 2030 entstehen a) auf nationaler Ebene, Aufgrund der breiten Armutsdefinition (vgl. Antwort zu Frage 1a und 1b) kann die Bundesregierung einen solchen Betrag nicht ermitteln, zumal viele Leistungen zwar indirekt zur Armutsvermeidung beitragen, sie aber primär zur Erreichung anderer Ziele bereitgestellt wurden. b) und internationaler Ebene? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 14c der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/6967 verwiesen.  4. Wie realistisch ist nach Ansicht der Bundesregierung die Zielerreichung in Hinsicht auf die Umsetzung und Umsetzbarkeit des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden a) auf nationaler Ebene, b) und internationaler Ebene? Die Fragen 4a und 4 b werden gemeinsam beantwortet. Das international gesetzte Ziel ist sehr ehrgeizig. Die Erfolge im Kampf gegen globale Armut bis 2030 sind abhängig von einer Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren, beispielsweise der globalen wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch den Anstrengungen der Regierungen zur Gestaltung einer wirksamen armutsreduzierenden Politik. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.  5. Welche Projekte im Zusammenhang mit der Umsetzung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden – werden (bitte nach Projekt, Durchführungsorganisation und Kosten aufschlüsseln) a) auf nationaler Ebene gefördert, geplant und derzeit umgesetzt, Es wird auf die Antwort zu Frage 1a der Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/13352 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14317 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. b) auf internationaler Ebene gefördert, geplant und derzeit umgesetzt? Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen der bi- und multilateralen Zusammenarbeit Partnerländer bei der Umsetzung der Agenda 2030 und der Erreichung der SDGs. Aufgrund des multidimensionalen Charakters von Armut trägt eine Vielzahl der durch die Bundesregierung geförderten internationalen Projekte direkt oder indirekt zur Erreichung von SDG 1 bei. Eine detaillierte Aufschlüsselung ist deshalb nicht möglich. In diesem Zusammenhang wird auf den 15. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung (www.bmz.de/ de/mediathek/publikationen/reihen/infobroschueren_flyer/infobroschueren/ Materialie319_Entwicklungspolitischer_Bericht.pdf) sowie auf den Ressortbericht des BMZ zur Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und der SDGs (www.bundesregierung.de/breg-de/suche/entwicklungspolitik-istzukunftspolitik -1546108) verwiesen.  6. Mit welchen Organisationen arbeitet die Bundesregierung an der Umsetzung und der Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden a) auf nationaler Ebene, b) auf internationaler Ebene zusammen? Die Fragen 6a und 6b werden gemeinsam beantwortet. Auf internationaler Ebene arbeitet die Bundesregierung mit staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen in Partnerländern sowie im Rahmen der EU und mit zahlreichen internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen sowie multilateralen und regionalen Entwicklungsbanken an der Umsetzung des SDG 1 zusammen. Die Umsetzung der Agenda 2030 ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein in der Verantwortung der Bundesregierung liegt. Auf nationaler Ebene sind daher alle gesellschaftlichen Akteure gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Die Wirtschaft ist davon ebenso eingeschlossen wie Gewerkschaften und Verbände, aber auch die Länder und Kommunen.  7. Welche Bundesministerien sind an der Umsetzung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden – der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beteiligt?  8. Welche zentrale Stelle innerhalb der Bundesregierung und der nachgeordneten Behörden koordiniert die Umsetzung und Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden a) auf nationaler Ebene, b) auf internationaler Ebene? Die Fragen 7, 8a und 8b werden gemeinsam beantwortet. Die Federführung für die nationale Umsetzung obliegt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und für den internationalen Bereich dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Darüber hinaus bestehen mit Blick auf die breite Armutsdefinition (vgl. Antwort zu Frage 1a und 1b Bezugspunkte zu allen Ressorts. Drucksache 19/14317 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  9. Nach welchen Kriterien werden sowohl Partnerländer als auch Durchführungsorganisationen , welche die Umsetzung und Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden – unterstützen, ausgewählt ? Die Kriterien zur Länderauswahl in der zwischenstaatlichen EZ werden anlassbezogen überprüft und sind auf folgender Internetseite des BMZ abrufbar: www.bmz.de/de/laender_regionen/laenderliste/index.html. Die Auswahl der Durchführungsorganisationen richtet sich nach dem konkreten Fördervorhaben. Zu den jeweiligen Aufgabenbereichen der deutschen Durchführungsorganisationen wird auf die Internetseite des BMZ verwiesen (www.bmz.de/de/ministeri um/wege/bilaterale_ez/akteure_ez/durchfuehrungsorga/index.html?follow=ad word). 10. Welche Organisationen werden mit der Evaluierung der Maßnahmen, welche im Zusammenhang mit der Umsetzung und Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden – durch die Bundesregierung beauftragt? 11. Mit welchen Evaluationsmethoden, und nach welchen wissenschaftlichen Kriterien werden Projekte, welche durch die Bundesregierung beauftragt und begleitet werden, in Bezug auf die Umsetzung und Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden a) auf nationaler Ebene, b) und internationaler Ebene evaluiert und hinsichtlich der Zielerreichung des SDG 1 – Armut in jeder Form und überall beenden, beurteilt ? Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet. Um den Erfolg entwicklungspolitischer Kooperationen auch mit Blick auf Armutsbekämpfung zu messen, existieren unterschiedliche Formate. Dazu gehören Monitoring, Projektfortschritts- und Schlusskontrollen. Projektevaluierungen werden meist durch die Evaluierungseinheiten der Durchführungsorganisationen , internationale Partner und Nichtregierungsorganisationen in delegierter Verantwortung durchgeführt. Zusätzlich wurde Ende 2011 das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) gegründet, das unabhängig die vom BMZ verantwortete Entwicklungszusammenarbeit untersucht . Die Organisation, das Management des Prozesses, die Durchführung der Evaluierungen selbst sowie die Berichte orientieren sich an den Prinzipien und Standards des Entwicklungsausschusses der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD DAC), dabei insbesondere an den Prinzipien für Evaluierung (DAC 1991) sowie den Qualitätsstandards für Evaluierungen (DAC 2006). Zusätzlich berichtet die Bundesregierung auf freiwilliger Basisgegenüber den Vereinten Nationen über die nationale Umsetzung aller SDGs. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14317 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.